Klappentext:
In den Walliser
Alpen wird eine grausam zugerichtete Leiche gefunden. Da sich der Tote als
ehemaliger deutscher BKA-Beamter erweist, schaltet sich Interpol ein und
schickt ihre beste Ermittlerin: Valeria Ravelli. In der eisigen
Abgeschiedenheit der Berge stößt sie bei ihren Nachforschungen auf eine Mauer
aus Schweigen. Ein mächtiges Areal der Wälder rund um das Dorf Steinberg ist
abgeschottet und dient als privates Winterquartier für eine Gruppe schwerreicher
Geschäftsleute. Gemeinsam mit einem neuen Kollegen folgt Valeria den weit
verzweigten Spuren eines wahnhaften Mörders, dessen Taten zurück in
die Vergangenheit reichen. Doch was sie nicht ahnt: Sie selbst ist längst in
sein Visier geraten.
Mein Hör-Eindruck:
Cover und Klappentext
versprechen einen atmosphärisch dichten, spannenden Roman. Und eines muss man
dem Autor lassen: er versteht es, eine unheimliche und gruselige Atmosphäre zu
schaffen. Da gibt es Dunkelheit, Modergeruch, Kälte, tiefe Schluchten, blutige
Fußabdrücke, geheimnisvolle Unterwelten, das Gefühl, ständig beobachtet zu
werden, es gibt versteckte Hütten, die von Spinnweben überzogen sind und ein unterirdisches
Verlies, es gibt apokryphe Botschaften, südamerikanische Dämonen, grausam
zugerichtete Leichen, geheime Kellerräume, unklare Atemgeräusche,
geheimnisvolle internationale Verschwörungen und so fort – dieses Handwerk
beherrscht der Autor sicher.
Aber mich hat die Verbindung
dieser einzelnen Elemente nicht überzeugt. Ich habe die innere Logik der
Handlung vermisst. Der Beginn zeigt schon das erste der vielen blinden Motive:
da werden zwei Ermittler eingesetzt, die sich nicht ausstehen können. Nun denkt
der Leser, dass diese Feindseligkeit eine Rolle im Roman spielen wird – das tut
es aber nicht, das Motiv bleibt blind. Ebenso verhält es sich mit einer
defekten Brücke in einer Höhle, zwei geheimnisvollen Buben, dem vermissten
Bruder der Protagonistin und mit vielen
anderen Handlungselementen, die man ohne zu spoilern nicht aufführen kann.
Einige Elemente hat der
Autor bei Großmeistern dieses Genres abgeschaut, und zwar bei Hitchcock (Film
„Psycho“) und aus Daphne du Mauriers Novelle „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. Gegen
Intertextualität bzw. Zitate ist grundsätzlich nichts zu sagen, wohl aber gegen
die Art und Weise, wie diese Elemente hier eingebaut werden. Z. B. stammt aus du Mauriers Novelle der
geheimnisvolle kleinwüchsige, rotgewandete Mensch, der immer wieder gesichtet
wird, aber dessen Funktion im Unterschied zum Original unklar bleibt. Seine
Funktion in der Geschichte wird auch nicht klarer, wenn er mitten in der Nacht
einem angeschossenen Ermittler sein Leben erzählt. Diese nicht motivierten
Erklärungsgespräche finden sich allerdings häufiger im Roman; mir hätten diese
Erklärungen – wenn sie denn nötig sind - als integrierter Teil der Handlung
besser gefallen.
Mir fehlte nicht nur die
Kausalität der Handlung. Manche Handlungselemente sind einfach nicht
glaubwürdig. So hinterlässt z. B. eine Verfolgungsjagd im Schnee offensichtlich
keine Spuren, eine jahrelang stumme Patientin kann plötzlich zur rechten Zeit
sprechen, der Rettungshelikopter ist innerhalb von Minuten zur Stelle etc. Ich
konnte auch das Verhalten der Protagonistin nicht immer nachvollziehen. Sie
will Zeugenbefragungen durchführen, aber bricht nach zwei Zeugen ab – wieso? Es
wirkt so, als hätte der Autor vergessen, dass da noch mehr Zeugen im Wartestand
sind... so wie er auch zu Beginn vergessen hat, dass er seiner Heldin schon
einen Schirm zugeteilt hat.
Dazu befremdet das Verhalten der Protagonistin: ihr
anmaßende Auftreten, ihre Ohrfeige für den Leiter der Ermittlung, fehlender
Kontakt zum Vorgesetzten, ihre unnötigen Alleingänge etc. – natürlich kann von einem Krimi nicht
erwartet werden, dass er die Polizeiarbeit präzise wiedergibt, aber ich kann
nur hoffen, dass die Polizeiarbeit nicht derart unprofessionell abläuft!
Die Sprecherin macht ihre
Sache gut. Sie bemüht sich, den verschiedenen Personen ihre eigene Stimmfärbung
zu geben, was ihr nicht immer überzeugend gelingt. Trotzdem liest sie den Roman
klar und sinnbetont.
Insgesamt: Zu viele lose Erzählfäden. 5