Beiträge von Rosebud

    Kommissariat "Ungeklärte Altfälle"


    Unbarmherzig, Kriminalroman von Inge Löhnig, 384 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
    Gina Angelucci ermittelt in ihrem zweiten Fall.
    Die Kommissarin Gina Angelucci ist nach ihrer Elternzeit wieder ins Kommissariat „Cold Cases“ für ungeklärte Altfälle, K12 zurückgekehrt. Dort gibt es jede Menge zu tun, doch Skelettfunde in Altbruck etwas nördlich von München lassen sie nicht los. Gegen den Widerstand des Oberstaatsanwalts beginnt sie zu ermitteln. Die erste Spur führt in das neu ausgewiesene Gewerbegebiet der Gemeinde, wo sich zur Zeit des Nationalsozialismus eine Munitionsfabrik befand. Das männliche Skelett scheint zu einem jungen Mann zu gehören der aus der Nähe kam und in den letzten Kriegsmonaten verschwunden ist, das weibliche Opfer jedoch, welches aus dem Baltikum zu stammen scheint, gibt Rätsel auf. Könnte es sich um die sterblichen Überreste einer jungen Lettin handeln die zeitgleich mit dem jungen Mann verschwunden ist? Gina will es sich zur Aufgabe machen, den Toten ihre Identität wieder zu geben. Doch nicht alle Bewohner des Dorfes sind an einer Lösung des Falls interessiert.
    Schon im Prolog ist der Leser dabei als ein Liebespaar erschossen wird, die Spannung setzt also unmittelbar bei Beginn des Buches ein. 51 Kapitel in angenehmer Länge, lebhafte Dialoge, zum Teil im Dialekt, was mir besondere Freude machte, bildhafter Schreibstil und hervorragend gezeichnete Charaktere waren der Grund, warum ich sofort in Lesefluss kam und ungern die Lektüre unterbrach. Bis der Fall geklärt und der letzte Satz gelesen war fiel es mir schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Die Autorin verwendete die auktoriale Erzählweise, der Leser ist also immer nah am Geschehen und etwas besser informiert als die ermittelnden Beamten. Es handelt sich um einen Plot in zwei Zeitebenen, zum einen kursiv geschrieben und somit deutlich hervorgehoben, der Rückblick ins Jahr 1944, als Tagebucheintrag der Lettin Kairi. Zum anderen die Gegenwart, die die Ermittlungsarbeit und das nicht minder aufregende Privatleben der Kommissarin aufzeigt. Gleichzeitig wird auch ein langjähriges Eifersuchtsdrama, und eine daraus resultierende, mir sehr zu Herzen gehende, Familienfehde erzählt. Löhnig hat mich mit diesem atmosphärisch dichten Kriminalroman hervorragend unterhalten, obwohl ich den Vorgängerband nicht gelesen habe hatte ich keinerlei Mühe der Geschichte zu folgen. Besonders anrührend fand ich die Bestrebungen der Protagonistin, den Familien der Opfer, nach so vielen Jahren noch die Gewissheit über das Schicksal ihrer Lieben zu geben. Das wurde auch im Buch zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht. Die Charaktere sind gut gelungen. Gina war natürlich meine Lieblingsfigur, eine gute Polizistin und Mutter. Den beiden verfeindeten Cousinen Lisbeth und Toni gehörte meine Sympathie, wie auch der jungen Zwangsarbeiterin Kairi. Ihre Notizen im Tagebuch haben mich zu Tränen gerührt. Inge Löhnig gibt allen Figuren ihre Geschichte, selbst den eher unbedeutenden. Ein überaus ergreifender Plot aus der Nazi-Zeit und die Spannung aus den gegenwärtigen Ermittlungen ,dazu der private Stalker-Fall. Ich bin begeistert und der Vorgängerband steht nun ganz oben auf meiner Leseliste.
    Ich hoffe, dass es noch weitere Gelegenheiten gibt, Gina Angelucci, ihre sympathische Familie und die tüchtigen Kollegen, bei weiteren Fällen zu begegnen. Eine absolute Leseempfehlung für die Fans von Inge Löhnig. Ein mitreißender Krimi, der alles hat, was eine fesselnde Geschichte braucht, deshalb von mir 10 Punkte

    Weiße Fracht - Lost III


    Lost in Fuseta III –Weiße Fracht, Portugal-Krimi von Gil Ribeiro, 390 Seiten, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.
    Der Hamburger „Austausch-Kriminaler“ Leander Lost ermittelt in seinem 3. portugiesischen Fall.
    Leander Lost ist etwas Besonderes, ein Asperger-Autist, Eidetiker, liebenswerter Hamburger Kommissar in Diensten der portugiesischen Policia Judicária. Zusammen mit Sub-Inspektor Graciana Rosado und Carlos Esteves ermittelt er in seinem neuesten Fall. In Fuseta wird die Leiche des deutschen Aussteigers Uwe Ronneberg gefunden. Im nahegelegenen Tavira ereignet sich ein weiterer Mord an der Lehrerin Isamara Alves, stehen die Taten miteinander in Verbindung und hat das etwas mit einer gigantischen Drogenlieferung, die in Kürze die portugiesische Küste erreichen soll, zu tun? An der Algarve wird wieder auf Hochtouren ermittelt.
    Ich habe Lost in Fuseta I und II gelesen und mich schon sehr auf den neuen Band gefreut. Durch meine Vorkenntnisse war ich mit „Land und Leuten“ schon vertraut und konnte mich von Anfang an auf den neuen Fall einlassen, zwar ist es nicht zwingend notwendig, die Vorgängerbände zu kennen, aber es erleichterte mir die Lektüre enorm. Ribeiro spart nicht mit kursiv gedruckten portugiesischen Redewendungen, Straßen, Landschaften Speisen und Namen. Die Handlung geht über einen Zeitraum von fünf Tagen, die auf 41 Kapitel aufgeteilt sind, das war hilfreich, weil sehr übersichtlich. Die handelnden Personen waren hervorragend charakterisiert und liebevoll gezeichnet. Natürlich war Leander meine Lieblingsperson, der Protagonist ist wirklich ein sehr liebenswerter Mensch, der so offen und ehrlich und in manchen Situationen auch mal unbeholfen agiert, woraus sich so manche nette Situationskomik ergab. Er kann z.B. nicht lügen. Auch in seiner Beziehung zu Soraia, der Schwester von Graciana Rosado steht er sich hier gerne selbst im Wege. Mit seiner Inselbegabung, seinem fotografischen Gedächtnis konnte er wieder einmal viel zur Lösung des Falls beitragen. Der Plot ist in auktorialer Erzählweise verfasst. Die einzelnen Bedrohungen waren für meinen Geschmack immer etwas zu schnell „entschärft“ und gelöst , aber es gibt auch immer wieder neue Wendungen, die überraschen, deshalb ist stets für Spannung gesorgt. Die beiden Ermittler M&M aus Deutschland haben die Erzählung humorvoll belebt. Nicht gefallen, hat mir bei diesem Fall, dass sich der Protagonist gerne eine „Nase voll“ von der „weißen Fracht“, dem Kokain gönnt, das hätte sich der Autor sparen können, Die Figur Leander ist m. M. nach interessant genug. Der Handlung konnte ich zu jederzeit gut folgen, die Charaktere agierten nachvollziehbar und größtenteils logisch.
    Zum Ende wurde es noch einmal richtig spannend und es sieht so aus als ob der „Alemao“ nun endgültig in Fuseta und in der Familie Rosado angekommen wäre. Deshalb hoffe ich auch auf eine Fortsetzung der Reihe, durch einen vierten Band. Von mir eine Leseempfehlung für Neueinsteiger und die Fans der Reihe.

    Edith Piaf - Der Spatz von Paris


    Madame Piaf und das Lied der Liebe, Roman von Michelle Marly, 448 Seiten erschienen im Aufbau Taschenbuch-Verlag. Edith Piaf – sie verkörperte den Mut zu lieben wie keine andere und ging in ihrer Kunst wie im Leben bis zum Äußersten. Nach dem Ende der deutschen Besatzung in Paris wird „die Piaf“ der Kollaboration angeklagt, sie muss mit einem Auftrittsverbot rechnen. In dieser Zeit lernt sie den jungen Yves Montand kennen und lieben. Diese große Zeit ihres Schaffens inspiriert sie zum Lied ihres Lebens – la vie en rose. Das Buch gliedert sich in Epilog, einen Prolog, drei Teile und ein Nachwort. Jeder beginnende Teil ist sehr plakativ gestaltet. Mit einem schönen Rahmen einer Jahreszahl, dem dazu passenden Lied der Piaf und einem Zitat, überwiegend von der Künstlerin. Ein sehr lebendiges Buch, das sich durch lebhafte Dialoge auszeichnet, die Rückblicke, Erinnerungen an den passenden Stellen, besondere Wörter und Zeilen aus Liedtexten sind kursiv hervorgehoben. Die Autorin hat sich des auktorialen Erzählstils bedient, jederzeit konnte ich der Handlung folgen. Einzelne Kapitel sind zur besseren Übersicht mit den Orten des Geschehens überschrieben. Mannigfaltige Aphorismen der kleinen großen Frau, sind vorhanden und wert, dass man sie sich merkt, z.B. „Moral ist, wenn man so lebt, dass es gar keinen Spaß macht, so zu leben“ oder „Ohne Liebe ist man nichts“. Mit der Liebe und den Männern hatte sie kein Glück, das beweisen auch folgende Worte der Französin:“Stets ist die Liebe vor mir geflohen, nie konnte ich den, den ich liebte, lange in den Armen halten“. Der Hauptteil des Buches beschreibt die Zeit, die sie zuerst als Förderin und auch Geliebte von Yves Montand verbracht hat. Sie fühlte sich an seiner Seite als weiblicher Pygmalion, als er als Star groß herausgekommen war, trennte sie sich von ihm. Über diese Liebe textete und komponierte sie das Chanson „La vie en rose“. Eine große Liebe verband sie auch mit dem Mittelgewichtsweltmeister Marcel Cerdan der bei einem Flugzeugabsturz den Tod fand. Sie kannte keine Misserfolge ihre Niederlagen waren menschlicher Natur. Im Nachwort wird über ihr weiteres Leben ihre Krankheiten und ihren Tod am 10. Oktober 1963 berichtet. Das war der Vollständigkeit halber für mich sehr wichtig. Obwohl es sich hier um einen Roman handelt merkt man unbedingt, dass die Autorin sehr gute Recherchearbeit geleistet hat. Z.B. warum Madame Piaf so eine glühende Verehrerin der hl. Therese von Lisieux und gläubige Christin war. Auch über die historischen Hintergründe fühlte ich mich bestens informiert. Der Roman über das bewegende Leben dieser fantastischen Künstlerin, der Stimme von Frankreich, hat mich hervorragend unterhalten. Ich wollte das Buch nicht aus der Hand legen. Nebenbei habe ich öfters im Netz recherchiert und mir die Chansons angehört. Ständig hatte ich beim Lesen die Melodien der Sängerin im Ohr. Ein absolut bezauberndes und zu Herzen gehendes Buch. Eine uneingeschränkte Leseempfehlung.

    Abrechnung


    Nemesis, Thriller von Jilliane Hoffman, 521 Seiten, erschienen im Wunderlich-Verlag.
    Der abschließende Band der Cupido-Reihe
    Auf einer Müllkippe in Südflorida wird die enthauptete Leiche einer jungen Frau gefunden. Auf der Schulter trägt das Opfer ein Brandzeichen. Staatsanwältin C.J. Townsend ist alarmiert, das Brandzeichen weist auf eine Mordserie hin, für die vor einigen Jahren ein dubioser Club verantwortlich war. Diesem Club gehörte auch Bill Bantling alias Cupido an, der C.J. vor vielen Jahren brutal vergewaltigt und verletzt hatte. Bei diesem Club handelt es sich um etliche schwerreiche Prominente, Sportler und auch Politiker, die Unmengen von Geld dafür bezahlen um live am Bildschirm die Schändung und Tötung junger Frauen mitzuerleben. Bald wird C.J. klar, dass den Opfern vor Gericht niemals Gerechtigkeit widerfahren würde, da die Mitspieler bei diesem „Spiel ohne Grenzen“ zu reich und zu einflussreich sind um jemals von der Justiz belangt zu werden. Als wieder eine junge Frau verschwindet, muss C.J. eine folgenschwere Entscheidung treffen.
    Das Buch teilt sich in überschaubare 94 Kapitel, in einer angenehmen Länge. Im auktorialen Stil erzählt Hoffman, den finalen Teil der Reihe um die Juristin C.J. Townsend. Überdeutlich sind die Chatverläufe oder Telefonnachrichten dargestellt. Eigennamen und besondere Phrasen sind fett gedruckt, Gedanken, Zitate und Rückblicke sind kursiv dargestellt, Smileys wurden verwendet. Vor dem Kapitel 75 wurde ein zur Story passendes Poem der Schriftstellerin Nikita Gill eingefügt. Ebenso vor Kapitel 5 ein Vers aus dem AT (Hesekiel 25,17). Die handelnden Personen hatten Tiefe und waren hervorragend gezeichnet, auch das Setting hat Hofmann mit ihren bildhaften Beschreibungen gut dargestellt. Ich könnte mir die Story sehr gut als Film vorstellen. Die emotionsgeladenen Dialoge, besonders zwischen C.J. und ihrem Gatten Dom machten den Thriller überaus lebendig. Gut gefallen hat mir, dass auch aus dem Privatleben der Ermittlerin einiges erzählt wurde, das macht die Charaktere sympathisch.
    Die bisherigen Bücher habe ich vor Jahren schon gelesen, war aber sofort wieder in der Geschichte drin. Es ist mir außerordentlich schwer gefallen, das Buch aus der Hand zu legen, die Spannung beginnt auf den ersten Seiten und endet beim Schlusspunkt. Ich finde die Protagonistin hat sich im Laufe der Jahre, vom ersten Buch an, emotional sehr weiterentwickelt. Ihre Gefühle und Gedanken konnte ich absolut nachvollziehen. Ihre Taten jedoch nicht. Und das ist der Punkt an dem ich etwas enttäuscht war, stets bewies die Protagonistin Rückgrat und Korrektheit, sie war immer ein Vorbild darin das Gesetz zu wahren, egal welche Emotionen sie berührten. Doch hier nimmt sie das Gesetz selbst in die Hand, welches sie Kraft ihres Amtes schützen sollte und kommt damit auch noch durch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Townsend mit ihren einschlägigen Beweisen und der Liste mit Namen, nicht auf legalem Weg, diesen Verbrechern Einhalt hätte gebieten können.
    Der Titel des Buches „Nemesis“ ist wie auch in den Vorgängerbänden sehr gut gewählt. Dieses Buch ist gut als Einzelband zu lesen, denn die Vorgeschichte ist gut in die Erzählung integriert. Jedoch sollte man sich die gesamte Reihe nicht entgehen lassen. Eine Leseempfehlung und 8 von 10 Punkten.

    Düster, grausam, genial.


    1793, Historischer Kriminalroman von Niklas Natt och Dag, 496 Seiten, erschienen im Piper-Verlag.
    Im Stockholm des Jahres 1793 geht es den Menschen sehr schlecht. Der Krieg hat die Kassen geleert und um den Thron entbrennt ein erbitterter Machkampf.
    Der Häscher Nickel Cardell, fischt eines Morgens eine, mit höchster chirurgischer Präzision, verstümmelte Leiche aus der Stadtkloake. Zusammen mit Cecil Winge, dem todkranken, genialen Juristen versucht er die Identität des Toten zu ermitteln, je weiter die Recherchen voranschreiten, desto grausiger werden die Entdeckungen.
    Das Buch ist in vier Teile gegliedert, jeder Teil umfasst eine Jahreszeit, es beginnt im Herbst 1793 mit der Entdeckung des Leichnams, die weiteren Teile Sommer und Frühling 1793 gehen zurück in der Zeit, beim letzten Abschnitt Winter 1793 schließt sich der Kreis und der Mordfall und seine Hintergründe werden geklärt. Für mich etwas ungewöhnlich, da in jedem Abschnitt ein anderer Charakter „Hauptperson“ ist, spätestens im dritten Teil kann sich der Leser jedoch die Zusammenhänge erklären und somit der Geschichte gut folgen. Am besten hat mir der dritte Abschnitt über das Schicksal der jungen Anna Stina gefallen, da habe ich die Seiten geradezu verschlungen. Die einzelnen Abschnitte sind mit großen Überschriften gekennzeichnet und mit Aphorismen und Aussagen berühmter Zeitgenossen von 1793 versehen. Natt och Dag hat m. M. nach hier etwas Hervorragendes geschaffen. Die Personen sind so lebendig gezeichnet, dass ich sie bei der Lektüre stets vor Augen hatte. Heftige Dialoge, die nicht mit Kraftausdrücken sparen, machen das Buch lebendig. Etwas verwirrend fand ich die Namen der Orte in schwedischer Sprache. Um mich zurechtzufinden, hat aber die Karte von Stockholm Ende des 18. Jahrhundert auf der inneren Umschlagseite vorne geholfen. Dass der Autor eine umfassende Recherchearbeit geleistet hat, merkt man seinem Werk unbedingt an. Die Lebensumstände im 18. Jh. werden unglaublich gut beschrieben und waren wohl tatsächlich wie oft geschildert, nur im alkoholisierten Zustand zu ertragen. Niklas Natt och Dag hat m.E. mit Worten ein Gemälde der damaligen Zeit geschaffen, die Gerüche, die Grausamkeiten, die Verwahrlosung, Armut und Ungerechtigkeiten sind glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dabei bedarf es bei der Lektüre an manchen Stellen, z.B. Auffindung der Leiche, Hinrichtungen, oder als Anna Stina auf die verschwundene Alma Gustafsdotter trifft, schon eines guten Magens. Obwohl ich beim Lesen nicht zimperlich bin, fand ich diese Passagen ziemlich heftig.
    Die Charaktere handelten nachvollziehbar und waren sympathisch, besonders berührt hat mich das Leben der jungen Stina Anna, der so viel Ungerechtigkeit widerfuhr. Tapfer und klug hat sie sich auch in auswegloser Situation nicht unterkriegen lassen. Alle Facetten menschlicher Schicksale sind in diesem Werk sehr bewegend geschildert. Das Buch hat mich sehr berührt und ich konnte es kaum aus der Hand legen, immer wieder musste ich innehalten, tief Luft holen und über das Gelesene nachdenken. Der lungenkranke Cecil Wings und auch der einarmige Häscher Cardell waren tolle Charaktere und überaus unterhaltsam. Eine furchtbare Zeit. Unglaublich wie grausam der Mensch, dem Menschen sein kann. Ein Buch das ich jedem nur empfehlen kann. Ins Detail geschilderte Grausamkeiten, Elend und Perversionen setzen aber einigermaßen hartgesottene Leser voraus. Niklas Natt och Dag hat den schwedischen Krimipreis wirklich verdient und von mir bekommt er dazu 9 Punkte

    Matildas Rache


    Golden Cage Trau ihm nicht, trau niemanden. Thriller von Camilla Läckberg, 368 Seiten, erschienen im List-Verlag.
    Faye ist Jack hörig, als er ihr alles nimmt, schwört sie bittere Rache.
    Faye und Jack sind das Traumpaar schlechthin, doch wie sieht es hinter den Kulissen aus? Obwohl Faye einschlägig beigetragen hat ein gewaltiges Firmenimperium aufzubauen, behandelt er sie schlecht. Er demütigt sie wo er nur kann, verachtet sie, hält sie vom Geschäftsleben fern und betrügt sie auch noch nach Strich und Faden. Als Faye dahinter kommt, trennt er sich von ihr und lässt sie am Boden zerstört und ohne Geld zurück. Doch er hat sich gewaltig in ihr getäuscht. Sie ist eine starke Frau und hat es immer geschafft, sich aus einem Schlamassel zu befreien. Wie Phönix aus der Asche steigt Faye empor und versucht Jacks Leben zu zerstören. Wird ihr die perfekte Rache gelingen?
    Dieses Buch ist in zwei Zeitebenen verfasst. In der Gegenwart, dies ist gekennzeichnet durch die in Großbuchstaben geschriebenen ersten Wörter. Und in der Vergangenheit, überschrieben mit dem Ort des Geschehens und einer Jahreszahl. An jeder Stelle des Buches konnte somit der Überblick gewahrt bleiben. Der Vergangenheitsstrang ist zusätzlich in der Ich-Form geschrieben somit ist der Leser absolut nah dran am Geschehen. Dagegen ist der Gegenwartsstrang in der auktorialen Erzählweise verfasst, ganz klar hebt sich somit die Vergangenheit von der Gegenwart ab. Dazwischen in kursiver Schrift und somit klar vom Verlauf der Erzählung getrennt, der Kriminalfall in Bruchstücken über die Ermittlungsarbeit der Polizei und die Konfrontation der Protagonistin mit dem Verschwinden ihrer Tochter.
    Was für ein grandioses Buch – ich bin fast sprachlos. Was für eine facettenreiche, emotionsgeladene, genial erdachte Geschichte ist Camilla Läckberg hier gelungen! Selten hat ein Buch bei mir solche Emotionen ausgelöst. Ich mag die Thriller der Autorin schon lange und habe ihre Fjällbacka Fälle sehr genossen, aber dieses Buch hat mich restlos begeistert. Hat mich verblüfft und überrascht, hat mich zum Weinen, zum Lachen und um den Schlaf gebracht. Ich habe es genossen, wie die Protagonistin ihren Exmann regelrecht zerlegt hat. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass es im realen Leben nicht so glatt von statten geht, und doch habe ich mich köstlich amüsiert. Ein Schicksalsschlag lässt den Leser auch schnell auf den Boden der Tatsachen zurückkommen, das war unheimlich traurig. Der Anfang beginnt recht ruhig, obwohl man schon zu Beginn ein Verbrechen erahnt. Die Spannung steigert sich von Seite zu Seite und ich hätte noch ewig weiterlesen können. Kaum meint man alles zu wissen folgt die nächste ungeahnte Wendung. Der effektvoll inszenierte Schluss hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Buch bei der weiblichen Leserschaft besser ankommt.
    Die Charaktere waren unglaublich echt. Die Gedankengänge von Faye konnte ich absolut nachvollziehen, sie gehört nicht unbedingt nur zu den Guten, ich mochte sie aber trotzdem gerne. Auch die anderen Figuren handelten glaubhaft und nachvollziehbar. Die Story ist trickreich und doch kann man dem Plot zu jeder Zeit folgen. Der Schreibstil von C. Läckberg lässt ein flüssiges und schnelles Lesen zu, viel zu bald war ich am Ende angekommen.
    Ein neues Lieblingsbuch für mich, welches ich so oft ich kann empfehlen werde. 10 Sterne unbedingt.

    Joe und der Wal

    Der Wal und das Ende der Welt, Roman von John Ironmonger, Hörbuch 3 CD Gesamtlaufzeit 10 Std., erschienen im Argon Hörbuch-Verlag.
    Eines Tages wird in St. Piran an der Küste Cornwalls ein Wal gesichtet. Es ist der Tag an dem Joe Haak, nackt und halbtot aus dem Wasser gerettet wird. Die Bewohner des kleinen Küstendorfes kümmern sich rührend um ihn. Am nächsten Tag strandet der Wal und Joe Haak kann die Bevölkerung dazu motivieren, den Wal zu retten. Gemeinschaftlich können die liebenswerten und hilfreichen Bewohner unter Joes Anleitung, den Wal zurück ins Meer schaffen. Gemeinsam haben sie es geschafft. Können sie gemeinsam auch die Gefahr, die ihrem 300 Seelen- Dorf und der gesamten Zivilisation droht, überwinden?
    Normalerweise lese ich ein Buch lieber, als es als Hörbuch zu genießen. Doch dieses Exemplar hat mir sehr viel Freude gemacht. Die Geschichte gelesen von Johann von Bülow hat mich wunderbar unterhalten. John Ironmonger hat einen überzeugenden Schreibstil der starke Bilder erzeugt, jeder Dialog sitzt. Das Setting und auch die einzelnen Personen, die es in diesem Roman zur Genüge gibt, konnte ich mir hervorragend vorstellen. Dem Hörbuch ist ein kleines Booklet beigefügt, in dem die Personen mit ihrer Stellung im Buch aufgeführt sind. Das war am Anfang, bis ich mich an die Charaktere gewöhnt hatte sehr hilfreich. Johann von Bülow machte das Zuhören zu einem Genuss. Er interpretierte das Gesprochene feinfühlig und doch dynamisch, das war sehr angenehm und fesselnd. Obwohl es sich in der Geschichte um einen eher ruhigeren Weltuntergang handelt habe ich die 3 CD`s in kürzester Zeit hintereinander weggehört. Einfach weil es eine spannende Geschichte ist und die Menschen von St. Piran ungemein sympathisch, zuweilen auch skurril sind, sind sie mir schnell lieb geworden. Da die Geschichte sich um die Weihnachtszeit abspielt und auch diverse Weihnachtsbräuche und Weihnachtslieder zur Sprache kamen, würde ich das Werk als Weihnachtsbuch empfehlen. Einige Zitate sind mir in Erinnerung geblieben, die mir gut gefallen haben, z.B. : „Allein sein ist niemals gut, wenn du einmal allein sein musst, sei mit einem Freund allein.“ Oder auch: „Wenn genügend Menschen glauben eine Geschichte ist wahr, dann ist sie wahrscheinlich auch wahr.“ Die Erzählung hat mich an eine Fabel erinnert. Die Botschaft die ich dadurch gelernt habe - zusammen ist vieles möglich, man kann eine Katastrophe abwenden, wenn man fest zusammensteht. Die vielen Charaktere am Anfang haben mich etwas verwirrt, auch habe ich gemerkt, dass ich bei einem gehörten Buch, immer wieder abschweife, deshalb ist für mich die Printversion wohl die bessere Alternative. Insgesamt kann ich „Der Wal und das Ende der Welt“ nur empfehlen, die Hörbuchversion und sicher auch das Buch. Von mir dafür 8 Punkte

    Psychothriller vom Feinsten

    Liebes Kind, Psychothriller von Romy Hausmann, 432 Seiten, erschienen bei dtv premium.
    Dieser Thriller lotet die Grenzen des Fassbaren aus: grausam, tragisch tief berührend.
    Lena wird von ihrem Mann, mit 2 Kindern in einer Hütte im Wald festgehalten, alle gehorchen ihm blind, aus Furcht, alles hat er in der Hand, Leben und Tod, Tag und Nacht denn er ist Gott. Er ist übermächtig, er stellt die Regeln auf wer sich nicht daran hält wird bestraft. Sie will ihn töten. Eines Tages ergibt sich eine Gelegenheit und sie kann mit Hannah, dem Mädchen entfliehen. Sie läuft weg und wird von einem Auto angefahren. Jonathan wird bei der Leiche gefunden. Alles wird gut, alle sind gerettet, so enden andere Thriller. Doch dieser beginnt hier erst.
    Romy Hausmanns Thrillerdebüt ist geradezu ein Volltreffer, mit fesselnden spannenden Worten erzählt ohne unnötige Brutalitäten zu beschreiben. Höchste Spannung von der ersten bis zur letzten Zeile, unglaublich klug durchdacht, ich bin begeistert und konnte das Buch erst aus der Hand legen, als das letzte Wort gelesen war. Dies ist mir an zwei Abenden gelungen. Aus der Sicht der jeweilig erzählenden Person, ist man ganz nah dran am Geschehen, die Handlung lief wie ein Film in meinem Kopf ab. Abwechslungsweise schildern Hannah, Lena und Matthias den Ablauf der Handlung, gekennzeichnet durch den Namen über dem Kapitel. Kursive Gedanken und dazwischen gestreute Zeitungsberichte, lockern das Geschriebene auf, am Ende des Kapitels der jeweiligen Person entstand zuweilen ein Cliffhänger, der mich durchs Buch trieb und weiterlesen ließ.
    Nichts ist wie es scheint, alles ist möglich und doch ganz anders. Ungeahnte Wendungen haben mich immer wieder alles hinterfragen lassen, was ich bis dahin geglaubt habe zu wissen. Dennoch konnte ich dem Plot gut folgen. Bedrückend fand ich das Wesen der Kinder, vor allem Hannah, die bei jeder Gelegenheit das gelernte aufsagt und strikt nach der Diktatur handelt, im Verlauf der Erzählung wurde sie mir geradezu unheimlich. Später dann auch Jonathan der völlig verstört reagiert, wen wundert es? Sehr emotional fand ich auch die Zwiegespräche von Jasmin mit Lena das ging mir so tief, dass ich des Öfteren Tränen verdrücken musste. Auch der Schmerz von Karin und Matthias, Lenas Eltern, konnte ich gut nachvollziehen, die beiden haben den Verlust ihrer Tochter, jeder auf seine Weise verarbeitet 4825 Tage haben sie gehofft und gelitten. Ganz toll beschrieben! Und so trieb es mich durch das Buch immer mit einem unguten Gefühl im Nacken, da kommt noch was ganz Schlimmes nach, so geschehen bei diesem fulminanten Ende, das mich hammerhart überrascht hat. Dennoch blieben am Ende keine offenen Fragen übrig.
    Ich bin vom Buch restlos begeistert. Es hat mich hervorragend unterhalten, zu Tränen gerührt und zweifeln lassen. Vor Spannung habe ich die Luft angehalten, das Buch ab und an sinken lassen um das Gelesene zu überdenken. Romy Hausmann hat mich mit ihrem Debüt regelrecht umgehauen. Jetzt bleibt mir nur noch auf einen weiteren Thriller der Autorin zu warten und diesen hier allen Thriller-Fans wärmstens zu empfehlen. Dieses Buch kann für mich nur ein Highlight 2019 werden. Höchstpunktzahl, verdiente 10 Punkte

    Café Thistle


    Das kleine Café im Gutshaus, Liebesroman von Julie Shackman, E-Book 350 Seiten, Forever by Ullstein.
    Ein Roman über Liebe, Familiengeheimnisse, Hoffnung und Vertrauen.
    Lara McDonald kehrt nach einer zerbrochenen Liebe in ihre kleine schottische Heimatstadt Fairview zurück, mit ihrem Freund Anton wollte sie sich auf Malta eine Zukunft aufbauen. Ihren Job als PR-Managerin hatte sie aufgegeben und nun will sie sich einen Traum verwirklichen und eines Tages ein kleines Café eröffnen. Ihre aktuelle Arbeitgeberin Kitty nutz sie aus und ist von ihren innovativen Backvorschlägen nicht begeistert. In Kittys Café lernt sie den Stammkunden Hugo Carmichael kennen. Die beiden sind sich sofort sympathisch. Als Lord Hugo kurz darauf verstirbt, erfährt Lara, dass sie das Atelier von Hugos Schwiegertochter geerbt hat und dort ein Café eröffnen soll. Voller Enthusiasmus stürzt sie sich zusammen mit ihrer Freundin Morven in die Vorbereitungen auf dem alten Landgut Glenlovatt Manor. Doch nicht alle sind von diesem Plan begeistert. Vaughan, der Enkel von Hugo ist nicht gerade entzückt von den Plänen seines verstorbenen Opas.
    Für diese Geschichte hat die Autorin den Erzählstil in der Ich-Form aus der Sicht der Protagonistin gewählt, jederzeit ist der Leser deshalb nah am Geschehen dran. Lustige, schlagfertige Dialoge beleben die Geschichte, die in zwei Erzählsträngen geführt wird. Zum einen in der Gegenwart, dazwischen die Rückblicke in die 50er Jahre. Am meisten begeistert haben mich die Beschreibungen der leckeren Kuchen, Torten und Gebäckteile, deshalb ist mir bei der Lektüre des Öfteren das Wasser im Mund zusammengelaufen. Trotzdem konnte ich den Reader ohne Bedauern jederzeit aus der Hand legen und auch liegenlassen, denn die Geschichte ist wenig spannend und der Plot plätschert immer nur vor sich hin, obwohl ich die Leseprobe sehr ansprechend fand. Die Charaktere waren unspektakulär und ohne Tiefe. Das einzige Highlight in der ganzen Erzählung war die skurrile Mutter der Protagonistin, die ab und an für Heiterkeit sorgte. Dass aus Lara und Vaughan ein Paar werden würde war von vornherein klar, trotzdem war ich verwundert, als der junge Mann „ganz plötzlich“ in die Protagonistin verliebt war. Erst in den letzten Kapiteln kam noch etwas Schwung in die Geschichte. Das Gut musste gerettet werden, Lara hatte ein wenig Liebeskummer und das Gesundheitsamt wurde wegen „Beanstandungen“ in das kleine schnuckelige Café geschickt, natürlich hatten die fleißigen Bäckerinnen alles im Griff. So wie alle die anderen Problemchen immer sofort gelöst wurden. Die Liebesgeschichte von Christine, Laras Mutter, war spannender als die der Hauptfigur. Ein Buch das mich nicht gerade „umgehauen“ hat , aber doch „ganz nett“ war. Der Schreibstil war flüssig und deshalb auch gut zu lesen. Wer eine leichte Lektüre sucht, ohne groß über die Zusammenhänge nachdenken zu wollen, der kann an diesem Roman durchaus Freude haben. Von mir 6 Punkte.

    Heul mit den Wölfen


    The Hurting – Als du mich gestohlen hast, Jugendroman von Lucy van Smit, 386 Seiten, erschienen im Chicken House Verlag.
    Nell glaubt nicht an Liebe auf den ersten Blick – bis sie Lukas begegnet. Dem attraktiven und wilden Jungen im Wolfsmantel.
    Nell muss mit ihrer krebskranken Schwester Harper und ihrem alkoholabhängigen Vater einem religiösen Eiferer, nach Norwegen ziehen. Weil dort ihrer Schwester mit einer speziellen Krebstherapie besser geholfen werden kann. Sie glaubt nicht an die Liebe, bis sie Lukas trifft, den dunklen mysteriösen jungen Mann in den sie sich auf den ersten Blick verliebt. Vater und Schwester machen es ihr nicht leicht, der Vater ist sehr streng und lässt ihr keinen Freiraum. Ihre Schwester macht ihr, mit ihrer schweren Krankheit, Schuldgefühle und gönnt ihr kein bisschen Lebensfreude. Zusammen mit Lukas ist das Leben für sie wieder schön unbeschwert und lebenswert. Doch als sie merkt, dass Lukas ein Intrigant und Verbrecher ist und seine wahren Pläne durchschaut ist es schon zu spät, sie hat ein Baby entführt und wird von der Polizei gejagt. In der Einsamkeit der Norwegischen Wälder beginnt der Kampf ums Überleben.
    Ein starkes, faszinierendes Buch, in unglaublich ausdruckstarker Sprache. Geschrieben in der Ich-Erzählperspektive aus Sicht der Protagonistin Nell. Der Leser ist somit mitten drin in der Geschichte. Norwegische, bzw. englische Phrasen, Liedtexte und Gedanken sind deutlich in kursiver Schrift hervorgehoben. Das Werk umfasst 49 Kapitel überschrieben mit großen Kapitelzahlen darunter die Silhouette einer Berglandschaft oder eines Wolfes.
    Der Einstieg ins Buch fiel mir nicht leicht, ich musste mich direkt an die mysteriöse, geheimnisumwitterte Sprache gewöhnen. Das erste Kapitel beschreibt einen Teil vom Ende der Geschichte und hat mich deshalb etwas ratlos zurückgelassen, hier hätte ich mir ein wenig mehr Erklärungen gewünscht. Ziemlich bald jedoch klärten sich die Fakten und ich konnte der Erzählung ungehindert folgen. Dieser Jugendroman im Nordic Noir –Stil hat mich tief beeindruckt. Je mehr ich gelesen habe desto tiefer bin ich in der Geschichte versunken, ich konnte einfach nicht glauben, was ich da las, zuerst mal die sympathische Nell die von allen so mies behandelt wird, Vater und Schwester geben ihr die Schuld, weil die Mutter verschwunden ist für ihre Familie gibt sie ihre Träume auf und rebelliert nicht. Harper konnte ich anfangs überhaupt nicht leiden, weil es ihr selbst so schlecht geht lässt sie ihren Frust an der Schwester aus. Weil sie womöglich sterben könnte, darf die Schwester auch nicht glücklich sein. Harper ist eine intrigante egoistische Person, wobei ich meinen Eindruck zum Ende des Buches etwas geändert habe. Und dann Lukas - der dunkle, faszinierende, geheimnisvolle, junge Mann , der als Kind bei den Wölfen gefunden wurde. Er missbraucht das Vertrauen, welches Nell in ihn legt aufs Grausamste und benutzt sie nur um seine dunklen Machenschaften durchzuziehen, Parallelen zu Heathcliff und Brontes Sturmhöhe waren durchaus vorhanden. Nell hat mich sehr beeindruckt, im Lauf des Romans ist aus dem unsicheren Mädchen eine Kämpferin geworden. Einen Nachmittag und bis weit in die Nacht habe ich das Buch in einem Rutsch gelesen, vom ersten bis zum letzten Satz ist es so spannend geschrieben, der Roman ist voller unvorhergesehener Wendungen.
    Eine unbedingte Leseempfehlung nicht nur für Sturmhöhe-Fans geeignet. Obwohl ich das empfohlene Lesealter längst überschritten habe, war ich vom Buch mehr als überwältigt. Deshalb von mir 10 Punkte

    Fünf Frauen - fünf Schicksale

    Die Liebe im Ernstfall, Roman von Daniela Krien, 288 Seiten erschienen im Diogenes – Verlag.
    Ein Episodenroman über fünf Frauen, die das Schicksal beugt, aber keinesfalls bricht.
    Paula, Judith, Brida , Malika und Jorinde sind fünf Frauen, die locker miteinander verbunden sind. Ihre „Lebensabschnittsgeschichten“ werden hier in fünf Episoden geschildert, wobei jede der Geschichten hier, eine andere der Frauen als Protagonistin aufweist und ihre Liebe, ihre Verluste ihre Ängste und Nöte geschildert werden.
    Jeder der fünf Episoden ist einer anderen Frau gewidmet. Die Autorin schreibt im wortgewaltigen emotionalen Stil in auktorialer Erzählweise, aber ohne zu werten. Viele lebhafte Dialoge bringen Leben in die Geschichten. Handynachrichten, Emails, Briefe sowie besondere Wörter und Ausdrücke sind kursiv geschrieben und somit deutlich gemacht. Das Schicksal der fünf lose bekannten Frauen, ausgenommen Malika und Jorinde die beiden Schwestern, wird in zwei Zeitebenen dargestellt, dazu bedarf es einiger Konzentration beim Lesen.
    Die ersten drei Episoden habe ich sozusagen in einem Satz durch gelesen. In diesen Stil hatte ich noch keine Lektüre und fand es absolut faszinierend. Immer mehr Zusammenhänge waren im Fortlauf des Buches zwischen den interessanten Frauen zu entdecken. Ihre Verzweiflung , ihr Umgang mit Liebe und Lust zu beobachten, machten mich neugierig und fesselten mich ans Buch. Jede der Figuren kam in der nächsten Geschichte als mehr oder weniger wichtiger Charakter wieder vor. Toll gemacht. Leider konnte sich dieser „rote Faden“ nicht bis zum Ende fortsetzen. Als es um die Abschnitte der beiden Schwestern Malika und Jorinde geht. Zwar ist Malika die Frau, die über den Verlust ihres Geliebten schier zugrunde geht, der in einer anderen Episode der Liebhaber bzw. Mann einer anderen Protagonistin ist. Aber wie von mir erhofft schließt der letzte Teil um Jorinde leider nicht den Kreis. Dieser letzte Abschnitt hat mir auch am wenigsten gefallen. Denn er endet ohne einen, für mich nachvollziehbaren Schluss. Die Personen sind hervorragend charakterisiert, ihr Handeln nicht immer logisch doch konnte ich es durchaus akzeptieren, sympathisch waren die Protagonistinnen alle, ohne Ausnahme. Judith die bindungsunfähige perfektionistische Ärztin, die ihr Glück auf Dating-Platformen sucht. Paula, die ihr Kind - und dadurch auch ihr Lebensglück verloren hat. Brida , die Schriftstellerin voller Ideen, aber als Mutter überfordert. Malika, die erst langsam wieder ins Leben findet und Jorinde die alleinerziehende Schauspielerin. Alle hab ich sie gut leiden mögen.
    Dieses Buch war für mich ein interessantes Experiment, welches mich ständig zum Nachdenken angeregt hat. In wunderschönen Worten geschrieben. Eine Beschreibung wie unterschiedliche Frauen versuchen ihr Glück, das für jede anders aussieht, zu finden. Auch mich selbst konnte ich zum Teil in diesen Geschichten wiederfinden. Leider fehlt in der Story die Leichtigkeit und die Unbeschwertheit. Ein eher deprimierendes Buch. Durch die Buchbeschreibung wird auch suggeriert, dass es sich hier um eine Erzählung handelt die mit dem Mauerfall zu tun hat, dies ist nicht der Fall. Die Geschichte könnte sich auch überall anders zugetragen haben. Eine Leseempfehlung und 8 von 10 möglichen Punkten.

    Simon Strassers erster Fall


    Lago Mortale, Kriminalroman von Giulia Conti, 288 Seiten, ein Atlantik-Buch erschienen im Hoffmann und Campe – Verlag.
    Der ehemalige Polizeireporter Simon Strasser, ermittelt in seinem ersten Fall.
    Simon Strasser ist von Frankfurt nach Norditalien an den Lago d’Orta gezogen. Der ehemalige Polizei- und Gerichtsreporter schreibt von hier aus Berichte für deutsche Zeitungen. Ein Bootshaus am See, bewohnt er mit seiner Ziehtochter Nicola. Mit seiner Freundin Luisa, einer Architektin aus Frankfurt, führt er eine Fernbeziehung. An einem heißen, beschaulichen Nachmittag beobachtet er von seiner Terrasse aus eine herrenlose Yacht, die beinahe mit der Azalea einem Verkehrsschiff zusammengestoßen wäre. Neugierig geworden paddelt er zur Yacht und entdeckt den ermordeten Fabrikanten-Sohn, Marco Zanetti. Seine alten Instinkte sind geweckt und er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Je mehr er in diesem Fall herumstöbert, desto mehr Ungereimtheiten treten auf. Es scheint als ob jeder der Beteiligten etwas zu verbergen hätte.
    Das Buch besteht aus 45 Kapiteln, überschrieben mit einer großen Kapitelzahl, einem Epilog und am Ende erscheint eine Nachbemerkung der Autorin. Die angenehm große Schrift und die leserfreundliche Kapitellänge machen die Lektüre einfach und flüssig. Die italienischen Phrasen und Gedanken sind kursiv geschrieben und somit hervorgehoben. Die schlagfertigen, amüsanten Dialoge beleben das Leseerlebnis. Conti bediente sich der auktorialen Erzählform deshalb kann der Leser zu jeder Zeit den Überblick behalten.
    Da der Krimi unmittelbar mit dem Auffinden einer Leiche beginnt, war ich sofort im Buch drin, im weiteren Verlauf steigerte sich die Spannung langsam, aber stetig um am Ende zu einem fulminanten Ende zu führen. Besonders gefallen haben mir die italienischen Ausdrücke die ich mit meinen mäßigen Italienisch-Kenntnissen gut verstehen konnte, das vermittelte Lokalkolorit und machte die Figuren lebendig. Die Landschaftsbeschreibungen ziehen den Leser hinein in die Geschichte. Die Landschaft prägt den Charakter der handelnden Figuren, da kam schon fast Urlaubsfeeling bei mir auf. Ich habe richtig Lust darauf bekommen den Lago d’Orta zu besuchen.
    Dass die Autorin am Ortasee ihre zweite Heimat hat merkt man ihrem bildhaften Schreibstil unbedingt an. Sie weiß über Land und Leute der Gegend, bestens Bescheid. Auch die Bialetti Moka habe ich tatsächlich im Netz gefunden. Witzig fand ich z.B. die Szene als der Protagonist auf das Oktoberfest angesprochen wird, das ist mir bei meinen diversen Italienurlauben tatsächlich selbst mehrere Male passiert. Der Protagonist und auch die anderen Figuren waren sympathisch und handelten nachvollziehbar. Die homophobe Einstellung einiger Charaktere, hat mich etwas gestört. Auch der Protagonist hat manchmal mit seinen „Alleingängen“ z.B. in der Höhle etwas übertrieben. Er hat dadurch dummerweise wichtige Spuren zerstört. Eine Figur die mir sehr gefallen hat war der Freund der Familie Tommaso und auch die Polizistin Carla Moretti finde ich interessant. Auf ein Wiedersehen mit allen, im nächsten Band freue ich mich schon. Wie es in der Beziehung zwischen Simon und Luisa weitergeht und wie Nicola sich entwickelt, möchte ich unbedingt erfahren. Eine Leseempfehlung für Krimifans die Kriminalromane mit Lokalkolorit schätzen und besonders Italien lieben. Unbedingt mit einer Tasse Cappuccino lesen. Von mir 8 Punkte

    Es ist kalt auf der Mauer


    Die Mauer, Dystopie von John Lanchester, 320 Seiten, erschienen bei Klett – Cotta.
    Ein sehr aktueller Zukunftsroman von John Lanchester über Klimawandel, Migration, Zukunftsangst.
    Dieser Roman schildert was passieren könnte, wenn wir unser Umweltbewusstsein nicht ändern. Und wie unsere Kinder und Enkel einst die Folgen dafür zu tragen haben.
    Nach dem „Wandel“ ist der Meeresspiegel soweit angestiegen, dass Großbritannien, bzw. was davon noch zu sehen ist, mit einer riesigen Mauer umgeben werden muss. Zum Schutz vor dem Wasser aber hauptsächlich vor den „Anderen“. In dieser Zeit scheint Britannien der einzige Ort zu sein, an dem es sich noch einigermaßen gut leben lässt. John Kavanagh beginnt, wie alle jungen Briten seinen Dienst an der Mauer. D. H. sein Land gegen eindringende Flüchtlinge zu verteidigen. Für jeden Anderen, der es über die Mauer schafft, muss ein Verteidiger hinaus aufs Meer. Was John auf der Mauer erlebt und was er dort findet und verliert, ist in dieser Dystopie formidabel beschrieben.
    Die 320 Seiten des Romans sind in drei Teile gegliedert, Die Mauer, Die Anderen und Das Meer. Diese teilen sich in 25 Kapitel auf. Die einzelnen Kapitel sind mit einer Kapitelzahl versehen und in einer leserfreundlichen angenehmen Länge. Oft endet ein einzelnes Kapitel , besonders die im 2. Und 3. Teil so spannend, dass ich das Buch nur schwer zur Seite legen konnte. Das sorgt für ein hohes Lesetempo. Die 2.Hälfte habe ich in einem Rutsch ausgelesen, weil ich wissen wollte wie die Geschichte zu Ende geht. Der Autor erzählt in einer ausdrucksstarken, bildmalerischen Sprache aus der Sicht des Protagonisten John Kavanagh. Jederzeit ist der Leser somit ganz nahe am Geschehen. Schon zu Beginn war ich gefangen genommen, z.B. von der Beschreibung, wie der Protagonist an der Mauer ankommt und sie betritt, jede einzelne Stufe bin ich mit ihm emporgestiegen. Immer wieder schaffte es Lanchester mich mit den Augen des Hauptcharakters „sehen und fühlen“ zu lassen, das ist ihm wirklich hervorragend gelungen. Der Protagonist hat in diesem Roman eine beachtliche Wandlung gemacht. Seine anfängliche Einstellung den Eltern gegenüber finde ich schäbig, nicht sie allein und nicht ihre Generation allein ist für den Wandel verantwortlich. Doch im Verlauf der Geschichte wurde er immer sympathischer, da durch den Dienst, die Kameradschaft und spätere Notlage sein Charakter sich positiv veränderte. Die Beschreibung seiner Gefühle in Extremsituationen war einfach nur genial. Den Wind und die Kälte auf der Mauer habe ich beim Lesen gespürt, den ersten Energieriegel, den John auf der Mauer aß, habe ich selbst geschmeckt, unglaublich stark erzählt. Einige Sätze haben mich zum Nachdenken gebracht, z.B. auf S.46 „Wir haben die Welt zerstört und haben kein Recht mehr sie noch weiterhin zu bevölkern“. Oder auf S. 257 „Wenn ich ein Anderer war und sie Andere waren, dann war vielleicht keiner von uns mehr ein Anderer, sondern wir waren stattdessen einfach nur ein neues Wir“. In der ersten Hälfte des Buches geschieht nichts Aufregendes, aber das Unaufgeregte ist so genial beschrieben, dass es überhaupt nicht langweilig wird. Als später im Buch eine effektvoll inszenierte Wende eintritt, stieg die Spannung enorm. Die Charaktere sind gut gelungen, die Handlung ist nachvollziehbar. Diese Geschichte hat mich berührt, mich nachdenklich gemacht und wird wohl noch einige Zeit nachwirken. Das Buch beginnt mit demselben Satz, mit dem es auch endet: Es ist kalt auf der Mauer. Von mir einen absolute Leseempfehlung.

    Greifer


    Stella, Historischer Roman von Takis Würger, 224 Seiten, erschienen im Hanser –Verlag.
    Ein Buch welches stark polarisiert und zu kontroversen Meinungen oder auch Streitgesprächen herausfordert.
    Friedrich ist Schweizer, er ist ein armer, reicher Junge. Seine Mutter wünscht sich sehnlichst, dass er eines Tages ein berühmter Maler wird. Nach einer Gesichtsverletzung wird er farbenblind, von da an ist er für seine Mutter „uninteressant“, sie verfällt immer mehr dem Alkohol. Sein Vater ein Industrieller, ist viel unterwegs und so verbringt er seine Jugend in Einsamkeit, die einzige Bezugsperson ist die Köchin. Mit 21 Jahren beschließt er sich in der Welt umzusehen, er beginnt seine Reise in Berlin, wo er in einer Kunstschule, die junge Kristin trifft. Die beiden verlieben sich. Eines Tages steht sie schwerverletzt und misshandelt vor seiner Zimmertür und gesteht: „Ich heiße Stella und bin Jüdin.“ Um ihre Eltern zu retten, verrät sie untergetauchte Juden an die Gestapo. Und Friedrich steht vor der Entscheidung, was ist ihm wichtiger, sein Gewissen oder Stella.
    Dieses Buch wird beworben mit dem Slogan: „ Man beginnt dieses Buch mit Skepsis, man liest es mit Spannung und Erschrecken, man beendet es mit Bewunderung. Ich muss gestehen, nachdem dieses Buch in den Medien so hohe Wellen geschlagen hat, habe ich es mit Spannung begonnen, es mit Verwunderung gelesen und mit Enttäuschung beendet. Bei den kursiv gedruckten Textstellen, handelt es sich um Briefe, Liedtexte, Gedanken und vor allem um die Auszüge aus den Feststellungen eines sowjetischen Militärtribunals. Von einer moralischen Stellungnahme möchte ich hier unbedingt absehen. Niemand kann von sich sagen, wie er in Stellas Situation gehandelt hätte, um geliebte Menschen zu retten. Takis Würger erzählt emotionslos und ohne moralisch zu werten, in kurzen Sätzen und völlig sachlich, diese Geschichte. Die Figuren bleiben blass, Spannung ist kaum vorhanden. Es liest sich wie ein Tatsachenbericht, ohne viel sprachliches Niveau. Der Protagonist im Roman ist kein Held, er ist unsicher und unbeholfen. Das zeigt auch, seine Racheaktion beim „Gärtner“, dass er dabei so glimpflich davonkommt, gerade in dieser Zeit, ist einfach unglaubwürdig. Würger bedient sich der Ich-Erzählsituation aus der Sicht Friedrichs. Da es sich in diesem Roman eigentlich – siehe Titel, um die Person Stella handelt, bleibt bei dieser Erzählform die eigentliche Hauptperson leider sehr blass. Was waren Stellas Gedanken, ihre Gefühle, ihre Ängste? Hatte sie womöglich Gewissensbisse bei ihrem Tun? Und vor allem fehlte mir die Handlung aus Stellas Sicht, wenn sie und Friedrich getrennt unterwegs waren. Da es sich bei Stella um eine reale Person handelt, hätte ich mir einfach mehr Informationen zu ihrem Tun gewünscht. Da hätte der Autor anstatt Stella Goldschlag, auch eine weitere fiktive Person wählen können. Weil keine besondere Spannung vorhanden war, konnte ich das Buch jederzeit aus der Hand legen. Sogar die letzten 50 Seiten konnte ich einen Tag lang liegen lassen. Sowas passiert mir sehr selten. Gefallen hat mir allerdings der Anfang der jeweiligen Leseabschnitte, die jeweils den Zeitraum eines Monats im Jahre 1942 zusammenfassten. Würger hat einige Informationen einfließen lassen, Alltäglichkeiten, Weltgeschehnisse, geschichtliche Fakten und natürlich die zehn Gebote des Propagandaleiters Dr. Joseph Goebbels. Einige gute Sätze, z. B. „Wir machten uns schuldig, jeder auf seine Art“, oder: „Ich weiß nicht ob es richtig ist, einen Menschen zu verraten, um einen anderen zu retten“, machten mich nachdenklich. Betroffen gemacht hat mich auch die Dekadenz der Reichen und der Wehrmachtgrößen, in einer Zeit in der die Soldaten an der Front und auch die Bevölkerung darben mussten. Dieses Buch wird als Bestseller bezeichnet, obwohl es weder sprachlich noch inhaltlich besonders ausdrucksvoll erscheint. Alleine durch die dadurch losgetretene Diskussion, findet es seine Abnehmer. Eine Leseempfehlung möchte ich nicht aussprechen, wer sich ein eigenes Bild machen will oder neugierig geworden ist, kann es wie auch ich, in einer Bibliothek ausleihen.

    Packendes Finale


    Jetzt gehörst du mir, Thriller von Tania Carver, 512 Seiten, erschienen im Ullstein Verlag.
    Der 8. und letzte Teil der Thriller-Serie um DI Phil Brennan und seine Frau die Profilerin Marina Esposito.
    Der Thriller beginnt mit der Geschichte eines kleinen Mädchens, das mit ihrem Bruder und ihren Eltern in einem sicheren Haus unterkommt. Doch sie muss mit ansehen wie die Eltern ermordet werden.
    Drei Männer werden erhängt aufgefunden alle drei ähneln im Aussehen und in ihrer Kleidung DI Phil Brennan auch die Fundorte sind Meilensteine in Phils Leben. Dazu kommt, dass bei jedem Erhängten eine Tarot-Karte des „Erhängten“ gefunden wird auf der Brennans Name steht. Er vermutet es könnte seine Stalkerin dahinterstecken die sich als Fiona Welch ausgibt. DI Brennan macht sich auf den Weg nach Colchester, kommt dort aber nie an. Seine Frau Marina macht sich mit Hilfe einer Freundin auf die Suche, weil sie den Eindruck hat, dass die dortige Polizei nicht gut genug ermittelt. Kann sie ihren Mann finden bevor es zu spät ist?
    Das Buch besteht aus 6 Teilen, aufgeteilt in 70 Kapiteln in angenehmer Länge. Das Autorenduo erzählt im auktorialen Stil und besticht mit bildhafter, flüssiger Erzählweise und lebhaften Dialogen. Der Plot gestaltet sich in 3 Erzählsträngen, in kursiver Schrift und mit einem zum Inhalt passenden Titel erscheint die Geschichte aus der Sicht des Mädchens aus dem sicheren Haus, ihre Erinnerungen und ihr Werdegang sind hervorragend und spannend erzählt. Daneben zum einen die Erlebnisse des DI Brennan in der Gewalt der Verrückten und zum anderen die Ermittlungsarbeit und die packende Rahmenhandlung. In kürzester Zeit habe ich es geschafft diesen Thriller zu lesen. Der Spannungsbogen beginnt hoch und zieht sich steil, bis am Ende die Geschehnisse sich fast überschlagen. Am Ende wurde alles plausibel aufgeklärt, für mich blieben keine offenen Fragen. Die Autoren haben geschickt einige Wendungen eingebaut die mich sehr verblüfft haben. Gerade die Familienverhältnisse der Täterin haben mich bis auf die letzten Seiten absolut in die Irre geführt, toll gemacht. Der jeweilige Strang endet meist mit einem Cliffhanger, was dazu führt, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Im vorliegenden letzten Band wird dem Protagonisten übel mitgespielt, die psychopathische Täterin schafft es mit Medikamenten und Gewalt, ihn emotional an seine Grenzen zu bringen, seinen Willen zu brechen. Meine Lieblingsfigur war die Profilerin Marina, die es mit Coolness und Professionalität schafft, die Ermittlungen voranzutreiben. Ich finde diesen Band einen gelungenen Abschluss der Serie die Geschichte der beiden Ermittler ist erzählt, nur am Ende hätte ich gerne noch etwas mehr über Phil erfahren. Des Öfteren ist es mir beim Lesen eiskalt den Rücken hinuntergelaufen, die Autoren sparen in gewohnter Weise nicht mit grausamen Details. Alle Charaktere waren interessant ausgearbeitet, die Guten wie auch die Bösen. Ihr Handeln nachvollziehbar. Die Figuren Malcom oder Anni Hepburn waren gut beschrieben sie konnte ich mir besonders gut vorstellen. Ein gelungener und würdiger Abschluss der Serie, finde ich. Eine unbedingte Leseempfehlung für Brennan/Esposito Fans. Als Einzelband mit dem letzten Teil zu beginnen würde ich nicht empfehlen. Von mir Höchstpunktzahl :thumbup:

    Rose und Nachtigall


    Deine Stimme in meinen Träumen, Liebesroman von Joanna Martin, 195 Seiten erschienen im Feuerwerke Verlag.
    Ein Liebesroman mit wenig Anspruch aber mit viel Romantik.
    Christine ist von Stuttgart nach Schutzingen gezogen, zurück nach Hause. Dort ist sie ihrem Freund Stefan näher, dessen Eltern dort ein Küchenstudio besitzen. Außerdem wohnt ihre Oma Elisabeth im ansässigen Pflegeheim. Christina liebt ihre Oma über alles, hat sie ihr doch in Kindertagen die Mutter ersetzt, die ihre eigene Mutter nie sein konnte. Christine hat ihre Umzugskartons noch nicht ausgepackt, da verstirbt ihre geliebte Oma. In ihrem Nachlass findet sie Liebesbriefe an einen „Wilhelm“ und einen Brief an sie gerichtet, dass sich die Oma wünscht, dass ihre Enkelin diese Briefe selbst an Wilhelm übergibt oder gegebenenfalls auf sein Grab legt. Stefan ist von dieser Idee nicht gerade begeistert, denn Christine könnte eine neue Arbeit, im Geschäft seiner Eltern beginnen.
    Doch Christine beweist hier Mut und reist ins ferne Kanada, dort begegnet sie Robert den Enkel von Wilhelm und die Geschichte von damals beginnt sich zu wiederholen.
    Es handelt sich bei vorliegendem Buch um einen Roman in zwei Erzählsträngen, zum einen die Erlebnisse der Protagonistin in der Gegenwart im auktorialen Stil, zum anderen die Lovestory zwischen Elisabeth und Wilhelm, geschrieben in der Ich-Form aus der Sicht Elisabeths und kursiv gedruckt. Sie beginnen alle mit „Lieber Wilhelm“ und enden mit „Deine Nachtigall“. Dadurch ist es sehr leicht in der Geschichte den Überblick zu behalten.
    Der Roman besteht aus 24 relativ kurzen Kapiteln, erzählt in einfacher, doch bildmalerischer Sprache das Setting in Kanada z.B. ist stimmungsvoll beschrieben. Ich hatte keinerlei Probleme die Zusammenhänge zu erkennen und es hat sich flüssig lesen lassen. Die Liebesbriefe sind in romantischem Stil verfasst, rührende Sätze z.B. auf Seite 127…er liebte mich mehr als ich ihn. Einer liebt immer zu viel, oder? Du bist wie mein Spiegelbild meine andere Seite... Das Schicksal der Großeltern konnte mich schon zu Tränen rühren. Leider hatte ich das Gefühl, dass in dieser Story leichte Logikfehler vorhanden sind. Ohne zu spoilern und die absolute Pointe vorweg zu nehmen schwierig zu erklären. Die Personen aus der Vergangenheit fand ich sehr sympathisch, das glücklose Liebespaar ist mir sehr ans Herz gewachsen. Robert ist ein feiner und tiefgründiger Mensch und auch die Beweggründe von Stefan kann ich nachvollziehen, ich hätte an seiner Stelle genauso gehandelt, Einzig die Protagonistin konnte ich im Laufe des Buches immer weniger verstehen, ihre ewige Unentschlossenheit und Unsicherheit haben mich genervt. Fast meinte man, sie will sich ständig alle Türen offen halten und zu keiner Entscheidung kommen. Ich mag starke Frauen in solchen Büchern, Christine ist keine davon. Nun zum Schluss hat, wie zu erwarten war, sich alles in Wohlgefallen aufgelöst. Spannung kam in ein paar Sätzen kurz auf, als sich in den Weiten Kanadas ein Bär über Chrissis Tasche hermacht. Für die schönen romantischen Briefe und das (Schluchz-) Happy End vergebe ich trotz einiger Kritikpunkte gerne 6 solide Punkte von 10. Die sind wohlverdient, für die angenehme Wohlfühl- Unterhaltung und die kurzweilige Lektüre.
    Eine Leseempfehlung für Leserinnen die in Romanen stimmungsvolle Romantik und Entspannung suchen und bei der Lektüre nicht kritisch den Plot hinterfragen

    Mord auf Doggerland


    Doggerland. Fehltritt, Krimi von Maria Adolfsson, 512 Seiten erschienen im List – Verlag
    An der unheimlichen Küste Doggerlands wartet der Tod. Auftaktband der Doggerland-Trilogie.
    Schlimmer hätte für die Kommissarin Karen Eiken Hornby der Tag nach dem großen Austernfest nicht beginnen können. Total verkatert wacht sie neben ihrem arroganten Chef in einem Hotelbett auf. Schnell verschwindet sie von dort. Zuhause kann sie sich von diesem peinlichen Fehltritt jedoch nicht erholen, denn kurz darauf wird eine Frau in ihrem eigenen Haus brutal ermordet aufgefunden. Bei dem Opfer handelt es sich zu allem Unglück auch noch um die Ex-Frau von Jounas Smeed, dem Mann mit dem Karen die vergangene Nacht verbracht hat. Smeed kann in diesem Fall nicht ermitteln, denn er gilt als verdächtig. Deshalb soll Hornby diesen Fall übernehmen. Zuerst einmal muss sie ein anderes Alibi für ihren verhassten Chef finden. Die Ermittlungen führen in die 70er Jahre und auf ein erschütterndes Geheimnis in der Vergangenheit zurück.
    Das Buch ist in 91 überschaubare Kapitel aufgeteilt, die sich in zwei Stränge teilen. Der Hauptstrang schildert die Geschehnisse und auch die Ermittlungen in der Gegenwart. Dazwischen, in einigen Kapiteln, erfährt der Leser was auf dem Lothorpshof vor 40 Jahren vorgefallen ist. Es ist mir sehr leicht gefallen, dieses Buch flüssig zu lesen, denn die Autorin bedient sich eines flüssigen und sehr bildhaften Schreibstils und lebhaften Dialogen. Die Geschichte erscheint in der auktorialen Erzählweise, der Leser kann zu jeder Zeit leicht den Überblick behalten. Alle Figuren handeln authentisch und die Auflösung des Falls ist nachvollziehbar. Anfangs dachte ich: „Warum ist es notwendig, für einen Kriminalroman ein eigenes Land, mit eigener Währung, Sprache, Städte usw. zu erfinden? Dann habe ich entdeckt, dass es die Insel zwischen Großbritannien und Dänemark wirklich gegeben hat und sie vor ca. 8000 Jahren im Meer versunken ist. Dieses Detail ist interessant, aber für den Plot nicht unbedingt notwendig. Die Spannung beginnt mäßig und zieht sich am Anfang zäh, durch die ergebnislosen Ermittlungen. Auf den letzten 200 Seiten steigt die Spannung jedoch stetig an. Ungeahnte Wendungen konnten mich letztendlich überraschen und die Seiten flogen nur so dahin. Bis kurz vor dem Ende hatte ich zwar eine Ahnung, jedoch die finale Auflösung hat mich sehr überrascht. Die agierenden Figuren waren nicht unbedingt sympathisch, außer dem Kommissar Karl Bjorken, versuchten die Kollegen, der Protagonistin ständig das Leben und die Aufklärung des Falles schwer zu machen. Allen voran Jounas Smeed, der mit dem Silberöffel im Mund geboren wurde, durch einen miesen Ehevertrag und den Intrigen seines Vaters wurde seine Exfrau um ihr Erbe gebracht. Für die Bemühungen Karens, ein Alibi für ihn zu finden, hätte ich schon etwas Dankbarkeit erwartet. Die Protagonistin Hornby, hat nichts zu verlieren, weil sie schon alles verloren hat, auch sie ist keine Sympathieträgerin zu viel Alkohol und Zigaretten, zu wenig Durchsetzungsvermögen. Meine Lieblingsfigur war der Obdachlose Leo Friis, gewitzt und klug konnte er mir imponieren. Ich hoffe, dass er in weiteren Bänden noch mit von der Partie sein wird. Der Grundstein für den zweiten Band wurde m. M. mit den ungeklärten Vergewaltigungsfällen bereits gelegt. Vorliegender Auftaktband hat mich neugierig gemacht, sodass ich beim nächsten Doggerland-Fall gerne wieder mit ermitteln möchte.
    Eine Leseempfehlung für Skandinavienkrimi-Fans

    Sie hatten das Gleiche Geheimnis



    Muttertag, Kriminalroman von Nele Neuhaus, 560 Seiten, erschienen im Ullstein-Verlag.
    Die Kriminalhauptkommissarin Pia Sander und ihr Chef Oliver von Bodenstein ermitteln wieder gemeinsam, in ihrem bisher 9. Fall.
    Der ehemalige Industrielle Theodor Reifenrath wird von der Zeitungsfrau, tot in seinem Haus aufgefunden. Doch nicht genug, im Hundezwinger auf dem dazugehörigen Grundstück verstreut finden die Ermittler, menschliche Knochen und die Spurensicherung entdeckt immer mehr Tote. War er ein Serienmörder? Auch seine Frau Rita ist vor zwanzig Jahren auf mysteriöse Weise verschwunden. Schnell können einige der Frauenleichen identifiziert werden. Alle sind in den vergangenen Jahren um den Muttertag herum verschwunden und ermordet worden. Pia ist überzeugt, dass der Täter noch auf freiem Fuß ist.
    Die Handlung umfasst einen Zeitraum von 13 Tagen, jedes Kapitel erzählt die Geschehnisse von einem Tag, durch Wochentag und Datum markiert. Dadurch konnte die zeitliche Abfolge verdeutlicht werden. Neuhaus erzählt diese Geschichte in mehreren Erzählsträngen die sie am Ende geschickt zu einer spannenden Story verknüpft. Der Strang aus der Sicht des Täters, in kursiver Schrift empfand ich gruselig, dadurch kommt der Leser den Empfindungen und Gedanken des Mörders sehr nahe. Es ist nicht einfach, besonders zu Anfang, den Überblick zu bewahren. Zu viele Namen und Charaktere, die auf der ersten Seite in einem Personenregister zusammengefasst sind, erforderten eine gründliche und konzentrierte Lektüre. Wie auch schon Pia auf Seite 339 ganz richtig bemerkt: „Würde ich einen Krimi über unseren aktuellen Fall schreiben, müsste ich wohl mindestens vier Opfer und drei Tatverdächtige raus streichen, damit die Leser nicht den Überblick verlieren. Trotzdem hat mich der Krimi sehr gut unterhalten. Dieser vorliegende Teil hat mir besser gefallen als der Vorgängerband. Da am Schluss und nach einem furiosen, höchst spannenden Showdown, der Fall vollständig aufgeklärt wurde und keine Fragen offen blieben. Die handelnden Personen agierten nachvollziehbar und waren sympathisch, sogar die Kriminaldirektorin Dr. Nicola Engel zeigte menschliche Züge sie hat mich in dieser Geschichte überrascht und sich charakterlich am meisten weiterentwickelt. Einzig die Schwester der Protagonistin, Kim /Kata /Katharina Freitag, finde ich egoistisch, unehrlich und oberflächlich. Da bin ich gespannt ob sie in weiteren Folgen diese Richtung beibehält. Die Protagonistin Pia Sander und ihr Chef Oliver von Bodenstein, der nach seinem Sabbatjahr wieder voll dabei ist, sind für mich die Sympathieträger der Serie. Auch ein Wiedersehen mit den anderen Ermittlern beim K11 in Hofheim hat mich gefreut, deswegen lese ich diese Reihe sehr gerne, weil mir viele Personen schon vertraut sind, dadurch war ich sofort wieder „in der Geschichte drin“. Gerne habe ich mir mit dem K11-Team den Kopf über die wahre Täterschaft zerbrochen. Die letzten beiden Kapitel/Tage habe ich in einem Rutsch durchgelesen. Da konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung. Die Ausführungen der Autorin über Fallanalyse und Profiling über die Vorgänge in der Gerichtsmedizin, die Unterwelt des Frankfurter Flughafens und die Kommunikation der Piloten beim Landeanflug eines Flugzeugs zeugen von der umfangreichen Recherchearbeit der Autorin.
    Ich empfehle „Muttertag“ allen Lesern die gerne gut recherchierte, spannende Krimis mögen. Die Fans von Nele Neuhaus und ihrer Sander/von Bodenstein – Reihe werden begeistert sein. Auch ich und deshalb volle Punktzahl

    Tage der Be-Haaglichkeit

    Sieben Tage wir, Familienroman von Francesca Hornak, 464 Seiten, erschienen im Ullstein-Verlag.
    Eine Woche mit der Familie, auf engstem Raum und in Quarantäne und jedes Mitglied hat sein eigenes Geheimnis. Mehr als ein Weihnachts-Roman.
    Familie Birch verbringt ihr traditionelles Weihnachtsfest in ihrem alten Landhaus Weyfield in Norfolk, aber einiges ist anders als sonst. Olivia die älteste Tochter ist Ärztin und von einem Einsatz aus Liberia zurückgekehrt. Da sie dort mit dem lebensgefährlichen Haag-Virus in Kontakt kam und sieben Tage Quarantäne einhalten muss, bleibt den anderen Familienmitgliedern nichts anders übrig als diese Woche mit ihr durchzuhalten. Andrew der Vater ist unzufrieden mit seinem Job als Restaurantkritiker. Ein Sohn, der aus einer Beziehung vor seiner Ehe entstammt, kontaktiert ihn, Phoebe die jüngere Tochter hat sich gerade verlobt, ist aber nicht ganz glücklich in der Beziehung und Emma die Mutter verschweigt dem Rest der Familie ihre Krebserkrankung. Als George, der Verlobte Phoebes und Jesse, Andrews unehelicher Sohn dazukommt spitzt sich das Geschehen dramatisch zu.
    Das Buch ist in 15 Kapitel eingeteilt, jedes Kapitel teilt sich in einzelne Abschnitte, die mit Namen, Ort und Uhrzeit versehen sind. Dadurch wird der chronologische Überblick gewährleistet. Jeder Abschnitt ist in auktorialem Erzählform aus der Sicht der verschiedenen handelnden Charaktere verfasst, dieses Stilmittel hat die Autorin gut gewählt, denn der Leser kann sich bestens in die Sichtweise der jeweiligen Figur hineindenken. Eigennamen und Phrasen erscheinen kursiv, Emails sind in einer anderen Schrift gedruckt und werden somit deutlich hervorgehoben.
    Dieses Buch ist weit mehr als nur ein Familien-Weihnachts-Roman und von diesen üblichen Friede- Freude-Eierkuchen-Erzählungen weit entfernt. Ich habe mit den Charakteren mitgelitten und gelacht und sie sind mir alle sehr schnell ans Herz gewachsen. Auch das Ende war für mich zum Einen glücklich, aber auch tragisch. Die Geschichte ist in einem überaus flüssigen Schreibstil verfasst. Einmal angefangen habe ich das Buch mit kurzen Unterbrechungen in einem Tag weggelesen. Jede Person ist hervorragend charakterisiert, alle haben ihre Ecken und Kanten, einzig Andrew ist mir ein wenig fremd geblieben. Hornak schaffte es, für jede Figur Mitgefühl zu erzeugen, sobald die Handlung aus der Sicht der jeweiligen Person erzählt wird. Z.B Phoebe, die ich anfangs für verwöhnt und oberflächlich gehalten habe, hat sich am Schluss als liebenswerter Mensch erwiesen. Auch Olivia hat mich zuerst mit ihrer überheblichen Art irritiert, durch die Eindrücke von ihrem Liberia-Einsatz scheint es, dass sie den anderen die unbeschwerte, traditionelle, mit Geschenken überladene Weihnachtzeit nicht gönnen kann. Dabei macht sie sich große Sorgen um einen geliebten Menschen. Sehr sympathisch erscheint auch Emma, trotz ihrer schlimmen Diagnose versucht sie, der Familie ein schönes Weihnachtsfest auszurichten. Am Ende konnte ich ein paar Tränen nicht mehr zurückhalten. Durch die bildhafte Schreibweise der Autorin fiel es leicht, mir Setting und Personen vorzustellen. Die Geschichte ist logisch aufgebaut und die handelnden Charaktere agieren nachvollziehbar.
    Ein emotionaler Roman, der nicht nur in der Weihnachtszeit gut unterhält. Meine uneingeschränkte Leseempfehlung für Leser, die Bücher abseits von den üblichen besinnlichen Weihnachtbüchern suchen, oder emotionale Familiengeschichten mögen. Dazu von mir 9 Eulenpunkte

    Meine Tage mit den Mächtigen

    Guten Morgen, Genosse Elefant, Roman von Christopher Wilson, 272 Seiten, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.
    Die Erlebnisse des russischen Jungen Juri Zipit, als Vorkoster Stalins.
    Der 12jährige Juri lebt mit seinem Vater Doktor Roman Alexandrowitsch Zipit in einer Dienstwohnung im Zoo, sein Vater ist Professor für Veterinärmedizin, sein Fachgebiet Neurologie der Großhirnrinde. Eines Nachts werden die beiden abgeholt und in die Datscha des „Vater des Vaterlands“, Josef Stalins gebracht. Der Stählerne hatte einen leichten Schlaganfall, da Juris Vater nicht viel ausrichten kann, werden die beiden getrennt und Juri bleibt als erster Vorkoster und Spion, in den Diensten „Onkel Josefs“. Seine Erlebnisse dieser Zeit sind in diesem Buch sehr berührend geschildert. Da Juri in der Vergangenheit vom Blitz getroffen, von einer Straßenbahn und einem Milchwagen überfahren wurde, hat er doch so einige Handicaps. Bei emotionalen Ereignissen reagiert er mit epileptischen Anfällen, außerdem kann er nicht immer kontrollieren was er so alles „ausplappert“. Er wird dort Zeuge wichtiger Entscheidungen und epochaler Vorkommnisse und dieses Wissen wird für ihn schließlich sehr gefährlich.
    Das Buch ist in überschaubare Kapitel aufgeteilt die mit einem Titel versehen sind. Darunter steht der Ort und das Datum, was sehr hilfreich ist sich in der Zeit zurechtzufinden. Medizinische Fachausdrücke erscheinen kursiv und die Verhaltensmaßregeln die ihm sein Vater ans Herz legte, wie auch ein paar Witze sind fett gedruckt und werden dadurch deutlich hervorgehoben. Wilson hat als Stilmittel die Ich-Form aus der Sicht Juris gewählt. So kann sich der Leser zu jederzeit ganz nah am Geschehen fühlen.
    Juri Zipit ist ein, wenn auch etwas naiver, aber doch sehr kluger Junge. Ein liebenswerter Protagonist sein Schicksal hat mich an einigen Stellen zu Tränen gerührt. Trotzdem gab es auch immer wieder Szenen, z.B. mit dem Stählernen, die mich zum Lachen brachten. Stalin ist als grausamer, vulgärer Despot beschrieben, der flucht wie ein Droschkenkutscher. Doch kann er sich nicht der Faszination des Jungen entziehen, die Menschen dazu bringt, ihm seine Geheimnisse anzuvertrauen. Völlig unsympathisch war der sadistische Leiter des Geheimdienstes Marschall Bruchah, der am Ende für seine Untaten büßen muss. Insgesamt hat mich das Buch hervorragend unterhalten und ich konnte es auch schnell durchlesen. Gefallen hat mir, dass trotz traurigen Elementen auch immer wieder Juri durch sein sonniges zuversichtliches Wesen Hoffnung in die Erzählung gebracht hat. Die Charaktere handelten nachvollziehbar und ich konnte dem Plot gut folgen. Am Ende wurde ich noch von einer unvorhersehbaren Wende überrascht.
    Wieweit sich die Erzählung mit den tatsächlichen Geschehnissen um die letzten Tage des Generalsekretärs der KPdSU deckt, bleibt der Fantasie des Lesers selbst überlassen. Die handelnden Charaktere können, soweit es die Sowjetfunktionäre betrifft, durchaus historischen Personen zugeordnet werden, denn die Namen wurden kaum verändert. Meine Empfehlung für Leser, die sich für das Leben des Diktators interessieren oder einfach nur formidabel unterhalten werden wollen. Ich vergebe 10 Eulenpunkte