Hier mal ein längerer Artikel darüber, der die Ursachen des aktuellen Anstiegs von Rechtsextremismus beleuchtet und auch Möglichkeiten aufzeigt, dem zu begegnen:
Wenn es einen Anlass gab - bedauerlicherweise zumeist Anschläge oder ähnlich krasse Vorgänge -, haben alle (auch die Grünen) sofort wieder damit angefangen, die Thematik zu pushen, und weit vorne dabei war immer auch die wunderbare Bundesinnen- und Heimatministerin Nancy Faeser, die teilweise mit überraschend irrationalen Forderungen reagiert hat, etwa in jenem legendären BILD-Interview (2022), in dem sie letztlich die Abschiebung deutscher Staatsbürger gefordert hat (es ging u.a. um Clan-Kriminalität).
Welche Behauptung?
Ok, ich hatte Dieter da tatsächlich anders verstanden.
Edit: Aber tatsächlich ist der Mechanismus der Gleiche: Obwohl SPD/Grüne einiges auf die Beine gebracht haben bzgl. Eindämmung von Migration, ist die Wahrnehmung von Dir Dieter Neumann
, dass da quasi nichts passiert ist. Ich fürchte, genau so ist die Perspektive auch aus Sicht der AfD-Wähler, wenn Merz etwas unternimmt. Es wird nicht reichen, egal wieviel es ist.
Fatalismus beiseite. Mag sein. Das war auch mein erster Gedanke, dem ein Aufschrei folgte, und ich denke seitdem darüber nach. Normalisierung mag eine Folge sein, Entkräftung eine andere. Ich frage mich seit Jahren, was die beste Strategie wäre, um die Pissnelken zu bekämpfen, und mir fällt keine eine. Nichts scheint zu funktionieren. Und an der Normalisierung der Positionen wirken tatsächlich fast alle mit.
Ja, es wäre ja wunderschön, wenn es so einfach wäre. Oh, Merz macht das, dann wählen wir halt den. Meinetwegen sehr sehr gerne.
Genau das ist es. Er will auf diese Weise der AfD Wähler wegnehmen. Wenn´s klappt, wär´s ja gut, oder? Was die anderen demokratischen Parteien bisher getan (oder unterlassen) haben, hat die Neonazis erstarken lassen. Das hören die Linken nicht gern, aber es stimmt eben.
Was übrigens auch stimmt, ist die schlichte Erkenntnis, dass man in einer Demokratie nicht dauerhaft gegen die Mehrheitsmeinung der Wähler anregieren kann, ohne die Extremisten dadurch zu stärken.
Anfang 2023 haben nur 9% den Komplex Ausländer/Integration/Flüchtlinge als eines der wichtigsten Probleme in Deutschland gesehen. Im Laufe von 2023 wurde dann das Thema politisch gepusht, die CDU forderte härtere Maßnahmen und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, Scholz kündigte eine Rückführungsoffensive an, die GEAS-Verhandlungen liefen, mit umstrittenenen Massnahmen wie Asylverfahren an Außengrenzen. Im Herbst dann zeitgleich mit der Einführung des Rückführungsverbesserungsgesetz mit über 40 Einzelmassnahmen zur Erleichterung von Abschiebungen der vorläufige Höhepunkt. Und eben die Einführung von Grenzkontrollen.
Der nächste Höhepunkt dann als Merz 2024 Migration wieder zum Thema macht. Und eben aktuell. Belegt das Deine Behauptung?
Wenn man es sehr linear sieht, hat Merz eine Migrationspolitik vorgestellt, der sogar die (Bundestagsfraktion der) Pissnelkenpartei größtenteils zustimmt. Das ist zwar eine krasse Vereinfachung des Vorgangs, aber so ist das in der Wahrnehmung eben. Er hat aber nicht die Migrationspolitik der Pissnelkenpartei vorgestellt. Und er hat auch etwas vorgestellt, das von der Migrationspolitik der bisherigen Bundesregierung weit weniger abweicht als gerne kolportiert wird. Zumindest, wenn es um die Bereiche geht, die sich auch realisieren ließen, ohne sogar von einem Provinz-Amtsgericht gleich wieder gekippt zu werden. Aber ich will nicht inhaltlich über diese Vorschläge reden, die ich ganz persönlich für falsch halte, unabhängig davon, wer ihnen zugestimmt hat und wer nicht.
Was ist die Botschaft? Die Botschaft, die ich vermute, geht an die Pissnelkenpartei-Wähler und lautet: Wenn es Euch wirklich so sehr um die Migrationspolitik geht, wenn es das ist, was Euch erwägen lässt, Nazis zu wählen, dann habe ich hier ein Angebot. Ein Angebot, dem sogar diese Leute attestieren, dass es sozusagen dem ähnelt, was sie auch tun wollen oder würden (obwohl das nicht stimmt!). Aber ich gehe nicht auf diese Leute zu, sondern auf Euch. Wenn das Euer Kernthema, Eure Kernangst, Euer Kerninteresse ist, dann müsst Ihr nicht die Pissnelken wählen. Dann könnt Ihr auch mich wählen. Und Ihr müsst dann nicht den ganzen Nazidreck mitfressen, der bei denen noch dranhängt.
Ich mag das falsch sehen oder sowieso auf dem Woodway sein, aber ich halte das auf dieser Basis tatsächlich für die Überlegungen, die zu diesem Schritt geführt haben. Oder teilweise. Oder einkalkuliert und mitgedacht waren. Das ist keine Rechtfertigung, an der ich auch nicht interessiert bin.
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Ja natürlich. Diese intendierte Botschaft lässt aber ganz viel weg, was den Leuten an der AfD dann eben auch noch gefällt: - Der Protest gegen die Altparteien mit allem was zu diesem Narrativ gehört - Corona und alles was damit verbunden wird
- Die Wiedervereinigung und alles was damit verbunden wird - Insbesondere die Hierarchie, die bestimmte Menschen ganz klar höher setzt als andere. Eine Hierarchie, die eben nicht mit einem deutschen Pass verbunden ist. - Die Früher war alles besser-Legende - Klimawandelleugnung inkl. Windräder der Schande - Billiges Gas aus Russland das unser gutes Recht ist - Gender-Gaga - Sexismus - usw...
Es ist eine sehr lange Liste.
Und selbst wenn es tatsächlich nur um Migration gehen sollte (was auch immer man dann darunter versteht), keine demokratische Partei wird jemals auch nur annähernd das Durchsetzen können, was die AfD alleine in dieser Hinsicht verspricht. Es ist ein Wettbewerb der immer verloren gehen wird. (Robin Alexander hat in seinem Podcast dazu ziemlich am Schluss ein paar Worte gesagt.)
Und so bleibt als Botschaft genau das Hängen, was Weigel ja auch immer wieder gerne behauptet: '... Merz übernimmt AfD-Positionen, ohne sie auch nur ansatzweise wirklich umzusetzen.' Oder wie Baumann sagte: "Sie können folgen, Herr Merz, wenn Sie noch die Kraft dazu haben."
Die Botschaft die damit aber tatsächlich vermittelt wird, ist: Das sind alles berechtigte Anliegen.
Oder wie jemand aus meiner Blase sagt (die an den Rändern zwar sehr ausfranst, aber von Transgender-Aktivismus bis eben AfD reicht): 'Ich bin doch nicht blöd, natürlich wähle ich die AfD!'
Kann man sich durchaus mal anhören. Besonders geeignet für diejinigen, die hier fortwährend das reiten, was Merz zurecht eine Schimäre nennt.
Den Begriff Schimäre habe ich in der Rede nicht gehört, habe ich ihn verpasst? Was ist denn die Schimäre, die laut Merz geritten wird? Ich vermute die Zusammenarbeit mit der AfD nach der Wahl? (Hier als Popanz bezeichnet). Scholz hat das für den Wahlkampf natürlich gerne aufgenommen und SPD/Grüne dramatisieren den Punkt natürlich tatsächlich. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass es Merz selbst war, der gezeigt hat, dass man ihm da nicht trauen kann.
Merz schließt immerhin damit ab, dass er mit anderen Parteien nach der Wahl die Zusammenarbeit suchen wird, aber diese Rede war jetzt nicht gerade eine Werbung dafür. Aber gut, es ist ja Wahlkampf.
Stört sich eigentlich niemand daran, dass Herr Merz schlicht gelogen hat? Und das dermaßen offensichtlich. Und da soll ich ihm nun glauben, dass er nach der Wahl nicht mit der AFD zusammenarbeiten wird? Warum? Weil er das dauernd verspricht? Das hat er im November auch getan. Und sein Wort gebrochen.
Tatsächlich stört mich das viel weniger, als seine dilettantische Strategie mit der er die AfD-Narrative glaubhafter gemacht hat.
Er behauptet zwar immer die AfD wäre der wichtigste Gegner im Wahlkampf und ich nehme ihm auch ab, dass er dieser Meinung ist. Aber er verhält sich einfach nicht entsprechend.
Edit: Merz nehme ich sogar ab, dass er nach der Wahl nicht mit der AfD zusammenarbeiten will. Ich bin mir aber nicht sicher, ob er sich damit durchsetzen kann. Ich hoffe es aber sehr.
Es würde, wie bereits ausgeführt, das Narrativ nähren, dass die "Altparteien" sowieso alle gleich sind.
Auch die Bekämpfung des Narrativs Altparteien - indem man Uneinigkeit demonstriert - ist nichts anderes, als sich auf die Themen der Rechtspopulisten einzulassen. In diesem Fall war es sozusagen ein auf deren Themen einlassen zum Quadrat. Die Freude der AfD-Leute im Bundestag hierüber war zurecht. Die verdrießlichen Mienen der CDU-Leute ebenfalls.
Merz wollte ja eigentlich Migration gar nicht zum Thema machen, wollte auf Wirtschaft setzen. Dobrindt hingegen hatte wohl immer wieder das Thema Migration nach vorne gebracht und dann kam eben der schwarze Schwan 'Aschaffenburg' und Dobrindts 'wahnsinnig kreative Idee'.
Und zu diesen Leuten gehören leider auch die Pissnelken. Die diese Kampagnen seit Jahren viel cleverer vorbereiten als alle demokratischen und verfassungstreuen Parteien zusammen - weshalb diese in der Defensive sind. Und auf die Themen reagieren müssen. Zu müssen glauben.
Ja, und auch da haben die Pissnelken es tatsächlich einfacher, sie können den größten Unsinn versprechen und brauchen nichts zu liefern. Es ist für etablierte Parteien eben schwieriger neben der tatsächlichen Umsetzung, die ja ungeheuer komplex ist, mit dieser reinen Oberflächlichkeit konkurrieren zu müssen.
Ich verstehe einfach nicht, warum sie dann ausgerechnet deren Themen in den Mittelpunkt stellen, statt sie neben anderen zu behandeln. Warum sie ausgerechnet das Thema Migration zu diesem riesigen, völlig unangemessenen Showdown im Bundestag machen.
Das Thema Migration müsste von den demokratischen Parteien in unaufgeregter Professionalität behandelt werden, fein unterscheidend zwischen der Migration auf die Deutschland dringend angewiesen ist, dem humanitären Anspruch mit dem Asyl gewährt wird und der Verbesserung der Abläufe beim Umgang mit Asyl, Abweisungen, illegaler Migration. Und natürlich nur als eines neben vielen anderen wichtigen Themen. Und insbesondere das Thema der gewünschten Migration von Fachkräften, die ja notwendig ist, müsste doch bei jedem Gespräch bei dem die AfD dabei ist als Schwerpunkt gesetzt werden. Der Zusammenhang zur Rente und unserem Sozialsystem müsste gezogen werden.
Um die AfD kleiner zu bekommen, hätte Merz die Fortschritte der Ampelkoalition in diesem Bereich verdeutlichen müssen. Er hätte Zuversicht für diesen Weg zeigen müssen, angereichert mit eigenen Vorschlägen, diese Lösung weiter zu verbessern. Wenn man zeigen möchte, dass die demokratischen Parteien das Problem lösen können, dann indem man das diesen auch zugesteht, auch wenn es nicht die eigene Partei ist. So wie es Robin Alexander macht, der, obwohl er stellvert. Chefredakteur der konservativen Welt ist, die Fortschritte der Ampelkoalition in dieser Hinsicht erläutert.
Ich glaube tatsächlich, das verstehen auch Frauen, die ein Buch wegen seiner Oberfläche ins Regal stellen und auch Leute die viel Geld für Schokoladendreck mit Pistazien ausgeben. Und ich habe auch eine Ahnung, wie sie es verstehen, wenn im Wahlkampf nur noch über Migration gesprochen wird und einer - nennen wir sie mal Partei - da besondere Kompetenzen zugesprochen werden.
Diesem Dilemma wird unterschiedlich gut begegnet, aber es ist m.E. falsch, hier die Ursachen und ihre Folgen zu verwechseln, oder als Schlussfolgerung die Linie, ab der man Nazis zu erkennen glaubt, immer weiter nach links zu verschieben.
Das sehe ich ganz genauso und es würde mich wundern, wenn ich einen anderen Eindruck erweckt habe, schließlich habe ich explizit von dem unendlich großen Abgrund zwischen CDU und der AfD gesprochen (ich habe es hier auch schon mal mit der Bezeichnung antidemokratischen braunen Dreckshaufen versucht, um diese riesige Distanz zu verdeutlichen, gehe aber lieber doch wieder auf die Bezeichnung AfD zurück).
Die Linie, ab der man Nazis zu erkennen glaubt, verschiebt sich zumindest bei mir nicht. Genau deswegen sind demokratische Parteien aber, wenn es um diese Themen geht, auf der Verliererseite. Sie sind an Humanität und Recht gebunden.
Tatsächlich empfinde ich Deine Sicht bzgl der Themenwahl im Wahlkampf da als fatalistischer und dramatischer als meine...
(Edit: Und ich sprach nicht davon die rechtspopulistischen Themen nicht zu adressieren, sondern davon, dass ihre Übergewichtung normalisiert wird und dadurch wichtige Themen erst gar nicht mehr behandelt werden. Du hast da meine Aussage überdramatisiert... )
Ich habe das 'Kanzlerduell' nicht geschaut, heute aber mal die Zeitung dazu gelesen:
'Nicht zur Sprache kamen beispielsweise die Themen Klimaschutz, Bildung, Verkehrswende und Nahost.'
Genau das passiert, wenn die anderen Parteien die rechtspopulistischen Themen plakativ adressieren.
Wirklich wichtige Themen für die diese überhaupt keine Antwort haben, fallen in der Wahrnehmung einfach weg. Gleichzeitig verschieben sich die rechtspopulistischen Themen in immer radikalere Positionen, sie werden normalisiert auch in der überzogenen Gewichtung.
LeSeebär
, das siehst Du offensichtlich enger als ich. Mir ist auch nicht bekannt, dass Merz die Rücknahme der Wahlrechtsreform zu einer Bedingung gemacht hat, es ist jedenfalls nicht im 15-Punkte-Programm enthalten und auch die sind nur Verhandlungsmasse. Das nach der Wahl Kompromisse gemacht werden müssen, wird auch Merz klar sein.
Ich sehe da eher Leute wie Dobrindt und Söder im Hintergrund als Problem, die dann noch irgendeine CSU-Agenda durchbringen wollen und vermutlich auch viel schneller als Merz die 'Dann machen wir's halt mit der AfD'-Pistole den möglichen Koalitionspartnern an die Schläfe halten wollen. Diese irrsinnige trumpsche executive order-Idee, die zu der ganzen Misere geführt hat, scheint ja auch aus dieser Ecke zu kommen. Und wie professionell die EU-Recht einkalkulieren, durften wir ja auch schon mal alle zusammen aus eigener Tasche zahlen.
Ich hoffe einfach, wenigstens Merz hat ein bisschen aus dem Ganzen gelernt und es findet sich eine regierungsfähige Koalition möglichst schnell nach den Wahlen. Es ist mir derzeit schon nahezu egal aus welchen demokratischen Parteien die sich zusammensetzt, wichtig ist mir mittlerweile schon nur noch eine möglichst große Gewichtung für EU-Recht/EU-Politik. Die scheint mir bei der kommenden Regierung tatsächlich der kleinere Koalitionspartner mitbringen zu müssen.
Mit rot-grün geht es nicht, eine Zusammenarbeit mit der AfD schließe ich aus - wenn ihr also wirklich etwas gegen die Migration unternehmen wollt, liebe Wähler, dann gebt Eure Protesthaltung auf und kehrt zurück in die Demokratie. Er hat sich für einen anderen Weg entschieden und dem Wähler deutlich gezeigt, was von ihm zu erwarten ist.
Diese Argumentation versucht er ja nach wie vor, er behauptet ja, jede Stimme für die AfD wäre nach der Wahl eine verlorene Stimme, da er nicht mit ihr zusammenarbeiten wird. Aber ja, dem kann man jetzt nicht mehr trauen.
Ich finde in diesem Zusammenhang übrigens auch merkwürdig dass Scholz vorgeworfen wird, er wäre ein Besserwisser, wenn er versucht zu kommunizieren, was die Ampelkoalition bzgl Migration auf die Beine gebracht hat. Genau das wird ja schließlich nicht gesehen.
Aber so oder so: In rechtspopulistischen Themen verliert man gegen Rechtspopulisten immer, es ist ein Irrweg auf solche Themen den Schwerpunkt zu setzen. Und es ist fahrlässig dabei Dinge zu versprechen, die man offensichtlich nicht einhalten kann.
Wer mal ein bisschen mehr über die Hintergründe hören möchte, wie eigentlich diese Situation im Bundestag zustande kam. In folgendem Podcast plaudert Robin Alexander, der stellvertretende Chefredakteur der Welt darüber:
Meine Zusammenfassung mit ein paar Original-Wortlauten:
- Merz wollte gerne einen auf Trump machen und am ersten Tag per executive order die Grenzen schließen, nur dummerweise ist ein Kanzler kein Präsident und kann keine executive order veranlassen
- Dobrindt hatte dann eine 'wahnsinnig kreative Idee': Mit der Richtlinienkompetenz (dem letzten Mittel eines Kanzlers) direkt am ersten Tag die Grenzen schließen.
- Merz verplappert sich dann bei der Pressekonferenz: 'Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. ... Wer ihn mit mir gehen will, muss sich nach diesen 5 Punkten richten. Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich.'
- Leider lässt er sich anschließend auch noch von der AfD übertölpeln (mehr dazu im Podcast...)
- Etwa bei 45:15: Original-Wortlaut (dieses Redakteurs einer konservativen Zeitung): 'Also erst mal muss man feststellen, dass die Ampelregierung in dem Bereich Migration tatsächlich was getan hat. Also, die haben Gesetze verändert, die haben Verfahren schneller gemacht, Scholz hat auch Druck gemacht auf die Digitalisierung der Ämter. Das ist alles nicht Nichts, im Gegenteil. ... Und zum Beispiel sind in diesem Jahr auch 1/3 mehr Leute abgeschoben worden als im Jahr zuvor. Also da ist überall was passiert, aber die Dimension des Zuzugs lässt immer die Erfolge verblassen.'
Alexander erklärt an der Stelle auch Scholz Argumentation auf GEAS zu warten:
'GEAS ist ein gemeinsames europäisches Asylsystem. Auch das ist ein großer, großer Erfolg gewesen, dass es aufgestellt wurde. Nämlich dass zukünftig die Leute tatsächlich an den EU-Außengrenzen warten sollen, bis ihre Verfahren entschieden sind.' (Hierauf bezieht sich auch Hruschkas Argumentation, dass Merz GEAS bereits vor Einführung konterkariert und so die Einführung durch einen nationalen Alleingang verhindert.) - Etwa bei 57:40: 'Die Ampel hat ja mit der Union über einen Asylkompromiss verhandelt und Marco Buschmann als Justizminister hat gesagt: Wir können diese Zurückweisungen nicht machen, weil wir das vor deutschen Gerichten verlieren werden. Damals hat er den Kompromiss angeboten, nehmt doch einen Abschnitt an der Grenze und macht es nur da und dann schaut, wenn geklagt wird, was passiert. Und die Idee dahinter war, wenn man an allen deutschen Grenzen zurückweist, können die Anwälte ... sich das Verwaltungsgericht aussuchen. Und es gibt Verwaltungsgerichte, die einen Ruf haben, sehr migrationsfreundlich zu urteilen. Und nach dem Buschmann-Gedanken hätte man sich einen ostdeutschen Abschnitt aussuchen können und dann auch ein entsprechendes Verwaltungsgericht. In unserer Frage ist aber einschlägig, dass eine liberale Partei vor wenigen Monaten durch den Mund ihres Justizministers sagt, das geht nicht. Das kann man rechtlich nicht machen. Und heute dafür stimmt.' - Etwa 1:00:30: Selbst wenn Merz jetzt noch mal mit Grünen und SPD sprechen würde bei diesem Gesetzesentwurf, er kann doch einen Kompromiss gar nicht mehr zulassen... Würde er jetzt einen Kompromiss suchen, ... also mehr Stärkung des AfD-Programms geht doch gar nicht.'
Diese ganze Vereinfachung, die darauf hinausläuft dass es bei einer anderen Migrationspolitik weniger AfD-Wähler geben würde, ist Wunschdenken und offensichtlich zu kurz gegriffen.
Es wird in dieser Hinsicht ja quasi als Beweis immer die sehr scharfe Migrationspolitik der dänischen Sozialisten herangezogen, die wegen eines Sonderstatus nicht an die Asyl- und Migrationspolitik der EU gebunden sind.
Trotz ihrer restriktiven Asylpolitik kommen die aber in den aktuellen Umfragen nur noch auf 19,7%.
Die Rechtspopulisten Danmarksdemokraterne und Dansk Folkeparti kommen - obwohl quasi alle Parteien der dänischen Parteienlandschaft sich in der sehr scharfen Migrationspolitik einig sind - zusammen auf über 16%. Die Danmarksdemokraterne wurden dabei erst 2021 gegründet und sind jetzt bereits bei 11,1%.
Tatsächlich werden hierdurch rechtsextreme Positionen normalisiert. Im Falle von Merz 5-Punkte-Plan ist es auch eine Abkehr von der EU und eine Normalisierung anderer rechtspopulistischer Regierungen und ihrer Vorgehensweise in der EU, wie Orban, Meloni usw. https://www.zdf.de/nachrichten…chtliche-grenzen-100.html
Es ist meines Erachtens sehr leicht, mit dem Finger auf die CDU zu zeigen; großartige Lösungsansätze seitens der noch bestehenden Regierung habe ich nicht gesehen und wo die Reise in einer nächsten Regierung, sofern man Olaf Scholz als Kanzler in Betracht zieht, hingeht, ist jedenfalls mir auch noch nicht klar geworden.
Diese Erklärung zum Scheitern des Migrationsgipfels September 24 bringt den Unterschied zwischen Ampelkoalition und CDU/CSU ganz gut auf den Punkt:
Tatsächlich zeige ich allerdings nicht mit dem Finger auf die CDU/CSU wenn es um die konkreten Ansätze in der Migrationspolitik geht, sondern wenn es darum geht völlig unnötig dem braunen Gesocks in die Hände zu spielen.
Meine Kommentare bzgl. Migrationspolitik habe ich nebenher eingebracht, weil mich diese Selbstverständlichkeit wundert, mit der die Behauptung der CDU/CSU übernommen wird, die Ampelkoalition hätte das Thema Migration ignoriert. Tatsächlich ist es so, wie Buschmann es im Video oben deutlich sagt: Sie machen alles, was mit EU-Recht vereinbar ist.
Es ist einfach aus der Opposition heraus anderes zu versprechen.
Und was 'antidemokratische braune Dreckhaufen' angeht: Ich möchte den riesigen Unterschied zwischen einer demokratischen Partei wie der CDU und dem braunen Gesocks deutlich machen. Bei aller Kritik, die ich in dieser Sache an der CDU habe, es ist eine Partei die sich für unsere Gesellschaft einsetzen möchte, sie hat trotz meiner Kritik auch meinen Respekt.
Eigentlich müsste die CDU/CSU sich im Kontext PKW-Maut noch gut daran erinnern können, dass man das eigene Vorgehen in Einklang mit der EU-Gesetzgebung bringen sollte...
Um's besser zu verdeutlichen: Wenn Merz jetzt(!) davon spricht, dass jede Stimme für die AfD nach der Wahl wertlos ist, weil niemand zusammen mit dem antidemokratischen braunen Dreckshaufen zusammenarbeitet, dann ist das nichts anderes als genau dieser Pakt, dass die demokratischen Parteien es mehrheitlich mit ihren Stimmen entscheiden. Und steht natürlich im krassen Widerspruch zu dem, was die CDU sich diese Woche geleistet hat.
Mit der Argumentation dieser Woche hingegen, 'das Richtige zu tun, auch wenn die Falschen mitstimmen', kann sich Merz auch mit den Stimmen des antidemokratischen braunen Dreckhaufens zum Kanzler machen lassen. Er behauptet, dass das nicht passieren wird, dieses Versprechen hat er diese Woche aber bereits gebrochen.
So oder so: Eine deutliche weitere Verschärfung gegenüber der derzeitigen Migrationspolitik ist nur mit einer Änderung des EU-Rechts möglich. Für den antidemokratischen braunen Dreckshaufen ist das kein Problem, die nehmen den EU-Austritt gerne in Kauf.
Und so werden wir uns wohl daran gewöhnen müssen, dass keine noch so wichtigen Beschlüsse mehr gefasst werden, weil bei einigen davon die Gefahr besteht, dass die Faschistenpartei ebenfalls zustimmt.
Ich habe keine Idee, wie wir unter diesen Voraussetzungen noch verhindern wollen, dass die AfD noch weiter erstarkt.
Düstere Aussichten.
Bei allem Respekt, aber das ist doch noch nie das Problem gewesen und wird es auch nicht sein:
Wichtige Beschlüsse werden gefasst, indem die demokratischen Parteien sich mehrheitlich einig sind. Das war schon immer so. Es wird schwieriger diese Disziplin aufrecht zu erhalten, wenn antidemokratische Stimmen im Parlament sitzen und die CDU weigert sich derzeit diese Disziplin aufrecht zu erhalten bzw. hat diese Woche andere demokratische Parteien versucht in dieser Hinsicht zu erpressen.
Das ist das Problem dieser Woche und dieser CDU und das sind in der Tat düstere Aussichten, denn sie normalisiert damit antidemokratische Stimmen.
Und es ging diese Woche nicht im Geringsten darum ein sinnvolles Gesetz durchzubringen. Ich kann es nur wiederholen, die derzeit etablierte Vorgehensweise bzgl Migration ist ungewöhnlich scharf, sie ist meines Wissens die schärfste seit Eintritt des Schengen-Abkommens.