ZitatOriginal von Lotta
ich bin noch nicht mal volljährig :grin),
... bist vielleicht tatsächlich noch ein wenig jung. Mir ging's tatsächlich mehr um erfahrene Textbegleitung. Nichts für ungut!
ZitatOriginal von Lotta
ich bin noch nicht mal volljährig :grin),
... bist vielleicht tatsächlich noch ein wenig jung. Mir ging's tatsächlich mehr um erfahrene Textbegleitung. Nichts für ungut!
ZitatOriginal von Doc Hollywood
Mach das lieber über PNs oder Mails mit den interessierten Eulen aus.
[...] Textbesprechungen bei den 42ern [...]
Das kann ich so annehmen. Ich würde also eventuellen Lesern den Text per PN oder Mail zuschicken. Und was die 42-er betrifft, da bin ich ohnehin schon seit längerem dabei. Es geht mir einfach darum, darüber hinaus noch weitere kritikwillige Leser zu finden ...
Hallo Büchereulen,
Ich vermute, dass in dieser Ecke für gewöhnlich kürzere Texte
besprochen. Ich starte einen Versuchsballon, indem ich Testleser
suche für meinen Roman "Martin Räumer", der grade mal wieder auf
Seite 60 steht. Der Roman ist mein erster Versuch, einen längeren Text
zu schreiben, und ich kämpfe sehr mit ihm. Das Feedback von Leuten,
die gerne und viel lesen, ist mir sehr wichtig. Ich hab an anderer
Stelle schon Ausschnitte vorgezeigt. Das Ergebnis war jedes Mal,
dass ich von vorne anfing. Das hat mich aber nicht entmutigt. Ich habe
einfach weiter gemacht und glaube, dass ich viel gelernt
habe. Vermutlich muss ich noch ein paar weitere dieser
"Ehrenrunden" drehen, bevor es wirklich gut ist. Dafür brauche
ich aber noch mehr Feedback.
In dem Roman geht es um einen Außenseiter, Alkoholiker, der jeden
Kontakt mit Menschen vermeidet und am liebsten auf seinem Zimmer
bleibt, um Weißwein zu trinken. Dummerweise gewinnt er viel Geld, weil
er ein einziges Mal einen Lottoschein ausfüllt und die richtigen
Zahlen hat. Gewisse andere Leute bekommen davon Wind und sorgen dafür,
dass sein Leben aus den Fugen gerät.
Die Handlung soll bewusst abstrus und übersteigert sein. Vermutlich
ist es mir bisher aber noch nicht gelungen, das Groteske so richtig aus
der Geschichte herauszukitzeln.
Ich würde gerne wissen, ob der Text in seiner momentanen Form schon
einen gewissen Pepp hat, ob er langweilig ist, oder ob er sich auf dem
Niveau eines Groschenromans bewegt. Wer lesen will, bräuchte nur so
viel davon lesen, wie ihn der Text wirklich fesselt. Wenn das schon
nach dem ersten Absatz nicht mehr der Fall ist, dann würde mich auch
eine diesbezügliche Meinungsäußerung interessieren.
Ich freue mich über jede, auch harte Kritik, solange es dem Kritiker
nicht um meine Person geht, sondern um den Text.
Ich würde den Text als RTF und/oder PDF hier in diesen Thread hängen,
allerdings erst, wenn ich weiß, dass jemand Interesse hat. Mal auf gut Glück 60 Seiten zu posten, scheint mir etwas unklug. Gerne lese
und kommentiere ich im Gegenzug auch die Texte anderer, um mich zu
revanchieren.
Es grüßt lyrx ... und ihr würdet mir wirklich sehr helfen ...
Die "Jahrestage" hatte 1700 Seiten, und ich hab's irgendwie
überstanden. Siehe
Uwe Johnson: Jahrestage
Da dachte ich, "Mutmaßungen über Jakob" vom selben Autor schaffst
du jetzt locker auch noch. Irrtum! In diesem Buch tauchen zwar
einige Figuren auf, deren Leben in "Jahrestage" wesentlich
breiter ausgeleuchtet wird, aber es ist ansonsten nicht zu
vergleichen. Natürlich trifft man auch hier auf den unvergleichen
Johnson-Stil mit der sprachlichen Exaktheit und dieser engen
Verzahnung von realem Erzählhintergrund und Fiktion. Aber das Ganze
ist Experimenteller und weitaus weniger homogen als die "Jahrestage"
Die Erzählperspektive wechselt ständig. Normalerweise ein Todesurteil
für einen "gewöhnlichen" Roman. Angesichts der Tatsache, dass
Johnsons Roman aus der Gegenwartsliteratur nicht wegzudenken ist, muss
es dem Autor wohl gelungen sein, über dieses Ineinanderschieben
unterschiedlicher Erzählstimmen etwas erreicht zu haben. Dazu kann ich
vielleicht etwas sagen, wenn ich das Buch zu Ende gelesen habe. Man
merkt aber jetzt schon, wie dieses Buch gewirkt hat: Der Erzählduktus
kommt mir aus anderen deutschen Gegenwartsromanen bekannt vor. Der
Realismus, die scharf geschliffenen Beschreibungen, diese
erzählerische Gewissenhaftigkeit bei jeglicher Abwesenheit von Humor,
das alles glaube ich auch anderswo schon schlechter gelesen zu haben.
Interessant! Man liest sowas und merkt plötzlich, dass hier etwas ist,
von dem andere "abgeschrieben" haben, oder besser, das für andere
Vorbild gewesen ist.
Viele unterschiedliche Stimmen berichten über das unscheinbare Leben
des gewissenhaften DDR-Eisenbahners Jakob Abs. Warum ist der zu Tode
gekommen? - Das ist letztlich wohl nicht so wichtig. Wichtiger ist,
was das für ein Mensch ist, nämlich ein harmloser, fleißiger, der
einfach nur funktioniert als ein Rädchen im Überwachungsstaat. Und
obwohl wir hier einen völlig Unpolitischen vorgeführt bekommen, kann
der Überwachungsstaat nicht umhin, sich mit dem zu beschäftigen, ihn
zu kontrollieren, zu manipulieren, zu ärgen.
Auf jeden Fall ist das schon mal eine beeindruckende Studie, wie die
Wadenbeißer des real existierenden Sozialismus in das Leben Einzelner
eingegriffen haben.
Ich habe zum ersten Mal teilgenommen. Mir hat das ganz gut gefallen. Vielen Texten merkt man an, dass Zeit und Mühe darauf verwendet worden ist. Auch die große Zahl der Kommentare und Bewertungen finde ich ermutigend. Ich glaube, man kann profitieren und möchte deshalb dabei bleiben.
Anonyme Eulen
Schon für jemanden wie mich, der die Mitglieder des Forums noch
nicht so gut kennt, geht der Witz teilweilse verloren. Ist nicht
so mein Fall, wenn man sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt
Radetzkymarsch
Gefällt mir recht gut, obwohl ich ihn nicht ganz verstehe. Hat ne
gewisse erzählerische Intensität, man kann Charaktere ahnen.
Sucht
Gut geschrieben, spannend erzählt, Pointe sicher gesetzt, aber mir
ist die Moral ein wenig zu dick aufgetragen. Vielleicht hätte man
im Schlusssatz nicht einfach das Gewicht nennen sollen
Kleine Stücke
Ich mag die ekligen Sachen nicht so. Handwerklich ganz sauber,
aber für mich witzlos.
Das Streben nach Harmonie
Ist OK mit der Harmoniesucht. Ich glaube aber, es wird zu viel
erklärt, zu wenig erzählt.
Sucht, meine Finger, sucht!
Schön schön! Nur die Schlusspointe zieht nicht so richtig. Da hätte
ich mir nen besseren Gag gewünscht.
Beim nächsten Mal schaff ichs
OK OK. Ich hab auch mal gerne Heftromane gelesen. Wie bei "Anonyme Eulen"
ist mir das einfach zu naheligend.
Gegenrede
Die Reime machen mich momentan noch sprachlos. Auf jeden Fall ist da
ein gewisses Virtuosentum zu bewundern.
Was in den Köpfen
Hat mir fast am Besten gefallen, obwohl so kurz. Meine Sorte Romantik.
Vielleicht bin ich deshalb nicht richtig objektiv.
Verzweifelte Suche
Sexsucht, OK! Der Text spricht mir das Thema aber zu explizit an, ist mir
irgendwie zu vordergründig.
Hennemann, geh du voran
Fand ich den Text, der am besten erzählt ist. Mein Favorit wegen der
Prägnanz und der Klarheit. Dabei hab ich ihn nicht mal ganz verstanden ...
und das kreide ich dem Text auch an.
Der Buchstabe Zett
Ist mir zu läppisch, weil sich wieder Buchstaben mit sich selbst
beschäftigen.
Balkongedanken
Tempusfehler im zweiten Absatz: Besser wäre gewesen: "Aber den Jonathan
nahm die Mutter mit, als sie ging"
Tatsache: Es passiert zu wenig.
Der Text hätte noch ein paar Mal überarbeitet werden sollen.
Du
Ist mir zu kitschig und blumig. Diese Form der Perversion ist auch zu oft
schon in der Form dargestellt worden.
3 Punkte: Hennemann, geh du voran
2 Punkte: Was in den Köpfen der Menschen vorgeht,
die zeitunglesend die Cafés bevölkern
1 Punkt: Radetzkymarsch
ZitatOriginal von Cookie
Vielen Dank für diese ausführliche und sehr gute Rezension.
Danke für die Blumen!
Johnson hat für den Roman 15 Jahre gebraucht, wobei eine zehnjährige Schreibblockade mit einberechnet ist. Auch das Lesen des Buchs ist ein Ausdauerleistung. Ich möchte an dieser Stelle die ermutigen, die zwar bereit sind, Zeit zu investieren, aber noch zweifeln, ob sich die Mühe lohnt. Sie lohnt sich!
Johnson verfugt übergangslos zwei Zeitebenen ineinander: Das New York von 1968 und das Mecklenburg-Vorpommern der Dreißiger- und Vierzigerjahre. Die Übergänge sind nahtlos, sie erfolgen abrupt von einem Absatz zum nächsten. Nur aus dem Kontext ist zu erkennen, auf welcher Zeitebene man sich gerade befindet. Da dieses Prinzip aber konsequent und sauber durchgehalten wird, ist die zeitliche Orientierung das geringste Lesehemmnis.
Ein größere Barriere stellt die Detailfülle dar, und die damit einhergehende Handlungsarmut, besonders auf der New Yorker Zeitebene, wo es nichts weiteres zu berichten gibt, als den Alltag der Angestellten Gesine Cresspahl und ihrer zehnjährigen Tochter.
Dies ist kein Spannungsroman, sondern eine Gesellschaftsstudie. Erst wenn man mit dieser Erwartungshaltung an das Buch herantritt, wird man ihm gerecht. Wir lesen hier eine literarisches Modell aller wichtigen Staatsformen des zwanzigstens Jahrhunderts: Faschismus, Kommunismus und Kapitalismus. Dieser gesellschaftpolitische Hintergrund nimmt einen weitaus breiteren Raum ein, als die Geschichte selbst. Die Geschichte, das sind Kindheit und Jugend der Gesine Cresspahl im mecklenburgischen Kleinstädtchen Jerichow. Das ist darüber hinaus die Cresspahlsche Familiengeschichte und viele weitere Einzelschicksale.
Ein Unzahl von Biographien wird geschildert. Ihr Verlauf wird vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg, bis in die Erzählergegenwart der 68-er hinein ausgebreitet. Johnson schafft das, was große Epen ausmacht: Er spannt den Bogen über eine ganze Epoche, entwirft das Gesamtbild einer und legt einen geschlossenen erzählerischen Rahmen um die Einzelschicksale aller seiner Figuren. In dieser Hinsicht ist dieser Roman gelungen. Er bricht nicht auseinander, scheitert nicht an seinem großen Umfang, enthält keine Stilbrüche, keine (jedenfalls keine mir erkenntlichen) Inkonsequenzen oder Schwankungen.
Das erzählerische Konzept ist komplex, aber exakt definiert und wird konsequent durchgehalten: 365 Einträge, einer für jeden Tag vom 19. August 1967 bis zum 20. August 1968. Der Autor grenzt sein Format explizit ab gegen die Tagebuchform. Die einzelnen Abschnitte sind ihrem Wesen nach nicht Tagebucheinträge, sondern gehen darüber hinaus. Zwar beziehen sie sich auf den Kalendertag und zitieren oft aus der Tagespresse, enthalten aber auch stets Rückblicke in die Vergangenheit. Es sind "Einträge für den täglichen Tag", oder eben "Jahrestage".
Die Erzählperspektive ist nicht einfach diejenige Gesine Cresspahls, sondern es spricht die Erinnerungsstimme Gesines durch die Feder eines mit ihr befreundeten Autors, der nicht näher benannt und beschrieben wird. Gesine hat mit diesem Schriftsteller, der wohl Johnson heißen könnte, ein Abkommen getroffen: Er soll ihr Leben innerhalb eines Jahres in dieser Form zu Papier bringen.
Die Rückblicke in Gesines Kindheit erhalten ihren Rahmen dadurch, dass Gesine im Verlaufe des Jahres ihre gesamte Kindheit der Tochter Marie berichtet. Der Autor Johnson zeichnet diese Berichte auf. Wir haben also eine Dreieckssituation: Gesines Tochter ist die Zuhörerin. Gesine selbst ist die Sprecherin. Der Autor agiert als Protokollant im Auftrag und nach der Vorstellung Gesine Cresspahl. Er ist lediglich das ausführende Organ für die sprachliche Manifestation des Ganzen.
Warum kompliziert Johnson die Erzählperspektive, indem er einen auktorialen Erzähler hinzufügt? Warum beschränkt er sich nicht völlig auf die Perspektive Gesines, wo doch einzig ihr Erinnerungsmaterial und ihre Gegenwart Gegenstand sind? Der Text wirkt dadurch objektiver, glaubwürdiger! Johnson hat den Anspruch, eine Gesamtschau mehrerer Gesellschaftsformen abzuliefern. Das erfordert erzählerische Authorität. Diese Authorität würde leiden, spräche lediglich die kleine Angestelle Gesine Cresspahl über weltpolitische Ereignisse. Kurz: Der Erzähler im Hintergrund bewirkt eine Distanzierung von und eine Objektivierung der Protagonistin.
Genauso übergangslos wie zwischen den Zeitebenen wechselt der Text von der Ich-Form in die dritte Person, je nachdem ob das Subjekt Gesine Cresspahl oder der imaginäre Schriftsteller das Wort führt.
Damit wird das über mehrere Zeitebenen reichende gesellschaftliches Panorama erlebbar und fühlbar, ohne zur trockenen Sozialstudie zu verkommen. Gesine Cresspahls Erinnerung ist das emotionale Fluidum, welches dem Text das Leben einhaucht. Ohne sie hätten wir es mit einem trockenen Konvolut aus Einzelepisoden zu tun, dem der dichterischen Fluß fehlen würde.
Es gibt noch weitere solcher verbindender Elemente. Zu Beispiel ist Gesine Cresspahl akribische Leserin der Tageszeitung "New York Times.". Dort findet sie die tagesaktuellen Nachrichten, die ihr Anlass geben, über ihre Gegenwart zu reflektieren. Von dort schlägt sie den Bogen zu ihrer Vergangenheit, und weil wir durch die raffinierte Erzählweise an ihrer Erinnerung teilnehmen, nimmt sie den Leser mit auf eine Zeitreise und schlägt ihn in ihren Bann.
Johnsons Recherchen müssen akribisch gewesen sein. Das spiegelt sich in der Detailgenauigkeit wieder, mit der die gesellschaftlichen Verhältnisse in Gesines Heimatort Jerichow geschildert werden, und zar bis hinein in die lokalpolitischen Hahnenkämpfe. Wenn man sich darauf einlässt und die nötige Geduld und Ausdauer mitbringt, dann wird das Lesen irgendwann (nach ein paar hundert Seiten) zu einem berauschenden Erlebnis. Wer durchhält, dem wird klar: Hier hat einer Wirklichkeit in Sprache gefasst. Das Ganze ist so vielfältig, dass es in ein paar feuilletonistischen Absätzen nicht vollständig erfasst werden kann.
Siehe auch
Uwe Johnsons Jahrestage
und
Mitleser gesucht: Uwe Johnson: Jahrestage, vorschlagsweise ab Februar?
ZitatOriginal von Seestern
Jedenfalls ist mir auch egal, aus welchen Gründen Koeppen "was geworden" ist. Ich fand TIG jedenfalls beeindruckend und.
Dann brich doch mal ne Lanze für Koeppen, mit anderen Worten: Warum ist das gut? Begründe es! Dann wird die Diskussion doch erst interessant.
Und mit Deiner Vermutung, es gehe um MRR, hast Du auch Recht. Genauer: Es geht mir darum, einen möglichst objektiven Blick zu erhalten, unabhängig von irgendwelchen Autoritäten.
ZitatOriginal von Seestern
Diesen Eindruck finde ich für mich persönlich nicht bestätigt.
Ich nehme Köppen einfach nicht ab, dass er weiß, wovon er spricht,
wenn er über Liebschaften zwischen deutschen Frauen und Besatzern
spricht. Es müht sich redlich, bleibt aber "papieren".
ZitatOriginal von Seestern
Was veranlasst Dich zu dieser Aussage?
Könntest Du das konkretisieren, bitte
So viel ich weiß, war er ein unglücklicher Mensch. Sein Buch
strahlt diese Depressivität aus. Ich nehme ihm aber nicht ab,
dass es die Depressivität der damaligen Zeit war. Bei mir kommt an:
Da ist einer mit seinen Bandwurmsätzen unglücklich gewesen.
ZitatOriginal von Mondstein100
Beide Links funktionieren bei mir nicht....
Sehr verwunderlich. Bekommst Du eine Fehlermeldung angezeigt?
Ich hab die links natürlich ausprobiert. http://www.lyrx.de
bzw http://www.lyrxx.blogspot.com sollte man auch direkt in die Adresszeile des Browsers eingeben können. Funktioniert garantiert, es sei denn, du hast einen älteren Browser, da könnte es Probleme geben.
Gruß und danke für den Versuch schon mal ..
lyrx
Hallo Büchereulen,
ich beschäftige mich seit längerem auch mit Internetseiten. Ich habe den Traum, eine Website zu schaffen, in der über meine Texte und allgemein über Literatur diskutiert werden kann. Das ist nichts, was man in einem Wochenende schaffen kann. Aber ich denke, dass ich jetzt so weit bin, dass ich es zumindest mal vorzeigen kann. Ich habe einige Newsletters anderer Anbieter eingebunden,
so dass man auf meiner Seite jetzt schon recht schnell aktuelle Nachrichten aus dem Literaturbereich erhalten kann:
Es gibt auch noch meinen Blog. Er ist ebenfalls in die Seite eingebunden, oder
man kann ihn direkt anspringen unter
Für konstruktive Kritik aller Art wäre ich sehr dankbar.
Auch die Technik, die für diese Seite verwendet wurde, ist sehr interessant: Ajax. Wenn sich jemand dafür interessiert, erteile ich gerne Auskunft.
Gruß,
lyrx
ZitatOriginal von geli73
Wie lange liest Du schon an dem Buch?
Ich denke, seit Februar oder so. Wer es selbst probieren will, sollte nicht den Fehler machen, den ich gemacht habe, und die einbändige Ausgabe kaufen. Die ist nämlich so dick, dass man sie nirgendwohin mitnehmen kann, und dadurch dauert es mit dem Lesen noch ein wenig länger. Es gibt eine vierbändige Taschenbuchausgabe.
Durch die Vielzahl von Personen und Querbezügen ist es eine äußerst schwierige Lektüre. Es gibt ein Personenregister von Rolf Michaelis, da hat sogar noch Uwe Johnson dran mitgearbeitet. Das habe ich in einer Bibliothek gesehen. Damit wird die Lektüre schon einiges interessanter.
Vor kurzem habe ich auch noch einen Kommentar im Internet entdeckt:
http://www.ndl.germanistik.phi…ohnkomm/0/jahrestage.html
Vielleicht nicht das Allerhilfreichste, aber besser als nichts.
ZitatOriginal von geli73
Hab mir Dein Blog unter Favoriten abgespeichert.
Da fühle ich mich geehrt. Ist brandneu, der Blog.
Ich hatte ja mal überlegt, das Buch mit anderen zusammen zu lesen,
siehe Mitleser gesucht: Uwe Johnson: Jahrestage, vorschlagsweise ab Februar? .
Ich habe aber dann gemerkt, dass ich mit dem zeitlichen und terminlichen Druck nicht zurechtkomme würde und das dann widerrufen. Ich bin jetzt auf Seite 1350, es fehlen also noch gut 350 Seiten, und allmählich wird die große Klammer sichtbar, die da um alles gezogen worden ist. So ein Buch zu schreiben, bringt einen jeden Autor an seine Grenzen, und die meisten Leser auch. Johnson hat nach drei Bänden aufgehört und zehn Jahre Schreibblockade gehabt. Äußere Ursache war nicht zuletzt, dass seine Frau fremdgegangen ist und ihm das irgendwann mal auf die Nase gebunden hat.
Mit seiner Frau hat er ein intensives Verhältnis gepflegt, er ist beim Schreiben jedes Detail durchgegangen und sie hat mit entschieden, was Gesine Cresspahl erleben darf und was nicht. Gesine bleibt die ganzen 1700 Seiten lang merkwürdig blass. In ihrem New Yorker Alltag erlebt sie nicht viel, nur ihre Kindheit im dritten Reich ist turbulent gewesen. Irgendwann auf den ersten hundert Seiten dachte ich, dass diese Gesine eigentlich eine Frau zum Verlieben ist, gerade weil sie ein wenig unnahbar ist. Da wusste ich noch nichts von der Geschichte mit Johnsons Frau. Jetzt ist mir klar, dass sich in Gesine auf eine ganz indirekte Weise Johnsons große Liebe zu seiner Frau wiederspiegelt. Klar, dass er nicht weiterschreiben konnte, als die ihm weglief.
Er hat dann nach zehn Jahren wieder aufgesetzt und den vierten Band zu Ende gebracht. Man sollte vermuten, dass eine so lange Pause las ein Bruch im Erzählstil zu bemerken sein sollte. Dem ist aber nicht so. Da wird eine Sprache, ein roter Faden einheitlich durchgehalten von der ersten bis zur letzten Seite.
Interessant auch die Erzählperspektive. Darüber werd ich mich auch mal ausbreiten.
Ich lese zur Zeit "Jahrestage" von Uwe Johnson. Untertitel: "Aus dem
Leben der Gesine Cresspahl". 365 Einträge vom 21. August 1967 bis zum
20. August 1968. Es ist kein Tagebuch, da das Alltagsleben von Gesine
Cresspahl nur das Trägermedium für ein zeitgeschichtliches Panorama
liefert.
Es wird die Familiengeschichte der Cresspahls erzählt, von
Gesines Geburt an, ihre Kindheit im dritten Jahr, der Zusammenbruch,
der Neuanfang im Osten unter kommunistischer Herrschaft. Der
Vietnamkrieg spiegelt sich wieder in Zitaten und Verweisen auf die New
York Times. Der Prager Frühling spielt eine entscheidende Rolle, und
es ist bestimmt kein Zufall, dass der letzte Eintrag vom 20. August
stammt, also ein Tag bevor die Truppen des Warschauer Pakts in Prag
einmarschierten.
Gesines Alltag im New York von 1968/1969 bildet die Rahmenhandlung und
bringt neben Nationalsozialismus und Kommunismus die dritte wichtige
Staatsform des zwanzigsten Jahrhunderts in diesen Roman ein.
Der Roman hat mehr als 1700 Seiten und spannt einen gewaltigen Bogen
über die Gesellschaften der zweiten Hälfte des zwanzigsten
Jahrhunderts. Strukturgebend ist die chronologische, tagebuchähnliche Form,
bei der jeder Eintrag sich auf einen Tag bezieht, ohne den Tag als
solchen ausschließlich zum Gegenstand zu haben.
Indem Johnson sich dieses strenge Korsett anlegt, kann er mit
Rückblicken, Zeitungsausschnitten und Exkursen aller Art arbeiten,
ohne dass der Roman die Form verliert und zu einem zusammenhanglosen
Konglomerat wird. Vielleicht ist das eine der großen Stärken dieses
Buches: Es fällt nicht auseinander, sondern schafft tatsächlich die
Klammer um mehrere Jahrzehnte der europäischen und amerikanischen
Geschichte.
Fiktives wird so in den realen zeitgeschichtlichen Hintergrund
integriert, dass es kaum noch zu unterscheiden ist. Die kleine
mecklenburgische Stadt Jerichow dient als Modell, an dem in Form
vieler Einzelschicksale der Weg Deutschlands ins Dritte Reich und
wieder heraus geschildert wird. Die Stadt ist fiktiv. Ihr Werden und
ihr Wandel im Laufe der Zeit wird umfassend beschrieben,
bis hinein in die Querelen der Lokalpolitik, und bis zu
städtebaulichen Details: Man nimmt dem Autor unwillkürlich ab,
er habe eine die Geschichte einer realen Kleinstadt recherchiert.
Tatsächlich hat Johnson hier eine kleine exemplarische Welt erschaffen,
um seine persönliche Analyse des dritten Reichs durchführen zu können.
Da ich mich zur Zeit mit Blogs beschäftige, finde ich die Struktur des
Romans besonders interessant. Heutzutäge läge es nahe, den Roman im
Internet in der Form eines Blogs zu veröffentlichen. Man könnte das
Buch dann auf eine völlige neue Art und Weise lesen. Es treten im
Verlaufe der 1700 Seiten viele Personen auf, verschwinden wieder, um
erst einige hundert Seiten später wieder erwähnt zu werden. Wie
nützlich wäre da die Suchfunktion eines Blogs! Um wie viele einfacher
wäre es, Bezüge deutlich zu machen, Zusammengehörendes zu gruppieren:
Man könnte Tags verwenden, mit deren Hilfe in Blogs thematisch
zusammegehörige Einträge gekennzeichnet werden können.o
Jahrestage als ein riesige Blog! Für mich eine faszinierende
Vorstellung!
http://lyrxx.blogspot.com/2007…-jahrestage-als-blog.html
-
Hallo Mulleimermann,
ist schon eine Weile her, dass ich das geschrieben habe. Vielleicht ist die Kritik tatsächlich ein wenig zu harsch geraten. Tatsächlich liegt mir die depressive Grundstimmung, die ich bei Koeppen wahrgenommen hatte, nicht so besonders. Schreiben konnte der Mann schon, lesenswert ist das Buch bestimmt.
Tatsächlich ging es mir AUCH um folgendes: Ich war einfach neugierig, welche Sorte Literatur Reich-Ranitzky für großartig und ultimativ hält, weil der Mann ja eine lange Zeit eine Instanz war. Ich schreibe selbst und wollte verstehen, was das Establishment für gut hält. Jetzt denke ich, dass R-R den Koeppen über Gebühr gelobt hat. Solide ist er wohl trotzdem.
Anderes spricht mich mehr an. Ich lese momentan Uwe Johnsons Jahrestage, der restliche Johnson liegt auf dem Plan, und ich glaube Elfriede Jelinek würde mir auch wesentlich besser gefallen als Koeppen. Die steht demnächst auf dem Plan.
Gruß,
lyrx
ZitatOriginal von Aeria
Beim Lesen der obigen Rezi bin ich ins Grübeln gekommen: Geht es da wirklich Ich las es vor ein paar Jahren auf Russisch und ich war heilfroh, als ich das Buch zuklappen und weit hinten im Regal verstecken konnte. Ich fand es schwierig und undurchsichtig. Irgendwann habe ich nur noch quergelesen.
Aeria
Hallo Aeria,
das ist dasselbe Buch! Was Du hier sagst, trifft auf das Buch genau so zu wie das, was ich oben in der Rezi geschrieben habe. Ich hatte auch Schwierigkeiten beim Lesen. Bei manchen Büchern lohnt sich aber ein wenig Mühe ...
Danke für die vielen ermutigenden Rückmeldungen. Habe mir die Rezension selbst noch mal durchgelesen und bin auch etwas erstaunt, was ich da für Worte gefunden habe. Was aber nicht in der Rezi steht: Der Roman ist meiner Ansicht nach nicht ganz einfach zu lesen. Durchhaltewille (sagen wir mal: russische Robustheit) ist beim Lesen von Nutzen.