Surfer-Paradies mit Schatten
Die Romane von Lucy Clarke sind eine Mischung aus psychologischer Spannung, meist wunderschönen Schauplätzen und der Dynamik von Frauenfreundschaften - bis dann eben das scheinbare Paradies durch Tod und/oder Gewalt erschüttert wird und sich hinter mancher Fassade eine unangenehme Wahrheit offenbart. Das ist in ihrem neuen Buch "The Surf House" über eine Surfer Community an der marokkanischen Küste nicht anders:
Model Bea bricht ein Foto-Shooting in Marrakesch ab und beschließt spontan, abzureisen. Sie will dieses Leben nicht mehr - was sie eigentlich will, weiß sie allerdings auch nicht. Als sie Opfer eines Raubüberfalls wird, kommt ihr Marnie zu Hilfe, die mit ihrem Freund ein Surfer-Hostel an der Küste betreibt. Der Zwischenfall endet mit einem in Notwehr getöteten Räuber, Bea hat weder Geld noch ihren Pass. Marnies Hostel ist zunächst Fluchtpunkt für ein paar Nächte, wird aber bei längerer Zeit zu dem Ort, an dem sich Bea neu orientiert, für Kost und Logis arbeitet, auf dem Surfbrett erstmals die Arbeit auf den Wellen kennenlernt.
Doch es wäre kein Lucy Clarke-Thriller, wenn die Idylle aus schöner Landschaft und gechillten braungebrannten attraktiven Menschen nicht plötzlich Risse bekommt: Bea und Marnie werden wegen des toten Räubers in Marrakesch erpresst, ein Amerikaner taucht auf, der nach dem Verbleib seiner vor einem Jahr verschwundenen Schwester forscht. Ihr letzter bekannter Aufenthalt war das Surf House. Hinzu kommen die immer größeren Spannungen zwischen Marnie und ihrem Freund, der Bea irgendwie unheimlich ist. Sie versucht, immer mehr über die verschwundene Samantha herauszubekommen, die sie für eine Geistesverwandte hält - wollte sie einfach nur die Brücken zu ihrer Vergangenheit kappen, oder ist ihr etwas zugestoßen?
Auch wenn Clarke auf eine bewährte Mischung setzt, fällt "The Surf House" meiner Meinung nach hinter ihren anderen Büchern zurück. Die Figuren sind oberflächlicher, die inneren Konflikte weniger nachvollziehbar und die Handlung kommt erst spät in Gang. Statt einer starken Frauengruppe geht es mehr um Paar-Dynamiken, die aber eher abgedroschen wirken. Das kann die Autorin, wie ihre anderen Bücher zeigen, sehr viel besser. So ist es leider nur Durchschnittskost geworden.