Der Roman "Klaras Nein" stammt von der 1949 geborenen Französin Soazig Aaron, die deutsche Übersetzung von Grete Osterwald. 2003 erhielt die Autorin den Geschwister-Scholl-Preis für ihren Roman.
Paris im Juli 1945. Die Deutsche Angelika trifft in einem Hotel, in dem Shoah-Überlebende aus Deutschland eine erste Anlaufstelle finden, ihre Schwägerin Klara wieder. Sie hat 29 Monate in Auschwitz überlebt. Angelika, die Klaras kleine Tochter Victoire zu sich genommen hat, erkennt die Freundin kaum wieder. Im folgenden Monat, den Klara bei Angelika und ihrem Mann Alban verbringt, erfahren die beiden in bruchstückhaften, oft stockenden Berichten, was Klara im Lager erlebt hat. Sie müssen akzeptieren, dass es für Klara keine Rückkehr in ihr altes Leben und damit auch zu ihrer kleinen Tochter gibt. Klara verlangt, dass sie dem Mädchen später erklären, die Mutter sei in Polen gestorben. Letztlich ist dies nicht gelogen, da Klara sich selbst als tot betrachtet, weil sie in dem Lager das verloren hat, was ihr Menschsein ausmachte.
Dieser Roman ist der gewagte Versuch, den Bericht einer Auschwitz-Überlebenden in literarische Form zu gießen - der vollkommen gelungen ist. Soazig Aaron schildert nicht nur die äußeren Leiden, die aktiv zugefügten Qualen der Klara, sondern vor allem, wie diese Auschwitz überlebt und zu einem völlig anderen Menschen wird. Ihr neues Ich hat nichts mit dem früheren Leben zu tun, sie lehnt es ab, ihre kleine Tochter auch nur zu sehen, um diese nicht zu "vergiften". Faszinierend, wie Soazig Aaron, die nicht aus eigener Erfahrung schreibt, gleichermaßen in die Rolle der Klara und ihrer Freunde und Verwandten taucht, die mit der völlig veränderten Frau umgehen lernen müssen. Klaras Geschichte führt noch einmal die vielleicht größte Perversion der KZ-Erfahrung vor Augen: dass sich viele Opfer als Schuldige fühlten, weil sie überlebt hatten, weil sie sich um des Überlebens willen erniedrigt hatten.
Ein tief beeindruckendes Buch, das ich aus literarischen und menschlichen Gründen nur empfehlen kann.