Beiträge von Dreamworx

    Karl und sein Lenchen


    Helene Demuth, genannt Lenchen, wuchs als Bauerstochter in recht ärmlichen Verhältnissen in Sankt Wendel auf. Nach dem Tod des Vaters sucht sich das 10-jährige Lenchen eine Stelle als Dienstmädchen im nahen Trier und landet so im Haushalt der Westphalens, wo sie nach einiger Zeit neben ihrer dienstlichen Tätigkeiten auch zur Vertrauten von Jenny, der Tochter des Hauses, wird. Auch Karl Marx hat Lenchen schon kennengelernt, diesen in sich gekehrten und recht düster wirkenden Mann, dem sich Jenny immer mehr annähert und schließlich heiratet. Lenchen begleitet das Ehepaar Marx nach Brüssel und erlebt dort als Freundin von Jenny die Höhen und Tiefen der Ehe mit. Aber dann wendet sich das Blatt, denn Lenchen sieht sich auf einmal den Werbungen von Karl gegenüber, was ihre enge Freundschaft zu Jenny ins Wanken bringt.


    Claudia und Nadja Beinert haben mit ihrem Buch „Revolution der Herzen“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman rechtzeitig zum 200. Geburtstag des Philosophen Karl Marx vorgelegt, der Tatsachen und Fiktion sehr schön und vor allem gekonnt miteinander vermischt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd zugleich, der Leser taucht schon mit der ersten Seite in eine vergangene Zeit und darf hautnah Lenchens Werdegang miterleben sowie auch die schillernde Persönlichkeit von Karl Marx besser kennenlernen. Da die Geschichte aus der Sicht von Lenchen erzählt wird, wirkt die Handlung realitätsnah und gibt dem Leser das Gefühl, ihrer Stimme zu lauschen. Der historische Hintergrund wurde von den Schwestern Beinert wie immer hervorragend recherchiert und mit ihrer Geschichte verwebt. Sie lassen den Leser nicht nur an der Zeit der Industrialisierung und ihre Folgen teilhaben, sondern malen auch ein menschliches Bild des Philosophen Karl Marx, der sich als Protagonist der Arbeiterbewegung sowie als Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft einen Namen gemacht hat und zum einflussreichsten Theoretiker des Kommunismus wurde. Gleichzeitig bieten sie dem Leser während der Lektüre eine Reise durch Europa, so findet man sich mal in Brüssel, mal in Paris, London oder Köln wieder.


    Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg lebendig und authentisch, wie aus dem richtigen Leben. Lenchen wird während der Handlung erwachsen. Zuerst erlebt der Leser sie als Kind, doch im weiteren Verlauf darf er die Entwicklung als Frau miterleben. Sie ist verantwortungsbewusst, intelligent und weiß, die ihr Anvertrauten zu schützen. Lenchen musste schon als Kind Verzicht lernen, wuchs sie doch in Armut auf. Der Einblick in eine wohlhabendere Familie trübt ihren Blick nicht für die ärmliche Bevölkerung. Der Leser kann sehr schön ihre Gedanken und Gefühle verfolgen, ihren Zwiespalt gegenüber ihrer Freundin und ihre Sehnsüchte. Jenny Westphalen ist Lenchen schnell eine Vertraute und später eine noch engere Freundin. Dass sich durch das enge Zusammenleben das Verhältnis zwischen den Freundinnen bald ändert und es zu einem Zerwürfnis kommt, ist zwar nicht vorhersehbar, aber die Konsequenz. Karl Marx ist ein eher düsterer Mann, der ganz in seinen politischen Thesen aufgeht und regelrecht für sie lebt. Gleichzeitig ist er aber auch ein normaler Ehemann und Vater, der auch gegenüber seinen Freunden und Weggefährten großzügig ist, obwohl er es sich gar nicht leisten kann. Aber er ist auch ein Mann, der sich die Gelegenheit, die sich ihm bietet, nutzt.


    „Revolution im Herzen“ ist eine wirklich gelungener und fesselnder historischer Roman beruhend auf Tatsachen, die gekonnt mit fiktiven Elementen vermischt wurden. Der Leser bekommt hier eine Geschichtsstunde par excellence, denn den Beinert-Schwestern ist es wieder einmal gelungen, Historie lebendig werden zu lassen. Absolute Leseempfehlung!

    Verborgene Geheimnisse


    1922 England. Eine gescheiterte Affäre treibt Irene in die Ehe mit Alistair und raus aus London in die kleine Ortschaft Slaughterford, wo sie fortan mit ihrem Mann auf einem Gut lebt. Irene kann sich nur schwer an das dörfliche Leben gewöhnen, wird sie doch von allen misstrauisch unter die Lupe genommen und wie ein Eindringling behandelt. Eines Tage wird ihr Mann auf brutale Weise ermordet und Irene steht allein da, und ihr bleibt gar keine andere Wahl, als sich selbst darum zu kümmern, wie es zu dieser Tat kommen konnte. Zusammen mit dem Stallmädchen Pudding, deren kriegsversehrter Bruder Donny der Hauptverdächtige ist, begibt sich Irene auf Spurensuche nach dem wahren Mörder. Dabei bleibt es nicht aus, dass sie sich ungefragt in das Leben so mancher Dorfbewohner einmischt und Dinge zutage fördert, die viele gern unter dem Mäntelchen des Schweigens gehalten hätten. Wird Irene die Wahrheit herausfinden?


    Katherine Webb hat mit ihrem Buch „Die Frauen am Fluss“ einen unterhaltsamen und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der allerdings nicht so begeistern kann wie ihre vorangegangenen Romane, was vielleicht auch an der Ausarbeitung liegt. Der Schreibstil ist flüssig und atmosphärisch dicht, der Leser taucht schnell in die Geschichte ein und findet sich in einer Zeit wieder, in der die Bevölkerung kurz nach dem ersten Weltkrieg noch immer an den Folgen zu tragen hat. Die Handlung wird über zwei Zeitebenen erzählt, die eine befasst sich mit der Gegenwart 1922 und dem Leben und Handeln von Irene und Pudding, wobei auch die Erinnerungen Irenes an ihre Vergangenheit eine Verbindung zwischen ihr und dem Leser herstellen. Die andere lässt den Leser gedanklich in das Jahr 1872 reisen. Durch die wechselnden Perspektiven erhält der Leser einen wunderbaren Einblick in das England der damaligen Zeit, das unterschiedliche Leben zwischen London und dem Dorf Slaughterford sowie die verschiedenen Gesellschaftsschichten und den damit verbundenen Standesdünkel. Auch das damalige Frauenbild ist ein Thema in diesem Roman. Der Spannungsbogen ist zu Beginn recht niedrig angelegt, doch je mehr die Geschichte voranschreitet, so steigt auch der Spannungspegel. Die Autorin legt so manch falsche Fährte, um den Leser in die Irre zu treiben, doch durch geschickte Wendungen weiß sie am Ende mit der Auflösung durchaus zu überraschen.


    Die Charaktere sind recht simpel gestaltet und nicht, wie gewohnt, detailliert ausgearbeitet. Es fehlt ihnen an Tiefe und lassen so dem Leser nicht viele Möglichkeiten, sich gut in sie hineinzuversetzen und mit ihnen zu fühlen. Eine gewisse Distanz ist durchweg vorhanden. Irene ist eine unterkühlte und distanziert wirkende Frau. Sie ist eine eher zarte Person, doch macht sie dies durch Energie, Stärke und Selbstbewusstsein durchaus wieder wett, lässt sie sich doch nicht entmutigen und legt eine gesunde Neugier an den Tag. Sie ist hartnäckig und ohne das gewisse Standesdenken, was ihre Freundschaft zum Stallmädchen beweist. Pudding ist eine liebenswerte junge Frau, die für ihre Familie sorgen muss, da sowohl ihre Mutter als auch ihr Bruder dazu nicht in der Lage sind. Sie ist von eher schlichtem Gemüt, doch besitzt sie neben Neugier auch ein ausgeprägtes Kombinationsvermögen. Nancy ist die Tante von Alistar, die Irene das Leben ein ums andere Mal schwer macht, weil sie sie für nicht gut genug befindet. Sie ist ein Snob durch und durch. Auch die übrigen Protagonisten wie die stumme Clemmie oder Puddings Bruder Donny geben der Handlung zusätzliche Impulse.


    „Die Frauen am Fluss“ ist ein unterhaltsamer Schmöker, in der sich Liebesgeschichten, ein Mord, Intrigen und viele Geheimnisse vereinen, die Stück für Stück ans Tageslicht kommen. Eine durchaus fesselnde Lektüre, die auf jeden Fall eine Leseempfehlung verdient!

    Die Entstehung des berühmtesten Parfüms der Welt - Chanel No 5
    Na

    ch dem Tod der Mutter wird Gabrielle „Coco“ Chanel von ihrem Vater, einem Hausierer, in einem Kloster abgeladen, und verbleibt dort, bis sie als junge Frau über ihren Geliebten, den Industriellensohn Ètienne Balsan nach Paris kommt und mit seiner finanziellen Unterstützung ein Hutatelier eröffnet. Schnell erfreuen sich ihre ungewöhnlich schlichten Kreationen einer großen Beliebtheit und bescheren ihr mehr und mehr die Aufmerksamkeit der feineren und reichen Gesellschaft. Coco verliebt sich in den Engländer Arthur „Boy“ Chapel und obwohl dieser eine Ehe eingeht, bleiben die beiden fest liiert, bis Chapel Weihnachten 1919 bei einem Autounfall ums Leben kommt. Coco ist untröstlich und zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück um zu trauern. Dabei kommt ihr die Idee, Boy mit einem eigenen Duft ein Denkmal zu setzen. Dieses möchte sie ihren besten Kundinnen als limitierte Ausgabe zum Geschenk machen. Auf der Suche nach dem geeigneten Duft erhascht sie „eine Nase voll“ von einem Parfüm, das einst in Russland gefertigt wurde für die feine Gesellschaft und dessen Rezeptur nun nicht mehr existiert. Aber genau dieser Duft soll es sein, den Coco für sich auserwählt hat. Nun gilt es nur noch, den geeigneten Parfümeur zu finden, dem Coco mit Ernest Beaux begegnet. Schon bald ist das „Chanel No 5“ geboren und alle Frauen fliegen auf den Duft…


    Michelle Marly hat mit ihrem Buch „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ einen sehr unterhaltsamen und biografischen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts eintauchen, um Gabrielle Coco Chanel auf Schritt und Tritt zu folgen und hautnah an ihrem Leben und ihren Ideen teilzuhaben. Die Autorin hat akribisch recherchiert und neben dem historischen Hintergrund auch den damaligen Freundes- und Künstlerkreis, in dem sich Coco Chanel bewegte, mit in die Handlung eingeflochten. Da tummelten sich neben dem Maler Pablo Picasso unter anderem Sergej Diaghilew, Igor Strawinsky und Georges Auric. Auch der engen Freundschaft zu Misia Sert und die Beziehung zu Dmitri Pawlowitsch Romanow wird Rechnung getragen und ausführlich beschrieben. Die Autorin hat sich sehr eng an die ihr zur Verfügung gestellten historischen Unterlagen gehalten, ebenso vieles hinterfragt, um möglichst nahe an der Wirklichkeit zu bleiben.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken sehr realitätsnah und authentisch, so dass man sich als Leser ein sehr gutes Bild von ihnen machen kann. Gabrielle „Coco“ Chanel wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und hat sich aus eigener Kraft hervorgekämpft. Zuerst macht sie sich als Hutmacherin einen Namen, um schon bald mit eigenen einfachen Entwürfen für Matrosenhemden und kürzeren Röcken auf sich aufmerksam zu machen und zum Liebling der besser gestellten Gesellschaft zu avancieren. Gabrielle liebt ihre Arbeit, besitzt ein sicheres Stilgefühl, hat ständig neue Ideen im Kopf und ist doch gleichzeitig immer neugierig auf die Welt und neue Erfahrungen. Sie leidet immer mal wieder darunter, von dem einen oder anderen nicht anerkannt zu werden. Gleichzeitig hat sie ein großes Herz und unterstützt arme Künstler und deren Familien mit großen Summen, aber auch die Kunstszene an sich, indem sie Gelder für eine Ballettaufführung bereitstellt. Mit Arthur Chapel hatte sie ihre große Liebe, der noch viele Liebschaften folgten, aber ihren sicheren Hafen hat Coco Chanel nie gefunden.


    „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ ist ein wunderschöner Roman über das Leben der Gabriele Coco Chanel und die Entstehung des Duftes Chanel No 5, dem meistverkauften Parfüm der Welt. Eine unterhaltsame autobiografische Reise in das Paris der 20er Jahre einschließlich der großen Künstlergemeinde, die man alle gerne einmal kennengelernt hätte. Eine Homage an eine außergewöhnliche Frau! Unbedingt lesen!!!

    Der Krieg, der alles auseinander reißt


    1912 Berlin. Felice, Ille und Willi zu Nieden wachsen wohlbehütet mit ihrer Mutter und ihrem als Vormund eingesetzten Onkel Benno zu Kaiserzeiten in Berlin auf. Ihrer Familie gehört ein Bankhaus, das Willi eines Tages leiten soll. Doch dieser träumt von etwas ganz anderem, er will lieber Filme machen und seine Werke auf der Leinwand sehen. Felice ist die älteste und studiert Jura wohlwissend, dass sie nur bis zur Vorbereitungsphase zugelassen ist. Auch wenn sie einen der besten Abschlüsse hat, wird ihr der Eintritt in eine Kanzlei als Frau verweigert. Sie kämpft für ihr Recht, als Frau den Männern ebenbürtig zu sein. Nesthäkchen Ille wird für das Familienwohl mit einem betuchten Mann verheiratet, den Felice verschmäht hat und der das Erbe der Familie, die Bank, retten soll. Nur leider ist Bernd ein grober Klotz, der Ille das Leben zur Hölle macht. Dann bricht der Erste Weltkrieg aus, und stellt alle Lebenspläne und Träume auf einmal in Frage…


    Michaela Saalfeld hat mit ihrem Buch „Was wir zu hoffen wagten“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der dem Leser einen realen Einblick in unterschiedliche Lebensläufe und –träume zur damaligen Zeit gibt. Der Schreibstil ist flüssig und pragmatisch, der Leser wird gleich zu Beginn in die Familie zu Nieden geschleust, um sich abwechselnd an der Seite von Willi und Felice zu heften, während Ille in der Handlung eher eine Randerscheinung bleibt. Doch es reicht aus, um alle drei Geschwister nebst ihren Gefühlen und Gedanken gut kennenzulernen. Auf einer Reise über einen Zeitraum von 7 Jahren findet sich der Leser mal in Berlin, mal an der Ostsee oder in Belgien wieder. Die Autorin vermittelt dem Leser schonungslos, wie das Leben im Schützengraben stattgefunden hat, wie die jungen Männer als Kanonenfutter herhalten und welche Gräueltaten sie erleben mussten. Auf der anderen Seite lässt sie einen Blick hinter die Kulissen der Theater- und Filmwelt zu, die damals in ihren Anfängen steckte und die Menschen von jeher fasziniert. Dass die Fotografie und die Filmerei aber auch als Beweis für die Kriegstaten herhalten kann, weil einige mutige Männer für die Dokumentation sogar ihr Leben aufs Spiel setzten, ist ein weiterer Aspekt, der einem Respekt abverlangt. Auch vor dem Thema Gleichberechtigung der Frau macht die Autorin nicht halt, zeigt sie doch auf, wie hart Frauen kämpfen mussten, ein Studium zu ergreifen und welche Steine ihnen in den Weg gelegt wurden.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie bestechen durch Individualität und lassen sie lebendig und authentisch wirken. Felice ist eine intelligente Frau, wenn sie auch keinen Preis als Sympathieträgerin gewinnen würde. Sie hat eine ganz genaue Vorstellung von ihrem Leben, möchte auf jeden Fall als Juristin arbeiten und kämpft um die Anerkennung, als Frau in einem männerdominierten Beruf arbeiten zu dürfen. Sie wirkt oft kühl, beinahe kalt und emotionslos, ist unwirsch und verletzend ausgerechnet zu denjenigen, die sie lieben. Willi ist ein Träumer, der sich ein Leben als Banker nicht vorstellen kann. Er hat Visionen für Filme im Kopf, die er auf jeden Fall realisieren will. Ille ist eine junge naive Frau, die Zeit ihres Lebens um die Anerkennung ihrer älteren Schwester kämpft. Sie geht sogar so weit, den von Felice verschmähten Mann zu heiraten, damit ihre Schwester sie liebt. Dass sie dabei ihr eigenes Leben riskiert, weil besagter Mann ein brutaler Schläger ist, ist ihr nicht bewusst oder sie verschließt die Augen davor. Quintus Quirin stammt aus einer angesehenen Juristenfamilie, doch er arbeitet nur zum Schein in der Kanzlei, lieber macht er mit Fotos für Zeitungen auf sich aufmerksam. Und an Felice hat er einen Narren gefressen. Er ist humorvoll, hat ständig ein Lied auf den Lippen und stellt die Gleichberechtigung von Frauen nicht in Frage. Auch die weiteren Protagonisten wie z.B. die warmherzige Oma Hertha geben der Geschichte zusätzliche Impulse und lassen die Handlung wohltuend rund und real wirken.


    „Was wir zu hoffen wagten“ ist ein wunderbarer historischer Roman über Träume, Schicksale und den Kampf um Gleichberechtigung, doch er lässt auch die damaligen Kriegszeiten lebendig werden. Ein schönes Stück Zeitgeschichte, dass den Leser auch nach der Lektüre nicht loslässt. Absolute Leseempfehlung!

    Familiengeheimnisse um Mathilda


    Schweden 1931. Der Tod der Mutter macht die 17-jährige Mathilda zur Vollwaisen. Als wäre das nicht schon schlimm genug für das junge Mädchen, muss sie nun auch noch auf Wunsch der Verstorbenen unter die Vormundschaft der Gutsherrin von Löwenhof, Gräfin Agneta Leongård. Für Mathilda bedeutet das nun auch noch zusätzlich den Abschied von Stockholm und ihren Freund Paul, mit dem sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen wollte. Bis zu ihrer Volljährigkeit sind es noch 4 lange Jahre, die sie nun bei einer Fremden leben muss, denn Mathilda weiß nicht dass Agneta ihre Tante ist. Kaum auf Gut Löwenhof eingetroffen, hat Mathilda erst einmal Anfangsschwierigkeiten, sich mit dem Leben auf dem Land zurechtzufinden, doch schon bald lebt sie sich ein und findet Gefallen daran. Aber dann erfährt sie etwas, dass sie veranlasst, Gut Löwenhoff überstürzt zu verlassen…


    Corina Bomann hat mit ihrem Buch „Die Frauen vom Löwenhof-Mathildas Geheimnis“ den zweiten Teil ihrer Trilogie rund um Gut Löwenhof vorgelegt, der dem ersten Band in Spannung und gefühlvoller Erzählkunst in Nichts nachsteht. Der Schreibstil ist flüssig und fesselt von der ersten Seite an. Der Leser taucht in die Vergangenheit und findet sich an der Seite von Mathilda in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder. Aus der Sicht von Mathilde erzählt, erfährt man aus erster Hand von den Schicksalsschlägen, den Kriegsjahren und das arbeitssame Leben auf Gut Löwenhof. Dabei muss sie das Leben auf einem Landgut von Grund auf lernen, Erfahrungen mit Tieren sammeln und sich auch in der Familie einleben, die vorher eine Einheit gebildet hat. Sie erlebt nicht nur freundliches Entgegenkommen, sondern hat auch mit Neid und Intrigen zu kämpfen. Die Landschaftsbeschreibungen sind so bildhaft und farbenfroh, dass der Leser sich das Gut samt Ländereien wunderbar vorstellen kann und damit auch die damalige Zeit und die Tätigkeiten gut vor dem inneren Auge präsent hat. Durch geschickte Wendungen und Überraschungsmomente gibt die Autorin dem Leser Spannungsmomente. So erfährt dieser erst nach und nach gemeinsam mit Mathilda von einem alten Familiengeheimnis.


    Die Charaktere sind sehr vielfältig angelegt und mit Leben versehen worden. Sie alle besitzen individuelle Eigenschaften, was sie sehr authentisch und real wirken lässt. Mathilda ist eine junge Frau, die schon früh zur Vollwaise wurde. Aus ihrem normalen und bekannten Alltag herausgerissen, muss sie sich in einer völlig fremden Familie und einer unbekannten Umgebung zurechtfinden und einleben. Aber Mathilde besitzt ein gesundes Selbstbewusstsein und hat genaue Vorstellungen von ihrem Leben. Sie ist mutig, lässt sich nicht unterkriegen und erwirbt sich durch Zuverlässigkeit, Stärke und Intelligenz Respekt bei anderen. Magnus und Ingmar sind die Zwillingssöhne von Agneta. Während Magnus ein unangenehmer Zeitgenosse ist, der Mathilda immer wieder spüren lässt, dass sie ein Eindringling und auf dem Gut nicht willkommen ist, begegnet ihr Ingmar freundschaftlich und unterstützt sie. Agneta ist die Gutsherrin, die seit vielen Jahren ein Geheimnis hütet und hofft, dass dieses verborgen bleibt.


    „Die Frauen vom Löwenhof-Mathildas Geheimnis“ ist ein historischer Roman, der in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts angesiedelt ist. Neben Familiengeheimnissen geht es um starke Frauen, Liebe, Neid und Intrigen, die wunderbar und gefühlvoll in diesem Buch verpackt wurden, um dem Leser ein tolles Lesevergnügen bereiten. Absolute Leseempfehlung!

    Das schicksalhafte Telegramm


    1913 Schweden. Agneta Leongard, die aus einer alteingesessenen wohlhabenden schwedischen Adelsfamilie stammt, verlässt das Gestüt und Familiengut „Löwenhof“, um gegen den Willen ihrer Eltern in Stockholm ein Kunststudium zu beginnen, um später ein Leben als Malerin zu führen. Sie möchte unabhängig und frei von den Fesseln ihrer Familie ein selbstbestimmtes Leben führen, deshalb hat sie sich den Suffragetten angeschlossen. Sie lebt mit ihrem Freund Michael, einem Anwalt, zusammen, mit dem sie sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen kann. Doch dann ereilt sie per Telegramm die Nachricht, dass auf „Löwenhof“ ein Feuer ausgebrochen ist, bei dem sowohl ihr Vater als auch ihr Bruder Hendrik ums Leben kamen. Agneta macht sich sofort auf den Weg zum „Löwenhof“, um ihrer Familie beizustehen. Diese erwarten von ihr nun, dass sie ihre eigenen Wünsche und Träume zurückstellt, um ihre Pflicht als Erbin des Gutes anzutreten. Wie Agneta ihre eigenen Lebensträume begraben und sich der Familientradition fügen?


    Corina Bomann hat mit ihrem Buch „Die Frauen vom Löwenhof – Agnetas Erbe“ den ersten Band ihrer geplanten „Löwenhof-Trilogie“, einer historischen Familiensaga, vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, fesselnd, gefühlvoll und bildgewaltig, schnell taucht der Leser in die Handlung ein und begibt sich unsichtbar an die Seite von Agneta, um sie bei ihrem Lebensweg zu begleiten, sie durch ihre Gedanken und Taten kennen- und lieben zu lernen. Der Spannungsbogen wird schon früh angelegt und steigert sich im Verlauf der Geschichte immer mehr, so dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Auch die Landschaftsbeschreibungen sind sehr detailliert und farbenfroh, so dass der Leser das alte Stockholm und ebenso das Gestüt von Gut „Löwenhof“ wunderbar vor Augen hat während der Lektüre. Die Autorin hat gut recherchiert und den geschichtlichen Hintergrund sehr schön mit ihrer Handlung verwebt. Gleichzeitig bringt sie viele verschiedene und der damaligen Zeit angemessene Themen hervor. So werden sowohl den Suffragetten einen Stellenwert zugeordnet als auch die alten gesellschaftlichen und moralischen Konventionen, die es Frauen damals nicht leicht machten, sich gegen diese aufzulehnen.


    Die Charaktere wurden sehr liebevoll ausgestaltet und gemäß ihren individuellen Eigenheiten mit Leben versehen, sie wirken durchweg sehr authentisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mitfiebern und mit ihnen fühlen. Agneta ist eine sehr sympathische und unabhängige Frau, die ihrer Zeit weit voraus ist. Sie stellt sich mutig gegen die Wünsche ihrer Familie und folgt ihren eigenen moralischen Ansprüchen. Sie ist stark und selbstbewusst, pflichtbewusst und fleißig, will sie doch ihre Träume aus eigener Kraft verwirklichen. Auch wenn Agneta sich von ihrem Elternhaus gelöst hat, kann sie sich dann dennoch nicht dem letzten Wunsch ihres Bruders widersetzen, obwohl dies für sie bedeutet, all ihre eigenen Träume aufzugeben. Agnetas Mutter ist eine harte und unbarmherzige Frau, die es nicht anders gewohnt ist, als sich den gesellschaftlichen Konventionen zu beugen, aber ihre Familie gleichzeitig zusammenzuhalten. Sie lässt kaum Gefühlsregungen erkennen, um sich keine Blöße zu geben und ihrem Umfeld eine Maske zu zeigen. Max ist ein geheimnisvoller Mann, der sich in Agnetas Leben schleicht, um dann einfach wieder zu verschwinden. Auch die Nebenprotagonisten wie der Kutscher oder das Hausmädchen überzeugen durch lebendige Auftritte und machen die Handlung rundum gelungen.


    „Die Frauen vom Löwenhof – Agnetas Erbe“ ist der wunderbar gelungene Beginn einer historischen Trilogie, der den Leser mitreißen kann und träumen lässt. Die spannungsreiche und fesselnde Erzählweise der Autorin lassen das Buch einen wahren Suchtfaktor entwickeln. Absolute Leseempfehlung für einen Schmöker der Superlative!

    Gegensätze ziehen sich an


    1875 Ohio. Auf dem Weg zum College möchte Susanna Hanby noch einen kurzen Besuch bei ihrer Schwester Rachel und ihrer Familie einschieben, doch dann muss sie feststellen, dass ihre Schwester verschwunden ist. Schwager George, der lieber dem Alkohol zuspricht, als sich um seine Familie zu kümmern, gibt er außerdem zu verstehen, dass die sechs Kinder im Waisenhaus sind. Susanna kann sich das alles nicht erklären und macht sich in großer Sorge auf die Suche nach Rachel und den Kindern, wobei sie auch durch ihre Tante Ann und ihrem Onkel Will, einem Prediger, tatkräftig unterstützt wird. Immer wieder läuft ihr Johann Giere über den Weg, Sohn des Brauereibesitzers, der lieber der schreibenden Zunft als Journalist dienen würde, als im Betrieb seines Vaters zu arbeiten. Susanna, die aufgrund ihres Schwagers riesige Vorbehalte gegen Alkoholkonsum und seine Auswirkungen hat, steht Johann sehr skeptisch gegenüber und möchte seine Hilfe bei der Suche ihrer Schwester eigentlich nicht annehmen. Doch Johann lässt es sich nicht nehmen…


    Rosslyn Elliott hat mit ihrem Buch „Mit Herz, Mut und Verstand“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der als Teil einer Trilogie gilt, aber gut allein für sich gelesen werden kann. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in eine ehemalige Zeit eintauchen, um durch die wechselnden Perspektiven zwischen Susanna und Johann deren Gedanken, Gefühle und Tun zu beobachten und die durch die Autorin vermittelte Szenerie zu begleiten. Die Spannung wird gemächlich aufgebaut, flacht aber immer mal wieder ab oder wird durch kleine Längen unterbrochen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund schön in ihre Handlung eingebaut, so dass der Leser die damaligen Lebensbedingungen sowie die gesellschaftlichen Normen gut vor Augen geführt werden. Das Thema Alkohol steht hier zentral im Mittelpunkt, ebenso dessen Auswirkungen sowie die Verdammung durch die einzelnen Glaubensgruppen, die teilweise zu radikalen Mitteln greifen, um eine Salooneröffnung zu verhindern, ohne dabei an die Folgen zu denken.


    Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und mit Leben versehen. Sie wirken real und authentisch, wobei es sich die Autorin nicht hat nehmen lassen, ihre Hauptprotagonistin etwas überspitzt darzustellen. Susanna ist eine junge Frau, die sich um ihre Familie sorgt und alles für diese tut. Sie ist sehr impulsiv, stur und emotional. Sie lässt sich oftmals von ihren Gefühlen beherrschen und handelt immer wieder vorschnell und ohne viel zu überlegen. Sie pflegt ihre Meinung zu haben und weicht kaum einen Millimeter davon ab, was sie leider auch recht zickig und selbstgerecht erscheinen lässt. Johann ist ein sehr sympathischer Mann, der das Herz am rechten Fleck hat und sich hilfsbereit um seine Mitmenschen kümmert. Er ist ehrlich, offen und vor allem hat er eine Engelsgeduld in Bezug auf Susanna und ihr Verhalten. Tante Ann und Onkel Will sind warmherzige und gläubige Menschen, die einen starken Rückhalt in der Not bieten. Auch die Nebenprotagonisten sind schön gezeichnet und bieten mit ihren eigenen Geschichten weitere Spannung.


    Der christliche Aspekt wurde ebenfalls schön in die Handlung eingeflochten. Die verschiedenen Ansichten über bestimmte Dinge ebenso wie angesprochene Beispiele aus der Bibel sowie differenzierte Glaubensansichten werden innerhalb der Geschichte thematisiert und geben Möglichkeiten zur Selbstreflexion.


    „Mit Herz, Mut und Verstand“ ist ein historischer Roman mit eingewebter Liebesgeschichte, der gute Unterhaltung bei kurzweiliger Lektüre bietet. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

    Vertrauen


    1880 verdingt sich die englische Lady Eliza Sumner ihren Unterhalt als Gouvernante bei der Familie Watson in New York. Sie wurde von dem Verwalter ihres Vaters um ihr Vermögen betrogen und ist diesem nach dem Tod ihres Vaters nachgereist, um diesen Herrn zu stellen und ihr Geld zurückzuerhalten. Bei einem Dinner der Familie Watson lernt sie beiden Brüder Hamilton und Zayne Beckett kennen. Zwischen Hamilton und ihr prickelt es sofort. Durch einen Zufall treffen sie sich wieder, als Eliza mit der Watson-Tochter Agatha in das Haus des verhassten Verwalters einbricht, um nach ihren gestohlenen Habseligkeiten zu suchen. Zayne und Hamilton haben mit dem Herrn ein eigenes Hühnchen zu rupfen und treffen bei ihrem Einbruch auf Eliza und Agatha. Das Vierergespann schmiedet fortan gemeinsame Pläne, um ihre Vorhaben zum Erfolg zu führen. Dabei kommen sich Eliza und Hamilton immer näher. Wird es ihnen gelingen, den Dieb zu stellen und werden Eliza und Hamilton eine gemeinsame Zukunft haben?


    Jen Turanos Roman „Die falsche Gouvernante“ besticht durch einen wunderbaren und humorigen Schreibstil. Die Dialoge sind spritzig und zaubern dem Leser ein ums andere Mal ein Lächeln ins Gesicht. Die Seiten fliegen nur so dahin, ist das Buch doch ein wirklicher Pageturner. Auch die Spannung kommt hier nicht zu kurz, baut sie sich doch langsam aber stetig auf, um in ein großes Finale zum Ende zu führen. Die Charaktere sind sehr detailliert ausgearbeitet, so dass man sie sich vor dem inneren Auge gut vorstellen kann. Eliza ist stur, dabei warmherzig, humorvoll und aufrichtig. Man ist sofort von ihr eingenommen und verfolgt ihren Kampf gegen den Dieb mit ebensolcher Leidenschaft. Eliza hat durch die Erlebnisse in England ihren Glauben an Gott ein wenig schleifen lassen, macht sie Gott doch den Vorwurf, sie im Stich gelassen zu haben. Hamilton ist ein gebranntes Kind durch seine verstorbene Ehefrau, aber auch ein Mann von Größe, Humor und Wärme. Mit ihm an der Seite erlebt Eliza so manche Überraschung. Und bei all dem Trubel findet Eliza dank ihrer Freunde auch wieder zu Gott und ihr Vertrauen auf ihn.


    „Die falsche Gouvernante“ ist ein sehr schöner historischer Roman in einer Zeit des Aufbruchs. Alle Liebhaber von christlichen Romanen und traumhaften Liebesgeschichten werden dieses Buch lieben.


    Absolut empfehlenswert für herrliche Lesestunden.

    Würdiger Trilogieabschluss


    1921 Berlin. Auch, wenn der erste Weltkrieg mittlerweile drei Jahre zurück liegt, liegt die Wirtschaft im Land am Boden und vielen Familien geht es mehr schlecht als recht. Familie von Briest haben geschäftliche Schwierigkeiten und stehen kurz vor dem Bankrott, was Otto und Hermine sehr belastet, wissen sie doch nicht, wie sie überleben und ihr Familiengut und die Detektei halten sollen. Auch die alte Feindschaft mit der Nachbarsfamilie von Cramm hält die Familie in Atem. Tochter Luisa träumt von einem Leben als Filmstar und bemüht sich um eine Rolle beim Theater, denn die Menschen treibt es in Massen in die Varietés und Lichtspielhäuser, um ihre Sorgen für eine kurze Zeit zu vergessen. „Straßenkind“ Max Brandow wird von den Briests als Ziehsohn aufgenommen, verbindet sie doch eine gemeinsame Vergangenheit. Max ist ein begnadeter Mechaniker geworden und sieht seine Zukunft im Rennsport, wo er mit seinem Dino die Rennstrecken erobern möchte. Diese Passion teilt er mit dem verfeindeten Sigurd von Cramm, der sich als erbitterter Rivale beim Sport entpuppt und mit seinem Eintritt in die SA gleichzeitig zur Gefahr für die von Briest wird…


    Richard Dübell hat mit seinem Buch „Das Jahrhundertversprechen“ den Abschlussband seiner Jahrhundertsturm-Trilogie vorgelegt, der den Vorgängerromanen an Historie, Spannung und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, der Leser taucht direkt ein in die damaligen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts und darf am Familienleben der von Briest hautnah teilnehmen. Der Autor hat exzellente Historienrecherche betrieben und diese als Hintergrundkulisse für seine Geschichte über die fiktive Familie von Briest sehr geschickt mit der Handlung verwoben. Der Leser erlebt die Wirtschaftskrise in der Weimarer Republik und die Inflation ebenso mit wie die politische Entwicklung und den langsamen Aufstieg der Nationalsozialisten, den Kampf und die Hoffnungslosigkeit der Menschen und das Aufstreben des Rennsportes mit und hat das Gefühl, regelrecht mit dabei zu sein. Der Spannungsbogen hält sich auf konstantem Niveau und lässt den Leser das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr weiß der Autor zu fesseln.


    Die Charaktere sind sehr detailreich und individuell ausgearbeitet. Durch ihre persönlichen Eigenheiten wirken sie durchweg sehr authentisch und lebendig. Wer die Vorgängerbände bereits gelesen hat, konnte auch die jeweils persönliche Entwicklung der einzelnen Protagonisten mitverfolgen, die auch hier weiter voranschreitet. Otto und Hermine von Briest sind zwei wunderbare Charaktere, die sich ergänzen und deren Beziehung ein sehr festes Band ist, das sich nicht zerschlagen lässt. Sie halten immer zusammen, können sich aufeinander verlassen und kämpfen gemeinsam um den Erhalt des Gutes und der Detektei. Luise ist eine Träumerin, noch etwas naiv und grün hinter den Ohren, aber sie besitzt auch Begeisterungsfähigkeit und Optimismus, um sich ihre Träume erfüllen zu können. Max ist ein fleißiger junger Mann, der seine Fähigkeiten ausprobiert und mit Mut und Tatkraft Risiken eingeht, auch wenn sie ihn finanziell nicht weit bringen. Sigurd von Cramm ist ein hinterhältiger Charakter, dessen Gedanken sich um Rache drehen und nur dieser ihn vorantreibt. Auch die Nebendarsteller geben mit ihrem Erscheinen eine gute Bereicherung der Handlung ab und machen diese rund.


    „Das Jahrhundertversprechen“ ist ein würdiger und fesselnder Abschluss der Trilogie,
    der dem Leser sowohl die fiktive Familiengeschichte der von Briest sehr ans Herz wachsen lässt als auch den historischen Hintergrund der Weimarer Republik mit all seinen Schattenseiten näher bringt. Absolute Leseempfehlung für ein Highlight!

    Abschied von Freddy und Gut Mansfeld


    Mitten im Zweiten Weltkrieg lebt Frederike „Freddy“ mit ihrer Familie auf Gut Mansfeld in Ostpreußen. Bis auf einige Einschränkungen konnte ihnen der Krieg nicht viel anhaben, doch nun stehen die Russen fast vor der Tür und die Alliierten nehmen Deutschland immer mehr von der anderen Seite ein. Als ihr Ehemann Gebhard und seine Mutter verhaftet werden, bekommt Freddy zum ersten Mal hautnah die Auswirkungen des Krieges zu spüren. Verzweifelt versucht sie, ihren Mann aus den Händen der Nazis zu befreien, doch es gelingt ihr nicht. Allein mit den Kindern muss sie sich dem Alltag auf dem Gut stellen, wo immer mehr Fremde auf Befehl Unterschlupf finden und wo ein Nazioffizier Teile ihres Besitzes beschlagnahmt. Immer mehr rationiert und eingeschränkt versucht Freddy, die Familie zusammenzuhalten. Aber dann ist auch sie gezwungen, alles zurückzulassen und mit ihren Kindern vor den Russen zu fliehen, um nicht selbst verhaftet zu werden. Freddy muss für sich und die Kinder ein völlig neues Leben aufbauen…


    Ulrike Renk hat mit ihrem Buch „Die Zeit der Kraniche“ den letzten Teil ihrer Ostpreußen-Trilogie vorgelegt, der die Geschichte um Freddy und ihre Familie abrundet. Der Schreibstil ist flüssig und nimmt den Leser schnell mit auf das Gut Mansfeld, um sich unsichtbar innerhalb von Freddys Familie und ihren Gutsleuten zu bewegen und sie bei ihren Gedanken und Gefühlen zu belauschen. Gleichzeitig erhält der Leser einen guten Einblick darüber, was die Menschen im damaligen Krieg alles zu ertragen hatten und mit welchen Einschränkungen sie leben mussten. Denunziation und Falschaussagen waren an der Tagesordnung, man wusste nie, wer Freund und wer Feind ist und was oftmals auch einfach nur aus Neid geschah. Der Roman basiert auf wahren Begebenheiten, und die Autorin hat sehr gute Hintergrundrecherche betrieben, um dem Leser ein ausgebombtes Berlin sehr bildhaft zu präsentieren ebenso wie die Zustände in einem Gefängniskrankenhaus oder aber auch die Trecks der Gefangenen aus den Konzentrationslagern sowie das rüpelhafte und zerstörerische Verhalten der Soldaten verschiedener Ländern, die mit ihren Gefangenen nicht gerade zimperlich umgehen. Die drückende und düstere Stimmung wird sehr gut transportiert, so dass der Leser sich annähernd gut in die jeweiligen Situationen hineinversetzen kann.


    Die Charaktere sind sehr lebendig und liebevoll ausgearbeitet, sie wirken aufgrund ihrer Eigenschaften individuell und authentisch. Der Leser kann sich gut mit ihnen identifizieren und sich als Teil der Gutsfamilie fühlen. Freddy ist eine mutige und energische Frau, die alles Menschenmögliche versucht, ihre Familie zu beschützen, aber auch die Gutsleute und ihr anvertraute politische Gefangene. Sie behandelt alle gleich gut, ist hilfsbereit und mit Empathie gesegnet. Freddy musste sich schon durch manch schlimmen Schicksalsschlag kämpfen, doch ließ sie sich dadurch nie entmutigen, sondern wurde dadurch nur noch stärker. Aber auch sie ist irgendwann mal mutlos und verzweifelt, kann aber mit der Unterstützung von vielen Freunden und Verwandten rechnen, was mehr als Geld bedeutet. Lore ist die Köchin des Gutes und der Geist des Hauses, sie zaubert aus langweiligen Resten noch etwas Besonderes und bleibt immer warmherzig und loyal. Auch die weiteren Protagonisten wie Gebhard, Caspar oder auch Thea geben der Handlung zusätzlichen Input und Spannung.


    „Die Zeit der Kraniche“ ist der krönende Abschluss um die Frederike von Mansfeld und ihre Familie in Ostpreußen. Die Trilogie sollte der Reihe nach gelesen werden, um alle Zusammenhänge und die familiären Verbindungen zu verstehen und nachvollziehen zu können. Der Abschied von Freddy fällt nicht leicht, sind sie doch während der Lektüre zu engen Freunden geworden. Eine Leseempfehlung für ein Stück Zeitgeschichte!

    Ellas Kampf


    Die junge Gabriele „Ella“ Münter liebt die Malerei des Expressionismus und lernt mit Mitte zwanzig auf der Münchner Malschule „Phalanx“ im Jahr 1902 den russischen Maler Wassily Kandinsky kennen, der bereits ein berühmter Künstler ist und auch als Lehrer fungiert. Ella selbst bleibt der Zugang zu staatlichen Kunstinstitutionen verschlossen, denn Frauen waren als Künstlerinnen damals nicht anerkannt. Zwischen Ella und ihrem wesentlich älteren Lehrer entspinnt sich schon bald eine sehr enge Beziehung, die weit über die des Lehrers und seiner Schülerin hinausgeht. Da Kandinsky noch verheiratet ist, leben die beiden in wilder Ehe zusammen, was zur damaligen Zeit einem Skandal glich. Ella ist von Kandinsky fasziniert, der zugleich Genie und unberechenbar ist, seine Stimmungsschwankungen machen das Zusammenleben in Murnau nicht leicht. Als der Krieg ausbricht, werden die beiden getrennt. Lange Zeit glaubt Ella, dass ihre große Liebe Kandinsky bereits tot ist und gibt sich ihrer Trauer hin. Aber dann treffen die beiden doch noch einmal aufeinander und Kandinsky bricht endgültig mit Ella, hat er doch inzwischen eine andere Frau geheiratet. Ellas Welt stürzt zusammen wie ein Kartenhaus und nur mit Hilfe ihrer Schwester gelingt es ihr, sich langsam davon zu erholen und ihren eigenen Weg als Künstlerin zu gehen, die auch noch Kandinskys Werke aus der Periode des „Blauen Reiters“ vor den Nazis versteckt und so für die Nachwelt rettet.


    Mary Basson hat mit ihren Buch „Die Malerin“ einen sehr fesselnden und eindringlichen autobiografischen Roman über die Künstlerin Gabriele Münter vorgelegt, deren Leben und Wirken sie äußerst spannend, bildhaft und realitätsnah unter die Lupe nimmt. Der Schreibstil fesselt von der ersten Seite an, das Buch lässt sich kaum aus der Hand legen. Die Autorin, die selbst in einem Museum arbeitet, die die größte Münter-Sammlung in Amerika beheimatet, hat sich ausgiebig mit der Künstlerin befasst und gewährt dem Leser detailreich sowie mit fachlichem Wissen ausführlich Einblicke in deren Leben und die verschiedenen Werke, die ebenso beschrieben werden. Ebenfalls eindrucksvoll berichtet die Autorin über die Zeit des Nationalsozialismus, wo gerade die Gemälde von Kandinsky und seiner Malerkollegen aus der Künstlergruppe §Der Blaue Reiter“ als entartete Kunst verurteilt, verboten und zum Teil sogar zerstört wurden. Nur durch das beherzte Engagement von Gabriele Münter ist ein Großteil der Werke erhalten geblieben und steht heute im Münchner Lenbachhaus einem kunstliebenden Publikum zur Verfügung.


    Bei den Charakteren hat sich die Autorin sehr mit den Eigenheiten der einzelnen Protagonisten beschäftigt und ihnen Individualität und damit auch Authentizität verliehen. Ella ist eine sympathische, aber auch zerbrechliche Frau, die mit Leidenschaft für die Kunst lebt und der Welt ein wenig entrückt ist. Sie ist außergewöhnlich talentiert, kann in der damaligen Gesellschaft aber leider nicht den Erfolg ernten, der ihr eigentlich zustünde. Sie ist geduldig und kritisch, ebenso hilfsbereit und zu einer geradezu zerstörerischen Liebe fähig, die sie fast in den Abgrund reist. Kandinsky ist ein Egomane, dessen Leben sich nur um seine Malerei und deren Entwicklung dreht sowie um deren Erfolg. Er duldet keine erfolgreicheren neben sich und hält auch Ella immer klein. Er leidet unter Stimmungsschwankungen, ist äußerst labil und seine Depressionen machen das Leben mit ihm zu einem Spießrutenlauf. Der Kunstkritiker Johannes Eichner ist ein sehr netter Mann, hilfsbereit und zuvorkommend, mit genügend Geduld und Empathie ausgestattet, um Ella Halt zu geben und sie bei ihrem gefährlichen Vorhaben zu unterstützen.


    „Die Malerin“ ist ein sehr fesselndes und spannendes autobiografisches Buch über eine außergewöhnliche Frau in einer gefährlichen Zeit. Die Autorin hat ein wunderbares Portrait der Künstlerin Gabriele Münter abgebildet, das dem Leser noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Sowohl Historienfans als auch Kunstliebhaber werden an diesem Buch ihre Freude haben. Absolute Leseempfehlung!

    Der Traum vom selbstbestimmten Leben


    20er Jahre Amerika. Gertrude Pardee lebt mit ihrer Familie in einer Baracke in den Sümpfen von South Carolina. Sie und die vier Kinder leiden nicht nur unter dem tyrannischen und ständig betrunkenen Ehemann, sondern sie haben auch kaum etwas zu essen. Gertrude will diesen Zustand nicht länger ertragen und bringt ihre drei ältesten Töchter bei ihrem Bruder im Nachbardorf unter, wo sie ihm als Helferin auf seinen Baumwollfeldern zur Hand gehen sollen. Ihre 6-jährige Tochter Mary ist krank und kommt bei der Farbigen Oretta unter, die in Heilkünsten versiert ist. Gertrude selbst nimmt eine Stelle als Näherin in der Fabrik von Annie Coles an und kommt sogar in einem kleinen Häuschen unter. Um ihre letzten Besitztümer aus der familieneigenen Hütte zu holen, bewaffnet sich Gertrude mit einem Gewehr und macht sich auf den Weg durch die Sümpfe, wo sie unvermittelt auf einen Alligator trifft. Sie will ihn erschießen, doch dann läuft ihr auch noch ihr besoffener Ehemann über den Weg…


    Deb Spera hat mit dem Buch „Alligatoren“ ihren Debütroman vorgelegt, der von der ersten Seite an mit seiner bedrückenden Atmosphäre und leisen Tönen zu fesseln weiß und den Leser regelrecht in die vergangene Zeit hineinzieht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, lässt den Leser bis zum Ende das Buch nicht aus der Hand legen. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass der Leser mal an der Seite von Gertrude, mal an Orettas und mal an Annies Seite steht und das Leben der Frauen hautnah miterlebt und deren Gedanken und Gefühle dabei offen liegen, was ein gutes Kennenlernen der Protagonistinnen aus unterschiedlichen Schichten leicht macht. Gleichzeitig ermöglicht die Autorin dem Leser dadurch, Einblick in die verschiedenen Gesellschaftsschichten der damaligen Zeit zu nehmen und die Stimmung aufzusaugen, die von Rassismus, Gewalt und Unterdrückung geprägt ist. Frauen hatten damals kaum Rechte und hatten ihren Männern zu gehorchen. Taten sie das nicht, so waren Gewalt und Züchtigung an der Tagesordnung. Sie waren von den Launen ihrer Männer abhängig, dabei war es nicht wichtig, ob sie arm oder reich sind. Sowohl Gertrude als auch Oretta und Annie wollen sich von diesen Fesseln befreien und träumen von einem selbstbestimmten und freien Leben.


    Die Charaktere sind sehr detailliert ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken realistisch und authentisch, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, mit ihnen zu leiden, zu fühlen und zu hoffen. Gertrude ist nicht gerade eine sympathische Frau, jedoch ist sie eine starke Persönlichkeit. Sie weiß um die Ausweglosigkeit ihrer Situation und will ihre Kinder und sich selbst aus dem sprichwörtlichen Sumpf und weg von dem gewalttätigen Ehemann bringen. Dafür tut sie alles. Annie ist mit einem reichen Mann verheiratet und leitet ihre eigene Fabrik. Aber auch sie musste schon so einige Schicksalsschläge verkraften, ihre Familie ist auseinandergedriftet, einen Sohn hat sie durch Selbstmord verloren. Doch Annie lässt sich nicht unterkriegen, wirkt selbstbewusst und kämpft gegen die Dämonen, die sie runterziehen wollen, allen voran ihr eigener Ehemann. Oretta ist eine freie Farbige, die als Haushälterin bei Annie arbeitet und in der Heilkunst bewandert ist. Sie wird noch immer nicht von der Gesellschaft akzeptiert, obwohl die Sklaverei inzwischen abgeschafft ist. Sie hat einen festen Glauben, das Herz am rechten Fleck und ist immer hilfsbereit. Annies Mann Edwin ist ein Mann, der seine Familie unterdrückt und sie immer wieder spüren lässt, wer das Sagen im Haus hat. Auch die weiteren Protagonisten tragen zur Intensität der Handlung bei und geben ihr zusätzliche Impulse.


    „Alligatoren“ ist ein atmosphärisch-dichter Roman über drei unterschiedliche Frauen mit dem gleichen Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung. Ein absolutes Meisterwerk, das einen auch nach der Lektüre noch lange beschäftigt. Absolute Leseempfehlung!!

    Medizinische Sternstunden


    1831 Berlin. Im Stadt- und Universitätskrankenhaus Charité haben die Ärzte und auch die Krankenwärter alle Hände voll zu tun, denn in Berlin ist die Cholera ausgebrochen. Die Menschen sterben wie die Fliegen und kaum jemand überlebt die Seuche. Der Chirurg Professor Johann Friedrich Dieffenbach und seine Kollegen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ursachen der Krankheit zu erforschen und ein Heilmittel zu entwickeln. Darunter leidet seine Ehe, doch findet er in der verheirateten Gräfin Ludovica seine Muse, die im sowohl die finanziellen Mittel für das Krankenhaus zur Verfügung stellt, als auch sein Herz höher schlagen lässt. Währenddessen muss sich die Hebamme Martha Vogelsang allein um das Überleben für sich und ihren kleinen Sohn kümmern, weil ihr Mann sie verlassen hat. Sie entscheidet sich dafür, den Dienst als Hebamme aufzugeben und im Totenhaus der Charité zu arbeiten. Ihre Freundin Elisabeth Bergmann hat ihre ganze Familie verloren und beginnt ihre Ausbildung als Krankenwärterin, wo sie den Ärzten schnell durch ihre Fürsorge für die Patienten und ihre Sorgfalt auffällt, besonders einem…


    Ulrike Schweikert hat mit ihrem Buch „Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ einen sehr fesselnden historischen Roman vorgelegt, der den damaligen medizinischen Alltag über einen Zeitraum mehr als von 10 Jahren in dem noch heute berühmten Berliner Krankenhaus beleuchtet. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch dicht und spannend, der Leser wird regelrecht in die Seiten gesogen, um als stiller Beobachter im Berlin des 19. Jahrhunderts durch die Gänge der Charité zu wandeln und den Ärzten, Krankenwärtern und Patienten über die Schulter zu sehen. Die Handlung wird aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten erzählt und lässt den Leser so eine rundum gelungene Geschichte mitverfolgen. Die Autorin versteht es geschickt, historische Zeitgeschichte mit Fiktion dicht zu verweben und dem Leser so ein gutes Gesamtbild der damaligen Lage zu vermitteln, wo mit einfachsten medizinischen Utensilien zu Werke gegangen wurde und man eigentlich nur froh sein kann, in der heutigen Zeit die moderne medizinische Versorgung zu haben. Sehr plastisch werden Operationen, Behandlungen, Lehrveranstaltungen sowie Forschungsversuche geschildert, so dass der Leser das Gefühl hat, genau daneben zu stehen. Dabei wird einem bewusst, wie hoch die damalige Sterberate war und dass die Ärzte auch bei so vielen Misserfolgen weiterhin unermüdlich nach einer Lösung geforscht haben.


    Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Durch ihre individuellen Eigenschaften wirken sie lebhaft und authentisch. Professor Dieffenbach ist ein unermüdlicher Mann, der Kampf für seine Patienten hat oberste Priorität. Dass sein Privatleben darunter leidet, nimmt er in Kauf. Er besitzt einen wachen Geist und ist energisch, aber auch mitfühlend und offen für Neuerungen. Gräfin Ludovia ist eine freundliche Frau, die mit einem Ehemann geschlagen ist, der egoistisch und selbstbezogen ist. Maria ist eine mutige und starke Frau, die für sich und ihren Sohn ums Überleben kämpft. Elisabeth ist interessiert an allem Medizinischen, sie ist intelligent und sieht schnell, wo die Missstände liegen, um diese dann gegen den Widerstand auszumerzen. Sie hat eine eigene Meinung, die sie auch kundtut und sich den Mund nicht verbieten lässt. Auch die übrigen Protagonisten lassen die Handlung durch ihr Erscheinen lebendig und realistisch wirken, wobei man so bekannte Namen wie Heinrich Heine und Alexander von Humboldt erleben kann.


    „Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ ist ein großartiger historischer Roman über das Leben und Wirken an dem bekannten Krankenhaus, durch dessen Forschung und Entwicklung über die vergangenen Jahrhunderte die Medizin wahre Fortschritte für die Menschheit erreicht hat. Absolute Leseempfehlung für einen Erlebnisroman erster Klasse!

    Das Zeichen glücklichen Mutes - der Liebesbeweis


    Katie lebt in Los Angeles, wird bald geschieden und ist bei einer Zeitschrift als Filmkritikerin beschäftigt. Ihre Arbeit füllt sie nicht aus und auch die dortige tägliche Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann David erinnert sie schmerzlich an das, was sie verloren hat. Nachdem Katie ihren Vater in einem Heim für Alzheimer- und Demenzpatienten untergebracht hat, möchte sie seine alte Briefmarkensammlung schätzen lassen, die sie in ihrer Kindheit mit ihm bei früheren Flohmärkten zusammengetragen hat. Der Philatelist Benjamin soll für sie herausfinden, ob einige wertvolle Marken darunter sind. Benjamin wird tatsächlich fündig, entdeckt er doch eine alte österreichische Marke aus der Nazizeit, die noch dazu auf einem ungeöffneten Brief an eine Ellen Faber klebt. Katie möchte unbedingt herausfinden, was es mit dieser Marke auf sich hat. Gemeinsam mit Benjamin macht sie sich auf die Suche nach dem Graveur und nach Ellen Faber. Je näher sie der Lösung kommen, umso mehr nimmt Katie Anteil an der Geschichte von Ellen Faber. Wie sehr ihre eigene Familie darin verwickelt ist, wird ihr erst sehr spät bewusst…


    Jillian Cantor hat mit ihrem Buch „Das Mädchen mit dem Edelweiss“ einen wunderschönen bewegenden Roman vorgelegt, der dem Leser mitten ins Herz geht. Der Schreibstil ist flüssig und emotional, der Leser wird regelrecht in die Geschichte hineingesaugt, um sich an Katies Seite auf Spurensuche zu begeben. Die Handlung wird über zwei Zeitebenen erzählt, der eine beschäftigt sich mit der Gegenwart im Jahr 1989 rund um Katie, der andere versetzt den Leser ins Jahr 1938, wo er der Familie Faber und dem Waisen Christoph in Österreich während der deutschen Besatzung zum ersten Mal begegnet und mit ihnen fühlen darf. Durch den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erhält der Leser einen guten Rundumblick über die damaligen Geschehnisse, während er gleichzeitig mit Katie auf der Suche ist. Wunderschön beschreibt die Autorin das Gravurhandwerk, das nötig war, um eine Briefmarke zu erstellen. Das Verstecken von heimlichen Botschaften in den kleinen Marken, um andere zu warnen oder einen Treffpunkt mitzuteilen, ist faszinierend in die Handlung verwebt. Auch das Thema Alzheimererkrankung wird von der Autorin sensibel gehandhabt und glaubhaft in ihrer Geschichte verarbeitet.


    Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet worden, Jillian Cantor hat sie regelrecht zum Leben erweckt. Durch ihre individuellen Eigenschaften wirken sie durchweg sehr real und authentisch. Der Leser kann gar nicht anders als mit ihnen zu fühlen und atemlos zu hoffen, dass sich alles zum Guten wendet. Katie ist eine Frau, die sich ihrer Familie sehr verbunden fühlt. Sie kümmert sich rührend um ihren kranken Vater, dabei ist ihre tägliche Furcht greifbar, dass er sie wieder einmal nicht erkennt. Katie hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und fühlt sich einsam. Sie ist hilfsbereit und freundlich, es fehlt ihr nur an Überwindung, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Ihre Entwicklung, während die Geschichte fortschreitet, ist wunderschön zu beobachten. Benjamin ist ein schüchterner junger Mann, der bereits einen großen Schicksalsschlag zu verkraften hatte. Einerseits wirkt er wie ein Nerd, andererseits ist seine zurückhaltende, aber direkte Art erfrischend. Er ist immer für eine Überraschung gut. Katie und Benjamin sind zwei verletzte Seelen, die sich über Allgemeinplätze und der Suche nach der Geschichte auf ganz ungewöhnliche Weise kennenlernen, während der Leser so viele Parallelen zwischen ihnen entdecken darf. Katies Oma Gram ist ein wahrer Schatz, warmherzig, menschlich und einfach liebevoll. Christoph ist ein ehrlicher junger Mann, der alles für die Menschen tut, die er liebt und schätzt. Elena ist eine junge impulsive Frau, die sich zur Wehr setzt und die Nazis mit allen Mitteln bekämpfen will. Dabei überschreitet sie oftmals die Grenzen, ohne über die Folgen nachzudenken. Auch die weiteren Protagonisten geben der Handlung mit ihrem Handeln und Tun zusätzliche Spannung.


    „Das Mädchen mit dem Edelweiss“ ist ein bewegender teils historischer Roman, der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und ihn mitten in Herz und Seele trifft. Wunderbar verwobene Zeitschienen und eine Handlung, die man spannender und besser nicht erzählen könnte. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Chapeau!

    Tulpenkrimi
    1636 Amsterdam. Der 17-jährige Pieter fängt bei dem Maler Rembrandt von Rijn als neuer Malerlehrling an. Er ist ein etwas sonderbarer Kautz und ein Außenseiter, allerdings ist er auch sehr intelligent und besitzt eine Vorliebe für Mathematik und fürs Malen. An seinem Antrittstag findet er auf dem Weg dorthin einen toten Tulpenhändler. Doch es bleibt nicht bei dem einen Toten, immer mehr Tulpenhändler werden ermordet aufgefunden. Und sie haben noch eine Gemeinsamkeit, denn sie alle wollten sich auch von Pieters Lehrmeister Rembrandt malen lassen. Hat der Maler etwas mit der Ermordung der Toten zu tun? Oder geht es um den Tulpenhandel, wo Tulpen doch damals eine wertvolle Währung waren und die Preise dafür immer weiter steigen?


    Eva Völler hat mit ihrem Buch „Tulpengold“ einen spannenden historischen (Kriminal-)Roman vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Der Schreibstil ist flüssig und bildgewaltig, schnell taucht der Leser in ein vergangenes Jahrhundert ein und erlebt als unsichtbarer Schatten Pieters Welt mit eigenen Augen. Die Autorin hat gut recherchiert und den historischen Hintergrund sehr schön mit ihrer Geschichte verwebt. So bekommt der Leser Einblick in eine Kunstmalerwerkstatt, Informationen über den damaligen Tulpenhandel und die Kostbarkeit der Zwiebeln sowie über die ehemaligen Sitten und Gebräuche im alten Amsterdam und die Lebensumstände der früheren Bewohner Amsterdams. Der Spannungsbogen wird recht schnell hoch angelegt und steigert sich während der Geschichte immer mehr bis zum finalen Schluss. Durch die lebhafte Erzählweise der Autorin entsteht so ein schöner Film vor dem inneren Auge, während man der spannenden Handlung folgt.


    Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Durch die Vermischung von fiktiven Protagonisten mit tatsächlichen historischen Personen gelingt es der Autorin, dem Leser das Gefühl zu vermitteln, dass sich die Handlung tatsächlich so zugetragen haben könnte. Die Romanfiguren wirken authentisch und sehr real. Pieter ist ein außergewöhnlicher und hochintelligenter junger Mann, der es nicht leicht hat, weil ihn alle wie einen Außenseiter behandeln. Aufgrund seiner Begabungen ist er seinem Umfeld nicht ganz geheuer. Dabei ist er von recht naiver Natur, hält vieles für die Wahrheit und lässt eine gewisse Skepsis vermissen, sie ist ihm einfach nicht gegeben. Vielmehr versucht er, das Leben auf mathematische Weise und seiner ureigenen Denkweise zu verstehen und nach Lösungen zu suchen. Im Nachwort der Autorin erfährt der Leser dann auch, dass man seine Verhaltensweise heutzutage wohl unter dem Asperger-Syndrom einordnen würde. Rembrandt ist der typische Künstler, der nur an die Malerei denkt und wie er sie am besten zum Ausdruck bringt. In Gelddingen ist er völlig unfähig und wäre ohne seine Frau Saskia schon längst in der Gosse gelandet. Dabei ist er sehr eigenwillig und stur – Künstler eben. Auch die weiteren Charaktere geben der Geschichte mit ihrem Auftauchen zusätzliche Spannung.


    „Tulpengold“ ist ein sehr spannender und unterhaltsamer historischer Roman, der gleichzeitig einen Krimi beinhaltet. Historienfans und Krimifreunde werden an diesem Buch gleichermaßen ihre Freude haben. Leseempfehlung für ein Eintauchen ins 17. Jahrhundert auf den Spuren alter Meister und toter Tulpenhändler.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" (Gustav Mahler)


    1940 Kent/England. Da immer mehr Männer für den Kriegsdienst eingezogen werden, müssen sich die Frauen allein um alles kümmern. Als der örtliche Pfarrer der Gemeinde Chilbury den Chor auflösen will, hat er allerdings nicht mit den Frauen gerechnet, die sich das nicht bieten lassen wollen. Schließlich sind sie auch Teil der Gemeinde und der Chor bietet ihnen Abwechslung und Freude vom tristen Alltag. Ihre Rettung erscheint in der Musikprofessorin Primrose Trent, die aus London in Chilbury unterkommt. Sie nimmt sich den Frauen an und gründet mit ihnen einen reinen Frauenchor. Erst sind die Frauen skeptisch, doch Primrose steckt sie mit ihrer Leidenschaft für Musik an und erreicht sie in ihren Herzen. Der Chor wächst immer mehr zusammen und die Frauen gewinnen an Selbstbewusstsein und Stärke, die ihnen durch die Kriegszeiten helfen soll.


    Jennifer Ryan hat mit ihrem Buch “Der Frauenchor von Chilbury” einen sehr eindrucksvollen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lebhaft, er lässt auch den Humor nicht vermissen und nimmt den Leser sehr schnell für sich ein. Durch das Wählen von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen für die Erzählung der Handlung gibt die Autorin, basierend auf den Erzählungen der eigenen Großmutter, dem Leser einen wunderbaren Rundumblick, was in den Herzen und Gedanken der einzelnen Dorfbewohner vor sich geht und wie sie sich entwickeln. Man erfährt viele kleine Alltagsepisoden, die spannend berichtet werden und die Handlung immer weiter voran treiben sowie den Spannungsbogen immer mehr in die Höhe schnellen lassen. Über die verschiedenen Einträge, die sich nahtlos aneinander reihen, erfährt man so von 5 Protagonisten über die damalige Zeit und welche Faszination die Musik auf sie selbst und ihr eigenes Leben ausgeübt haben.


    Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie spiegeln den damaligen Zeitgeist wieder sowie die gesellschaftlichen Ansichten und Normen. Der Leser erlebt die Sorgen und Nöte der einzelnen Personen hautnah mit und lernt sie von Grund auf durch ihre eigenen Worte kennen. Sie wirken alle sehr lebendig und authentisch. Primrose Trent liebt die Musik über alles und versucht mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, jeden davon zu überzeugen, dass Musik viel bewirken kann. Man könnte fast sagen, es ist ihr eine Herzensangelegenheit. Sie strandet in Chilbury und ist erst einmal eine Fremde. Doch nach und nach gelingt es ihr, zu den Bewohnerinnen durchzudringen und sie von ihrer Idee zu überzeugen. Margret Tilling hat ihren Mann im Krieg verloren und steht allein im Leben. Sie lebt eher zurückgezogen und man hat fast den Eindruck, sie macht sich unsichtbar. Doch durch ihre Mitwirkung im Chor und die Kraft der Musik erlebt sie eine regelrechte Wandlung. Sie entwickelt neues Selbstvertrauen und gibt diesem auch eine Stimme. Die 13-.jährige Kitty muss in ihrem zarten Alter dem Krieg begegnen. Sie erlebt einiges und berichtet in ihrer kindlich-naiven Art, was sie bewegt. Kittys ältere Schwester Venetia ist ebenso ein interessanter Charakter, der nach einiger Zeit das Leserherz erobert. Wirkt sie zu Beginn noch egoistisch und durchtrieben, so verändert sie sich durch Schicksalsschläge immer mehr und erobert einen mit sympathischem Wesen und einer sehr menschlichen Seite.


    “Die Frauen von Chilbury” ist ein wunderbarer historischer Roman über die Macht der Musik, über das Übersichhinauswachsen, neugewonnenes Selbstvertrauen und den Mut, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ein wunderbares Debüt, das eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient hat!

    Erstes Kennenlernen mit Frederike und Fennhusen


    1925 Vorweihnachtszeit in Ostpreußen. Die 16-jährige Frederike lebt gemeinsam mit ihren Geschwistern und ihren Eltern auf Gut Fennhusen. Die Mutter ist in dritter Ehe mit Erik verheiratet und zog mit ihren ältesten drei Kindern von Potsdam auf das Gut in Ostpreußen. Frederike hat nur noch ein Jahr, bevor sie das Gut für eine weiterbildende Handelsschule für höhere Töchter verlassen wird. Sie liebt Pferde und nutzt jede Gelegenheit, mit ihrem eigenen Pony über die Felder und durch die Wälder zu reiten. Zu Caramell, der Stute ihrer Mutter, hat Frederike eine besondere Liebe entwickelt. Doch diese wurde lange Zeit nicht geritten und benimmt sich störrisch und unberechenbar. Es steht zur Diskussion, das Pferd zu verkaufen, aber Frederike unternimmt alles, damit es nicht dazu kommt, ist Caramell doch die letzte Verbindung zu ihrem bereits verstorbenen leiblichen Vater. Leider wirbt der Nachbar von Gut Fennhusen hartnäckig um das Pferd und so muss Frederike schon einiges einfallen, damit der Verkauf verhindert wird. Wird es ihr gelingen, ihren Stiefvater zu überzeugen oder findet das nahende Weihnachtsfest ohne Caramell statt?


    Ulrike Renk hat mit ihrem kleinen Büchlein „Das Fest der kleinen Wunder“ die Vorgeschichte ihrer „Ostpreußensaga“ vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und bildhaft, der Leser nimmt von der ersten Seite an direkt Teil an einem Leben in vergangener Zeit auf einen alten Gutshof, der seit Generationen in Familienbesitz ist. Hautnah erlebt man das Zusammenleben von Herrschaft und Bediensteten mit, die alle hart arbeiten, aber auch gemeinsam feiern. Der Alltag wird so lebhaft und bildgewaltig beschrieben, dass der Leser das Gefühl hat, hautnah dabei zu sein und alles mit eigenen Augen zu beobachten. Der Autorin gelingt es geschickt, den Leser mit auf die Jagd zu nehmen oder die Herstellung von Pfefferkuchen in der Gutsherrenküche gedanklich mitzuerleben. Überhaupt spiegelt die Küche den Mittelpunkt des Hauses wieder, wo sich die Kinder oft aufhalten und stibitzen, wo die Köchin mit ihrer Entourage für das leibliche Wohl der Gutsherrschaften und sämtlichen Bediensteten sorgt, womit ihr eine Schlüsselrolle zukommt.


    Die Charaktere sind sehr liebevoll und lebendig gestaltet, jeder von ihnen besitzt besondere Eigenheiten, die sie sehr authentisch und realitätsnah wirken lassen. Frederike ist ein liebes und aufgeschlossenes Mädchen an der Stufe zur jungen Frau. Sie ist ihrer Familie sehr verbunden, fühlt sich geborgen und wohl auf dem Gut. Ihre Leidenschaft für Pferde kann sie hier ausleben. Für ihre jüngeren Geschwister ist sie ein gutes Vorbild. Frederike setzt sich für sie ein und deckt auch so manchen Streich, der schief geht. Eigentlich hat sie genügend Menschen um sich herum, dennoch vermisst sie ihre Freundin Thea, die in Berlin lebt und nur zu besonderen Anlässen zu Gast auf dem Gutshof ist. Aber sind die beiden Mädels einmal zusammen, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Fritz, Frederikes jüngerer Bruder, hat nur Flausen im Kopf. Er interessiert sich für alles Technische und setzt sich gern und oft über Verbote hinweg, was oftmals leider gründlich schief geht. Köchin Schneider ist die Seele des Hauses und verwöhnt die Kinder gern und oft mit Leckereien. Sie trägt das Herz auf der Zunge und lebt schon seit Ewigkeiten auf dem Gut. Auch die übrigen Protagonisten tragen zum Wohlfühlfaktor dieser Geschichte bei, in der man alle Charaktere schon einmal kennenlernen kann, bevor man sich an die bereits veröffentlichten Bände der „Ostpreußen-Saga“ wagt.


    „Das Fest der kleinen Wunder“ ist eine sehr schöne Einstimmung auf die Bücher „Das Lied der Störche“, „Die Jahre der Schwalben“ und „Die Zeit der Kraniche“, welches erst noch erscheinen wird. Alle, die die Saga gern lesen möchten, sollten sich dieses Buch nicht entgehen lassen, da der Einstieg in die Bücher hierdurch wunderbar erleichtert wird. Eine wirklich schöne Geschichte, die ruhig noch länger hätte sein können. Absolute Leseempfehlung!

    Liv und Karoline - zwei Frauen auf der Suche


    1905. Nachdem sie vor 9 Jahren die Hochzeit mit dem feschen adligen Sproß Moritz von Blankenburg-Marwitz gar nicht abwarten konnte, ist sie nun ernüchtert auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Ihr Ehemann ist nie daheim, sondern vergnügt sich lieber aushäusig, während sie den harten Worten ihrer dominanten Schwiegermutter Alwina ausgesetzt ist, die ihr ständig das Gefühl eines Eindringlings gibt. Dabei ist die Familie schon lange bankrott und kann sich nur mit Hilfe von Karolines vermögenden Eltern über Wasser halten. Als Moritz unheilbar erkrankt zurück auf Schloss Katzbach ist und Karoline durch Zufall erfährt, dass er bereits ein uneheliches Kind in Norwegen hat, macht sie sich mit Hilfe ihrer besten Freundin Ida auf die Reise, um dieses Kind zu finden. Doch nicht nur sie macht sich auf die Suche…


    Die minderjährige Liv tritt in Stavanger eine Stelle als Dienstmagd im Haushalt der Familie Treske an, um mit dem Geld ihre arme Familie zu unterstützen. Ihr Dienstherr ist ein harter Mann, der seinen 9-jährigen Sohn Elias bei jeder Gelegenheit demütigt und in die Knie zwingen will. Ehefrau Ingrid hat mit der neugeborenen Tochter genug um die Ohren und auch nicht die Kraft, sich gegen ihren Ehemann aufzulehnen. Liv hat Mitleid mit dem Jungen und nimmt sich seiner an, die beiden werden langsam Freunde. Durch Zufall erfährt Liv, dass Elias von den Treskes adoptiert wurde. Als der Vater Elias bei einem erneuten Fehlverhalten in ein Erziehungsheim stecken will, flieht Liv mit dem Jungen, um seine leiblichen Eltern zu suchen. Dabei bekommen sie Hilfe von Bjarne, einem jungen Mann, mit dem sich Liv angefreundet hat…


    Christine Kabus hat mit ihrem Buch „Das Lied des Nordwinds“ einen wunderschönen historischen Roman vorgelegt, der von der ersten Seite an begeistert und den Leser erneut nach Skandinavien entführt. Die Liebe der Autorin zu Land und Leuten in den nordischen Ländern ist dabei in jeder Zeile zu spüren. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und farbenfroh, der Leser wird regelrecht in die Geschichte hineingesogen und findet sich mal an der Seite von Karoline, mal an der von Liv wieder, um beide Frauen ein Stück ihres Lebens zu begleiten und dabei ihre Gedanken, Gefühle und Träume kennenzulernen. Die Handlung wird aus zwei verschiedenen Perspektiven, die zur gleichen Zeit stattfinden erzählt, zum einen erfährt man etwas über Karolines Leben in Deutschland, die andere Sicht zeichnet den Alltag von Liv in Norwegen auf. Der Spannungsbogen ist zu Beginn noch recht niedrig, steigert sich aber schon bald immer mehr in die Höhe, je weiter die Geschichte voranschreitet. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und detailliert, das raue Norwegen entsteht ebenso vor dem inneren Auge wie Schloss Katzbach in Deutschland oder Idas Heimat Breslau. Die Autorin hat den geschichtlichen und gesellschaftlichen Hintergrund sehr gut recherchiert und lässt den Leser an der politischen Situation zwischen Norwegen und Schweden teilhaben, die sich während der Handlung zuspitzt. Gleichzeitig bekommt der Leser viele Informationen die Frauenbewegung, die sich für die Gründung und Betreibung von Schulen für Bedürftige einsetzen und auch für das Wahlrecht für Frauen kämpfen.


    Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt, besitzen aber alle wunderbar ausgearbeitete individuelle Eigenschaften, die sie sehr lebendig und realitätsnah wirken lassen. Karoline ist eine sympathische Frau mit dem Herz am rechten Fleck, allerdings ist sie in ihrer Ehe einsam und träumt sich deshalb mit Groschenromanen in eine fremde Welt. Sie kann sich ihrer Schwiegermutter nicht wiedersetzen und lässt sich beleidigen und schikanieren. Es fehlt ihr an Durchsetzungskraft und Mut, dies zu erlangen. Doch Karoline weiß um ihre Unzulänglichkeiten und macht sich daran, diese endlich abzustellen. Dabei ist ihre Freundin Ida eine gute Unterstützung. Ida ist nicht auf den Mund gefallen und muntert nicht nur auf, sondern sagt ihrer Freundin durch die Blume auch die Wahrheit ins Gesicht. Sie gibt ihr den nötigen Schubs in die richtige Richtung, aber gehen muss Karoline den Weg allein. Frau Bethge ist eine resolute alleinstehende Frau, die Karoline schnell eine gute Freundin wird und ihr bei ihrer Entwicklung ebenfalls zur Seite steht. Karolines Wandlung innerhalb der Geschichte ist sehr schön gelungen. Liv ist eine junge Frau, die schon im Elternhaus kaum Liebe erfahren hat und mehr als Arbeitskraft oder Geldesel angesehen wurde. Sie hat ein gutes Herz, ist fleißig und nimmt sich schwächeren Kreaturen an, um diese zu unterstützen. Sie hat Träume und hofft auf ein wenig Liebe, sie ist intelligent, wenn es ihr auch nicht bewusst ist, doch sie wächst ebenfalls im Verlauf der Handlung aus sich heraus und geht Risiken ein, die sie sich vermutlich selbst nie zugetraut hätte, um geliebte Menschen zu schützen. Elias ist ein lieber Junge, der nicht verstehen kann, warum seine Eltern ihn nicht lieben, sondern ihn immer nur als lästiges Anhängsel betrachten. Bjarne ist ein sympathischer Mann, der sich den Konventionen nicht beugt, sich ihnen sogar in den Weg stellt. Auch die weiteren Protagonisten ergänzen mit ihrem Auftreten die Geschichte und machen sie wunderbar rund.


    „Das Lied des Nordwinds“ ist ein unterhaltsamer und wunderbarer historischer Roman, der von der ersten Seite an zu fesseln weiß und sich als Pageturner entpuppt. Ein tolles Buch für alle, die sich gern in fremde Ländern entführen lassen und nicht genug von Familiengeheimnissen bekommen können. Absolute Leseempfehlung!!!


    Verdiente 5 Sterne!