Über die Autorin:
Janice Hadlow, geboren 1957 in London,
hat am King's College Geschichte studiert und über zwanzig Jahre
lang für die BBC gearbeitet. Dort hat sie wesentlich dazu
beigetragen, historische Themen populär zu machen, unter anderem mit
der Serie „A History of Britain“. Ihr Romandebüt „Miss Bennet“
wurde von Presse und Leser*innen begeistert aufgenommen. Janice
Hadlow hat zwei Söhne und lebt mit ihrem Mann in Edinburgh.
Über das Buch:
Das Buch ist wie ein klassisches Drama
in fünf Teile gegliedert. Der erste Teil fasst die Geschichte aus
„Stolz und Vorurteil“ zusammen, nur eben aus Marys Sicht. So ist
zu erfahren, dass Mary in ihrer Kindheit leidet – sehr leidet. Da
ist die Mutter, die kein Hehl daraus macht, dass diese Tochter nicht
hübsch genug ist, der Vater, der sie trotz aller Bemühungen und
ihrer Intelligenz ignoriert und die vier Schwestern, die entweder
viel hübscher (Jane und Elizabeth) oder viel lebhafter (Kitty und
Lydia) sind.
Teil 2 beginnt zwei Jahre nach der
Heirat von Jane und Elizabeth mit dem Tod von Mr Bennet. Kitty hat
inzwischen einen Geistlichen geheiratet. Durch mittlerweile vier
verheiratete Töchter – zwei davon sehr wohlsituiert und mit
genügend Platz - bleibt die finanzielle Katastrophe für Mrs Bennet
und die verbleibende Tochter Mary aus. Während Mrs Bennet sich bei
Jane und Mr Bingley dauerhaft einrichtet, leidet Mary unter den
Sticheleien von Miss Bingley, der nach wie vor unverheirateten
Schwester des Hausherrn. Sie reist weiter zu Elizabeth, wo sie sich
aber schnell wie das fünfte Rad am Wagen fühlt. Sie besucht
anschließend Charlotte, mittlerweile Herrin von Longbourn und ihren
Mann Mr. Collins. Dieser hat inzwischen festgestellt, dass er mit
seinem erfüllten Wunsch nach einer Ehefrau allein auch nicht
glücklich ist, da Charlotte ihn emotional auf Abstand hält. Die
wissbegierige Mary nutzt die Bibliothek, trifft des öfteren auf den
Hausherrn und die beiden fachsimpeln dort. Dies missfällt Charlotte,
die nun beginnt, um ihre Ehe zu kämpfen, dafür aber Mary zur
Abreise auffordert.
In Teil 3 erreicht Mary die Familie
ihres Onkels in London und erlebt zum ersten Mal ein entspanntes und
harmonisches Familienleben. In dieser Zeit lernt sie den
intelligenten, aber zurückhaltenden Anwalt Tom Hayward und später
dessen Freund, den finanziell unabhängigen Erben Will Ryder kennen,
der sein Einkommen seiner Tante verdankt – ausgerechnet Mrs.
Catherine de Bourgh, in der Familie Bennet wahrlich keine Unbekannte.
Die Gardiners mit Mary und Mr. Hayward
beschließen, eine Reise in den Lake District zu unternehmen, auf den
Spuren ds von ihnen verehrten Dichters William Wordsworth. Nach
kurzer Zeit treffen unangekündigt Mr. Ryder, Miss Bingley und das
Ehepaar Hurst ein und schließen sich der Gruppe an. Bei einer
Wanderung auf den Berg Scafell, dem dramatischen Höhepunkt, kommt es
zum Konflikt. Mr. Hayward reist überstürzt ab. Die Gardiners mit
Mary folgen einige Zeit später.
Im 4.Teil leidet Mary unter der
Entfremdung von Mr. Hayward, wobei die Konventionen der Zeit ihr es
verbieten, den ersten Schritt zu unternehmn. Während Mr. Hayward
sich fern hält, macht Mr. Ryder aus seinem Interesse an Mary
keinerlei Geheimnis mehr. Er macht ihr am Ende des Teils ein
unmoralisches Angebot.
Im letzten Teil schließlich macht Mr.
Ryder ihr den erwarteten Heiratsantrag, den Mary jedoch ablehnt, weil
sie ihn nicht liebt. Nach langem Warten sprechen sich Mary und Mr.
Hayward aus, die Geschichte findet ihr glückliches Ende.
Meine Meinung:
Die ersten beiden Teile wird wieder und
wieder darauf hingewiesen, dass das Leben für unverheiratete Frauen
dieser Zeit kein Zuckerschlecken war. Durch die ständigen Winke mit
dem Zaunpfahl empfand ich die Geschichte als sehr holperig und nicht
gut zu lesen. Erst in London bei Familie Gardiner wird das Leben für
Mary erträglicher – und damit auch das Lesen der Geschichte.
Miss Bingley spielt in diesem Buch eine
durchaus wichtige Rolle. Während sie auch in der Original-Geschichte
von Jane Austen den „bösen“ Part innehatte, wird sie hier zur um
sich beißenden Hyäne. Was ich nicht stimmig fand, den eine stolze,
reiche, standesbewusste Frau wie Miss Bingley würde sich nach meiner
Ansicht niemals derart erniedrigen. Infolgedessess fand ich die ganze
Geschichte ab dem Zeitpunkt des Eintreffens der zweiten Gruppe im
Lake District wieder sehr holperig.
In Teil 4 und 5 wird dann – für mich
gefühlt unendlich – Marys Liebeskummer beschrieben. Ich hatte nun
zunehmend das Gefühl, eine viktorianische Schmonzette zu lesen. Was
nicht mein Geschmack ist, aber auch nicht schlimm wäre – wenn ich
nicht auch das Gefühl gehabt hätte, dass dies von der Autorin gar
nicht beabsichtigt war.
Selbst die Aussprache der Liebenden
fand ich nicht romantisch, sondern in der hier beschriebenen Form
unstimmig und albern. Immerhin gibt es hier noch eine unerwartete
Wendung um die Tochter von Lady Catherine de Bourgh, die ich wirklich
originell, witzig und sehr unterhaltsam fand.
Die Charaktere finde ich in dieser
Adaption auch nicht besonders gut gezeichnet. Mrs. Hill, die Hausdame
auf Longbourne und Mrs Gardiner sind freundliche Menschen und Mary
sehr zugetan. Unterscheidungen in der Charakteristik der beiden habe
ich allerdings nicht gefunden.
Jane und Lizzy bleiben in meinen Augen
oberflächlich und seltsam farblos.
Die Entwicklung des Mr. Collins von der
Witzfigur bei Jane Austen zum bemühten, aber sehr unglücklichen
Ehemann fand ich nachvollziehbar und richtig gut beschrieben. Von
solchen Ideen hätte ich mir sehr viel mehr in diesem Buch gewünscht.
Letztlich fand ich das Buch mit 700
Seiten viel zu lang, weniger Seiten hätten der Geschichte gut getan
und so manche Länge wäre nicht gar so lang geworden.
Fazit:
Für ein gutes Buch reicht es
nicht, einen wunderschönen Klassiker der Literatur als Aufhänger zu
nehmen. Ich habe dieses Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen und
bin regelrecht stolz, dass ich es bis zum Ende durchgehalten habe.
Ohne Leserunde wäre dies wahrscheinlich nicht der Fall gewesen.