Alles anzeigenDas muss man meinem Großvater lassen: Geprügelt hat er nicht. Allerdings frage ich mich, ob es nicht vielleicht schlimmer ist, vom Vater ignoriert zu werden. Ich hatte in dieser Beziehung ausgesprochen Glück. Obwohl mein Vater Berufsoffizier war, hat er nie geschlagen - nur manchmal etwas die Stimme gehoben (dabei konnte er unglaublich brüllen). Und wenn es mal eine väterliche Strafe an mich gab, dann wurde mir mein Fehlverhalten ausführlich und ruhig erklärt und die Strafe dann quasi "zur Bewährung" ausgesetzt. Leider ist mein Vater aber viel zu früh gestorben, ich war gerade zwölf Jahre alt - und so sind leider auch viele Frage ungefragt geblieben, geschweige denn beantwortet worden. Und bis zum heutigen Tag vermisse ich meinen Vater.
Aber mal etwas anderes.
Was ich nie begriffen hab ist, wieso man Heinrich Mann immer nur geringschätzig "den Brude" genannt hat. Dabei war er der bessere Schriftsteller als der Vater aller Blender Thomas Mann. Thomas Mann wurde immer total überschätzt, ein Egomane der allersten Güte, der zwar hübsch formulieren konnte, dessen Bücher aber kaum Tiefgang hatten, vielleicht vom "Zauberberg" einmal abgesehen. Ich kann in diesem Zusammenhang nur die Lektüre der Tagebücher von Thomas Mann empfehlen. Da schreibt jemand, der nur um sich selbst kreist - der seine homoerotischen Neigungen aber stets verleugnet hat. Und es ist schon beschämend, dass man für einen durchschnittlichen Unterhaltungsroman wie die "Buddenbrooks" den Literatur-Nobelpreis bekommt.
Heinrich Mann war politisch, stand zu seinen Überzeugungen und war kein Verlogener Opportunist wie Thomas Mann. Und die politische Überzeugung von Heinrich Mann findet sich eben auch im "Untertan".
Ich habe mir das Buch gestern erst neu bestellen müssen - konnte mein Exemplar nicht finden.
Voltaires persönliche Geschichte steht exemplarisch für verblendete Untertanen und passt wie die Faust aufs Auge zum "Untertan(en)". Und man fragt sich: Und das ausgerechnet auch noch bei diesem Kaiser!
Aber dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr
heraus. Allen Ernstes meint er, die „Buddenbrooks“ seien ein
„durchschnittlicher Unterhaltungsroman“, sehr witzig, aber –
er erhält dafür auch noch mehrfach Beifall!
Weltliteratur. Loide! Weltliteratur! Hier hat sich ein Frühvollendeter die Ehre gegeben. Nobelpreisgekürt! O Mann! Steht zu befürchten, dass Ranicki gleich seinem Grab entsteigt. Und ich habe eigentlich nichts übrig für das Geschwätz von Großkritikern ...
Wir hatten übrigens beide Werke, den „Untertan“ und
die „Buddenbrooks“ in der DDR in der Abistufe. Beide großartig. Jedes auf seine
Weise ... Und dass ihr eine Leserunde zum "Untertan" veranstaltet, hat Stil und hätte den völlig unterschätzten Bruder Thomas Manns (es stimmt: TM hat sich immer besser publikumsträchtig in Szene gesetzt), gewiss gefreut.