Beiträge von clematis

    Meine Rezension:


    In der Forstau


    Anna ist vierundsechzig und erinnert sich an ihr Leben in der Forstau, nahe Radstadt in Salzburg. Wehmütig schreibt sie auf, wie sie mit ihrer Mutter Marie am Julianenhof aufgewachsen ist und von klein auf mitgeholfen hat bei der Almwirtschaft, weit weg vom Dorf und dessen Bewohnern. Ihre besondere Gabe, Dinge zu sehen, welche anderen verborgen bleiben, begleitet sie von Geburt an und bringt nicht nur Positives, sondern auch eine Menge an Schwierigkeiten mit sich, auch wenn Tante Barbara Erklärungen liefert. In drei überaus bewegenden Teilen dürfen wir Annas Geschichte mitverfolgen und teilhaben an aufwühlenden Ereignissen.


    In der wunderschönen Forstau spielt sich der Großteil der Handlung ab und führt uns weit zurück ins Jahr 1940, in dem am Dreikönigstag Anna das Licht der Welt erblickt. In einer gelungenen Abwechslung aus tagebuchähnlichen Erinnerungen und einer romanhaften Erzählung sind wir hautnah dabei, wie sich dunkle Wolken über dem Tennengebirge zusammenbrauen und einen Schatten werfen auf Annas Schicksal, das geprägt ist von Niederlagen und Rückschlägen. Mit ihrer bildhaften und detailreichen Schreibweise fesselt Mignon Kleinbek ihre Leser von der ersten Seite an, zuweilen stockt einem der Atem, was Marie und Anna an Bürde zu tragen haben. Die Liebe zur Natur und die Ruhe auf der Alm können nur zum Teil ausgleichen, was das Leben für Mutter und Tochter vorgesehen hat. Mit eindringlichen Worten bringt die Autorin eine sehr berührende Geschichte zu Papier, die sich über viele Jahrzehnte spannt, bis hin ins Jahr 2004. Dabei bleibt die Spannung auf hohem Niveau, die gesamte Trilogie extrem kurzweilig. Wer anfangs im dritten Band meint, der große Zeitensprung kopple die Ereignisse zu stark ab vom bisherigen Geschehen, der wird bald eines Besseren belehrt und begegnet einigen Überraschungen, die das Ende dieser schönen Trilogie bereithält. Allerlei Interessantes über Kräuterkunde, besondere Sinnesempfindungen, Ausgrenzung von Menschen, die auf irgendeine Art „anders“ sind, fließt nach gewissenhafter Recherche in die drei Bücher ein, die Kulisse der abgelegenen Bauernhöfe passt bestens zur Atmosphäre, welche überwiegend vorherrscht. Wer Lust hat, kann auch heute noch zu jeder Jahreszeit auf Annas Spuren wandeln, im Nachwort werden Originalschauplätze genannt.


    Wer sich einlassen kann auf ein entbehrungsreiches Leben am Berg, wer Einklang sucht bei Tieren und in der Natur, daraus Zuversicht und Überlebenswillen schöpfen kann, wer malerische Eindrücke von Österreichs Bergwelt schätzt, tief verschneite Winterlandschaften und anstrengende Sommer als Senner auf der Alm, darüber hinaus eine überwältigende Familiensaga mit ungewöhnlichen „Gaben“ sucht, der ist mit der Wintertöchtertrilogie von Mignon Kleinbek bestens beraten. Ich empfehle diese drei Bücher (in einem Band) jedenfalls sehr gerne weiter!



    Titel Wintertöchter Trilogie

    Autor Mignon Kleinbek

    ISBN 978-3948063214

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Taschenbuch (1234 Seiten), ebenfalls erhältlich als Einzelbücher (Taschenbuch, ebook, Hörbuch)

    Erscheinungsdatum 1. August 2021

    Verlag Pinguletta


    ASIN/ISBN: 3948063214


    Klappentext (Amazon):


    Jeden Donnerstag geht der alte Nicasio zum Friedhof und besucht das Grab seines Enkels Nuco. Er spricht mit ihm, erzählt dem Jungen, was vor sich geht in der Welt. Am 23. Oktober 1980 gab es im Keller der Schule, die der sechsjährige Junge besuchte, eine gewaltige Propangasexplosion, die das gesamte Erdgeschoss zerstörte. Fünfzig Kinder und drei Lehrer kamen bei dem Unglück ums Leben; darunter auch Nuco. Der ganze Ort Ortuella steht unter Schock. Die Eltern des Jungen verarbeiten das Ereignis auf unterschiedliche Weise. Während José Miguel alle Erinnerung kappen und nach vorne schauen will, um nicht an Trauer zu zerbrechen, lässt Mariaje das Geschehene nicht los. Irgendwann versuchen die beiden wieder ins Leben zu kommen. Doch eines Tages verschwindet José Miguel.



    Meine Rezension:


    Bagatellen


    Der sechsjährige Nuco sitzt gemeinsam mit etlichen anderen Kindern in der Schule, als eine dramatische Propangasexplosion am 23. Oktober 1980 nicht nur das Erdgeschoss erschüttert, sondern dieses völlig zerstört und auch fünfzig Schüler und drei Erwachsene das Leben kostet. Wie Nucos Eltern und sein Großvater mit dem tragischen Tod des Kindes umgehen, erzählen die Bagatellen und Belanglosigkeiten, welche Autor Fernando Aramburu hier festhält.


    Ruhige, kurze Kapitel führen durch die Handlung, welche abseits einer chronologischen Abfolge dahinfließen und den Leser teilhaben lassen am Leben von Großvater Nicasio, Vater José Miguel und Mutter Mariaje. Der Tod des Jungen trifft sie gleichermaßen, ihr Umgang mit dem Schicksalsschlag ist jedoch höchst unterschiedlich. Einzelne Episoden erläutern auf nüchterne und gleichzeitig so bewegende Art, was passiert ist im Dörfchen Ortuella und wie es danach weitergeht. Während Nicasio jeden Donnerstag zum Friedhof pilgert und mit Nuco spricht, als wäre er noch am Leben, möchte Mariaje ein paar Erinnerungsstücke aufbewahren und José Miguel am liebsten alles hinter sich lassen und nur nach vorne blicken. Trauer und Schmerz holen die drei wichtigsten Menschen aus Nucos Leben immer wieder ein, Fernando Aramburu beschreibt Alltägliches, um mit und zwischen seinen Zeilen eine große Bandbreite an Emotionen darzustellen. Zwischen die eigentliche Handlung streut er erläuternde Kapitel, welche man (siehe Vorbemerkungen) auch auslassen könnte, wer das tut, beraubt sich aber selbst wesentlicher Informationen, welche die Geschichte aus dem spanischen Baskenland erst so richtig authentisch werden lassen.


    Bagatellen, so spricht der Autor selbst (kindle, Pos. 1799), sind die Bausteine dieses außergewöhnlichen Romans rund um Tod und Weiterleben, gerade diese Bagatellen aber sind es, welche das Buch so lesenswert erscheinen lassen und zutiefst menschliche Gefühle an die Oberfläche bringen. Ein kühler Bericht, der trotzdem – oder gerade deshalb – seine Leser bewegt und mit dem offenen Ende eine tröstende Zukunft bereithalten kann.


    „Der Junge“ ist das erste Buch, welches ich von Fernando Aramburu gelesen habe, aber sein einzigartiger Schreibstil (die Ich-Erzählerin wendet sich immer wieder an ihre Leserschaft) hat mich von Anfang an gefesselt und mit ihrer tragischen Geschichte sehr berührt. Leseempfehlung!



    Titel Der Junge

    Autor Fernando Aramburu

    ASIN B0DK6438QC

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Geb. Buch (256 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 18. Februar 2025

    Verlag Rowohlt

    Originaltitel El niño

    Übersetzer Willi Zurbrüggen


    ASIN/ISBN: B0DK6438QC

    Klappentext (Amazon):


    Der Neuanfang auf Amrum scheint für Anne geglückt: Sie lebt nun schon seit drei Monaten mit ihrer großen Liebe Ben auf der nordfriesischen Insel zusammen. Gemeinsam mit Emma, mit der Anne noch lange nicht im Reinen ist, plant sie, einen Pflegedienst aufzumachen.

    Doch plötzlich taucht Bens Exfreundin Nadja mit ihrer fünfjährigen Tochter auf. Ben fällt aus allen Wolken, denn die kleine Marie soll doch tatsächlich sein Kind sein. Da Nadja dringend für einige Zeit eine Betreuung für ihre Tochter braucht, erwartet sie, dass Ben diese Aufgabe übernimmt.

    Zudem bringt Ediths Schicksal, das die alte Dame und Freundin zurück auf die Insel führt, neue Herausforderungen mit sich. Inmitten dieses Chaos stellt ein schwerer Schicksalsschlag das Leben von Anne und Ben vollends auf den Kopf …




    Meine Rezension:


    Eine Tochter


    Anne hat sich gut eingelebt auf der nordfriesischen Insel Amrum und ist glücklich in ihrer Beziehung mit Ben. Da steht eines Tages eine junge Frau vor der Tür, ein fünfjähriges Mädchen an der Hand. Weil sie Ben sehr ähnlich sieht, besteht kein Zweifel daran, dass Marie seine Tochter ist, noch dazu muss er die fremde Kleine aus Bayern auch gleich vorübergehend bei sich aufnehmen.


    Warmherzig und voller Gefühl erzählt Jette Hansen, wie es weitergeht auf Amrum, Anne stehen wieder einige Herausforderungen ins Haus. Wer erst bei diesem zweiten Teil der Reihe einsteigt, bekommt wesentliche Informationen in Kurzform geliefert, den ersten Band vorneweg zu lesen, ist aber auf alle Fälle empfehlenswert. So werden verschiedene begonnene Fäden weitergesponnen, wie die Sache mit dem Pflegedienst oder mit Emmas Freundin Edith. Wenige, dafür umso lebendigere Figuren erkunden gemeinsam die schöne Nordseeinsel, erzählen von alten Leuchttürmen und wichtigen Wattbewohnern. So fühlt man sich schnell nahe dran am Geschehen und den überwältigenden Emotionen rund um Marie. Deren Schicksal ist gerade kein Honigschlecken, aber auch da findet Jette Hansen – oder das Leben – eine runde Lösung.


    Abgesehen von den häufigen Nudeln und Fischstäbchen hat mir Teil zwei deutlich besser gefallen als sein Vorgänger, möglicherweise, weil ich mit den einzelnen Figuren schon vertraut war und hier noch bewegendere Probleme gewartet haben? Die kleine Marie ist wohl nicht nur mir schnell ans Herz gewachsen, ich bin gespannt, was sie beim nächsten Mal ihren Puppen erzählen mag.



    Titel Die Inselfamilie

    Autor Jette Hansen

    ASIN B0DJC2X153

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (251 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 18. Februar 2025

    Verlag Montlake


    ASIN/ISBN: B0DJC2X153

    Meine Rezension:


    Krieg


    1935: Langsam, aber spürbar ändert sich im kleinen Städtchen Ginsterburg die Stimmung. Die Jugend marschiert zur HJ bzw. zum BDM, Lothar lässt sich zum Piloten ausbilden, Blumenhändler Gürckel wird Kreisleiter. Über einen Zeitraum von zehn Jahren beobachtet Arno Frank, wie der Krieg die Menschen beeinflusst.


    Drei große Abschnitte, drei Jahre, 1935, 1940 und 1945, führen durch die Handlung, welche eher eine Ansammlung an Puzzlestücken ist als ein dahinfließendes Geschehen. Mehrere Personen aus Ginsterburg stehen im Mittelpunkt, und obwohl sie vieles am gemeinsamen Wohnort verbindet, gibt es große Verschiedenheiten, ganz besonders im Umgang mit dem Krieg. Obwohl Arno Frank mit seinen Figuren beste Beispiele erschafft, wie Menschen auf Judenhass, Paragraf 175 oder Gier nach Macht reagieren, wie auch Familienzusammenhalt und Liebe weitergehen können, so verspürt man beim Lesen kaum Gefühlsregungen. Einzelne, häufig wechselnde Szenen, nüchterne Beschreibungen, teilweise ohne Dialoge, lassen die Handlung manchmal eher zäh erscheinen, in die Figuren hineinversetzen, das funktioniert nur selten. Es braucht keine brutalen Episoden in solch einem historischen Roman, aber ein wenig mehr an Emotionen hätten schon sein dürfen. So fügen sich leider nur viele kleine Puzzlesteine aneinander, die zwar wichtige Themenbereiche ansprechen, aber das Gefühl einer real ablaufenden Geschichte vermissen lassen.


    Ein nüchtern und kühl gehaltener Roman über die Zeit von 1935 bis 1945 mit einer Fülle an Botschaften, die jedoch die emotionale Ebene beim Leser kaum erreichen. 3 von 5 Sternen.



    Titel Ginsterburg

    Autor Arno Frank

    ASIN B0DMPGR2RJ

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Geb. Buch (432 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 15. Februar 2025

    Verlag Klett-Cotta


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    ASIN/ISBN: B0DMPGR2RJ

    Das fängt - obwohl traurig - sehr gut an:

    Wintertöchter-Trilogie von Mignon Kleinbek:


    Amazon:

    Anna trägt ein Erbe in sich, das einige Frauen in ihrer Familie auszeichnet – eine sehr besondere Gabe! Eine ganz außergewöhnliche und geheimnisvolle Fähigkeit, die ihr Leben bestimmen wird. Eine Begabung, die Fluch und Segen gleichermaßen ist und die das Schicksal von Anna lenken wird. So erleben wir mit, wie Anna langsam vom unbeschwerten Mädchen zur jungen Frau heranwächst und wie ihr das Schicksal, das sie ach so gerne selbst in die Hand nehmen würde, immer wieder entgleitet. Wie sich aus dem Nichts plötzlich alle Pläne ändern und das Leben einen Weg nimmt, den sie sich nie hätte träumen lassen. Es entsteht ein spannungsvoller Perspektivwechsel, der die Handlung vor sich hertreibt und immer wieder für neue Sichtweisen und für nie endende Lebendigkeit sorgt.
    Die Saga macht von Beginn an vor allem eins – sie zieht ihre Leser*innen sofort und bedingungslos in ihren Bann: Wer den ersten ‚Wintertöchter’-Teil „Die Gabe“ gelesen hat, wird auch den zweiten Band „Die Kinder“ verschlingen, um endlich in Teil drei „Die Frauen“ zu erfahren, wie alles zusammenhängt.


    ASIN/ISBN: 3948063214

    Aktuell lese ich Ginsterburg von Arno Frank, aber ich werde da nicht so recht "warm" mit den Figuren.


    Amazon:

    Nach der Machtergreifung ist in Ginsterburg ein neuer Alltag eingekehrt. Manche Einwohner der kleinen Stadt leiden, andere profitieren – und die meisten versuchen, sich mit der neuen Ordnung zu arrangieren. Allmählich aber öffnet sich unter dem Alltag der Abgrund. Ein feinfühliger und atmosphärischer Roman über Liebe, Familie, Freundschaft – und persönliche Verstrickungen in den Jahren 1935 bis 1945.

    Lothar träumt vom Fliegen. Eben noch ein kleiner Junge, kann seine Mutter Merle nur ohnmächtig zusehen, wie sein Traum von der Freiheit ihren Sohn in die Arme der Hitlerjugend treibt. Eine neue Zeit ist angebrochen. So sehr Merle ihr auch misstraut, kann sie ihr doch nicht entkommen – nicht in ihrer Buchhandlung, nicht in den Gesprächen mit Eugen, dem Feuilletonisten der Lokalzeitung von Ginsterburg. Doch während die einen verstummen und einige sich langsam korrumpieren lassen, verstehen andere es, die neue Machtverteilung zu ihren Gunsten zu nutzen. Blumenhändler Gürckel schwingt sich zum Kreisleiter auf, Fabrikant Jungheinrich macht beste Geschäfte, und auch der Arzt Hansemann wittert völlig neue Möglichkeiten. Im Lichtspielhaus spielt weiter Heinz Rühmann, über den Nürburgring schießen Runde für Runde die Silberpfeile. Doch der Krieg, an fernen Fronten geschlagen, ist bald auch im Mikrokosmos der Stadt zu spüren, in den erschütterten Beziehungen und Seelen der Menschen. Und über allem schwebt ein britischer Bomberpilot, der sich dem einstmals beschaulichen Ginsterburg unaufhaltsam nähert.


    ASIN/ISBN: B0DMPGR2RJ

    Klappentext (Amazon):


    Nach dreißig Jahren Ehe ist Marlene plötzlich Witwe. Einsam und perspektivlos sitzt sie in ihrem großen leeren Haus und verweigert jegliche Unterstützung, ignoriert die Anrufe ihrer Freundin und plant stattdessen ihren Suizid. Bis eines Tages ein unerwarteter Besucher vor der Tür steht – und nicht nur er bringt ihre Pläne gehörig durcheinander. Susann Pásztors neuer Roman erzählt mit feinem Witz und berührender Tiefe eine große Geschichte von einer Frau, die sich und ihr Leben neu erfinden muss.

    Nach Rolfs Tod schleppt sich Marlene mithilfe von Beruhigungsmitteln durch ihren Alltag als Hinterbliebene und sieht als einzigen Ausweg ihr eigenes baldiges Abtreten. Erst als Klempner Jack, ihr ehemaliger Schüler, auftaucht und kurzerhand bei ihr einzieht, kommt Bewegung in ihr Leben: Jack entpuppt sich nicht nur als fantastischer Koch, sondern auch als einfühlsamer und aufmerksamer Mitbewohner. Aber warum Marlene nicht trauert, sondern vor allem wütend ist, kann auch er nicht so ganz begreifen. Während sich zwischen Jack und Marlenes Hausärztin Ida eine zarte Liebe anbahnt, taucht bei Marlenes Freundin Wally in Wien ein Brief von Rolf auf, der möglichweise die Antwort auf alle offenen Fragen enthält. Gemeinsam mit Jack und Ida macht Marlene sich auf eine Reise, die völlig anders verläuft als erwartet.



    Meine Rezension:


    Es wird Zeit


    Nach seiner Krebsdiagnose scheidet Rolf aus dem Leben, Witwe Marlene igelt sich im eigenen Heim ein und schleppt sich mehr schlecht als recht von Tag zu Tag. Erst Installateur Jack, die neue Dorfärztin Ida und eine frühere Freundin, Wally, können Marlene aus ihrer Lethargie reißen. Es wird Zeit. Zeit, das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen.


    Mit einer ebenso irritierenden wie komischen Episode beginnt dieser kurze Roman. Dann geht es ins fast Unglaubwürdige, wie Jack vor Marlenes Tür steht und kurz darauf nicht nur den Duschkopf repariert, sondern gleich einzieht. Auch die weiteren Kapitel mit Ida, den Stiefsöhnen und Wally wirken auf mich nicht unbedingt realitätsnah, sondern eher ohne näheren Zusammenhang und roten Faden. Nichtsdestotrotz will man weiterlesen, um Marlenes Wut auf den Grund zu gehen, was schlussendlich auch gelingt und den gewissen „Aha-Effekt“ auslöst. Danach plätschert die Handlung wie gehabt dahin und endet mit etlichen offenen Fäden, die man selbst weiterspinnen kann.

    Die Charaktere sind gut vorstellbar, ihre Handlungsweise kann ich aber in den wenigsten Fällen nachvollziehen, aber ich war auch noch nie in einer ähnlichen Situation. Dass Marlene (vermutlich) aus ihrer emotionalen Enge einen Ausweg findet, ist jedenfalls eine schöne Entwicklung ihrer Figur.


    Diese Geschichte hat mich trotz ihrer grundlegenden guten Idee nicht vollends überzeugt, was den Handlungsverlauf und die Zusammenhänge der Personen betrifft. Drei von fünf Sternen.



    Titel Von hier aus weiter

    Autor Susann Pásztor

    ASIN B0DHZMDFG9

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (256 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 13. Februar 2025

    Verlag Kiepenheuer & Witsch


    ASIN/ISBN: B0DHZMDFG9

    Klappentext (Amazon):


    1882, die Zeit der Belle Époque hat Einzug am Hof der Kaiserin Sisi gehalten. Da wird ausgerechnet auf den Geliebten ihres Schwagers ein heimtückischer Mordanschlag verübt. Viktor Angerer, Hoffotograf ihrer Majestät, wird unfreiwillig zum Tatortfotografen. Jemand will die wahren Hintergründe der Tat um jeden Preis vertuschen. Auf der Suche nach dem wahren Mörder bringt die Kammerdienerin Liesel, eine freche und gerechtigkeitsliebende Seele, sich selbst und auch den Fotografen in Gefahr, denn am Hof gilt das Motto:
    »Es ist alles erlaubt, solange nur keiner darüber spricht.«



    Meine Rezension:


    Mord in Mayerling


    Wir schreiben das Jahr 1882 am kaiserlichen Hof in Wien. Sisi kasteit sich beim Essen und raucht ohne Unterlass, sie und ihr Gemahl Kaiser Franz Joseph haben einander ohnehin schon lange nichts mehr zu sagen. Als auf den Schauspieler und Geliebten von Schwager Erzherzog Ludwig ein Mordanschlag verübt wird, ist ausgerechnet Hoffotograf Viktor Angerer zugegen und gerät, gemeinsam mit Kammerdienerin Liesel, in aufregende Ermittlungen zwischen Gendarmerie und militärischer Geheimpolizei.


    Wortgewandt und humorvoll erzählt Tom Sacher, wie es bei Hofe zugeht, nachdem bereits im Prolog ein schrecklicher Mordfall im schönen Mayerling passiert. (Achtung - es handelt sich nicht um den allseits bekannten Anschlag!) Rasch muss Gendarmerie-Major Vösenhuber eine Entscheidung bezüglich der Tatortfotografie treffen – und schon ist Angerer mitten im Geschehen. Dazu gesellt sich, vorerst getarnt als seine Assistentin, die gewitzte Kammerdienerin Liesel, welche, aufgrund ihres Unvermögens zu schreiben und zu lesen, einen Brief der Kaiserin Sisi an Schwager Ludwig, innerhalb der Familie gerne Luziwuzi genannt, überbringen sollte.


    Die Figuren im Roman sind blendend beschrieben, der Humor und die Ironie des vielseitigen Schriftstellers dürfen auch diesmal nicht fehlen, um den dramatischen Geschehnissen ein gewisses Maß an Pfiffigkeit zu verleihen. Um die Authentizität zu gewährleisten, werden Liesel zuweilen bayerische, der Schauspielerin Mina Pick jiddische Begriffe in den Mund gelegt. Etliche historische Figuren werden wieder zum Leben erweckt und mit Eigenschaften ausgestattet, welche zum Teil belegt sind, zum Teil auf Gerüchten beruhen. Jedenfalls wirkt alles höchst lebendig und bestens vorstellbar, sodass man sich selbst mitten in den Wirren rund um den Mordanschlag und anderen üblen Taten wähnt. Die komplizierten Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren wecken nicht nur beim Leser Zweifel, auch Angerer und Liesel wissen mitunter nicht, wem sie trauen können und wer auf feindlicher Seite agiert. So überschlagen sich besonders in der zweiten Romanhälfte die Ereignisse und lassen der bauernschlauen Kammerdienerin kaum Zeit zum Atmen, während der Fotograf einer falschen Fährte zum Opfer fällt. Halt, nicht zu viel verraten, diese spannende Geschichte muss man selber lesen!


    P.S.: Da nicht immer ein schlauer Kater mit von der Partie sein kann, wird Ludwig begleitet von seiner Hundedame Fifi, einer polnischen Rassehündin, welche über eine großartige Menschenkenntnis verfügt. Ohne sie wäre der Roman nicht vollständig.


    ASIN/ISBN: B0DKZFSVK8

    Klappentext (Amazon):


    1975. Auf einem eingeschneiten Berg hoch über Gstaad geht in der Nacht ein Chalet in Flammen auf, die Helikopter kommen zu spät. Die Schweizer Polizei geht von einer ausländischen Täterschaft aus und veröffentlicht das Phantombild nicht in der Schweiz. Das Chalet hat dem Pressemagnaten Axel Springer gehört, die Brandstifter werden im Umfeld der RAF vermutet. Der Urheber dieses Anschlags war der Schweizer Autor Daniel de Roulet, der in diesem Buch berichtet, wie er seine Tat geplant und quasi auf einem Sonntagsausflug in die Berge ausgeführt hat. Er erzählt von Irrtümern aus der Befangenheit des Kalten Kriegs heraus und von seiner Verblüffung, als er die posthume Nachricht entdeckte, die Springer für ihn am Tatort hinterlassen hat. Mit der Veröffentlichung löst er ein Versprechen ein, das er seiner Komplizin und damaligen Liebe kurz vor ihrem Tod gegeben hat. Im Nachwort zur Neuauflage erzählt de Roulet, wie er mit seinem Geständnis die Gemeinde Rougemont von einem Fluch erlöst hat.



    Meine Rezension:


    Geständnis


    Der Schweizer Architekt und Autor Daniel de Roulet hat im Jahre 1975 das in den Bergen gelegene Chalet des Pressemagnaten Axel Springer in Brand gesetzt. Erst viele Jahre später erkennt er, dass sein Motiv auf falschen Annahmen beruht, weshalb er dieses Buch als Geständnis und Erklärung niederschreibt.


    In wechselnder Zeitabfolge dokumentiert dieses Büchlein einerseits die Tat selbst, andererseits die weltgeschichtlichen Hintergründe und Zusammenhänge für dessen Planung und die spätere Sicht auf die Fehleinschätzung. So springt das Geschehen munter hin und her und verlangt volle Aufmerksamkeit vom Leser, um nicht hoffnungslos unterzugehen zwischen falschen Doktoren und Ausflügen bis nach Hanoi.


    Daniel de Roulets Schreibstil ist sachlich, aber detailverliebt, sodass man die Überlegungen des Täters gut nachvollziehen und den Tag des Brandanschlages bestens mitverfolgen kann. Dazwischen findet der geneigte Leser aber allerlei Ausschmückendes und Ausschweifendes, das gleichzeitig erklärt und ablenkt vom zentralen Thema, mich also zwiegespalten zurücklässt.

    Der Sonntag in den Bergen ist ausgesprochen interessant, man muss sich aber auf allerlei Zeitgeschichtliches einlassen, um den Autor, der gleichzeitig Brandstifter ist, zu verstehen.



    Titel Ein Sonntag in den Bergen

    Autor Daniel de Roulet

    ASIN B0DPJ88Z7G

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Geb. Buch (128 Seiten)

    Erscheinungsdatum 4. Jänner 2025

    Verlag Limmat


    ASIN/ISBN: B0DPJ88Z7G

    Meine Rezension:


    Endlager


    Ein Endlager soll im See bei Horlow, nahe der Grenze zur ehemaligen DDR errichtet werden. Dazu kommt erst einmal ein Vermessungsteam, begleitet von Polizeischutz, dem auch Lena Wolff angehört. Der Einsatz selbst ist aber nicht Lenas Motivation, wieder hierherzukommen, ins Dorf ihrer Kindheit, nein, die 42jährige hat noch eine Rechnung offen mit dem Kummersee, in dem ihr Bruder dreiunddreißig Jahre zuvor auf mysteriöse Weise ertrunken ist.


    Ein Dorf nahe der Grenze, am anderen Seeufer ist schon „drüben“, einzelne Wohnhäuser und ein Stacheldrahtzaun rund um das Gewässer. Die Gesichter hinter den Fensterscheiben spähen dem Vermessungsteam schon ablehnend hinterher, bald darauf verschwindet ein Mann aus dem Team, alte Geistergeschichten und Legenden über Monster im See werden wieder erzählt. Was hat es auf sich mit diesem dunklen Teich, was bringt ihn des Nachts zum Leuchten und die Menschen zum Fürchten? Lauert das Böse am Grund? Wilde Mythen ranken sich um die Gegend und beschwören eine düstere Atmosphäre herauf, welche Iver Niklas Schwarz lebhaft beschreibt. Beklemmend erscheinen die Szenen, mit Grauen erinnert sich Lena an das Drama in ihrer Kindheit.


    Kapitel für Kapitel fließt dahin, die Dunkelheit und der Regen, welche sich über die Gegend breiten, hüllen die Wahrheit allerdings lange ein, bis man erkennen kann, ob mystische Elemente Dorf und See heimsuchen oder nachvollziehbare Erklärungen möglich sind. Während sich also irgendwann einige Längen einschleichen, kommt es gegen Ende hin zu sich überschlagenden Ereignissen und Informationen, mit welchen man kaum rechnen konnte, dabei aber auch zu eher unglaubwürdigen Details. Die Charaktere selbst wiederum sind gut vorstellbar, die Themen Endlagerung und Umweltschutz unaufgeregt ins Geschehen eingebettet, wodurch der Handlungsverlauf stimmig daherkommt.


    Die Themen, insbesondere Lenas Trauma durch den Tod ihres Bruders, sind geschickt kombiniert und zu einem roten Faden verflochten, sodass der „Kummersee“ trotz kleiner Kritikpunkte aufregende Lesestunden bedeutet.



    Titel Kummersee

    Autor Iver Niklas Schwarz

    ASIN B0CXLCCDKG

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (544 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 30. Jänner 2025

    Verlag Ullstein


    ASIN/ISBN: B0CXLCCDKG

    Aktuell lese ich "Kummersee" von Iver Niklas Schwarz. Nach etwa 20% kann ich sagen, dass mir der flüssige Schreibstil sehr gut gefällt. Die Atmosphäre am dunklen mystischen See, an dem 33 Jahre zuvor ein Kind (Lenas Bruder) ertrunken ist, ist bestens eingefangen und Lenas Unbehagen an diesem Ort deutlich spürbar. Ich bin gespannt, was da noch alles kommt.


    Klappentext (Amazon):

    Dreißig Jahre nach dem ominösen Tod ihres Bruders im Kummersee kehrt Lena in das Dorf ihrer Kindheit zurück. Als Polizistin ist sie für den Schutz eines Vermesserteams zuständig, das den See als potenzielle Endlagerstätte prüft. Das ruft nicht nur Umweltaktivisten auf den Plan. Auch andere Kreise versuchen, die Arbeit zu sabotieren. Als plötzlich bizarre Morde geschehen, erstehen auch alte Schauergeschichten über den See wieder auf. Lena stürzt sich in die Ermittlungen und kommt einem ungeheuerlichen Geheimnis auf die Spur, das weit in die Vergangenheit zurückreicht: Das Böse, das vor so vielen Jahren ihren Bruder das Leben gekostet hat, lauert immer noch unter der Wasseroberfläche – und es darf auf keinen Fall hinaus in die Welt gelangen.


    ASIN/ISBN: B0CXLCCDKG

    Klappentext (Amazon).


    Für ein Wiedersehen laden Jonathan und seine Verlobte Lotta die alte Freundesgruppe in ein abgelegenes Restaurant in der Eifel ein. Nur ein Platz bleibt leer: Vor fünf Jahren ist ihre Freundin Maria spurlos in der Nacht verschwunden. Um der alten Zeiten willen beginnen die Freunde ein Krimi-Dinner. Doch das Spiel verschmilzt rasch mit der Realität. Verstörende Erinnerungen kommen hoch und werfen Fragen auf: Wer lügt für seine Rolle, wer für sich selbst? Während draußen ein Sturm aufzieht, eskaliert das Spiel. Ist Maria noch am Leben? Oder sitzt ein Mörder mit am Tisch?



    Meine Rezension:


    Parallelen


    Nach fünf Jahren treffen einander Jonathan, Lotta, Hanna, Kiano und Tristan in einem abgelegenen Spitzenrestaurant in der Eifel wieder. Nur Maria fehlt, sie ist während der letzten gemeinsamen Veranstaltung spurlos verschwunden. Das geplante Krimi-Dinner führt schon kurze Zeit später in ein Desaster, denn mehrere Teilnehmer erkennen frappierende Parallelen zu dem Abend am Musikfestival, seit dem Maria nicht mehr unter ihnen weilt. Ist sie tatsächlich freiwillig abgereist oder ist sie ermordet worden? Sitzt gar der Mörder mitten Im Saal? Schnell ist klar, dass jeder hier ein Motiv gehabt hätte.


    Ein spannendes Szenario bietet sich dem Leser, da nicht nur die fünf Freunde im aktuellen Geschehen eine tragische Vergangenheit verbindet, sondern auch sechs fiktive Rollen im Spiel auftauchen, die für einen unterhaltsamen Krimi-Abend sorgen sollen. Die Ähnlichkeiten zwischen Realität und Spiel rufen Misstrauen und Unruhe hervor, die Stimmung im Luxusrestaurant verdüstert sich zunehmend. Emily Rudolf versteht es, ausgesuchte Personen aufeinandertreffen zu lassen, die Geheimnisse hüten und womöglich durch Alkohol und Drogen nur getrübte Erinnerungen haben an das, was fünf Jahre zuvor geschehen sein mag. Kann man überhaupt einem von ihnen trauen? Ist Maria tatsächlich tot? Schließlich hat man nie eine Leiche gefunden.


    Die abwechselnde Schilderung des Krimidinners mit neuen Charakteren aus dem Rollenspiel und des verregneten Zeltfestes damals lässt über manche Langatmigkeit im Mittelteil hinwegsehen. Überraschende Details, die immer wieder auftauchen und durch die unterschiedlichen Blickwinkel der einzelnen Freunde dargestellt werden, spornen an, stets noch ein Kapitel weiterzulesen, die Sogwirkung kann man nicht leugnen. Der flotte Schreibstil tut ein Übriges, den Leser an die Seiten zu fesseln. Überzeugt schon die laufende Handlung an sich, so bietet das Ende dann noch einmal eine Steigerung, diese verblüffende, kaltschnäuzige Wendung habe ich nicht erwartet. Perfekt auf den Punkt gebracht!


    Ein interessanter Thriller mit durch Drogen vernebelten Erinnerungen und vielfältigen Motiven, denen man nachspüren kann, auch die Atmosphäre in allen Ebenen ist bestens getroffen. Ich hatte großen Spaß beim Lesen und empfehle dieses mehrgängige Menü gerne weiter.



    Titel Das Dinner

    Autor Emily Rudolf

    ASIN B0DB3CF5SL

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (464 Seiten) und Hörbuch

    Erscheinungsdatum 1. Jänner 2025

    Verlag Fischer


    ASIN/ISBN: B0DB3CF5SL

    Klappentext (Amazon):


    Nina-Marie hat eine kleine, feine Buch- und Blumenhandlung am Stadtrand. Seit dem Verlust ihrer großen Liebe hat sie sich in die Arbeit gestürzt und findet Trost darin, wunderschöne Sträuße zu binden oder ihre Kundinnen und Kunden und mit einer Buchempfehlung glücklich zu machen. Dass sie selbst noch einmal glücklich sein kann, daran glaubt sie nicht mehr. Als sie eines Tages einen wohlriechenden Strauß an einen übellaunigen älteren Herren ausliefert, wendet sich das Schicksal. Der Herr ist ein Bestsellerautor, der aber seit langem nicht mehr schreibt. Und auch sein Sohn ist Nina-Marie nicht unbekannt... Der Zufall beginnt, eine zarte Liebesgeschichte zu schreiben, die Ninas Leben neu aufblühen lässt.



    Meine Rezension:


    Aufblühen


    Gemeinsam mit ihrer Mutter betreibt Nina-Marie eine kombinierte Buch- und Blumenhandlung und hat sich damit einen Traum erfüllt. Mit Freude empfiehlt sie alte und neue Bücher und bindet duftende Sträuße, allerdings fehlt ihr selbst das wahre Glück im Leben, seit sie drei Jahre zuvor ihre große Liebe verloren hat. Können vielleicht der alte Herr, dem Nina-Marie Blumen liefern soll, oder sein Sohn, dem sie irgendwo schon einmal begegnet ist, die junge Frau wieder zum Aufblühen bringen?


    Mit einem bunten Mix an Erzählung im Jetzt, Erinnerungen an Nina-Maries Zeit mit Eric und einem Buch, das unsere Hauptfigur zur Bewältigung ihrer Trauer niederschreibt, geht es abwechslungsreich durchs Geschehen. Wenige, überschaubare Charaktere sind liebevoll gezeichnet und treffen in unterschiedlichsten Varianten aufeinander, wobei sich Ninas Rückzug in ihr Schneckenhaus wie ein roter Faden durch die Handlung zieht. Angst vor neuerlicher Verletzung lässt sie Distanz halten und sich völlig in ihre Arbeit zurückziehen. Ob die Begegnungen mit Curt Fernau und Jack dem zuverlässigen Zufall geschuldet ist, ob es Schicksal ist oder ganz etwas anderes, Nina-Marie entwickelt sich jedenfalls langsam heraus aus ihrer Lethargie, aus ihrer Verklärung der Vergangenheit. Auch die anderen Figuren erleben einen Fortschritt auf ihrem Lebensweg, den man ein Stück weit begleiten darf. Die doch sehr intensiven Gedanken über Trauer und Verhaftung im Gestern überschatten teilweise die hoffnungsvollen und zukunftsorientierten Kapitel, abgesehen davon handelt es sich aber um einen liebens- und lesenswerten Roman mit sympathischen Charakteren und unaufdringlichen Tipps im Umgang mit kleineren oder größeren Herausforderungen im Leben.


    Ein flüssig geschriebener Roman mit bewegendem Inhalt, bei dem man den Duft der Pflanzen und die wohltuende Stimme eines Vorlesers zwischen den Zeilen spüren kann. Für unterhaltsame Stunden vergebe ich vier Sterne und eine Leseempfehlung.



    Titel Die Zuverlässigkeit des Zufalls

    Autor Lilli Beck

    ASIN B0CW18TFRG

    Sprache Deutsch

    Ausgabe ebook, ebenfalls erhältlich als Taschenbuch (384 Seiten)

    Erscheinungsdatum 7. Jänner 2025

    Verlag Atlantik


    ASIN/ISBN: B0CW18TFRG

    Klappentext (Amazon):


    Selb in den 60er Jahren: Jana Thalmeyer, die Tochter der Porzellanmanufaktur-Geschäftsführerin Marie Thalmeyer, zieht es zum Jura-Studium nach München. Dort wird sie von einer neuen Zeit mitgerissen: Anti-Establishment-Proteste, Demonstrationen und Drogen bestimmen die neue Welt, in die die junge Frau eintaucht. Jana genießt die scheinbar unbeschwerte Zeit, doch schon bald gerät sie im wilden, glamourösen Schwabing in gefährliche Gesellschaft – Menschen, die Gewalt befürworten, Sabotageakte durchführen und sogar Attentate planen. Nach einem Streit überwirft sie sich mit ihrer Mutter.

    Marie und ihre jüngere Schwester Sophie haben nicht nur überraschend Erfolg mit Luxusporzellan und einer besonderen Zusammenarbeit mit Paul Bocuse, sondern kriegen es auch mit einem neuen Gegner zu tun: Abel Metsch, der die Druckerei seines Vaters übernommen hat und die einflussreiche Oberfränkische Stimme herausgibt, plant üble Intrigen gegen die Familie Thalmeyer …

    Als Marie lebensbedrohlich erkrankt, muss Jana sich entscheiden: Unterstützt sie ihre Familie und rettet das Porzellanerbe oder konzentriert sie sich weiter auf ihre eigenen Träume?



    Meine Rezension:


    1966 - 1967


    Einige Zeit ist ins Land gegangen seit Teil 2, der Wirtschaftsaufschwung lässt nach, die Thalmeyer-Schwestern Marie und Sophie stecken mit ihrer Porzellanmanufaktur zudem nach wie vor in einem Zwist mit dem Druckereibesitzer und Bürgermeister Abel Metsch. Der ältere Bruder, Joachim Thalmeyer, ist weiterhin als Agent in der Künstlerszene aktiv und überlässt seine Wohnung in München Maries Tochter Jana, die hier Jura studiert und mit einer Gruppe von gewalttätigen Studenten in Kontakt kommt. Spannende und interessante Episoden aus den 1960er-Jahren erwarten den neugierigen Leser.


    Gleich zu Beginn wird es aufregend in diesem dritten und letzten Band der Thalmeyer-Saga, leistet doch der nunmehrige KFZ-Mechaniker Gustav Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt aus der DDR. Hat man diese ersten Schrecksekunden verdaut, geht es um Intrigen und Gerüchte gegen die in fünfter Generation geführte Porzellanmanufaktur. Aber es wäre nicht Stefan Maiwald, beließe er es bei einer Geschichte um feinstes Hartporzellan, nein, diese wird umgeben von vielfältigen anderen Szenen, welche die entsprechende Zeit prägen. Ein nervenaufreibendes Autorennen mit Luca am Steuer eines Fiat Abarth gehört da genauso dazu wie ein Blick in die Künstlerszene mit dem feschen Joachim Fuchsberger oder dem erratischen Klaus Kinsky. Die Rolling Stones bringen das legendäre Album „Paint It Black“ heraus und erste Golfplätze entstehen, während in München eine Gruppe aggressiver Studenten gegen Reichtum und Besitz demonstriert. Derlei abwechslungsreich fließt der kurzweilige Text mit knappen Kapiteln und rasch wechselnden Schauplätzen dahin, die Thalmeyer-Geschwister bekommen wieder einige Prügel vor die Füße geworfen und trachten danach, diese mit Raffinesse und großem Geschick zu überwinden. Wie sie mit neu gegründeten Gewerkschaftsverbänden und schrägen Werbeagenturen umgehen? Das und noch viel mehr verrät Stefan Maiwald auf seine locker-leichte Art, mit der er diesen großartig recherchierten Roman präsentiert.


    Ein wahres Lesevergnügen ist (nach den ersten beiden Bänden) auch dieser abschließende Teil der bewegenden Thalmeyer-Saga, welche mit spürbarer Leidenschaft zu Papier gebracht worden ist. Die Porzellanmanufaktur und ihr gesellschaftspolitisches Umfeld sind über all die Jahre von 1947 bis 1967 voller Liebe zum Detail dargestellt und vermitteln auch persönliche Höhen und Tiefen, ohne jedoch in irgendeine Art von Sentimentalität abzudriften, dabei aber sehr wohl den Leser zu berühren. Mir hat die Lektüre viel Vergnügen bereitet, ich empfehle die gesamte Reihe daher von Herzen gerne weiter!



    Titel Die Porzellanmanufaktur, Zerbrechliche Träume

    Autor Stefan Maiwald

    ISBN 978-3986790295

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Taschenbuch (376 Seiten), ebenfalls erhältlich als ebook

    Erscheinungsdatum 2. Oktober 2024

    Verlag Maximum

    Reihe Die Thalmeyer-Saga


    ASIN/ISBN: 3986790292

    Klappentext (Amazon):


    Selb in den 50er Jahren: Marie Thalmeyer hat es geschafft, das Sorgerecht für ihre Tochter zurück­zuerlangen, doch die Freude hält nicht lange. Die Porzellanmanufaktur steht nach einem ­Betrug kurz vor dem Ruin und die DDR öffnet die Grenzen für das Meißner Porzellan. Die Preise sind im freien Fall.

    Maries Bruder Joachim lebt währenddessen immer offener seine Homosexualität aus. Er versucht mit Hilfe der Musik, die Narben des Krieges verblassen zu lassen und wird erfolgreicher Manager der Stars. Doch auch in der Welt der Reichen und Schönen lauern Gefahren …

    Als der Erzfeind der Familie, der Papierfabrikant Karl Metsch, aus der Haft entlassen wird, flammt die Fehde erneut auf. Können Marie und Sophie Thalmeyer wieder alles zum Guten wenden?



    Meine Rezension:


    1952 - 1953


    Wirtschaftswunder und empfindliche Rückschläge prägen die anfänglichen 1950er-Jahre in der Selber Porzellanmanufaktur der Familie Thalmeyer. Wie die Geschwister Marie, Sophie und Joachim damit umgehen und was sich sonst noch alles tut zu dieser Zeit, erzählt Stefan Maiwald in diesem zweiten Band mit einer Leichtigkeit und Detailgenauigkeit, die ihresgleichen sucht.


    Wie bereits im ersten Teil der Trilogie wechseln einander sehr kurze Kapitel mit unterschiedlichsten Szenen ab, sodass nicht nur das familiengeführte Porzellanwerk im Mittelpunkt steht, sondern viele Episoden aus dem Nachkriegsdeutschland Eingang ins Geschehen finden, um die zeitgeschichtliche Einordnung perfekt zu dokumentieren. Seien es Autotypen, Film- und Schauspiellegenden rund um Joachim Thalmeyer, Musiktitel, das italienische Restaurant von Bepi oder Arzneien aus Harrys Apotheke, alle finden Platz in dieser interessanten und ansprechenden Reihe, ja sogar Einblicke ins Gefängnis werden gewährt. Um Ursache und Auswirkung stets plausibel darzustellen, gibt es des Öfteren Rückblenden in vergangene Jahre, sodass die Handlung immer wieder durch allerlei Einschübe unterbrochen, deshalb aber keineswegs gestört wird. Gerade die wenigen Kapitel rund um Thalmeyers selbst sind spannend und emotionsgeladen, obwohl sie mit bemerkenswerter Ruhe ohne jegliche Gefühlsduselei erzählt werden. Stefan Maiwalds Kraft der Worte muss man an dieser Stelle jedenfalls klar hervorheben. So ist es ein Vergnügen, mit dabei zu sein, wenn Gerüchte über die Porzellanmanufaktur gestreut werden und die Familie Wege findet, möglichen Schaden abzuwenden oder wenn ein unerwartetes Testament auftaucht. Die Geschwister Thalmeyer kämpfen an vielerlei Fronten um ihr Familienerbe und ihr persönliches Glück, das ihnen wahrlich nicht von selbst in den Schoß fällt.


    Auch Teil zwei überzeugt durch penible Recherche und eine großartige Verquickung unterschiedlichster Themen, sodass ich gleich mit dem letzten Band der Trilogie fortfahren werde. Leseempfehlung!



    Titel Die Porzellanmanufaktur, Zerbrechliche Hoffnung

    Autor Stefan Maiwald

    ISBN 978-3986790271

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Taschenbuch (408 Seiten), ebenfalls erhältlich als ebook

    Erscheinungsdatum 6. Mai 2024

    Verlag Maximum

    Reihe Die Thalmeyer-Saga


    ASIN/ISBN: 3986790276


    Jetzt lese ich endlich Die Porzellanmanufaktur (Thalmeyer-Saga) weiter ...


    Band 1 hat mir sehr gut gefallen.


    Amazon:

    Selb in den 50er Jahren: Marie Thalmeyer hat es geschafft, das Sorgerecht für ihre Tochter zurück­zuerlangen, doch die Freude hält nicht lange. Die Porzellanmanufaktur steht nach einem ­Betrug kurz vor dem Ruin und die DDR öffnet die Grenzen für das Meißner Porzellan. Die Preise sind im freien Fall.

    Maries Bruder Joachim lebt währenddessen immer offener seine Homosexualität aus. Er versucht mit Hilfe der Musik, die Narben des Krieges verblassen zu lassen und wird erfolgreicher Manager der Stars. Doch auch in der Welt der Reichen und Schönen lauern Gefahren …

    Als der Erzfeind der Familie, der Papierfabrikant Karl Metsch, aus der Haft entlassen wird, flammt die Fehde erneut auf. Können Marie und Sophie Thalmeyer wieder alles zum Guten wenden?


    ASIN/ISBN: B0C5JLBKY5