Cover, Titel und Klappentext
haben mich sehr angesprochen, weil sie einen spannenden Krimi in Verbindung mit
Meer suggeriert haben. Das Meer spielt tatsächlich eine Hauptrolle in dem
Roman, und der Autorin gelingt auch eine atmosphärisch dichte Beschreibung von
Unwettern und Gefahren. Ebenso gut fängt sie die leicht miefige Atmosphäre
einer Kleinstadt ein, in der jeder jeden kennt und neue Gesichter erst einmal
skeptisch betrachtet werden. Auch die Konstruktion der Handlung hat mir gut
gefallen: dass nämlich ein Mord verknüpft mit länger zurückliegenden
Ereignissen, in die mehrere Personen schuldhaft verwickelt sind.
Die Handlung fließt aber allzu
ruhig dahin, ein Spannungsbogen setzt erst gegen Schluss ein. Die Fülle der
Personen und vor allem ihre verwandtschaftlichen und biografischen Bezüge zueinander
verwirren am Anfang. Dazu kommt, dass zu viele Details vorgeführt und langatmig
beschrieben werden, auch wenn sie keinerlei Einfluss auf die Handlung haben. Manches
ist unglaubwürdig, z. B. „obwohl er nie hier gewesen war, wusste Kieran, das
alles ein wenig verstellt war. Die Kissen auf dem Sofa schienen nicht in ihrer
üblichen Reihenfolge zu stehen „ (S. 172). Wie kann ich das feststellen, wenn
ich noch nie in dem Zimmer war? Manche Handlungselemente erweisen sich als
blindes Motiv, z. B. die Tatsache, dass der Bruder des Protagonisten für die
Schwangerschaft eines Mädchens verantwortlich war. Das Ende, die Entdeckung des
Mörders, kommt wie ein plötzlicher Show down und recht unmotiviert, auch wenn
es, zugegeben, natürlich sehr praktisch ist, wenn sich der Mörder am Ende
selber offenbart und seine Taten erläutert. Ohne dass ein Bezug zu den
laufenden polizeilichen Ermittlungen zu erkennen gewesen ist.
Sprachliche Ungenauigkeiten
wirken störend. Das Kreischen von Möwen wird kommentiert mit „So etwas habe ich
noch nie gesehen“ (S. 246), oder auch Holprigkeiten wie „Er ging ...
langsam..., doch seine Muskeln übernahmen sofort das Kommando“ (S. 142). Manche
Wendungen sind einfach deplatziert; vielleicht Übersetzungsfehler?
Ein spannender Plot, dessen
Möglichkeiten kaum genutzt werden.