Beiträge von auserlesenes

    In der Nacht auf den 30. August 2019 auf einer Farm in Oxfordshire (England): Die Leichen von Douglas Bute (26) und Indira Sharma (25) werden tot in ihren Betten aufgefunden. Die Spuren auf dem blutbeschmierten Tatmesser weisen auf deren beste Freundin Anna Ovigly (25) hin. Ist sie die Täterin? Doch die junge Frau fällt kurz nach den Morden in einen Tiefschlaf und kann keine Auskunft geben. Der Londoner Schlafforscher Dr. Benedict Prince soll die Verdächtige vier Jahre nach der Tat wecken und so die Aufklärung des Falls unterstützen…


    „Anna O.“ ist ein Psychothriller von Matthew Blake.


    Die durchdachte Struktur des Thrillers ist nicht unkompliziert: Er besteht aus 82 kurzen Kapiteln, die sich über fünf Teile erstrecken. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven: der von Ben, Lola, Bloom, Emily und Clara. Dazwischen eingestreut sind Einträge aus Annas Notizbuch, Chatverläufe, E-Mails und Auszüge aus Akten. Die Handlung umfasst insgesamt etwa fünf Jahre und spielt an unterschiedlichen Orten.


    In sprachlicher Hinsicht ist der Thriller unspektakulär, aber anschaulich und dank vieler Dialoge lebhaft. Fachbegriffe werden erklärt. Leider sind die verschiedenen Perspektiven stilistisch so ähnlich, dass es nicht authentisch wirkt.


    Das Personal ist recht umfangreich, aber dennoch nachvollziehbar. Die Figuren bleiben, dem Genre angemessen, undurchsichtig und geheimnisvoll. Die Charaktere sind recht klischeefrei und interessant angelegt.


    Inhaltlich ist der Thriller sehr facettenreich und komplex. Das Resignationssyndrom und die Schlafforschung bilden einen originellen und interessanten Hintergrund. Diesbezüglich wird die fundierte Recherche des Autors immer wieder deutlich. Medizinische, juristische und politische Zusammenhänge werden gut erklärt. Diese Themen machen die Geschichte besonders. Auch aktuelle Bezüge werden aufgegriffen.


    Während mich die Grundidee des Thrillers sehr angesprochen hat, empfinde ich die Umsetzung als weniger gelungen. Erstens: Die Story ist inhaltlich überfrachtet. Das sorgt dafür, dass die Auflösung nicht alle losen Fäden wieder aufnehmen kann und alle offenen Fragen beantwortet werden. Zweitens: Zwar kann die Handlung mit mehreren Wendungen punkten und ein Plottwist sorgt zum Ende hin für einen zusätzlichen Überraschungseffekt. Die vielen Zufälle machen das Geschehen allerdings unrealistisch. Zudem ergeben sich mehrere Logikbrüche.


    Das kreative Cover und der prägnante Titel, der mit dem Original identisch ist, heben sich auf positive Weise von anderen Büchern des Genres ab.


    Mein Fazit:

    „Anna O.“ von Matthew Blake ist ein ungewöhnlicher und interessanter Thriller. Trotz inhaltlicher Schwächen in der Umsetzung hat mich die Geschichte gut unterhalten.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Zuerst war mit Yannick Brenner alles wie Himbeerbrause. Nun sitzt Jella Nowak bei der Polizei, um eine Anzeige wegen häuslicher Gewalt aufnehmen zu lassen. Und sie muss sich fragen: Wie konnte es so weit kommen, dass ihr Freund seine Hände um ihren Hals gelegt und sie gewürgt hat?


    „Die schönste Version“ ist der Debütroman von Ruth-Maria Thomas.


    Der Roman besteht aus 13 kurzen Kapiteln, die jeweils mehrere Abschnitte umfassen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Jella, chronologisch, aber mit diversen Rückblicken.


    Vor allem in sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman beeindruckt: Starke Bilder, viel Atmosphäre und kurze, aber eindringliche Sätze kennzeichnen den Text. Stilistisch präsentiert sich der Roman zudem wandlungsfähig - dank eingefügter Chats, Zitate usw.


    Jella und Yannick, die beiden Hauptfiguren, werden mit psychologischer Tiefe dargestellt. Besonders die Gedanken und Gefühle der Protagonistin werden deutlich. Das Verhalten erscheint schlüssig und lebensnah.


    Häusliche und sexualisierte Gewalt in Beziehungen, sowohl in verbaler als auch in körperlicher Form, stehen auf inhaltlicher Ebene im Vordergrund. Ein wichtiges Thema, das leider noch zu wenig Aufmerksamkeit erfährt. Darüber hinaus geht es um Liebe, Freundschaft und Weiteres, das ich nicht vorwegnehmen möchte.


    Auf den rund 270 Seiten hat mich die Geschichte immer wieder berührt, zum Teil auch schockiert. Die Handlung ist kurzweilig und durchweg plausibel.


    Cover und Titel machen neugierig und passen durchaus, obgleich der Kontrast der zarten Farben und positiven Worte zum teils heftigen Inhalt zunächst verwundert.


    Mein Fazit:

    Mit „Die schönste Version“ legt Ruth-Maria Thomas ein sprachlich wie inhaltlich überzeugendes Debüt im Bereich Roman hin. Eine empfehlenswerte Lektüre, die bewegt und nachdenklich macht.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3498006959

    42 Jahre lang war Hubert Raichl Bademeister im Strandbad in Bregenz. Nun ist er 86 Jahre alt und dement. Ewa, die polnische Pflegekraft, kümmert sich um ihn. Und dann gibt es noch Linda (15), die ihn an drei Tagen in der Woche stundenweise betreut. Eigentlich würde die Jugendliche gerne sterben. Aber da ist nicht nur Hubert, der sie braucht, sondern auch noch ihr Freund Kevin….


    „Der Bademeister ohne Himmel“ ist ein Roman von Petra Pellini.


    Der Roman umfasst 67 kurze Kapitel, an die sich ein Epilog anschließt. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Linda.


    Auf den ersten Blick wirkt der Schreibstil authentisch, flott und dank vieler Dialoge lebhaft. In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman bei genauerem Hinsehen jedoch nicht überzeugt: Die Mischung aus dem fehlerhaftem Deutsch der Polin, den österreichischen Begriffen und Formulierungen sowie den telegrammartigen Sätzen ist auf Dauer kein Genuss.


    Die Zusammenstellung der ungewöhnlichen Figuren ist reizvoll und birgt viel Humor. Zwar schrammt die Darstellung der Charaktere an wenigen Stellen nahe an Stereotypen vorbei. Dennoch ist die Ausarbeitung der Personen im Großen und Ganzen gelungen.


    Aus inhaltlicher Sicht sticht vor allem das Thema Demenz hervor. Dass die Autorin auf diesem Gebiet Expertise hat, kommt immer wieder zum Ausdruck. Diese Krankheit macht die Geschichte zusammen mit Aspekten wie Freundschaft, Familie und Erinnerungen berührend. Nicht ganz schlüssig dargestellt werden für mich Lindas Suizidgedanken, weshalb mich diese Passagen leider nur wenig bewegen konnten.


    Auf den rund 300 Seiten ist die Geschichte unterhaltsam und kurzweilig. Das Ende ist allerdings wenig überraschend.


    Der Titel des Romans gefällt mir sehr, denn er ist kreativ und passend. Auch das Cover fügt sich gut ein.


    Mein Fazit:

    Obwohl mich Petra Pellini nicht in allen Punkten begeistert hat, ist ihr Roman „Der Bademeister ohne Himmel“ durchaus eine lohnenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Was haben Arthur Smyth, der im 19. Jahrhundert in London an der Themse geboren wird und in der Gosse aufgewachsen ist, die neunjährige Narin, die im Jahr 2014 mit ihrer Großmutter in einer jesidischen Gemeinde am Tigris lebt, und die junge Hydrologin Dr. Zaleekhah Clarke, die 2018 ein Hausboot auf der Themse bewohnt, gemeinsam?


    „Am Himmel die Flüsse“ ist ein Roman von Elif Shafak.


    Die Struktur des Romans ist komplex. Er besteht aus fünf Teilen, die wiederum in zahlreiche Kapitel mit mehreren Abschnitten untergliedert sind. Erzählt wird im Präsens aus wechselnder Perspektive und in drei Handlungssträngen, die in unterschiedlichen Jahren und an verschiedenen Orten spielen. Angaben zu Beginn der Kapitel erleichtern dabei die Orientierung.


    Die Sprache ist anschaulich, atmosphärisch und authentisch. Etliche Fachbegriffe und fremdsprachige Wörter machen den Text jedoch stellenweise nicht ganz so leicht zu verstehen.


    Mit Arthur, Narin und Zaleekha gibt es drei sehr unterschiedliche Hauptfiguren. Die weiblichen Charaktere haben mich am meisten überzeugt.


    Aus inhaltlicher Sicht spielt vor allem das Thema Wasser eine Rolle, das sich auch in mehreren gestalterischen Details im Buch wiederfindet. Dabei wird vor allem der Kreislauf des Wassers und die Art und Weise, wie dieser die Menschen verbindet dargestellt. Dadurch lässt sich beim Lesen noch einiges lernen.


    Auch menschliche Nöte und Schicksale erzählt die Geschichte. Besonders berührt hat mich das IS-Massaker im Jahr 2014 an der jesidischen Glaubensgemeinschaft. Bei diesen und weiteren Aspekten des Romans zeigt sich die intensive und fundierte Recherchearbeit der Autorin.


    Die rund 570 Seiten lange Geschichte weist zwar durchaus ein paar Längen auf. Dennoch hat mich die vielschichtige Handlung gut unterhalten.


    Der deutsche Titel ist erfreulicherweise nahe am englischsprachigen Original („There are Rivers in the Sky“). Das farbenfrohe und künstlerisch anmutende Cover gefällt mir. Es greift das Wassermotiv auf.


    Mein Fazit:

    Mit „Am Himmel die Flüsse“ ist Elif Shafak ein lesenswerter, interessanter und aufschlussreicher Roman gelungen, der mich unterhalten und bewegt hat.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3446280081

    Es ist Hochsommer in der kleinen Stadt Monta Clare (Missouri) in den Vereinigten Staaten, als der 13-jährige Teenager Joseph Macauley, genannt Patch, entführt wird. Seine beste Freundin Saint Brown will ihn unbedingt finden und setzt dafür ihre ganze Kraft ein. Endlich wird Patch befreit. Doch ihm geht Grace nicht aus dem Kopf, das Mädchen, das mit ihm in dem stockdunkeln Raum war. Wer ist sie? Und wie ist es ihr ergangen?


    „In den Farben des Dunkels“ ist ein Spannungsroman von Chris Whitaker.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 261 kurzen Kapiteln, die sich auf zehn Teile erstrecken. Erzählt wird aus wechselnder Perspektive, aus der Sicht von Saint und Patch. Die Handlung umfasst mehrere Jahrzehnte, beginnend in den 1970er-Jahren, und endet 2001.


    Die Sprache des Romans ist ungekünstelt und wenig raffiniert, aber atmosphärisch und eindringlich. Der Schreibstil ist geprägt von vielen Dialogen.


    Patch und Saint sind die Hauptfiguren der Geschichte. Ihr Innenleben und ihre persönliche Entwicklung werden sehr gut deutlich. Sie werden mit psychologischer Tiefe dargestellt.


    Auf inhaltlicher Ebene geht es um mehrere Themen: Freundschaft und Liebe, aber auch Verbrechen, Traumata und Gewalt, um nur die wichtigsten zu nennen. Auch gesellschaftskritische Aspekte tauchen auf. Dadurch wird weit mehr als nur ein Kriminalfall geschildert.


    Trotz der fast 600 Seiten bleibt die Handlung erhalten. Es gibt dank mehrerer Wendungen kaum Längen.


    Das Cover ist wenig aussagekräftig, aber durchaus ansprechend. Der deutsche Titel ist erfreulicherweise nahe am englischsprachigen Original („All the Colours of the Dark“).


    Mein Fazit:

    Auch mit „In den Farben des Dunkels“ hat mich Chris Whitaker überzeugt. Sein Mix aus Krimi, Liebesgeschichte und Entwicklungsroman ist in mehrfacher Hinsicht gelungen und definitiv lesenswert.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Auf der Insel San Juan an der Grenze der USA zu Kanada: Samantha Arthur (28) lebt mit ihrer Schwester Elena (29) in ärmlichen Verhältnissen. Ihre Mutter ist schwer krank, die Arztkosten sind hoch. Seit zehn Jahren wünscht sich Sam eine Zukunft fernab der Insel. Die beiden jungen Frauen wollen ihre Mutter aber nicht im Stich lassen. Da taucht plötzlich ein Bär auf, der sich bis an die Haustür der Familie traut…


    „Cascadia“ ist ein Roman von Julia Phillips.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus vielen kurzen Kapiteln. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge aus der Perspektive von Sam. Die Handlung spielt im nördlichen Teil des US-Bundesstaats Washington.


    In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman komplett überzeugt. Der Schreibstil ist sehr atmosphärisch und voller eindrücklicher, bildstarker Beschreibungen.


    Mit Sam und Elena stehen zwei junge Frauen im Vordergrund der Geschichte, die ich als durchaus authentisch empfunden habe. Ihre Schwächen, Ecken und Kanten machen sie nicht in jeglichem Aspekt sympathisch, aber lebensnah. Die beiden Charaktere sind psychologisch gut ausgearbeitet. Die übrigen Figuren bleiben recht blass, sind allerdings erfreulicherweise wenig stereotyp dargestellt.


    Eine weitere Hauptrolle spielt der Bär. Da ich keine Biologin bin, kenne ich mich mit den Gepflogenheiten dieser Tiere nicht besonders gut aus. Dennoch glaube ich, dass die im Roman geschilderten Verhaltensweisen des Bären nicht sehr realistisch sind. Die recht märchenhaft anmutenden Szenen sind aus meiner Sicht übertrieben.


    Aus inhaltlicher Sicht geht es jedoch um weit mehr als das Auftauchen des Bären. Insbesondere die Verbindung zwischen zwei Schwestern und weitere familiäre Verpflichtungen und Verflechtungen sind zentral. Dabei schwingt Gesellschaftskritik mit.


    Auf den rund 270 Seiten erzeugt die Geschichte eine subtile Spannung, die sich zunehmend steigert. Die Bedrohung durch den Bären, aber auch diverse Konflikte machen den Roman kurzweilig. Gut gefallen hat mir, dass nicht alle Fragen bis ins kleinste Detail beantwortet werden.


    Der deutsche Titel ist weniger passend als das prägnante Original („Bear“). Das Cover gefällt mir dagegen gut.


    Mein Fazit:

    „Cascadia“ von Julia Phillips ist ein ungewöhnlicher Roman, der mehrere interessante Themen in einer gelungenen Sprache bearbeitet und zum Nachdenken anregt. Eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die damit leben können, wenn sich die Fiktion ein paar Freiheiten erlaubt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Was wäre, wenn Frauen kollektiv streiken würden? Wenn Care-Arbeit einfach einmal nicht verrichtet werden würde? Das passiert an einem Sonntag im Juni, als Frauen reglos auf der Straße liegen. Dabei kreuzen sich die Wege von Elin (Anfang 20), Nuri (19) und Ruth (Mitte 50)…


    „Und alle so still“ ist ein Roman von Mareike Fallwickl.


    Meine Meinung:

    Erzählt wird im Präsens aus den Perspektiven von Elin, Nuri und Ruth, jeweils in eigenen Kapiteln. Zudem ist der Roman durch die genannten Wochentage strukturiert. Die kreativen Zwischenkapitel haben mir ebenfalls gefallen.


    In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman beeindruckt. Er ist sehr bildhaft, stellenweise fast poetisch, und eindrücklich. Dennoch wirkt die Sprache nicht gekünstelt, sondern nah am Zeitgeist und authentisch.


    Die interessanten Charaktere werden realitätsnah und mit psychologischer Tiefe dargestellt. Zwar sind sie nicht durchweg sympathisch. Ich mochte es jedoch, dass die Figuren über Ecken und Kanten verfügen.


    Aus inhaltlicher Sicht halte ich den Roman für einen wichtigen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Debatte. Es geht um feministische Anliegen, vor allem die Bedeutung und Geringschätzung von Care-Arbeit. Das Gedankenexperiment des Generalstreiks der Frauen ist eine reizvolle und provokante Romanidee, und dabei nicht völlig abwegig. Die Umsetzung mag zum Teil etwas plakativ und überzogen sein. Darüber sehe ich aber gerne hinweg, denn die Geschichte hat mich sowohl bewegt als auch zum Nachdenken angeregt.


    Auf rund 360 Seiten hat die Geschichte zudem weitere Aspekte zu bieten, die für Spannung, Überraschungen und Schockmomente sorgen. Beim Lesen kommt daher keine Langeweile auf.


    Das grafische, moderne Cover spricht mich zwar nicht besonders an. Den Titel empfinde ich hingegen als besonders gut gewählt.


    Mein Fazit:

    Mit „Und alle so still“ ist Mareike Fallwickl erneut ein Roman gelungen, der nicht nur unterhält, sondern auch Aufmerksamkeit für ein bedeutsames Thema schafft. Eine Lektüre mit feministischen Impulsen, die mich auf sprachlicher Ebene ebenfalls überzeugen konnte und ich daher wärmstens empfehlen kann.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3498002988

    Im Bahnhof herrscht viel Betrieb. Auch im Wald, im Schwimmbad und im Park ist einiges los. Sami und Carlotta stürzen sich ins Getümmel und erkunden die Stadt…


    „Mein Wimmelbuch“ ist ein Bilderbuch für Kinder ab drei Jahren und Teil der Tiptoi-Reihe.


    Meine Meinung:

    Das interaktive Bilderbuch besteht aus sieben Doppelseiten. Auf jeder ist ein großes Wimmelbild zu sehen. Die Illustrationen von Stéffie Becker sind mit Liebe zum Detail erstellt und wirken sowohl zeitgemäß als auch ansprechend. Es gibt sehr viel zu betrachten. Wiederkehrende visuelle Elemente wie ein kleiner Bagger und ein Dino verleihen den Zeichnungen einen besonderen Charme.


    Die kurzen Texte von Anja Kiel mit ihrem alltagstauglichen Vokabular sind leicht verständlich und damit passend für die Altersgruppe. Auch die Audioelemente sind in sprachlicher Hinsicht gelungen.


    Thematisch bildet das Buch verschiedene Lebenswelten ab: in der Innenstadt, im Kindergarten, im Wald, im Schwimmbad, im Park, auf dem Bahnhof und auf dem Stadtfest. Dadurch sollte jedes Kind für sich interessante Dinge entdecken können. Diversität wird erfreulicherweise berücksichtigt. Zudem verzichtet das Buch auf veraltete Klischees und Rollenbilder.


    Die interaktiven Elemente haben mich auch bei diesem Tiptoi-Buch überzeugt. Auf jeder Seite wird ein Suchspiel angeboten, um unter anderem Farben und Zahlen zu üben und die Konzentration zu schulen. Darüber hinaus sind mehrere Lieder integriert, manche versteckt und andere offen. Abgespielt werden zudem verschiedene Geräusche wie Tierstimmen, Fahrzeuglärm, Gesprächsausschnitte und vieles mehr. Diese Vielfalt sorgt für einen langen Wimmelspaß.


    Das Cover gefällt mir ebenfalls gut. Die Pappseiten sind nicht so dick wie andere Bände der Reihe, dennoch aber einigermaßen stabil.


    Mein Fazit:

    „Mein Wimmelbuch“ ist eine sinnvolle und interessante Ergänzung des Tiptoi-Sortiments. Ein interaktives Bilderbuch, mit dem Kinder unterhalten werden und etwas lernen können. Ich kann es wärmstens empfehlen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3473492795

    Patriarchale Prägungen und Strukturen bestimmen unseren Alltag in fast allen Aspekten. Einiges offenbart sich auf den ersten, anderes erst auf den zweiten Blick. Wo und wie werden Frauen und Minderheiten diskriminiert und benachteiligt?


    „Unlearn Patriarchy 2“ ist eine feministische Anthologie, herausgegeben von Emilia Roig, Alexandra Zykunov und Silvie Horch.


    Meine Meinung:

    Das Sachbuch enthält 13 Aufsätze, die von 14 verschiedenen Autorinnen verfasst wurden. Vorangestellt ist ein einleitendes Intro, unterzeichnet von den Herausgeberinnen. Zudem enthält das Buch ein Glossar mit wichtigen Begriffen sowie abschließende Anmerkungen.


    Der Sammelband ist die Fortsetzung von „Unlearn Patriarchy“, lässt sich jedoch auch ohne Vorkenntnisse der ersten Anthologie verstehen.


    Die einzelnen Essays lassen sich ebenfalls unabhängig voneinander und in beliebiger Reihenfolge lesen, da sie ganz unterschiedliche Themen behandeln. Es geht unter anderem um Architektur, Medizin, Kirche, Erziehung und Sport. Viel Wert wird dabei auf intersektionale Gerechtigkeit gelegt. Damit deckt die Anthologie ein breites Feld an Aspekten und verschiedene Alltagssituationen ab.


    Während mir manche diskriminierende Facetten bereits bekannt waren, haben andere der Beiträge meine Augen weiter geöffnet. Die Aufsätze fußen auf solider, fachkundiger Recherche und können mit vielen Details aufwarten. Sie bieten eine Menge Stoff zum Nachdenken und Diskutieren.


    Stilistisch ist das Sachbuch naturgemäß verschiedenartig. Einige der Beiträge haben mir in sprachlicher Hinsicht besser gefallen als andere. In der Summe konnte mich die Anthologie aber auch in diesem Punkt überzeugen.


    Die Gestaltung des Covers ist für meinen Geschmack zu textlastig und langweilig. Der einfache, aber prägnante und sinnige Titel passt für mich allerdings gut.


    Mein Fazit:

    „Unlearn Patriarchy 2“ ist eine inhaltlich wichtige und in der Umsetzung gelungene Anthologie, die ich wärmstens empfehlen kann.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3550202776

    Was versteckt sich hinter dem Schal? Und was hinter den Flügeln der Eule? Und wer hinter dem Handtuch?


    „Guck mal! Erste Sachen“ ist ein Bilderbuch für den Buggy aus der Ministeps-Reihe von Ravensburger, vorgesehen für Babys ab sechs Monaten.


    Meine Meinung:

    Das kleine, handliche Büchlein besteht aus vier Doppelseiten. Auf beiden Seiten sind verschiedene Alltagsgegenstände abgebildet sowie kurze Texte.


    Die Illustrationen von Monika Neubacher-Fesser wirken etwas altbacken und unspektakulär. Sie sind in ihrer Einfachheit für das Alter der Zielgruppe aber passend gestaltet.


    Die Texte von Ava-Barb Yaga mit ihrer leicht verständlichen Sprache sind altersgerecht formuliert, aber etwas redundant. Die Wortwahl ist angemessen.


    Die Gegenstände sind leider wenig variationsreich. Dreimal werden Kuscheltiere gezeigt, mehrfach tauchen Enten auf. Bei der thematischen Umsetzung wäre also etwas mehr Kreativität möglich gewesen.


    Ein Pluspunkt sind für mich hingegen die bunten Filzklappen: Sie bieten sich nicht nur als Elemente zum Tasten an, sondern verbergen auch Details, die sich beim Aufklappen offenbaren. Auch das Cover mit der süßen Eule, das mir gut gefällt, beinhaltet ein solches Element.


    Die textile Aufhängung ist geeignet für die Waschmaschine. Die stabilen Pappseiten sind so beschichtet, dass sie sich gut abwaschen lassen. Damit ist das Bilderbuch absolut tauglich für den Alltag mit Baby und Kleinkind.


    Mein Fazit:

    Obwohl das kleine Buggy-Buch nicht sein komplettes Potenzial ausschöpft, ist „Guck mal! Erste Sachen“ ein solides Bilderbuch fürs Babyalter.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3473306460

    Hase, Katze, Hund und Esel: Was machen sie? Und wie fühlen sie sich an?


    „Fühl mal! Lieblingstiere“ ist ein Bilderbuch für den Buggy aus der Ministeps-Reihe von Ravensburger, vorgesehen für Babys ab sechs Monaten.


    Meine Meinung:

    Das kleine, handliche Büchlein besteht aus vier Doppelseiten. Jeweils rechts sind ein Tier mit einem Fühlelement und ein Satz abgebildet. Auf den linken Seiten befinden sich weitere Darstellungen von Tieren und ein kurzer Text.


    Die Illustrationen von Monika Neubacher-Fesser wirken etwas altbacken und unspektakulär. Sie sind in ihrer Einfachheit für das Alter der Zielgruppe aber passend gestaltet.


    Die Texte von Ava-Barb Yaga mit ihrer leicht verständlichen Sprache sind größtenteils altersgerecht. Etwas unglücklich empfinde ich die Verniedlichungsformen der Tiernamen, da ich der Meinung bin, dass solch kleine Kinder zunächst die richtigen Wörter lernen sollten.


    Die Tiere variieren. Die Arten sind nicht zu exotisch ausgewählt und weisen bei einigen sogar einen Alltagsbezug auf.


    Ein weiterer Pluspunkt: Die Bereiche zum Tasten haben jeweils eine andere Oberfläche, sodass es auf jeder Doppelseite etwas Neues zum Erfühlen gibt. Auch das Cover, das mir gut gefällt, beinhaltet ein Element zum Fühlen.


    Die textile Aufhängung ist geeignet für die Waschmaschine. Die stabilen Pappseiten sind so beschichtet, dass sie sich gut abwaschen lassen. Damit ist das Bilderbuch absolut tauglich für den Alltag mit Baby und Kleinkind.


    Mein Fazit:

    Obgleich mich das kleine Buggy-Buch nicht in allen Aspekten voll überzeugt hat, ist „Fühl mal! Lieblingstiere“ ein Bilderbuch, an dem Babys ihre Freude haben dürften.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 347330641X

    In den Bergen der südlichen Appalachen im US-Bundesstaat Virginia: In einem Trailer wird Demon Copperhead, eigentlich Damon Fields, geboren. Sein Vater ist bei seiner Geburt schon tot, seine Mutter zu diesem Zeitpunkt erst 18 Jahre alt und auf Entzug. Armut, Sucht und Verluste werden auch das weitere Leben von Demon prägen…


    „Demon Copperhead“ ist ein Roman von Barbara Kingsolver, der mit dem Pulitzer-Preis für Literatur im Jahr 2023 ausgezeichnet worden ist.


    Meine Meinung:

    Der Roman setzt sich aus 64 Kapiteln zusammen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Demon, überwiegend chronologisch. Die Handlung deckt eine breite Zeitspanne ab: die komplette Kindheit und Jugend des Protagonisten bis ins Erwachsenenalter.


    Der Schreibstil ist sehr anschaulich und leichtfüßig. Die saloppe, direkte Erzählstimme mit ihrer bisweilen recht vulgären Sprache wirkt authentisch. Sie sorgt dafür, dass die Atmosphäre trotz der sehr ernsten Themen nicht zu düster wird.


    Es handelt sich um eine Neuerzählung von „David Copperfield“ aus der Feder von Charles Dickens, die jedoch auch ohne Vorkenntnisse des Klassikers funktioniert. Dabei steht der titelgebende Demon klar im Vordergrund der Geschichte. Sein Innenleben ist sehr gut nachvollziehbar. Auch die übrigen Figuren sind interessant ausgestaltet, wenn auch manche etwas schablonenhaft erscheinen.


    Inhaltlich gibt es mehrere Hauptthemen: die Opioidepidemie, institutionelle Armut und Perspektivlosigkeit im ländlichen Herzen der USA. Leid und Gewalt in unterschiedlichen Formen tauchen immer wieder auf. Wie die literarische Vorlage von Dickens übt der Roman Gesellschaftskritik und regt zum Nachdenken an.


    Mit seinen mehr als 800 Seiten ist der Roman keineswegs eine kurze Lektüre. Dennoch beinhaltet die unterhaltsame, mitreißende Geschichte erstaunlich wenige Längen und hat trotz des großen Umfangs mein Leseinteresse aufrechterhalten können.


    Das deutsche Cover ist leider recht nichtssagend und unspektakulär. Der knappe, aber treffende Titel wurde erfreulicherweise wortgetreu aus dem amerikanischen Original übernommen.


    Mein Fazit:

    Mit „Demon Copperhead“ ist Barbara Kingsolver ein Roman gelungen, der verdientermaßen viel Anerkennung bekommen hat. Eine definitiv empfehlenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Sie stammen beide aus einem Dorf in der Maramuresch, einem waldreichen Landstrich im Norden Rumäniens, und treffen sich mit Mitte/Ende 30 in Zürich wieder: der Schulabbrecher und Holzarbeiter Lev, der eigentlich Leonhard heißt, und die Straßenkünstlerin Kato. Seit Kindheitstagen verbinden sie ihre Herkunft, gemeinsame Erinnerungen und ihre Freundschaft. Was ist in den vergangenen Jahren geschehen, das sie getrennt hat?


    „Lichtungen“ ist ein Roman von Iris Wolff.


    Meine Meinung:

    Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Lev in neun Kapiteln, die absteigend nummeriert sind. Das liegt daran, dass der Roman in umgekehrter Chronologie aufgebaut ist. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass es zwischen den einzelnen Kapiteln unterschiedlich große Zeitsprünge gibt. Die Handlung spielt überwiegend im heutigen Rumänien und erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte, wobei sich die genauen Jahre teils nur indirekt, teils gar nicht erschließen. Dieser Aufbau ist interessant und erfordert ein aufmerksames Lesen.


    Eine Stärke des Romans ist seine Sprache. Beeindruckend bildstark, atmosphärisch und poetisch, so lässt sich der Stil der Autorin beschreiben, dem sie auch in ihrem neuesten Buch treu bleibt. Eingestreute Wörter und Sätze aus dem Rumänischen werden erklärt und sorgen für Authentizität.


    Das Personal der Geschichte ist überraschend umfassend. Im Mittelpunkt steht Lev, ein durchaus sympathischer, aber recht reizloser Protagonist. Als weitere Personen tauchen Kato, diverse Familienangehörige Levs, andere Zeitgenossen und Nebenfiguren auf. Die Charaktere wirken psychologisch ausgefeilt, glaubhaft und in sich stimmig. Die Menge an Figuren und die vielen Namen sind allerdings verwirrend und verwässern den Fokus.


    Vordergründig geht es um Liebe, Freundschaft und Verbundenheit, im weiteren Sinne aber auch um Identität und Zugehörigkeit. Ein wichtiges Motiv sind Erinnerungen. Darüber hinaus spielen Träume, Ängste und Traumata eine Rolle. Eine Mischung aus anregenden, relevanten Themen, die die Story jedoch ein wenig überfrachtet und sie zu einem Zwischending von Liebesgeschichte und Familienroman macht.


    Aufgrund der Zeitsprünge entstehen immer wieder Leerstellen, die nur ansatzweise mit Andeutungen ausgefüllt werden und daher viel Spielraum für eigene Gedanken und Interpretationen lassen. Auf den 250 Seiten hat mich die eher handlungsarme Geschichte nicht durchweg gefesselt. Am meisten packen und berühren konnte mich das letzte Viertel.


    Das hübsche Cover greift zwar nur einen kleinen Teilaspekt des Inhalts heraus und erklärt sich daher nicht sofort, spricht mich optisch aber sehr an. Den prägnanten, metaphorischen Titel halte ich ebenfalls für eine gute Wahl.


    Mein Fazit:

    Mit „Lichtungen“ hat mich Iris Wolff in sprachlicher Hinsicht erneut überzeugt. Auf inhaltlicher Ebene hat der Roman meine hohen Erwartungen allerdings leider nicht ganz erfüllt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Für Valerie Steinberg ist es keine leichte Zeit: Bei ihrer Mutter Christina Kerner wird Krebs diagnostiziert. Obwohl ihre Beziehung zueinander nicht die beste ist, muss Valerie sich plötzlich um sie kümmern. Und ihr 16-jähriger Sohn Tobias will unbedingt ein Auslandsjahr in England verbringen und wird für ihren Geschmack zu früh flügge.


    „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ ist der Debütroman von Felicitas Prokopetz.


    Meine Meinung:

    Aus 48 kurzen Kapiteln setzt sich der Roman zusammen. Erzählt wird im Präsens auf zwei Zeitebenen: einmal in der Gegenwart in personaler Perspektive, einmal in der Vergangenheit in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Valerie.


    Den Schreibstil empfinde ich als gelungen. Die Kombination aus einer reduzierten, aber pointierten Syntax und starken Bildern ist beeindruckend. Dialektale Sätze werden in Fußnoten übersetzt. So wirkt die Sprache gleichermaßen authentisch und bleibt verständlich. Die eingefügten Trauerreden haben sich mir allerdings nicht erschlossen.


    Vier Frauen stehen im Mittelpunkt der Geschichte: Valerie, ihre Mutter Christina und ihre Großmütter Martha und Charlotte. Die Figuren muten realitätsnah an und sind psychologisch gut ausgefeilt.


    Dysfunktionale Verbindungen innerhalb einer Familie sind das vorherrschende Thema des Romans. Anschaulich zeigt die Geschichte auf, wie sich problematische Erziehungsmethoden und Verhaltensweisen über Generationen fortsetzen, wie sich Muster vererben, wie uns die Familie prägt und wie frühe Erfahrungen das weitere Leben stark beeinflussen. Durch den Fokus auf weibliche Figuren werden die Zusammenhänge noch deutlicher.


    Schon nach wenigen Kapiteln hat mich die rund 200 Seiten umfassende Geschichte für sich eingenommen.


    Das farbenfrohe Cover ist optisch ansprechend, inhaltlich aber nur schwer zu entschlüsseln. Der Titel ist reizvoll formuliert und weckt Aufmerksamkeit.


    Mein Fazit:

    Mit ihrem ersten Roman konnte mich Felicitas Prokopetz überzeugen. „Wir sitzen im Dickicht und weinen“ ist eine empfehlenswerte Lektüre mit viel psychologischem Tiefgang.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Colombo (Sri Lanka) im Jahr 1990: Malinda Albert Kabalana, genannt Maali Almeida, erwacht tot in einer himmlischen Einwanderungsbehörde. Der ehemalige Kriegsfotograf, Glücksspieler und promiskuitive Homosexuelle wurde nur 35 Jahre alt. Er wurde ermordet. Doch von wem? Das muss Maali in der Zwischenwelt herausfinden. Die Liste der Verdächtigen ist lang. Und die Zeit arbeitet gegen ihn. Es bleiben ihm im Jenseits nur sieben Tage, um seinen Mörder zu ermitteln…


    „Die sieben Monde des Maali Almeida“ von Shehan Karunatilaka, der mit dem Booker Prize 2022 ausgezeichnet worden ist.


    Meine Meinung:

    Die Struktur des Romans ist durchdacht und schlüssig. Die acht Teile sind in mehrere Kapitel gegliedert. Erzählt wird vorwiegend in der ungewöhnlichen Du-Perspektive.


    Der Schreibstil des Romans ist dialoglastig. Die Sprache ist atmosphärisch und sehr bildhaft. Trotz der ernsten Themen ist der Erzählton zynisch-salopp und ein wenig frech. Das Glossar erklärt einige Namen und Begriffe, lässt für meinen Geschmack allerdings zu viele Lücken.


    Was das Personal angeht, wirkt der Roman überfrachtet. Trotz der angehängten Personenübersicht fällt es bisweilen schwer, den Überblick zu behalten und die richtigen Beziehungen zuzuordnen. Im Mittelpunkt des Romans steht Maali, ein vielschichtig angelegter Antiheld.


    Auf inhaltlicher Ebene ist die Geschichte bizarr, skurril und schrill. Bürgerkrieg, Korruption und allerlei Gräueltaten dominieren. Die fremde Geisterwelt sowie die politischen und gesellschaftlichen Umstände vor mehr als 30 Jahren in Sri Lanka erfordern viel Aufmerksamkeit beim Lesen. Darüber hinaus scheinen die Grenzen zwischen Realität und Fantasie manchmal zu verschwimmen. Nicht alles ist daher leicht oder überhaupt verständlich für westliche Durchschnittsleserinnen und -leser. Wer sich trotzdem darauf einlässt, kann einiges aus der Lektüre ziehen.


    Dank falscher Fährten und Wendungen wird der mehr als 500 Seiten umfassende Roman nicht langweilig. In der Mitte schwächelt die Geschichte zwar etwas. Besonders das erste und das letzte Drittel haben mich jedoch überzeugt. Sehr gespannt war ich auf die Auflösung und das weitere Schicksal des Protagonisten. Das Ende hat mich in beiden Punkten zufrieden gestellt.


    Das farbenfrohe, außergewöhnliche Cover erregt Aufmerksamkeit und passt gut zum Inhalt. Das gilt auch für den deutschen Titel, der wortgetreu aus dem Original übersetzt ist („The Seven Moons of Maali Almeida“).


    Mein Fazit:

    Mit „Die sieben Monde des Maali Almeida“ ist Shehan Karunatilaka ein bunter, besonderer Roman gelungen. Eine herausfordernde, aber lohnenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Tonis Mutter ist seit etwa drei Monaten tot. Die Zehnjährige vermisst sie sehr. Deshalb fasst Toni zusammen mit ihrer besten Freundin YumYum den Plan, der Verstorbenen mit einem selbstgebastelten kosmischen Radio eine Nachricht zukommen zu lassen. In einer sternenklaren Sommernacht wollen die beiden Mädchen ihr Vorhaben heimlich umsetzen…


    „Himmelwärts“ von Karen Köhler ist ein Buch für Kinder ab zehn Jahren.


    Meine Meinung:

    Das Buch besteht aus kurzen Kapiteln, die rückwärts nummeriert sind und mit ihren Überschriften eine Art Countdown darstellen sollen. Erzählt wird im Präsens und in chronologischer Reihenfolge in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Toni.


    Der freche, flotte Schreibstil passt sehr gut zur jungen Zielgruppe. Die Kombination aus Wortneuschöpfungen, Lautmalereien und spritzigen Dialogen ist unterhaltsam und wirkt dennoch authentisch. Stilistisch ist das Buch ebenfalls abwechslungsreich. Zwischen den Kapiteln gibt es Einschübe aus Tonis Notizbuch und dem Freundschaftsbuch.


    Die modernen, farbintensiven Illustrationen von Bea Davies empfinde ich ebenfalls größtenteils als gelungen. Sie greifen Aspekte der Geschichte auf kreative Weise auf.


    Die zwei Protagonistinnen sind interessante und klischeefreie Charaktere. Während sich Toni für Fußball begeistern kann, ist YumYum technisch und mathematisch begabt. Damit sind beide tolle Vorbilder dafür, dass auch Mädchen auf diesen Gebieten gut sein können.


    Inhaltlich dominieren zwei Themenkomplexe: Trauer und Astronomie. Tonis Verlust wird behutsam, kindgerecht und sehr berührend geschildert. Gut gefallen hat mir, dass Technik und Astronomie verständlich erklärt werden und die junge Leserschaft nebenbei noch etwas in diesen Bereichen lernen kann.


    Auf rund 190 Seiten wird die Geschichte in einer unaufgeregten Art und ohne Effekthascherei ausgebreitet. Dennoch kommt dank einer Wendung und interessanten Einfällen beim Lesen keine Langeweile auf.


    Cover und Titel des Kinderbuches sind ansprechend. Sie passen hervorragend zum Inhalt.


    Mein Fazit:

    Auch mit ihrem Kinderbuch hat mich Karen Köhler überzeugt. Für mich ist „Himmelwärts“ eine ebenso unterhaltsame wie bewegende Lektüre mit begrüßenswerten Botschaften, die sich angenehm aus der Masse hervorhebt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3446279229

    Lilu, der kleine Marienkäfer, ist traurig. Alle anderen Artgenossen haben Punkte, nur sie nicht. Was soll sie nur tun? Doch dann trifft Lilu auf einen Mistkäfer…


    „Vom Glück, besonders zu sein“ ist ein Bilderbuch von Bas Kleinhout, geeignet für Kinder ab zwei Jahren.


    Meine Meinung:

    Die Geschichte erstreckt sich über 14 Doppelseiten. Sie wird aus der Perspektive von Lilu erzählt. Das Buch mit den dicken Pappseiten ist robust und lässt sich bereits von den Jüngsten gut umblättern.


    Die kurzen Texte, die mit einer Ausnahme auf beiden Seiten abgedruckt sind, sind einfach gehalten und altersgerecht. Auf komplizierte und spezielle Wörter wird verzichtet, sodass es auch für die Kleinsten leicht verständlich sein sollte.


    Auch die reduzierten, aber aussagekräftigen Illustrationen von Bas Kleinhout passen zur Altersgruppe. Sie sind mal auf eine Seite, mal auf eine Doppelseite angelegt. Die Zeichnungen wirken modern und beinahe minimalistisch, enthalten gleichzeitig jedoch alle wichtigen Details.


    Die Botschaft des Bilderbuchs, die Akzeptanz von Vielfalt, ist zwar nicht mehr einzigartig auf dem Buchmarkt. Allerdings finde ich sie pädagogisch wertvoll und begrüßenswert. Das Motto („Du bist gut, so wie du bist“) ist selbst für Kleinkinder relevant und in diesem Buch in eine kindgerechte Form verpackt. Das Thema ist so allgemein ausgestaltet, dass es viele Mädchen und Jungen erreichen kann.


    Gut gefallen hat mir auch, dass die Handlung zunächst sehr langsam fortschreitet und sich die Geschichte somit gut nachvollziehen lässt. Im weiteren Verlauf hat sie mich dann jedoch nicht mehr komplett überzeugt. Die Begegnung mit dem Mistkäfer fällt zu knapp und oberflächlich aus, um die schnelle Einsicht des Marienkäfers zu erklären. Weitere Beispiele bleiben aus. Wieso es für Lilu ein Glück ist, keine Punkte zu haben, hätte deutlicher gemacht werden können. Zudem erschließt sich die letzte Doppelseite insbesondere Kleinkindern nicht.


    Als gelungen wiederum finde ich das unaufgeregte und inhaltlich sehr passende Cover. Der Titel ist ebenfalls durchaus treffend, wobei mir das niederländische Original („Laila het lieveheersbeestje“) für Kleinkinder die bessere Wahl erscheint.


    Mein Fazit:

    Mit „Vom Glück, besonders zu sein“ hat Bas Kleinhout ein ansprechendes und leicht verständliches Bilderbuch mit nur kleineren Schwächen geschaffen, das schon den Kleinsten Selbstliebe und Diversität vermittelt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3473419052

    Zwei Jahre nach dem mysteriösen Verschwinden ihrer Tochter Tilly gehen Ryan und Elsie Delaney einen drastischen Schritt: Sie dringen in das forensische LAPD-Labor ein, nehmen Geiseln und stellen ein Ultimatum: Wird Tilly nicht gefunden, zerstören sie Beweise anderer ungelöster Fälle. Detective Charlie Hoskins und Polizeibeamtin Lynette Lamb nehmen die Ermittlungen auf…


    „Stunde um Stunde“ ist ein Thriller von Candice Fox.


    Meine Meinung:

    Der Aufbau ist klar und durchdacht. Das Buch ist in 36 Kapitel untergliedert, an die sich ein Epilog anschließt. Es beginnt mit zwei Abschnitten, die man als eine Art Prolog einordnen könnte. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Die Handlung spielt in den USA.


    Die Sprache wirkt durchaus authentisch und anschaulich, bisweilen jedoch etwas vulgär. Stilistisch ist der Thriller abwechslungsreich. Beispielsweise werden mehrfach reine Dialoge eingeschoben. Gut gefallen hat mir der spezielle Humor, der immer wieder durchblitzt.


    Die Figuren sind auch bei diesem Thriller der Autorin gelungen. Die Charaktere erscheinen lebensecht, sind zugleich reizvoll und mit viel psychologischer Tiefe ausgestaltet. Wie schon bei früheren Büchern von Candice Fox sind einige Figuren ungewöhnlich und etwas speziell. Für mich liegt darin eine der Stärken des Thrillers.


    Die Grundidee der Geschichte hat mich diesmal nicht auf Anhieb begeistert, aber trotzdem neugierig gemacht. Dass es um einen Cold Case und insbesondere um das Verschwinden eines Mädchens geht, ist zwar im Vergleich zu den anderen Thrillern der Autorin kein sehr kreatives Thema. Dennoch hat mich der Inhalt auch diesmal nicht enttäuscht.


    Auf rund 470 Seiten bleibt die Geschichte temporeich, fast durchgängig spannend und unterhaltsam. Wendungen und überraschende Entwicklungen machen sie kurzweilig. Auch die Auflösung hat für mich gepasst.


    Das Cover mit den genretypischen Farben ist durchaus originell, was das Motiv angeht. Leider spricht es mich trotzdem nicht an. Der deutsche Titel ist sehr frei aus dem englischsprachigen Original („Fire with Fire“) übersetzt, aber inhaltlich in Ordnung.


    Mein Fazit:

    Mit „Stunde um Stunde“ hat Candice Fox erneut einen überzeugenden Thriller abgeliefert. Obwohl es nicht mein Lieblingsbuch geworden ist, halte ich die neue Geschichte für definitiv empfehlenswert.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.


    ASIN/ISBN: 3518473581

    Sally Holt ist erst 13 Jahre alt ist, als ihre ältere Schwester Kathy bei einem Autounfall ums Leben kommt. Ausgerechnet Billy Barnes, ein angehender Basketballer, ist der Fahrer des Unfallfahrzeugs. Er war mit Kathy zusammen. Nach deren Tod wird er zu Sallys Vertrauten. Eine Zuneigung, die eigentlich nicht sein darf.


    „Und plötzlich warst du fort“ ist ein Roman von Alison Espach.


    Meine Meinung:

    Der Roman gliedert sich in vier Teile, die aus mehreren Kapiteln bestehen. Die Handlung beginnt im Jahr 1998 und umfasst rund 15 Jahre. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Sally.


    Der Schreibstil ist lebhaft, anschaulich und dialoglastig. Die Sprache ist unauffällig und von einer einfacher Syntax geprägt, aber dem Alter der Protagonistinnen und Protagonisten angemessen.


    Sally steht eindeutig im Vordergrund der Geschichte. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr klar und lassen sich gut nachvollziehen. Die übrigen Figuren wirken zwar ebenfalls realitätsnah, sind allerdings psychologisch nicht so intensiv ausgestaltet.


    In inhaltlicher Sicht hat der Roman meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. Zwar konnten Themen wie Schuld und Vergebung, Trauer und Verlust mein Interesse aufrechterhalten. Aufgrund des für mich überraschend jungen Alters der Protagonisten spielen allerdings auch Aspekte aus den Lebensbereichen von Teenagern und sehr jungen Erwachsenen eine wesentliche Rolle, die mich weniger angesprochen haben.


    Auf den rund 400 Seiten ist der Roman unterhaltsam, stellenweise allerdings auch etwas langatmig. Zudem ist die Geschichte weniger berührend als erhofft.


    Das deutsche Cover, das an die US-amerikanische Taschenbuchausgabe angelehnt ist, empfinde ich als recht nichtssagend. Der deutsche Titel weicht hingegen stark vom Original („Notes on Your Sudden Disappearance“) ab.


    Mein Fazit:

    Mit „Und plötzlich warst du fort“ hat Alison Espach einen kurzweiligen, aber nur durchschnittlichen Roman geschrieben, der sein volles Potenzial leider nicht ausschöpft.


    Ich vergebe 3 von 5 Sternen.

    Die Kurstadt Baden-Baden im Jahr 1925: Viele Menschen wollen das Schachturnier im Kurhaus verfolgen. Auch Alma Täuber, das Fräulein vom Amt, und ihre Freundin Emmi hat das Schachfieber gepackt. Bis ein mysteriöser Todesfall nicht nur Almas Aufmerksamkeit fordert…


    „Fräulein vom Amt - Spiel auf Leben und Tod“ von Charlotte Blum ist der dritte Teil der historischen Cosy-Crime-Reihe um Alma Täuber.


    Meine Meinung:

    Der Roman gliedert sich in 16 Kapitel, die von einem Prolog eingeleitet werden. Die Handlung spielt im Jahr 1925 und ist in Baden-Baden verortet. Erzählt wird größtenteils aus der Perspektive von Alma.


    Der Schreibstil ist unauffällig, aber anschaulich und angenehm zu lesen. Die Wortwahl orientiert sich an den sprachlichen Geflogenheiten jener Zeit. Obwohl zwei Autorinnen am Werk waren, wirkt der Text wie aus einem Guss. Ein Glossar erklärt Namen und Begriffe, was die Verständlichkeit erhöht.


    Zwar ist es empfehlenswert, zuerst die beiden ersten Bände der Reihe zu lesen. Doch das Geschehen lässt sich auch ohne Vorkenntnisse problemlos verfolgen.


    Im Vordergrund der Geschichte stehen erneut die sympathische Alma Täuber und Kommissar Ludwig Schiller. Auch andere bereits bekannte Charaktere tauchen wieder auf. Die Figuren machen einen realitätsnahen Eindruck.


    In erster Linie geht es - wie in den Vorgängerbänden - um einen Kriminalfall: wieder ein Mord, der für Spannung und Unterhaltung sorgt. Positiv hervorzuheben ist, dass der Roman darüber hinaus viel Wissenswertes aus jener Zeit mitliefert, und das auf kurzweilige Weise.


    Im Nachwort klären die Autorinnen darüber auf, was sie hinzugedichtet haben und was auf wahren Tatsachen beruht. Dabei wird die fundierte Recherche der beiden deutlich. Die Stadtkarte in den Innenklappen ist ebenfalls sehr nützlich.


    Die rund 350 Seiten sind abwechslungsreich und haben nur wenige Längen. Die Handlung ist größtenteils schlüssig.


    Das nostalgisch anmutende Cover passt gut zum den übrigen Bänden. Auch der Titel fügt sich wieder prima ein und erschließt sich.


    Mein Fazit:

    Auch der dritte Teil der „Fräulein vom Amt“-Reihe von Charlotte Blum ist durchaus lesenswert. Der Roman macht Lust auf weitere Schreibprojekte des Autorinnenduos.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.