Beiträge von Maren Gottschalk

    Ich muss gestehen, dass ich manchmal nicht genau weiß, wo ich mich in diesem Eulennest befinde und ob ich an der richtigen Stelle auf die richtigen Fragen antworte...


    Zu Berte Bratt: Ich habe als Jugendliche wohl so ziemlich alles von ihr gelesen, meine Freundin hatte alle Bücher von ihr, ich seltsamerweise nie eines. Ich habe die drei Bücher über "Anne" geliebt und auch "Bleib bei uns Beate" (das kann ich heute fast noch auswendig) und viele andere Bücher. Anders als Hanni und Nanni hat mich die Welt von Berte Bratt schon viel mehr beeinflussst und ich habe das später kritisch gesehen. Aber das ist ein ganz anderes Thema und ich hätte große Lust, mich einmal näher damit zu beschäftigen um noch mehr zu verstehen, woher manche der Vorstellungen über das Leben kamen, mit denen ich mich herumgeplagt habe. Auf jeden Fall möchte ich die Erzählkunst von Berte Bratt nicht hinterfragen, diese Bücher habe ich verschlungen.

    Mir ging es ähnlich wie euch. Kopfschüttelnd habe ich gelesen, wie Karen und Bror nach Europa fahren und es sich gut gehen lassen. Sie geben Geld aus, das nicht ihres ist. Als Vorschuss auf zu erwartende Gewinne kaufen sie sich einen schicken Zweisitzer. Für zwei Menschen, die schon jenseits der dreißig sind, benehmen sie sich recht verantwortungslos.

    absolut, sehe ich genau so. Aber man darf auch nicht vergessen, dass sie aus einer gesellschaftlichen Schicht kamen, in der es auch üblich war, sich Luxus zu gönnen. Nie hat jemand von ihnen erwartet, sie sollten 2. Klasse fahren... nur Onkel Aage wird am Ende (habt Ihr das schon?) strenger.

    Ist eigentlich die Herleitung des Names Tania aus Titania verbürgt? Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, konnte dazu aber nichts finden.

    ja, so gut verbürgt, wie es eben geht. 100 Prozent gibt es da selten. Denys nannte sie aber ziemlich sicher als Erster so. Und sie hat einmal verfügt, dass auf ihrem Grabstein, sollte sie in Afrika sterben und begraben werden, Tania Blixen stehen sollte.

    Sie sind keine jungen Leute mehr, warum strengen sie sich nicht an, streben nach finanzieller Unabhängigkeit?


    Bror zeigt noch viel weniger Interesse an der Kaffeeplantage. Wie finanziert er eigentlich sein Leben dort künftig?

    Hallo aus dem Zug, es sind viele Fragen aufgelaufen, ich hoffe, dass ich alle finde und heute im Laufe des Tages beantworte.

    Wie finanziert Bror seine Leben zukünfitg? Bror macht horrende Schulden. Zeitweise muss er sich sogar verstecken, damit man ihn nicht einsperrt. Es ist Karen, die dem Gläubiger davon abhält , Bror weiter zu verfolgen. Später wird Bror nur noch als Safari-Führer arbeiten und damit auch nicht besonders reich. Er stirbt ziemlich arm und allein bei einem Autounfall in Dänemark.


    Warum streben sie nicht nach finanzieller Unabhängigkeit? Gute Frage. Ich kann es mir nur so erklären, dass beide als Kinder reicher bzw. adliger Familie nicht gelernt haben, sich darum zu kümmern. Als hätten sie ein Recht darauf, dass die Familie sie immer weiter unterstützt. Was die Familie ja auch macht. Es scheint also in ihrer Zeit gar nicht so gewesen zu sein, dass irgendwer ihnen gesagt hätte "Was denkt Ihr Euch eigentlich dabei?" Das ist für uns gar nicht so leicht nachzuvollziehen - obwohl ich denke, dass das auch in manchen Kreisen genauso noch passiert. Und eigentlich will Karen ja erfolgreich und unabhängig sein. Sie möchte so gerne, dass die Farm ein Erfolg wird. Aber sie findet den Moment nicht, abzuspringen und zu sagen, das wird hier nichts mehr. Weil sie sich von diesem Lebenstraum erst verabschieden kann, als alles in Trümmern liegt?

    Liebe Batcat, wie spannend ist diese Geschichte mit Berte Bratt. Ja, sie sprengt vielleicht den Rahmen, aber morgen will ich doch kurz etwas dazu sagen, warum ich sie heute erwähnte.

    Liebe Eulen, bin gerade mit ach und Krach (die BAhn...) im Hotel angekommen und muss sofort los zur Blixen-Lesung, das wird spät, dann morgen früh gleich die Schülerinnen und Schüler, denen ich von Sophie Scholl erzähle, ich melde mich dann spätestens wieder aus dem Zug, danke für Eure tollen Beobachtungen und Gedanken, ich bin ganz beglückt über den Austausch mit Euch.

    Viele Grüße von Maren

    Das ist ein interessanter Punkt, der mit den "verstaubten Dingen." Wusstet Ihr, dass ich einen Sensitivity-Reader hatte? Also jemand, der das Buch auf rassistische Stereotype hin gelesen hat? Das war mir sehr wichtig. Denn auf der einen Seite musste ich ja die Gesellschaft so schildern, wie sie war, aber auf der anderen Seite wollte ich auch darauf achten, dass ich nicht unbedacht etwas weitertrage, was ich gar nicht weiter tragen will. Ein etwas plakatives Beispiel: Man kann die Kikuyu als Menschen zeigen, die immer staunen, die moderne Geräte nicht verstehen, Angst haben etc. Oder man kann sie zeigen als Menschen, die etwas gut können, die Experten sind, souverän und sicher.

    Ich wollte das N-Wort vermeiden, weil ich weiß, dass es viele Menschen kränkt und verletzt, daher habe ich mit Karen von den Natives oder Einheimischen gesprochen (so macht sie das auch in ihren Briefen, aber nicht immer) Von daher glaube ich, dass beides geht: Die Zeit lebendig werden zu lassen in der die Europäer arrogant und selbstherrlich auf die Menschen in Afrika schauten und in meiner Erzählperspektive zugleich die Menschen mit Respekt zeigen.
    Und was macht man nun z.B: mit Pipi Langstrumpf und ihrem Vater, dem König von Taka-Tuka Land? Er ist heute zu einem Südseekönig umbenannt worden, das finde ich im Prinzip auch ok, aber der Ton, in dem er mit seinen Untertanen redet - der ändert sich noch nicht durch die Umbenennung. Wir müssen also mit Kindern im Gespräch sein bei solchen Büchern. Und es ist doch auch eine tolle Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen.

    Grundsätzlich finde ich es aber auch nicht schlimm, dass wir manche Bücher nicht mehr lesen oder weitergeben wollen. Wir lesen ja auch eher selten Romane aus dem Mittelalter. Über manche Dinge geht die Zeit einfach hinweg. Das Frauenbild von Berte Bratt zum Beispiel ist streckenweise so antiquiert, dass ich nicht gewusst hätte, warum ich meinen Töchtern diese Bücher hätte geben sollen, da es doch viel bessere gibt, die sie dazu ermutigen, selbständig zu werden.

    Liebe Grüße aus dem Zug von Maren

    ... und dennoch war sie natürlich auch ein Kind ihrer Zeit, dass diese Umstände als gegeben hinnimmt, auch wenn sie ihr nicht zu gefallen scheinen ...


    Das meine ich jetzt auch nicht als Vorwurf an sie, denn im Gegensatz zu vielen anderen (ich denke da nur an das unsägliche Damenkränzchen) sieht sie diese Gegebenheiten durchaus kritisch und versucht für sich, das Beste daraus zu machen, indem sie sich um ihre Untergebenen sorgt und sie scheint ja auch bei ihnen einen guten Stand zu haben.

    genau, Karen Blixen hat natürlich persönlich von den Machtverhältnissen in der Kolonialgesellschaft ganz persönlich profitiert. Zugleich hat sie sie kritisch gesehen. Die Frage ist dann immer: Was macht man damit, geht man fort, um diese Verhältnisse nicht zu unterstützen? Das ist ein bisschen vergleichbar damit, dass bei uns viele Menschen gerne billige Kleidung kaufen, obwohl sie wissen (oder wissen könnten) dass diese Preise auf der Ausbeutung von Menschen in anderen Ländern beruhen. Und da gibt es ja noch viele Beispiele. Karen hat versucht, in dem Rahmen, der ihr möglich war, Dinge anders zu machen, aber auch nicht alle. Sie ist keine Heilige oder Heldin (dazu sagt sie später auch noch selbst etwas ...)

    Liebe Kyara,

    aus den Briefen, die Karen nach Hause schrieb, kann man sehen, dass sie sich tatsächlich schon sehr früh Gedanken über die Menschen macht, in deren Land sie nun lebt, und sie ist voller Respekt und Hochachtung für die Einheimischen, während sie die Engländer kritisch sieht.
    Mich hat das auch sehr fasziniert, daher wollte ich es auch im Buch unterbringen.

    Liebe Mazian, danke für Deine Gedanken, ich habe vollstes Verständnis dafür, dass das Lesen im Alltag oft zu kurz kommt. Das ist bei mir leider auch so. Da ich ja beruflich ständig lese, bleibt das private Lesen oft auf der Strecke. Und wenn ich dann den ganzen Tag ein Buch für z.B. eine neue Radiosendung gelesen habe und dann vom Schreibtisch aufstehe, denke ich manchmal: Aha und jetzt nur das Buch wechseln? Dann muss ich auch mal etwas anderes machen.

    Es ist eine interessante Beobachtung von Dir, dass Karen eigentlich immer fort will von zuhause und doch immer wieder dort auftaucht. Denn letztlich bleibt es ihr Zuhause und die Menschen dort unterstützen sie, was sie auch weiß, obwohl sie sich so oft über sie aufregt. Es sind diese Widersprüche, die Karen für mich so menschlich machen. Dazu passt auch, was Du danach sagst, das schwierige. Sie hat so viele Seiten. Das wird auch noch thematisiert, ich will da nicht vorgreifen. Viele Grüße an die ganze Eulenrunde!

    P.S. ich finde es lustig, dass ich mich von der Anfängerin zum Jungspund gemausert habe ;-)

    Zur Krankheit Syphilis: Das gehörte zu den wenig angenehmen Recherchestunden. Eine sehr schlimme Krankheit und üble Medikamente. Ich habe versucht, die Balance zu finden zwischen dem Schrecken und einer gewissen Diskretion, weil ich eigentlich meine Romanheldin auch nicht ständig nackt auf der Untersuchungsliege zeigen möchte, bildlich gesprochen. Der Film geht meiner Ansicht nach zu leicht darüber hinweg und in ihrem Afrika-Buch kommt es ja gar nicht vor. Aber sie hatte wirklich immer wieder mit den Folgen der Krankheit zu kämpfen und ich finde, das erklärt auch ein bisschen von ihrer Persönlichkeit.

    Guten Morgen,

    es macht mir viel Freude zu lesen, wie Ihr der Geschichte folgt und Eure Schlüsse daraus zieht. Ich bin mit Euren Gedanken sehr einverstanden. Zum Thema Jagd möchte ich noch etwas sagen: Das war für mich tatsächlich nicht so einfach, denn ich bin keine Jägerin und auch kein Fan von diesem Hobby, obwohl ich durchaus sehe, dass es gute Gründe dafür gibt und das Gleichgewicht von Wild und Wald heutzutage auch nicht automatisch bestehen kann, wenn wir nicht eingreifen.

    Die Jagd auf einer Safari ist natürlich etwas völlig anderes, da ging es nicht darum, ein Gleichgewicht herzustellen. Nun muss ich in solchen Momenten meine eigene Befindlichkeit aber überwinden, um mir vorzustellen, wie es für Tanne gewesen ist. Es geht um ihr Gefühl, nicht um meines. Da ich aber wusste, dass bei ihr (und auch bei Denys) ein Umdenken stattgefunden hat, konnte ich das in dem Dialog mit Ruth zumindest schon mal andeuten. Außerdem finde ich Brors Argumentation einleuchtend: Wer in dieser Welt überleben will, in der man auch damit rechnen muss, sich gegen Löwen verteidigen zu müssen, der muss auch geübt sein mit der Waffe.

    Hast Du Penguin Random Deine Idee angeboten, eine Romanbiografie über Tania Blixen zu schreiben oder kam der Verlag mit der Idee?


    Hast Du "Jenseits von Afrika" vor Jahrzehnten erstmals gelesen oder auch den Film geschaut oder tatsächlich erst als es um "Dein" Buch ging?

    Die Idee mit Tania Blixen kam von Claudia Negele, der Programmchefin von Goldmann HC. Und den Film hatte ich vor Ewigkeiten gesehen, dann noch einmal zu Beginn der Recherche und dann weggelegt, damit er micht nicht zu sehr beeinflusst. Das Buch kannte ich tatsächlich nicht und habe es dann - als ich den Auftrag hatte - als Hörbuch von Nina Hoss gelesen gehört, während ich im Garten gearbeitet habe. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, weil ich so begeistert davon war.

    Es ist genau, wie Du sagst, Gucci, ich versuche auf diesen Reisen alles in mich aufzunehmen, nicht nur mit den Augen sondern auch wörtlich: Ich will essen und trinken, was es damals dort gab,( wenn das möglich ist). Und ich will das Licht der Morgenröte sehen, und dann auch im Dunkeln auf Safari sein, wenn die Geräusche andere sind als am Tag. Ich will das harte Gras zwischen den Fingern spüren, den Duft der Blumen riechen, ich will den Webervögeln zuschauen und vor allem zuhören (sie machen einen irren Krach, wenn sie zu hunderten ihre runden Nester in einem Baum haben) und ich will das fröhliche Gekabbel der Zebras sehen, wenn sie, wie Denys es sagt "wieder eine Nacht überlebt haben". Auf diesen holprigen Pisten fahren, wenn Dir der Staub in jede Pore dringt, das gehört auch dazu. Wir haben in Camps übernachtet in denen es Zelte zum Schlafen gab, das sind allerdings eher so Hüttenzelte, also keinesfalls so einfache wie es bei Karen Blixen war. Trotzdem bestehen die Wände nicht aus Mauern, sondern aus Zeltplane und dann hört man alles, was draußen los ist und darf auch bei Dunkelheit nicht alleine von dort zum Hauptzelt gehen, sondern muss warten, bis man abgeholt wird. Wir wollten keine luxuriöse Lodge mit Bar und Restaurant (das hätte ich auch nicht bezahlen können)

    ABer ich habe zwei Nächte im teuren Norfolk-Hotel übernachtet, weil ich einmal diese koloniale Architektur von innen erleben musste, denn dort war Karen ja auch, und ich habe stundenlang bei Eistee auf der schattigen Veranda gesessen und mir Notizen gemacht. In solchen Momenten denke ich dann: Ich habe den schönsten Job der Welt.:love:

    Maren, warst du selbst an diesen Orten? Oder zumindest in Afrikas Steppen.

    Ja, ich bin für das Buch nach Kenia gereist, um alles anzuschauen, was ich in 2 Wochen schaffen konnte: Das Farmhaus Mbogani, das Norfolk Hotel, das New Stanley Hotel, das Kenya National Archive ( wo ich Fotos, Bücher und Karten anschauen durfte), den Muthaiga Country Club (der kommt noch, ist aber ein wichtiger Ort) und natürlich war ich dort auf Safari, wo Karen auch war, in Naivasha und in der Masai Mara und im Amboseli Park. Das ist ja der schönste Teil der Recherche, die Reise... Immer in nachhaltigen Camps. In Rungstedlund war ich natürlich auch. Ich könnte Euch soooo viele Fotos zeigen, aber das wird vielleicht zu aufwendig. Wer bei FB oder Insta ist, kann dort viele meiner Recherchefotos sehen, die ich so nach und nach poste. Oder wir machen nach der Leserunde eine kleine Zoom-Sitzung für diejenigen, die wollen und ich zeige Fotos. Ihr seht, mein Mitteilungsdrang ist groß ;-) Jetzt muss ich leder zu einem Termin, aber ich hoffe, dass ich mittags wieder am Schreibtisch bin.

    P.S. Was Du von Südafrika erzählst, hollyhollunder, finde ich spannend, dort war ich auch als Kind, weil ich einen Patenonkel hatte und dann nochmal für die Recherche zu meiner Mandela-Biographie.

    Und zur Jagd kommen wir auch noch... liebe Grüße von Maren

    Ich freue mich schon aufs Weiterlesen, das Buch macht mir richtig viel Spaß:-]

    Und ich muss mich entschuldigen, weil ich die nächsten vier Tage wahrscheinlich nicht dazu kommen werde, mich hier an der Leserunde zu beteiligen. Wir fahren ein paar Tage nach Östereich in den Urlaub. Ich werde das Buch zwar mitnehmen und lesen, aber ich denke ich werde es dort nicht schaffen, hier etwas zu schreiben.

    Ich melde mich dann, wenn wir wieder daheim sind.:wave

    Ich wünsche Dir schöne Ferien!:)

    Am Ende des ersten Tages der Leserunde (ich weiß ja nicht, bis wann Ihr heute abend noch so schreibt) möchte ich mich bedanken für Euer Interesse. Es ist eine tolle Erfahrung, mit Leserinnen und Lesern zu schreiben, die sich wirklich Gedanken zu dem Buch machen und nachfragen. Auch Euer schönes Feedback ist natürlich eine Freude für mich. Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht in dieser Runde, in der die Eulen den Adlerblick haben ;-)