Beiträge von Lupus

    Wenn der Winter, Hausgenosse des Alters, Bauch des ganzen Jahres und grimmigen Verzehrer der Früchte der Arbeit, bei der Ankunft des Frühlings in die tiefsten Gründe der Erde vertrieben und sich dort verkriechen wird und wenn der Lenz in erneuerten Gestalt sich rüstet, die starren Spuren des gierigen Winters zu tilgen und den matten Fluren ihren alten Glanz wiederzugeben, der Lenz, Beginn des Jahreslaufs und Zierde des Jahres, und wenn dann schon mildere Luft die heiteren Tage eröffnet, wenn Kräuter und Blumen, von Zephyr gelockt, aus den Wurzeln zarte Triebe heraufsenden, die, aus Hass auf die eisigen Fröste, sich lange im Erdenschoss bargen, und wenn die Wälder mit Laub, die Hügel mit saftigem Gras und üppige Wiesen mit prangendem Grün sich verjüngen, dann haben Brennnesseln die eingefriedete Fläche verwuchert, die sich als kleiner Platz mit offenem Zugang vor der Klostertür nach Osten hin öffnet. Sie sind auf der kleinen Fläche des Feldes gewachsen, wie Pfeile, die mit brennendem Gift bestrichen ist. Was sollte ich tun?


    Walahfrid Strabo - De cultura hortorum

    ASIN/ISBN: 3930978954


    Walahfrid war nicht nur von 841 - 849 Abt des Karolingischen Reichsklosters Reichenau im Bodensee, sondern auch Diplomat, Dichter und Chronist. Der Benediktiner hatte Briefkontakte bis nach Rom und Byzanz, die benediktinische Form der Briefbeförderung durch reisende Mönche war ein Vorläufer der Post.

    Vor allem war Strabo aber Botaniker und das im wörtlichen Sinne. Der Garten des Klosters wurde nach seinen Vorstellungen angelegt, der 'hortulus' enthielt Gemüse- und Heilpflanzen. Es ist ein noch heute gültiges kleines botanisches Lehrbuch aus dem Mittelalter und eine vielgenutzte Quelle über Ernährung und Heilkunst der mittelalterlichen Klöster, Stoff auch für unzählige historische Romane, deren sorgfältigere Autoren (m/w) sich gerne bei Walahfrid Strabo bedienen. Auch in den berühmten St. Galler Klosterplan, ein Idealtypus, flossen Walahfrids Vorstellungen eines sinnvoll angelegten Abteigartens ein.

    Die Sprache ist farbig und kraftvoll, vor allem in den Beschreibungen der einzelnen Arten, so lernt man auch, dass schon "Exoten" wie Kürbis, Schlafmohn oder Rosmarin in den Gartenbeeten des 9. Jahrhunderts eine Heimat hatten.

    Lateinisch/ Deutsch

    Alfred Grünewald - Werk und Leben


    Alfred Grünewald (1884 - 1942 ermordet) war ein Wiener Dichter der Moderne, wie der etwas unpräzise Ausdruck dafür lautet. In Wahrheit war seine Bandbreite viel größer, von der geschlossenen Hexameter - Form bis hin zur Possen- und Schwankdichtung der Meistersingerzeit. Grünewald war ein Eigenbrödler, ein Außenseiter selbst in der bunten Wiener Boheme fast isoliert, unsichtbar.

    Er selbst nannte seine Dichtung "Kassiber", "aus der Seele hinausgeschmuggelte Lebenszeichen". Die meist strenge Form diente ihm zum Abschweifen ins Unsichtbare, ins Exhibitionistische, ins "nie Erschaute". Trotz seiner menschenscheuen Lebensart strebte Grünewald das Hölderlinsche Motto "Es neigen die Weisen am Ende dem Schönen sich zu", an.

    Die politische Katastrophe Österreichs 1938 traf Alfred Grünewald besonders hart. Als Jude und Homosexueller war der Dichter ein gesuchtes Feindbild der Nationalsozialisten und es erfolgte ein Suizidversuch Ende 1938. Grünewald überlebte durch das Eingreifen Dritter und der Dichter führte anschließend ein Leben im Verborgenen. Nach Denunziation durch Nachbarn an die GeStaPo folgte eine Inhaftierung in Dachau mit später zeitweiliger Freilassung. Grünewald flüchtete über die grüne Grenze in die Schweiz, dann nach Frankreich, wo ihn die Polizei der Regierung Petain an die SS auslieferte. 1942 erfolgte die Deportation nach Treblinka oder Auschwitz, wo Alfred Grünewald 1942 den Tod fand.

    Grünewald ist heute beinahe vergessen und vor allem jüngeren Lesern (m/w) völlig unbekannt.

    Hiermit möchte ich an einen der vielseitigsten und sprachlich glänzenden Vertreter deutscher Dichtung erinnern.


    Mahnung:


    "Wenn Sie dein Herz verlangen,

    dann gib es lachend preis.

    Du wirst dich neu empfangen

    nach ewigem Geheiß.


    Sie werden dich zerstücken,

    streun dich in Nacht hinaus,

    du aber wirst dich pflücken

    und sammelst dich als Strauß.


    Sieh, Bruder, ohne Bangen,

    dem Dunkel ins Gesicht.

    Verlieren und Empfangen

    sind eines einst im Licht."


    ASIN/ISBN: 3205203054

    Ich würde Dir den Kassiker von R. L. Stevenson empfehlen.


    ASIN/ISBN: 3866476973


    Den Inhalt setze ich mal als bekannt voraus, aber es geht eigentlich immer um die Seefahrt darin, auch wenn der größte Teil auf einer Insel spielt. Für mich war dieses Buch einer der Auslöser für meine lebenslange Leidenschaft für das Meer und das Segeln. Und schön abenteuerlich geht es dort ausserdem auch noch zu.😉

    Uwe Wittstock - Februar 33, Der Winter der Literatur


    ASIN/ISBN: 3406776930



    Sebastian Haffner und Thomas Mann im Deutschen Reich, oder Joseph Roth in Österreich, viele hatten es seit langem kommen sehen. Die Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten hatte sich medial, politisch und juristisch lange angekündigt, sie war keineswegs eine "Revolution".

    Andere Schriftstellerinnen und Schriftsteller weigerten sich noch, zur Kenntnis zu nehmen, daß auch für sie der "Winter der Literatur" angebrochen war. Eine Emigrationswelle deutscher Künstler (m/w) und Literaten (m/w) ließ das kulturell blühende Deutsche Reich der Weimarer Republik regelrecht ausbluten. Andere Literaten wiederum versuchten die "Innere Immigration". Den Kulturschaffenden gereicht es immerhin zur Ehre, dass nur sehr wenige sich freiwillig und spontan in den Dienst der Nationalsozialisten stellten und zudem nicht ein einziger von den Besten.

    Uwe Wittstock hat einen recht scharfsinnigen Blick auf die Zeitläufte aus literarischer Sicht geworfen, den ich nachvollziehen möchte.

    Heute bei mir eingezogen:

    Edmund Pfleiderer - Die Philosophie des Heraklit von Ephesus

    ASIN/ISBN: 0543698769


    Heraklit aus dem Ionischen Ephesus war "Der Dunkle" unter den vorsokratischen Philosophen. Nichts, was belegbar wäre von seinem Leben, ist uns bekannt, vieles, was man hörte, war reine Erfindung.

    Zu Beginn des fünften vorchristlichen Jahrhunderts verfasste er zahlreiche Schriften, die nur als Fragmente überliefert wurden. Somit gibt es bis heute nicht ein einziges durchkomponiertes Buch von Heraklit, seine Wirkung war,daran gemessen, aber enorm.

    Er kritisierte die Art und Weise, in der seine Zeitgenossen die Dinge sahen und als gegeben von den Göttern hinnahmen. Heraklit erkannte, daß alle ontischen Wahrnehmungen, die Frage nach dem Wesen des Seins, den steten Wandel bedenken müssen. Alle Dinge, die erfassbar sind, befinden sich in permanenter Veränderung. Die einzige Konstante ist der Fluss aller Dinge. Das hat man später mit der etwas zu simplen Formel 'panta rhei', (Alles fließt) beschrieben, besser wäre aber "Alles ist im Fluss ", im Sinne des Ovidischen "Tempora Mutantur".

    Heraklit beeinflusste nicht nur alle ihm nachfolgenden Philosophen, sondern war auch einer der ersten Dialektiker, in dem er forderte, alle Dinge auch durch ihren Gegensatz zu erklären, etwa: Licht mit Dunkelheit, Fülle mit Mangel oder Gut mit Böse.

    Edmund Pfleiderer ( 1842 - 1902), war ein deutscher Philosoph und Theologe, dem die bis heute umfassendste Übersetzung und Deutung der Fragmente des Heraklit gelang.