Hallo ihr Lieben,
auch wenn es die letzten Wochen so aussah, als hätte ich mich in Luft aufgelöst, so existiere ich immer noch und bin auch bereit und willens, mich zu dem Roman zu äußern.
Zuerst ein Wort zum Adel allgemein. Dieser entwickelte sich bei den Kelten, Germanen und Slaven aus der Schicht der großen Landbesitzer, die es sich Pferd und gute Waffen und Rüstungen, sowie ein gewisses Gefolge an Kriegern leisten konnten. Zunächst war er nicht gegliedert, nur die Sippe des Königs, der es im Lauf der Zeit gelungen war, an die Spitze zu kommen, wurde durch die ihr nachgesagte Abstammung von einem Gott oder einem Sagenhelden überhöht. Die frühen Könige hatten zumeist eine sakrale Funktion, die Kriege führten Häuptlinge, die bei den germanischen Stämmen bald Herzog genannt wurden. Siehe hier auch die Herzöge der Sachsen, Alamannen und Baiern. Bei einigen Stämmen gelang es der Königssippe, sich dieses Amt anzueignen und es entstanden die Heerkönige der Goten, Burgunden, Wandalen usw.
Die Segmentierung des Adels begann erst mit der Festigung der Königsherrschaft bei den germanischen Stämmen unter römischen Einfluss. Die Könige setzten ihre besonderen Vertrauten in Teilen ihrer Reiche als ihre Stellvertreter ein. So entstand mit dem fränkischen Comes der Stand des Grafen, der schon bald erneut unterteilt wurde. Die Markgrafen entstanden in den Grenzmarken des Reiches und verwalteten Gebiete, die weit größer waren als die, die ein normaler Graf unter sich hatte.
Unter den Grafen etablierte sich die Ritterschaft als Gefolge der hohen Herrn. Dies waren oft sogar unfreie Männer, die in den Stand von Ministralen erhoben wurden, über kurz oder lang aber dann in die adelige Ritterschaft verschmolzen. Da Menschen schon immer ein Faible hatten, sich rangmäßig von anderen abzuheben, wurden in England und Frankreich die nachgeborenen Söhne der Könige zu Herzögen ernannt. In Deutschland waren dies zunächst die Stammesherzöge, die oft ebenfalls aus der Familie des Kaisers stammten. Später wurden die Stammesherzogtümer aufgeteilt, so verlor Baiern die Mark Österreich, Steiermark und Kärnten, die ihrerseits zu Herzogtümern aufgewertet wurden. Erbteilungen taten ihr übriges, um die Zahl der Herzogtümer und Grafschaften weiter inflationär zu vergrößern. Etliche Geschlechter suchten sich von anderen abzusetzen und es gelang ihnen mit Hilfe der Kaiser sich Landgraf zu nennen, Raugraf usw..
Mit zunehmender Schwäche des Reiches stieg das Imponiergehabe des Adels. Die Reichsritter und -freiherren setzten sich von den Rittern ab, die Grafen und Herzögen lehenspflichtig waren, und der alte germanische Titel Furisto, der eigentlich auch nur einen kleinen Anführer bezeichnet hatte, erlebte als Fürst seine Wiedergeburt. Reichsfürst war jeder, der über ein gewisses Herrschaftsgebiet verfügte und keinem anderen Herrn untertan war als, zumindest nominell, dem Kaiser, und diesem die Erlaubnis, sich so zu nennen zu dürfen, abschwatzen konnte.
Mit fortschreitender Zeit wurde das Adelssystem immer komplizierter und es brauchte schon Spezialisten, um es noch durchschauen zu können. Rangstreitigkeiten waren an der Tagesordnung und oft wurde das Sitzmöbel, das die einzelnen Herren benutzen durften, mehr gekämpft, als um die eigentlichen politischen Probleme.
Irgendwann erkannten die Kaiser, Päpste und Könige eine erfolgversprechende Einnahmequelle, und sie begannen Titel und Würden zu verkaufen. Man verlieh sie auch, denn ein Stück beschriebenes Pergament kam nun einmal billiger als ein Griff in die meistens eh leeren Schatztruhen.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts hatte sich im Reich das Adelssystem so eingeschliffen, dass über allem der Kaiser thronte, unter ihm kamen die Kurfürsten, danach die normalen Herzoge, die Markgrafen, die Fürsten und die Grafen allerlei Art. Diese galten als der Hohe Adel.
Der Niedrige Adel bestand aus Freiherrn und Baronen, Rittern und einfachen vons.
Noch ein Wort zu den Streitigkeiten um Land und Throne. Durch die Segmentierung des Reiches in etwa 500 einzelne Herrschaften war es für die Bewohner der einzelnen Fürstentümer, Grafschaften etc. enorm wichtig, wer nun der neue Herrscher wurde. Vormalige Residenzstädte konnten zu abgelegenen Provinzstädten werden, wenn das Gebiet einem anderen Land zugeschlagen wurde, mit allen negativen Folgen für Handwerk und Wirtschaft. Es ging auch um die Religion, wenn der nächste Erbe ein fanatischer Katholik oder Protestant war, und man selbst genau das Gegenteil, und dann war man diesem neuen Herrscher als Untertan ja auch hilflos ausgeliefert. Ich erinnere hier nur an den Schornsteinfeger, den ein ansbacher Markgraf von einem Hausdach herunterschoss, um seiner Mätresse seine Zielsicherheit zu beweisen, und der dann der Witwe des Toten huldvollerweise eine Handvoll Taler als Geschenk überreichen ließ.
Damit viele Grüße
Eric