Beiträge von dracoma

    ASIN/ISBN: B09XTPHM43


    Harald Meller und Kai Michel, Das Rätsel der Schamanin. Eine archäologische Reise zu unseren Anfängen.


    Ein spannendes Buch! Ich besitze zwar jede Menge steinzeitliches Werkzeug, aber habe mit der Steinzeit trotzdem nie viel am Hut gehabt.

    Und jetzt werde ich ins Meso- und/oder Neolithikum katapultiert und lerne gerade jede Menge über das Schamanentum. Einfach spannend!

    Pert Rebecca, Raue Wasser

    ASIN/ISBN: 3753000701


    Klappentext:

    Ein traurigschöner Debütroman über Familie und Traumata, Erlösung und Neuanfänge vor der Kulisse der einsamen Shetlandinseln

    Jane ist ihr Leben lang vor ihrer Vergangenheit geflohen, aus Angst, die psychische Krankheit ihrer Mutter Sylvia geerbt zu haben. Die ist verschwunden, als Jane noch ein Teenager war.

    Jetzt lebt Jane in einem Trailer in einer windumpeitschten Ecke auf den rauen und einsamen Shetlandinseln, arbeitet in einer Fischfabrik und verbringt stille Abende zuhause, gemeinsam mit Mike, dem ersten Menschen seit vielen Jahren, dem sie sich ein bisschen öffnet.

    Als die Leiche ihrer Mutter gefunden wird, kommt die verdrängte Erinnerung an den Tag wieder hoch, an dem vor vielen Jahren ihr kleiner Bruder starb. Alte Wunden werden wieder aufgerissen, und ihr bleibt keine andere Wahl, als sich ihren Dämonen zu stellen.


    Mein Lese-Eindruck:


    Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen und setzt zwei Erzählstimmen ein. Auf der ersten Zeitebene erzählt eine junge Frau, Sylvia, in ihrem Tagebuch von ihrem Leben auf der kargen Shetland-Insel Unst und vor allem von ihrer psychischen Erkrankung, die zu schrecklichen Ergebnissen führt. Die zweite Zeitebene befindet sich in der Jetztzeit. Sylvias Tochter Jane findet die Tagebücher ihrer Mutter und durchlebt damit ihre Kindheit noch einmal. Und so gelingt es ihr, sich ihrer Traumatisierung zu stellen und sie in ihr Leben zu integrieren.


    Der Roman ist spannend und durch die beiden Erzählstimmen auch sehr kurzweilig zu lesen. Die unwirtliche, karge Kulisse der Shetland-Insel, vor der die Handlungen sich abspielen, ist sehr schön gewählt, da die innere Verfassung der beiden Protagonistinnen sich hier widerspiegeln. Dazu passt auch der Titel „Raue Wasser“, der sich nicht nur auf die Affinität der Hauptfiguren zur See bezieht, sondern ebenso metaphorisch zu verstehen ist: Sowohl Sylvia als auch ihre Tochter haben raue Zeiten zu durchleben.

    Die Themen sind ausgesprochen dramatisch: Einsamkeit, Depression, Halluzinationen, innere Stimmen, Suizide, Eifersucht und Trennung, blutige Unfälle, Traumatisierung, schwierige Geburt, Mord und einiges andere. Man merkt es vielleicht schon: mir war es zu viel Drama. Wäre etwas weniger nicht mehr gewesen? Vor allem gegen Ende des Buches geht es recht melodramatisch zu. Die Autorin nimmt dafür Längen in Kauf, die für die Handlung nicht wesentlich sind wie z. B. die langatmige Schilderung einer Geburtsszene. Gelegentlich fehlt auch der innere Zusammenhang der einzelnen dramatischen Blöcke – leider kann ich keine Beispiele geben, ohne zu spoilern. Nur ein eher nebensächliches Beispiel: es wirkt nicht überzeugend, wenn sich die Mutter einer verlassenen Verlobten aufopferungsvoll um deren Nachfolgerin kümmert.


    Trotz dieser dramaturgischen Schwächen habe ich den Roman gerne gelesen! Ein Roman zum Schmökern.

    ASIN/ISBN: 3548067204


    Klappentext:

    Ein wunderbar augenzwinkernder Krimi der alten Schule – 88 Jahre nach seinem Entstehen erstmals in deutscher Übersetzung

    Die Premiere im Londoner Grosvenor Theater nähert sich ihrem Höhepunkt und ein dramatischer Schusswechsel steht an. Doch die Szene entpuppt sich als realistischer als beabsichtigt, und der Star des Abends geht tatsächlich tot zu Boden. Wie es der Zufall will, sitzen Inspector Wilson von Scotland Yard und sein Sohn Derek, ein ambitionierter junger Reporter, im Publikum. Das Duo stürzt sich in die Ermittlungen, doch keiner von beiden weiß so richtig, was er tut. Bald stolpern sie über weitere Leichen – und immer wieder über die eigenen Füße.

    Treffen Sie Inspector Wilson und seinen Sohn Derek – ein herrlich inkompetentes Ermittlerduo, bei dem sich Miss Marple im Grab umdrehen würde. Ein köstliches Lesevergnügen.


    Mein Lese-Eindruck:


    Ein Krimi aus den 30er Jahren, und wir befinden uns als Leser auch in den 30er Jahren, im Herzen des vergnügungssüchtigen London. Ein Mord auf offener Bühne- das ruft Scotland Yard auf den Plan, Inspector Wilson übernimmt den Fall und wird unterstützt von seinem Sohn Derek.


    Dieser Inspector Wilson ist eine durchaus liebenswerte, aber trotzdem merkwürdige Figur. Er hat keine Kollegen, arbeitet offensichtlich ohne die Unterstützung eines Büros oder der Maschinerie von Scotland Yard, er muss keine Berichte abgeben etc. – kurz: eine völlig unrealistische Figur. Und ebenso unrealistisch und uneffektiv sind seine Ermittlungsmethoden, direkt hanebüchen. Der Leser erwartet natürlich die Präsentation eines Täters, und dieser berechtigten Neugier kommt der Autor auch nach, indem er mit Hilfe von drei Briefen die Sache aufklärt.


    Trotzdem hat mir die Lektüre dieses Krimis großen Spaß gemacht. Er ist originell aufgebaut, wenn er mit dem Programmzettel einer Theateraufführung startet, und die vielen Figuren werden sorgfältig nach und nach eingeführt, sodass man als Leser nicht in Verwirrung gerät.

    Der Hauptspaß liegt aber im Erzählton und in den Dialogen zwischen Vater und Sohn Wilson. Sie sind an Situationskomik, an Bissigkeit und Ironie schwer zu überbieten – ein Paradebeispiel für den sprichwörtlichen britischen Humor!


    Fazit:

    ein amüsanter historischer Krimi!

    ist inzwischen 35 Jahre her. Wir haben bestimmt auch über den Hintergrund geredet. Aber ich fand das Buch einfach nur gräßlich.

    Das ist natürlich Dein gutes Recht :)!

    Aber es ist tatsächlich so, dass mir sein Leiden an Deutschland und seine Sehnsucht nach seiner Heimat und vor allem nach seiner Mutter, die er vor ihrem Tod noch einmal sehen will, also dass mir das ans Gemüt geht.


    Abgesehen davon mag ich einfach seine spitze Zunge!

    Wenn Dich das Thema der Gesichtsversehrten interessiert,

    Ja, interessiert mich.

    Mir ist der Begriff "gueules cassées" von Berufs wegen untergekommen, und zwar bei Augenzeugenberichten von der Pariser Friedenskonferenz nach dem I. Wk. Da stellten die Franzosen nämlich einige dieser schrecklich Versehrten so auf, dass die deutsche Delegation - zu der immerhin so ehrenwerte Leute wie Prof. Max Weber, Graf Montgelas oder Walther Schücking gehörten - dass die deutsche Delegation also an diesen Männern vorbeigehen musste.

    Das Sachbuch, das Du erwähnst, "The Facemaker", interessiert mich jetzt weniger, ich will mehr über die menschliche Seite dieser Sache wissen, weil das Gesicht etwas mit unserer Identität zu tun hat. Drum hat mir ein Lesefreund diesen Tipp mit dem Dugain-Buch gegeben.

    Erfahrungsbericht von Philippe Lançon „Der Fetzen“ empfehlen. Lançon wurde beim Attentat auf Charlie Hebdo schwer im Gesicht durch Schüsse verletzt und erzählt sein Leben am gleichenOrt ein Jahrhundert später.

    Danke, das habe ich notiert.

    Gueules cassées gibt es immer noch, schlimm genug. In der Süddeutschen Zeitung bin ich vor einigen Wochen über einen Bericht über einen Münchner Arzt gestolpert, der diese Leute aus der Ukraine abtransportiert und hier operiert bzw. weiter vermittelt.

    Schlimme Sachen.

    Und Deutschland - ein Wintermärchen fand ich extrem undankbar und unfair. Soll er doch auswandern, wenn er alles hier so furchtbar findet!

    Kann es sein, dass Du die Situation missverstanden hast?

    Heine war doch ausgewandert, nach Paris, im Umkreis der Unruhen von 1830 - und litt sein Leben lang furchtbar unter Heimweh und unter der Sehnsucht nach seiner Mutter.

    Ich denke, dass Heine damals allen Grund dazu hatte, das Leben in Deutschland nicht gut zu finden: Zensur und Antisemitismus setzten ihm zu. Von den politischen Missverhältnissen ganz zu schweigen.


    Tut mir leid. Ich liebe seine Gedichte und MUSS ihn einfach in Schutz nehmen!

    Mein Lese-Eindruck:

    Gleich vorneweg: Cover und Klappentext lassen einen eher blutrünstigen Roman erwarten; wer also die Schilderung von Grausamkeiten etc. erwartet, wird hier enttäuscht werden.


    Die Ermittlerfigur ist kein Sympathieträger, und er tritt zu Beginn den Inuit auf Grönland in der herablassenden, unduldsamen und besserwisserischen Art gegenüber, die an die Einstellung der europäischen Kolonialmächte im 19. Jahrhundert erinnert. Der Autor beschreibt sehr schön, wie sich das Verhalten des Ermittlers Schritt für Schritt ändert. Er erkennt, wie sehr die harten Bedingungen der Natur das Leben und Denken der Inuit bestimmen, und er lernt nicht nur Respekt vor ihren Mythen zu haben, sondern auch ihre Verbindungen zu einer geistigen Welt zu schätzen. Seine beginnende Freundschaft mit dem Schamanen ist das äußere Zeichen dieses respektvollen Umgangs miteinander.


    Der Erzähler romantisiert jedoch nicht, sondern er thematisiert auch die Auswirkungen der dänischen Gesetzgebung auf die Inuit. Ihnen wurde mit dem Verbot des Robbenfangs die wichtigste Nahrungsquelle und damit ihre traditionelle Lebensweise genommen. Die Folgen sind übel: Alkoholismus, Gewaltbereitschaft und eine außergewöhnlich hohe Suizidrate.


    Als Leser merkt man deutlich, dass der Autor mit Herzblut das Leben der Inuit vorstellt. Er wird jedoch niemals belehrend, sondern seine Informationen begleiten die Handlung wie selbstverständlich. Seine Liebe zu Grönland ist unübersehbar, und er beschreibt äußerst anschaulich z. B. eine Fahrt mit dem Kajak (jetzt weiß ich, dass das Wort ein Inuit-Wort ist) durch das Packeis oder die verschiedenen Färbungen des Wassers auf dem Weg zur Eis-Abbruchkante.


    Der Schluss dagegen ist enttäuschend. Ein Ende wie in einem amerikanischen Bandenkriegsfilm, noch dazu mit erklärenden Dialogen, und abschließend eine große Jubelfeier - dieser plakative Showdown lässt die innere Logik vermissen und passt nicht zu dem ansonsten eher ruhigen Erzählen.


    Trotzdem: mir hat das Eintauchen in die heutige Kultur der Inuit so gut gefallen, dass ich dem Autor diesen Schluss nicht nachtrage.