Beiträge von auserlesenes

    Übermüdet macht sich April May nachts um 3 Uhr auf den Nachhauseweg. Die 23-jährige Grafikdesignerin hat noch lange gearbeitet und sehnt sich nach ihrem Bett, als sie mitten in Manhattan eine überlebensgroße Roboterskulptur entdeckt. Schnell ist ihr Kumpel Andy Skampt zur Stelle, um ein Video fürs Netz zu drehen von dieser Art Kunstprojekt – so jedenfalls interpretiert es die junge Frau, die das Ding kurzerhand Carl tauft. Als April am nächsten Tag aufwacht, ist das Video über YouTube viral gegangen und wurde überall angeschaut. Mehr noch: Plötzlich sind auch in Dutzenden anderen Städten der Welt solche Carls aufgetaucht. Was hat es bloß mit ihnen auf sich? Unverhofft wird April May zur Expertin für die riesigen Skulpturen deklariert und steht im Zentrum des internationalen Interesses, was nicht nur positive Folgen hat…


    „Ein wirklich erstaunliches Ding“ ist der Debütroman von Hank Green.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 25 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von April May. Dieser Aufbau funktioniert prima.


    Der Schreibstil ist flott, locker, flüssig und anschaulich. Die Sprache ist zum Teil ziemlich flapsig und frech, definitiv recht umgangssprachlich, was aber ganz gut zu dieser Generation passt. Hilfreich für die Lektüre ist die Kenntnis der modernen Jugendsprache. Normalerweise mag ich es nicht, wenn sich der Erzähler an den Leser richtet. In diesem Fall hat mich die direkte Ansprache aber nicht gestört, weil es gut mit dem restlichen Schreibstil harmoniert. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.


    April May, deren Name ich übrigens nicht besonders originell finde, ist ein interessanter Charakter. Mir hat gut gefallen, dass sie als bisexuelle, etwas chaotische, aber durchaus selbstbewusste und aufgeweckte Person beschrieben wird. Auch wenn ich mich nicht in allen Punkten mit ihr identifizieren konnte, habe ich ihre Geschichte ganz gerne verfolgt. Sie wird etwas überspitzt und weniger realitätsnah dargestellt, ist aber eine unterhaltsame Protagonistin.


    Auch inhaltlich wirkt die kreative Geschichte stellenweise übertrieben und abgedreht. Aber im Großen und Ganzen habe ich mich dennoch gut unterhalten gefühlt. Trotz der eher umfangreichen Seitenzahl wird das Lesen nicht langweilig. Es gibt mehrere Überraschungen. Zudem kommt der Humor nicht zu kurz.


    Der wohl größte Pluspunkt des Romans ist seine sehr aktuelle Thematik. Es geht um das Internet, YouTube, die sozialen Medien und alles, was damit zusammenhängt. Dabei wird eine gesellschaftskritische Komponente deutlich: Die Gier nach Klicks, die negativen Folgen, die mit der Berühmtheit im Internet einhergehen können, und die Schnelligkeit, mit der sich Beiträge übers Netz verselbstständigen können, werden dargestellt.


    Das Cover entspricht nicht ganz meinem Geschmack, aber passt zur Geschichte. Positiv hervorzuheben ist, dass sich der Titel stark am amerikanischen Original orientiert.


    Mein Fazit:

    Seinem Bruder John kann Hank Green in schriftstellerischer Hinsicht (noch) nicht das Wasser reichen. Dennoch hat „Ein wirklich erstaunliches Ding“ mir unterhaltsame Lesestunden bereitet.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Nishino Yukihiko fällt es nicht schwer, Frauen kennenzulernen. Fremde, Kolleginnen und andere diverse Bekanntschaften: Immer wieder gelingt es ihm, eine Bettgefährtin zu finden. Nicht selten läuft sogar mit mehreren gleichzeitig etwas. Er ist ein scheinbar guter Liebhaber, doch keine Beziehung kann er lange aufrechterhalten. Obwohl er durchaus an einer ernsthaften Liebe interessiert ist, will sich keine längere Zeit mit ihm binden. Doch woran liegt das?


    „Die zehn Lieben des Nishino“ ist ein gelungener Roman von Hiromi Kawakami.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus zehn Kapiteln – jedes ist einer Frau zugeordnet. Erzählt wird jeweils in der Ich-Perspektive aus der Sicht der früheren Liebschaften Nishinos – allerdings nicht in chronologischer Reihenfolge. Dieser Aufbau gefällt mir sehr gut.


    Auch in sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman beeindruckt. Der Schreibstil ist klar und schnörkellos, aber doch poetisch, bildhaft und eindringlich. Mit nur wenigen Sätzen gelingt es der Autorin viel auszudrücken. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.


    Nishino steht klar im Mittelpunkt der Geschichte. Seine etwas unterkühlte Art und sein häufiges Fremdgehen haben mir ihn nicht gleich sympathisch gemacht. Allerdings ist er ein absolut reizvoller Charakter, der bis zum Schluss etwas geheimnisvoll und unnahbar bleibt. Stück für Stück wird seine Lebensgeschichte enthüllt. Darüber hinaus führt die Autorin zehn recht unterschiedliche Frauen ein. Die Personen wirken durchweg authentisch.


    Obwohl der Leser quasi zehn verschiedene Geschichten in der Geschichte präsentiert bekommt, gibt es durchaus einige Parallelen zwischen den Kapiteln, was sicherlich größtenteils dem Protagonisten geschuldet ist. Auch der Grundton der einzelnen Geschichten, eine gewisse Melancholie, ist allen gemein. Dennoch kommt beim Lesen keine Langeweile auf, was nicht nur an der eher geringen Seitenzahl liegt.


    Inhaltlich steht natürlich die Liebe im Vordergrund, die jedoch nicht auf kitschige Weise dargestellt wird. Dabei gelingt es der Autorin, ein Bild der modernen japanischen Gesellschaft zu zeichnen und zum Nachdenken über die Bedeutung von Liebesbeziehungen anzuregen.


    Das Cover und die hochwertige Aufmachung der gebundenen Ausgabe gefallen mir optisch sehr gut, wobei ich den thematischen Bezug nicht erkennen kann, weil im Buch nur Goldfische, aber keine Kois auftauchen. Den Titel finde ich allerdings ziemlich passend.


    Mein Fazit:

    „Die zehn Lieben des Nishino“ von Hiromi Kawakami ist ein ungewöhnlicher Roman der leisen Töne, der mich begeistern konnte. Ich werde mir nun auch die anderen Bücher der Autorin einmal genauer ansehen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Paris im Jahr 1927: Der bekannte französische Bankier Marcel Péricourt stirbt und wird zu Grabe getragen. Seine 36-jährige Tochter Madeleine steht plötzlich alleine an der Spitze des Bankenimperiums. Ihr Exmann sitzt nach einem landesweiten Skandal im Gefängnis, ihr Sohn Paul (7) ist nach einem Sturz querschnittsgelähmt. In einer Zeit, in der Frauen wenig Rechte haben, buhlen Gustave Joubert, der Prokurist der Bank, Charles Pericourt, Madeleines verschwenderischer Onkel, und André Delcourt, ihr Liebhaber mit dichterischen Ambitionen, um die Gunst der Erbin. Währenddessen arbeiten die Neider auf das Verderben der Familie hin. Doch Madeleine hat keineswegs vor aufzugeben und verfolgt ihren eigenen Plan…


    „Die Farben des Feuers“ von Pierre Lemaitre ist ein ungewöhnlicher historischer Roman.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 44 Kapiteln mit einer angenehmen Länge sowie einem Epilog. Ein Teil der Handlung spielt in den Jahren 1927 bis 1930. Der überwiegende Teil der Geschichte ist im Jahr 1933 angesiedelt. Dabei gibt es immer wieder Rückblenden. Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von Madeleine, sondern von mehreren Personen. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist ungewöhnlich, was ich grundsätzlich gut finde. In diesem Fall tendiere ich aber eher dazu, ihn nicht zu mögen - obwohl ich zugeben muss, dass der Autor es versteht, mit Sprache umzugehen. Die wiederkehrende direkte Ansprache des Lesers sagt mir nicht zu. Viele Sprünge und einige Abschweifungen machen das Lesen zudem etwas anstrengend. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir jedoch leicht.


    Im Mittelpunkt steht mit Madeleine eine Protagonistin, die mir nicht besonders sympathisch war. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt ließ sich jedoch gut nachvollziehen. Auch mit vielen der übrigen Charaktere werde ich nicht warm. Positiv anzumerken ist jedoch, dass die meisten Personen authentisch wirken und detailliert dargestellt werden.


    Das Setting und die Grundidee der Geschichte haben mich sofort angesprochen. Auf gelungene Weise werden Fakten und Fiktion miteinander verwoben. In vielen Einzelheiten zeigt sich die fundierte Recherche des Autors. Die Handlung nimmt dabei nur langsam Fahrt auf, die Spannung steigert sich aber. Trotz der recht hohen Seitenzahl hat der Roman nur wenige Längen.


    Das stimmungsvolle Cover passt gut in die beschriebene Zeit und ist ansprechend gestaltet. Der deutsche Titel ist nicht nur treffend gewählt, sondern auch erfreulich nah am französischen Original.


    Mein Fazit:

    „Die Farben des Feuers“ von Pierre Lemaitre ist eine Lektüre, die sich vor allem für geschichtlich und politisch interessierte Leser eignet. Ein historischer Roman, der für mich nicht ganz an „Drei Tage und ein Leben“ desselben Autors heranreicht, aber unterhaltsame Lesestunden bereitet.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Paris im Jahr 1948: Ein 71-jähriger Psychiater hat nur noch wenige Monate bis zu seinem Ruhestand. Er kann es kaum erwarten und zählt bereits die letzten Tage. Die Probleme seiner Patienten sind ihm egal geworden, die Arbeit langweilt ihn. Er möchte auf keinen Fall noch weitere Termine einschieben. Doch Agathe Zimmermann, eine Frau in ihren Vierzigern, ist hartnäckig und lässt sich einfach nicht von seiner Sekretärin, Madame Surrugue, abwimmeln. Durch die Treffen mit der gebürtigen Deutschen verändert sich für ihn alles…


    „Agathe“ ist der gelungene Debütroman von Anne Cathrine Bomann.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus fast 40 kurzen Kapiteln mit jeweils knappen Überschriften. Eingefügt sind Auszüge aus Agathes Krankenakte sowie weitere Notizen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht des Psychiaters. Dieser Aufbau funktioniert prima.



    Der Schreibstil ist sehr besonders. Er ist reduziert, aber dennoch gut verständlich, einfühlsam und eindringlich. Die Sprache ist bildstark und stellenweise poetisch. Der Autorin gelingt es auf beeindruckende Weise, mit nur wenigen Worten viel auszudrücken. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.


    Im Mittelpunkt steht – anders als es der Romantitel vermuten lässt – nicht die Frau, sondern der gealterte Psychiater. Nichtsdestotrotz spielt Agathe natürlich in der Geschichte eine sehr wichtige Rolle. Beide sind recht spezielle, aber reizvolle Charaktere, die mit ihrer liebenswerten Art meine Sympathie gewinnen konnten. Ihre Darstellung wirkt authentisch.


    Das Setting hat mir sehr gut gefallen. Im Vordergrund stehen die Themenbereiche Psychologie und Philosophie. Dabei geht es sowohl um psychische Erkrankungen als auch um Lebensweisheiten. Dies macht den Roman zu einer tiefgründigen Lektüre, die zum Nachdenken animiert. Dazu passt die oft melancholisch anmutende Atmosphäre.


    Allerdings stimmt der Roman nicht nur ernste, sondern auch heitere Töne an. Mehrfach konnte mich die Geschichte emotional berühren, denn es tauchen immer wieder universelle Aspekte wie Liebe, Freundschaft und Nähe auf.


    Eine weitere Stärke des Romans ist es, dass er viel Raum für eigene Interpretationen und Gedanken lässt. Die schöne Botschaft der Geschichte wird dabei jedoch klar deutlich: Auch die kleinen Dinge des Lebens können glücklich machen.


    Das Cover finde ich sehr hübsch. Ein indirekter Bezug zur Geschichte ist erkennbar. Der prägnante Titel wurde von dem Original übernommen.



    Mein Fazit:

    „Agathe“ von Anne Cathrine Bomann ist ein kurzer, aber besonderer Roman. Die Geschichte verfügt über viel Charme und zählt schon jetzt zu meinen Lesehighlights des Jahres. Eine empfehlenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Berlin im Kriegsjahr 1942: Friedrich, ein stiller junger Mann aus wohlhabendem Haus, kommt nach Nazi-Deutschland. In einer Kunstschule trifft der Schweizer, dessen Mutter sich als Künstlerin definiert, die attraktive Kristin. Die Blondine nimmt Friedrich mit in die verbotenen Jazzclubs. Sie singt. Beide trinken und feiern zusammen. Bei ihr kann er sich einbilden, der Krieg sei weit weg. Die beiden werden zu einem Paar. Doch eines Morgens klopft Kristin an seine Tür, verletzt, mit Striemen im Gesicht. Sie gesteht: „Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt." Sie heißt Stella, ist Jüdin und hat ein furchtbares Geheimnis…


    „Stella“ von Takis Würger ist ein sehr besonderer historischer Roman.


    Meine Meinung:

    Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Friedrich. Jedes Kapitel beginnt mit einer Aufzählung von historischen Ereignissen in diesem Monat. Eingebettet sind Briefe und die protokollierten Zeugenaussagen aus einem Prozess. Darüber hinaus endet der Roman mit einem Epilog. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil wirkt recht reduziert und schnörkellos, aber dennoch intensiv und fesselnd. Mit nur wenigen Worten und Sätzen entfaltet sich immer wieder eine Sprachgewalt, die das Können des Autors eindrucksvoll demonstriert. Viel wörtliche Rede, eine dichte Atmosphäre und pointierte Formulierungen kennzeichnen den Roman.


    Mit Friedrich und Stella stehen zwei reizvolle, recht unterschiedliche Charaktere im Mittelpunkt. Beide habe ich als interessant empfunden. Auch die übrigen Personen wirken authentisch.


    Fakten und Fiktion werden auf gekonnte Weise miteinander verwoben. Gut gefallen hat mir, dass der Roman mit Stella Goldschlag eine historische Persönlichkeit in den Fokus nimmt: die jüdische Gestapo-Kollaborateurin, die während des Zweiten Weltkriegs versteckte Juden in Berlin aufspürte und sie denunzierte. Der Roman hat mich dazu inspiriert, mehr über diese Frau erfahren zu wollen.


    Darüber hinaus bietet die Geschichte viel Stoff zum Diskutieren und Nachdenken. Es geht um Schuld, Verrat, Moral, Liebe und den Kampf ums Überleben in einer grausamen Zeit. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wie hätte ich selbst gehandelt? Das macht den Roman zu einer anspruchsvollen und schwer verdaulichen, aber auch lohnenden Lektüre.


    Das kontrastreiche Cover und die tolle Aufmachung des Hardcovers sind äußerst gelungen. Auch der prägnante Titel passt gut zum Inhalt und trifft meinen Geschmack.


    Mein Fazit:

    „Stella“ von Takis Würger ist ein sprachlich herausragender, aufwühlender und berührender Roman. Eine beeindruckende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann und die noch eine Weile bei mir nachhallen wird.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    In Redwood, einer Kleinstadt im US-Staat Oregon, betreibt Cade O’Grady, Ende 20, mit seinen Brüdern eine Tierarztpraxis. Als die attraktive Avery Stowe nach einer desaströsen Ehe mit ihrer autistischen Tochter Hailey aus dem sonnigen Kalifornien in die Stadt zieht, um in der Nähe ihrer Mutter Justine Berry zu sein, und einen Job am Empfang der Tierklinik beginnt, stellt sie sowohl die Praxis als auch sein Gefühlsleben ganz schön auf den Kopf…


    „Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick“ ist der erste Band der Redwood-Love-Trilogie von Kelly Moran.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 26 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird chronologisch abwechselnd aus der Perspektive von Avery und Cade. Die Übergänge sind gelungen. Der Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist locker, flüssig und anschaulich. Als störend empfand ich nur einige Wortwiederholungen. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.


    Die Protagonisten waren mir auf Anhieb sympathisch. Vor allem Hailey, die nicht spricht, konnte mich mit ihrer liebenswerten Art bezaubern. Auch das Tierarzt-Trio bietet in Hinsicht auf die Charaktere eine interessante Grundlage. In Bezug auf die Authentizität weist der Roman jedoch ein paar kleinere Schwächen auf. Cade wirkt an vielen Stellen einfach zu perfekt, sodass ich den Charakter nicht als sehr realitätsnah empfunden habe. Auch viele der Kleinstadtbewohner sind für meinen Geschmack zu stark idealisiert dargestellt.


    Die Idee, eine alleinerziehende Mutter mit autistischer Tochter in den Mittelpunkt zu stellen, finde ich originell und schön. Gut gefallen hat mir, dass das Thema Autismus in der Geschichte viel Aufmerksamkeit bekommt, denn das trägt dazu bei, dass Barrieren abgebaut werden. Dadurch unterscheidet sich der Roman auf erfrischende Art von anderen Büchern des Genres. Nicht nur wegen dieses Aspektes, sondern auch wegen anderer ernster Thematiken regt die Geschichte zum Nachdenken an. Dabei wird das Buch aber nicht zu deprimierend, denn auch humorvolle Momente sind immer wieder eingestreut. Insgesamt konnte mich die Geschichte emotional berühren.


    Trotz der eher hohen Seitenzahl kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn der Roman hält die eine oder andere Überraschung parat.


    Das Cover ist ansprechend und modern gestaltet. Es gefällt mir bei Weitem besser als das amerikanische Original, das sehr kitschig und altbacken wirkt. Auch der deutsche Titel ist treffender gewählt als die US-Version („Puppy Love. Redwood Ridge“).


    Mein Fazit:

    Wer eine unterhaltsame Wohlfühlgeschichte mit liebenswerten Charakteren sucht, der ist beim Roman „Redwood Love – Es beginnt mit einem Blick“ von Kelly Moran an der richtigen Adresse. Das Buch hat mir schöne Lesestunden beschert. Vermutlich werde ich mir auch noch die beiden anderen Bände der Reihe genauer anschauen.


    ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Washington DC im Jahr 2010: Seit zwölf Jahren ist die Zwillingsschwester von Jenna Williams, einer Assistenzprofessorin, verschwunden. Angeblich ist sie bei einem Badeunfall im Meer bei Südkorea ums Leben gekommen. So jedenfalls steht es in dem Bericht der Polizei. Als Expertin für Land und Sprache überredet das CIA Jenna zu einer geheimen Mission, die sie nach Nordkorea schickt. Die 30-Jährige, eine Halbkoreanerin mit afroamerikanischen Wurzeln, ist fest entschlossen, die vermisste Schwester zu finden…


    „Stern des Nordens“ von D.B. John ist ein spannender und erschütternder Thriller.


    Meine Meinung:

    Das Buch besteht aus 57 kurzen Kapiteln. Sie werden von einem Pro- und einem Epilog eingerahmt. Erzählt wird aus der Sicht unterschiedlicher Personen, was zu mehreren Erzählsträngen führt. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von 1998 bis 2012 und springt zwischen mehreren Orten hin und her. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist flüssig, angenehm, detailliert und anschaulich. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht. Ich habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt.


    Im Mittelpunkt des Thrillers steht Jenna Williams, die während der Geschichte eine ziemliche Entwicklung durchmacht. Auch Frau Moon, eine Bäuerin in der Provinz, und Cho, ein treuer Parteifunktionär des nordkoreanischen Regimes, sind reizvolle Charaktere.


    Die Geschichte nimmt nach dem spannenden Prolog zu Beginn nur langsam Fahrt auf, wird aber stetig spannender. Beim Lesen habe ich mich zu keiner Zeit gelangweilt. Die Auflösung ist überzeugend und schlüssig. Allerdings wird die Handlung zum Ende hin unnötigerweise etwas übertrieben und überzogen, was den insgesamt sehr positiven Gesamteindruck ein wenig schmälert.


    Das Setting Nordkorea hat mich sehr angesprochen und ich habe gerne mehr über das Land und die dortigen Verhältnisse erfahren. Mir gefällt sehr gut, dass sich der Thriller sehr nah an wahren Begebenheiten orientiert und eine Thematik aufgreift, die in der westlichen Unterhaltungsliteratur wenig behandelt wird. Gekonnt werden Fakten und Fiktion verwoben. An vielen Stellen wird die fundierte Recherche des Autors deutlich.


    Ein Pluspunkt ist auch das Zusatzmaterial. Ein Glossar erklärt nordkoreanische Wörter im Buch. Sehr interessant und lesenswert sind darüber hinaus die zusätzlichen Anmerkungen am Ende des Thrillers, die das Geschehen im Buch einordnen und die tatsächlichen Gegebenheiten schildern.


    Die dargestellten Lebensumstände in Nordkorea sind aufwühlend und bewegend. Aspekte wie der Alltag in einem Arbeitslager, Exekutionen und andere Grausamkeiten werden aufgegriffen. Somit regt der Thriller auch zum Nachdenken an.


    Das stimmungsvolle Cover gefällt mir. Der deutsche Titel lehnt sich am englischsprachigen Original an und passt ebenfalls gut.


    Mein Fazit:

    Mit „Stern des Nordens“ ist D.B. John ein Thriller gelungen, der nicht nur unterhalten, sondern auch berühren kann. Er hat für spannende und informative Lesestunden gesorgt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Bei einem Unglück wird seine Frau Beth völlig überraschend aus dem Leben gerissen. Für Harry Crane, Ende 30, bricht eine Welt zusammen, zumal er sich selbst die Schuld an ihrem Tod gibt. In den tiefen Wäldern von Pennsylvania will er für immer verschwinden, denn er liebt Bäume. Doch dann trifft er dort auf die zehnjährige Oriana Jeffers. Sie hat ebenfalls einen Verlust erlitten, weil ihr Vater Dean auch sehr plötzlich gestorben ist. Ihre Mutter Amanda hat ihr erklärt, dass ihm ein Aneurysma im Gehirn zum Verhängnis wurde. Doch das Mädchen will nicht akzeptieren, dass ihr Daddy tatsächlich tot sein soll. Sie ist überzeugt davon, dass Dean nur verwandelt wurde. Und um den Zauber zu brechen, muss Harry ihr helfen…


    „Die wundersame Mission des Harry Crane“ ist ein ungewöhnlicher Roman von Jon Cohen.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 37 Kapiteln sowie einem Epilog. Erzählt wird aus unterschiedlichen Perspektiven, vorwiegend jedoch aus der Sicht von Harry und der von Oriana. Eingefügt sind ein Zeitungsausschnitt, Teile des „ Buchs des alten Grumm“ und mehrere Zeichnungen. Dieser Aufbau gefällt mir gut.


    Den Schreibstil habe ich als sehr angenehm, einfühlsam und anschaulich empfunden. Schöne Sprachbilder und Metaphern kommen immer wieder vor. Es fiel mir leicht, in die Geschichte einzutauchen, und ich habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.


    Obwohl Harry und Oriana jeweils auf ihre Art ein wenig anders sind, habe ich beide schon nach kurzer Zeit in mein Herz geschlossen. Beide Charaktere sind eher introvertiert, sensibel und etwas verträumt. Ihnen gemeinsam ist auch, dass sie viel Fantasie haben. Die Gedanken- und Gefühlswelt der beiden wird sehr gut deutlich. Obwohl sie altersmäßig nicht zueinander passen, hat mir die Wahl der zwei Hauptprotagonisten sehr zugesagt. Auch einige Nebenfiguren finde ich sehr sympathisch.


    Die Themen Liebe, Trauer und Verlust sorgen dafür, dass mich das Buch immer wieder berühren konnte. Ein Pluspunkt des Romans ist es, dass es nicht nur bei den ernsten, dunklen Tönen bleibt, sondern dass die Geschichte auch eine positive, lebensbejahende Botschaft vermittelt. Dabei spielt die märchenhafte Komponente eine wichtige Rolle. Sie lässt das Licht am Horizont erblicken und macht den Roman gleichzeitig zu etwas Besonderem. Trotz der recht hohen Seitenzahl und der eher langsamen Art des Erzählens kommt beim Lesen keine Langeweile auf.


    Das sehr gelungene deutsche Cover orientiert sich am Original. Es trifft absolut meinen Geschmack. Der Titel weicht dagegen stark von der englischsprachigen Version („Harry’s Trees“) ab, passt aber dennoch auch gut.


    Mein Fazit:

    „Die wundersame Mission des Harry Crane“ von Jon Cohen erzählt eine kreative und märchenhaft anmutende Geschichte, die ich in einer ähnlicher Weise noch nicht gelesen habe. Ein empfehlenswerter Roman, der mich emotional bewegen konnte.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Der kleine Küstenort Tenby in den 1950er-Jahren: Die junge Chloe Samuels verbringt ihre Sommerferien jeweils im Süden von Wales. Bei ihr ist oft ihr Sandkastenfreund LLew, ein kluger Junge aus armen Verhältnissen. Er ist heimlich in Chloe verliebt, aber ein dramatischer Vorfall bringt die beiden auseinander. Sie sehen sich nie wieder und können sich doch nicht vergessen.

    London, 50 Jahre später: Die 39-jährige Nora folgt einer Vision. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten Simon kündigt sie nun spontan ihren Job als Büroleiterin an der Uni und ihre Wohnung. Zum Ärger ihrer 75-jährigen Mutter Jasmine geht sie nach Tenby, um sich auf die Spuren ihrer Familie zu begeben. Was verbindet die Frauen? Welchem dunklen Geheimnis kommt Nora näher? Was verheimlicht ihre Mutter? Und was hat ihre 93-jährige Großmutter damit zu tun?


    „Die Sonnenschwestern“ ist ein Familienroman von Tracy Rees.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus mehreren kurzen Kapiteln, die von einem Pro- und einem Epilog eingerahmt werden. Die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Perspektiven erzählt: der von Nora und der von Chloe. Cliffhanger am Ende der Abschnitte animieren zum Weiterlesen. Darüber hinaus gibt es zwei Zeitebenen: die jüngere Vergangenheit und die Geschehnisse, die 50 Jahre zurückliegen. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist anschaulich, flüssig und angenehm zu lesen. Durch viel wörtliche Rede und atmosphärische Beschreibungen wirkt das Geschehen sehr lebhaft. Ich konnte gut in die Geschichte eintauchen.


    Im Mittelpunkt stehen die interessanten Hauptprotagonistinnen Nora und Chloe. Die Gefühls- und Gedankenwelt der beiden wird sehr gut deutlich. Während mir Chloe schnell sympathisch war, konnte ich mich mit Nora anfangs weniger identifizieren. Jedoch macht Letztere eine positive Entwicklung durch, was mir gut gefallen hat. Auch die übrigen Charaktere werden detailliert und lebensnah dargestellt.


    Die Geschichte kommt nur langsam in Fahrt und hat einige Längen. Es braucht eine Weile, bis sich die Spannung steigert. Dennoch ist die Handlung unterhaltsam und die Auflösung absolut schlüssig. Inhaltlich konnte mich der Roman außerdem berühren.


    Viel Wert legt die Autorin glücklicherweise auf historische Details. Sie belegen die fundierte Recherche. Weitere Pluspunkte sind für mich das kleine Glossar mit walisischen Begriffen und ein Rezept.


    Das Cover ist ansprechend gestaltet. Der deutsche Titel ist allerdings leider nicht so treffend wie das englische Original („The hourglass“).


    Mein Fazit:

    „Die Sonnenschwestern“ ist ein bewegender Roman von Tracy Rees, der unterhaltsame Lesestunden bereitet. Vor allem für Fans von Familiengeschichten eine empfehlenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Berlin im August 1831: Die Cholera greift in Deutschland um sich. Als auf einem Kahn auf der Spree der Schiffer Hans Mater qualvoll stirbt, kommt die heimtückische Krankheit auch in der Charité an. In dem Krankenhaus versuchen Professor Johann Friedrich Dieffenbach, ein Chirurg, und seine Kollegen mit Hochdruck, Überträger und Heilmittel auszumachen. Neben dem Kampf um das Überleben Tausender Menschen kommt er Gräfin Ludovica näher, die mit einem Hypochonder verheiratet ist. Auch Hebamme Martha Vogelsang leidet unter ihrer Ehe. Um ihrem Sohn August eine bessere Zukunft zu bieten, verdingt sie sich im Totenhaus der Charité. Und dann ist da noch die 19-jährige Krankenwärterin Elisabeth Bergmann, die nicht nur ihre Liebe für die Medizin, sondern auch die zu einem jungen Arzt entdeckt…


    „Die Charité: Hoffnung und Schicksal“ ist der erste Band der Reihe um das bekannte Krankenhaus von Ulrike Schweikert.


    Meine Meinung:

    Nach dem Prolog ist der Roman in mehrere Bücher unterteilt, die wiederum aus mehreren Kapiteln bestehen. Erzählt wird aus der Perspektive verschiedener Personen. Dieser Aufbau funktioniert gut.


    Der Schreibstil ist nicht nur flüssig und angenehm, sondern auch eindringlich und anschaulich. Durch detaillierte Beschreibungen wird eine lebendige Atmosphäre geschaffen, die mich schnell in die Geschichte eintauchen ließ.


    Aufgrund der Vielzahl an Personen, die im Roman auftauchen, fiel mir vor allem anfangs eine Orientierung nicht besonders leicht. Dadurch lernt man allerdings auch etliche interessante Charaktere kennen. Vor allem Hebamme Martha und Pflegerin Elisabeth waren mir schon nach kurzer Zeit sympathisch. Sie werden liebevoll und warmherzig charakterisiert. Auch die übrigen Personen bleiben nicht blass, sondern werden detailliert und realitätsnah geschildert.


    Trotz der recht hohen Seitenzahl wirkt die Geschichte nur an wenigen Stellen etwas langatmig. Überwiegend ist die Handlung abwechslungsreich und unterhaltsam. Vor allem die unterschiedlichen Leiden der Patienten und deren dramatische Geschichten, aber auch die Schicksale der Protagonisten sorgen für vielerlei bewegende Momente.


    Ein Pluspunkt ist für mich, dass im Roman historische Fakten mit Fiktion verwoben werden. Neben erfundenen Charakteren greift die Autorin auf belegbare Persönlichkeiten wie Dr. Dieffenbach zurück. Darüber hinaus wird ihre fundierte Recherche an vielen Stellen deutlich, denn die Umstände in der damaligen Zeit, die Anfänge der moderneren Medizin und andere historische Tatsachen werden auf kurzweilige Weise erklärt. Somit ist die Lektüre auch lehrreich.


    Das Cover wirkt ein wenig kitschig, passt inhaltlich aber sehr gut. Auch der Titel ist treffend gewählt.


    Ich habe die Geschichte als ungekürzte Lesung gehört. Dabei hat Sprecherin Beate Rysopp einen guten Job gemacht.


    Mein Fazit:

    „Die Charité: Hoffnung und Schicksal“ von Ulrike Schweikert ist ein gelungener Roman, der nicht nur Geschichtsfans schöne Lese- oder Hörstunden beschert. Auf die Fortsetzung der Reihe bin ich gespannt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Théo Lubin ist erst zwölfeinhalb Jahre alt und hat bereits ein Alkoholproblem. Seine Eltern haben sich scheiden lassen. Nun kümmert sich der Junge um die unglückliche Mutter und den vereinsamten Vater. Théos Lehrerin Hélène bekommt mit, dass etwas mit dem stillen Schüler nicht stimmt. Doch ihre Beobachtungen nimmt niemand so richtig ernst. Auch Thèos Freund Mathis Guillaume weiß nicht, was er tun soll, denn sein eigener älterer Bruder besorgt den Alkohol und plant ein gefährliches Spiel, das Théo das Leben kosten könnte…


    „Loyalitäten“ ist ein berührender Roman von Delphine de Vigan.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus einigen kurzen Abschnitten. Im Wechsel werden die Kapitel aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt: Lehrerin Hélène (Ich-Perspektive), Théo, Mathis und Cécile (ebenfalls Ich-Perspektive). Dieser Aufbau ist gut durchdacht.


    Der besondere Schreibstil ist eindringlich, einfühlsam und gleichzeitig intensiv. In sprachlicher Hinsicht tritt das ganze Können der Autorin zutage. Schnell entfaltet die Geschichte eine Sogwirkung, der ich mich nur schwer entziehen konnte, sodass ich das Buch nur ungern zur Seite gelegt habe.


    Die Charaktere wirken sehr lebensnah, haben sie doch alle ihre Ecken und Kanten. Durch den Perspektivwechsel kann man sich gut in sie hineindenken und ihr Verhalten nachvollziehen.


    Auch inhaltlich konnte mich der Roman überzeugen, denn trotz der eher wenigen Seiten mangelt es ihm nicht an Tiefgang. Eine Stärke ist es, dass gesellschaftskritische Komponenten nicht fehlen. Dabei geht es nicht nur um die Alkoholkonsum von Minderjährigen. Auch wichtige zwischenmenschliche Aspekte wie Liebe, Treue, Vertrauen, Schuld und andere Verflechtungen werden beleuchtet. Dabei dreht es sich um die Folgen der Loyalitäten, jene unsichtbare Verbindungen, die alle Personen betreffen. Dadurch regt die Geschichte zum Nachdenken an.


    Trotz der ernsten Themen wird die Handlung nicht langweilig, sondern bleibt bis zum Ende spannend und fesselnd. Zudem gelingt es der Autorin, mit der Geschichte zu bewegen und betroffen zu machen.


    Das schlichte, aber ansprechende Cover und der kurze, prägnante Titel, der sich stark am französischen Original („Les loyautés“) orientiert, passen nach meiner Ansicht dazu hervorragend.


    Mein Fazit:

    „Loyalitäten“ von Delphine de Vigan ist ein gelungener Roman über Themen, die uns alle angehen. Eine empfehlenswerte Lektüre, die nachdenklich macht und noch eine Weile bei mir nachklingen wird.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Seit 26 Jahren sind Max und Tina ein Paar. Auf einem Alpenpass rutscht ihr Auto bei heftigem Schnee in den Graben, die beiden werden eingeschneit. Also erzählt Max seiner Tina eine Geschichte: Jakob Boschung, ein armer Hirtenjunge, trifft im Greyerzerland in der Schweiz im Jahr 1779 auf die wohlhabende Bauerstochter Marie-Françoise Magnin. Für den damals 22-Jährigen und die 19-Jährige ist es Liebe auf den ersten Blick, doch der Vater der jungen Frau ist gegen die Verbindung. Jakob geht für mehrere Jahre zum Militär, während Marie auf ihn wartet. Doch auch bei seiner Rückkehr stoßen die Verliebten auf Widerstände…


    „Königskinder“ ist ein Roman von Alex Capus, der in die Zeit vor und während der Französischen Revolution entführt.


    Meine Meinung:

    Der Roman ist nicht in Kapitel untergliedert, aber in etliche Abschnitte aufgeteilt. Dabei gibt es zwei Ebenen: Einerseits die Gegenwart, die im Präteritum erzählt wird und in der Max Tina die Geschichte erzählt, und andererseits die lange vergangenen Geschehnisse um Jakob und Marie, die im Präsens geschildert werden. Trotz der Wechsel zwischen den beiden Strängen fällt es nicht schwer, den Überblick zu behalten.


    Sprachlich konnte mich der Roman absolut überzeugen. Der Schreibstil ist sehr angenehm, anschaulich, einfühlsam und stellenweise poetisch. Die Sprache passt sich den unterschiedlichen Zeitebenen an. Durch viel wörtliche Rede und gelungene Beschreibungen entsteht ein bildhafter Erzählstil.


    Im Vordergrund des Romans stehen die beiden Paare. Jakob und Marie sind sehr sympathische Protagonisten, deren Geschichte mich fesseln und bewegen konnte. Beide Charaktere sind interessant und wirken authentisch. Realitätsnah wird auch die Interaktion von Max und Tina dargestellt, wobei die beiden jedoch recht blass bleiben. Durch die Dialoge wird zwar ein gutes Bild auf deren Beziehung geworfen. Darüber hinaus erfährt man allerdings leider recht wenig über sie.


    Obwohl der Roman ein Werk der leisen Töne ist, kommt beim Lesen keine Langeweile auf – und das liegt nicht nur an der eher geringen Seitenzahl. Das Buch beinhaltet nämlich eine Menge Witz und interessante Infos. Ein Pluspunkt ist für mich, dass die Geschichte um Jakob und Marie auf einer wahren Begebenheit basiert. Im Roman wird auf einige historische Details wie die Zustände am Hof von Ludwig XVI. in Versailles eingegangen, so dass die Lektüre nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich ist. In vielen Details zeigt sich die fundierte Recherche des Autors.


    Das optisch ansprechende Cover passt meiner Ansicht nach gut zum Inhalt. Auch den Titel finde ich treffend.


    Mein Fazit:

    „Königskinder“ von Alex Capus ist ein unterhaltsamer und bewegender Roman, der für schöne Lesestunden sorgt. Eine kurze, aber empfehlenswerte Lektüre.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Die 96-jährige Doris Alm lebt in Stockholm und ist auf die Hilfe von Pflegekräften angewiesen, als sie einen Blick zurück auf ihr Leben wirft. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen im Schweden der 1920er-Jahre, erhält sie im Alter von zehn Jahren von ihrem Vater Eric ein rotes Adressbuch als Geschenk. Darin soll sie die Menschen verewigen, die ihr etwas bedeuten. Auch im hohen Alter passt sie gut darauf auf. Sie beschließt, für ihre Großnichte Jenny anhand der Einträge im Adressbuch die Geschichte ihres sehr bewegten Lebens niederzuschreiben…


    „Das rote Adressbuch“ ist der berührende Debütroman von Sofia Lundberg.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 37 eher kurzen Kapiteln und endet mit einem Epilog. Passagen aus der Gegenwart wechseln sich mit solchen aus der Vergangenheit ab, wobei die Übergänge gut markiert sind. Die Erinnerungen von Doris werden in der Ich-Perspektive erzählt. Die unterschiedlichen Episoden werden mit Namen aus dem Adressbuch überschrieben. Der Aufbau ist durchdacht und funktioniert prima.


    Der Schreibstil ist nicht nur angenehm und flüssig, sondern auch sehr einfühlsam und gefühlvoll. Mit einem liebevollen Blick für Details und die Hauptprotagonistin wird viel Atmosphäre transportiert. Schnell bin ich in die Geschichte eingetaucht und habe das Buch nur ungerne zur Seite gelegt.


    Im Mittelpunkt des Romans steht Doris Alm, die ich als Hauptcharakter wegen ihrer sympathischen Art schon nach wenigen Seiten in mein Herz geschlossen habe. Sie wirkt ebenso authentisch wie die übrigen Personen. Zwar bleiben viele der Nebenfiguren dagegen blass. Dies hat mich jedoch beim Lesen nicht gestört.


    Die Handlung ist dank der unterschiedlichen Episoden in Doris‘ Leben abwechslungsreich. Die Geschichte bleibt kurzweilig und konnte mich fesseln.


    Eine Stärke des Romans ist es, dass er sehr emotional und bewegend ist. Es geht um Themen wie Liebe und Glück, aber auch um Verlust, Trauer und Einsamkeit. Immer wieder sind Lebensweisheiten eingeflochten. Dadurch regt die Geschichte zum Nachdenken an und wird wohl noch eine Weile bei mir nachklingen.


    Die Grundidee hat mich gleich angesprochen. Schön finde ich, dass die Geschichte sogar auf einer wahren Persönlichkeit basiert, der unverheirateten und inzwischen verstorbenen Großtante der Autorin, die ebenfalls Doris hieß.


    Sehr gut gefällt mir auch das Cover, das sich optisch an das rote Adressbuch anlehnt und sehr hübsch gestaltet ist. Der deutsche Titel ist erfreulicherweise sehr wortgetreu aus dem Schwedischen übersetzt und passt natürlich inhaltlich auch hervorragend zur Geschichte.


    Mein Fazit:

    „Das rote Adressbuch“ von Sofia Lundberg ist ein gelungener Roman, der mich bewegen und überzeugen konnte. Ich kann die Geschichte wärmstens empfehlen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Branchville Anfang der 1920er-Jahre: Gertrude Pardee führt ein hartes Leben. Ihr Mann Alvin ist ein gewalttätiger Säufer, die Familie lebt in solch ärmlichen Verhältnissen, dass auch die Töchter hungern müssen. Wirtschaftlich besser geht es Plantagenbesitzerin Annie Coles, die jedoch auch mit persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Und dann ist da noch ihre farbige Haushälterin Oretta Bootles, kurz Retta, in erster Generation von der Sklaverei befreit. Alle drei Frauen wirken zunächst sehr verschieden, doch sie haben den Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung gemeinsam. Und dann passiert etwas, das sie zusammenbringt…


    „Alligatoren“ ist der berührende Debütroman von Deb Spera, der in den Südstaaten zu der Zeit vor der großen Wirtschaftskrise spielt.


    Meine Meinung:

    Das Buch besteht aus fünf Teilen, die mehrere Kapiteln beinhalten, sowie einem Epilog. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive – und zwar im Wechsel aus der Sicht von Gertrude, Annie und Retta. Zunächst haben die drei Erzählstränge wenige Berührungspunkte. Dann werden sie immer stärker miteinander verwoben. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen.


    Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und eindringlich, aber auch angenehm unaufgeregt. Die Sprache ist sehr einfach, was aber gut zum Bildungsgrad vor allem von Gertrude und Retta passt. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.


    Schön finde ich es, dass man es sogar mit drei starken Frauencharakteren zu tun hat. Die Hauptprotagonistinnen sind mir nicht alle gleichermaßen sympathisch. Doch sie werden interessant, detailliert und authentisch dargestellt. Ihre Gedanken lassen sich gut nachvollziehen.


    Der Inhalt des Romans konnte mich sehr bewegen, denn es geht um emotionale Themen wie Liebe, Freiheit und Verlust. Der harte Kampf der Frauen ums Überleben vor dem Hintergrund von Hunger, Armut und Krankheit sowie die teils grausamen Umstände der damaligen Zeit machen betroffen.


    Trotz der eher hohen Seitenzahl habe ich die Geschichte größtenteils nicht als langatmig empfunden, denn es gibt immer wieder spannende Passagen.


    Gerne habe ich etwas über das Leben in den Südstaaten zur damaligen Zeit gelernt. Die Anmerkungen zum geschichtlichen Hintergrund des Romans belegen die Recherchearbeit der Autorin.


    Das Cover passt meiner Ansicht nach inhaltlich sehr gut zur Geschichte. Der deutsche Titel orientiert sich stark am amerikanischen Original, was ich gut finde.


    Mein Fazit:

    „Alligatoren“ von Deb Spera ist ein aufwühlender Roman über drei Frauenschicksale. Keine leichte Kost, aber eine empfehlenswerte Lektüre.

    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Cornwall im Sommer 1999: Kit und Laura sind noch jung, als sie eine totale Sonnenfinsternis erleben. Auf dem Weg zurück glaubt Laura eine brutale Vergewaltigung gesehen zu haben. Doch der Mann, Jamie, bestreitet alles. Elizabeth Taylor, kurz Beth, die Frau, schweigt. Monate nach der Gerichtsverhandlung, bei der der Mann verurteilt wird, steht die Frau plötzlich vor Lauras und Kits Tür und schleicht sich in deren Leben. 15 Jahre später leben Laura und Kit unter falschem Namen und haben Angst vor Beth. Was ist damals wirklich passiert? Und ist Beth eine Bedrohung?


    „Vier. Zwei. Eins“ ist ein ungewöhnlicher Psychothriller von Erin Kelly.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus fünf Teilen, die nach den einzelnen Phasen einer Sonnenfinsternis benannt sind – eine schöne Idee. Zudem gibt es insgesamt 66 Kapitel mit einer angenehmen Länge, die einheitlich und übersichtlich beschriftet sind. Vorangestellt ist ein Prolog. Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Laura und Kit – jeweils aus der Ich-Perspektive. Die Handlung spielt einerseits im Jahr 2015 und andererseits im Jahr 2000. Dieser sorgfältig durchdachte Aufbau kommt gut bei mir an.


    Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und detailliert. Von Anfang an herrscht eine bedrohliche, etwas düstere Atmosphäre, die mich schnell gefesselt hat. Obwohl die ersten Seiten ziemlich verwirrend sind und die Geschichte nur allmählich an Fahrt aufnimmt, habe ich das Buch wegen dieser unterschwelligen Spannung nur ungern zur Seite gelegt.


    Die Personen des Romans bleiben lange Zeit schwer durchschaubar. Das gilt auch für die beiden Hauptprotagonisten Laura und Kit, deren Gedankenwelt man teils gut nachvollziehen kann, teils jedoch auch nicht, weil man immer wieder rätselt, worum es genau geht. Lange Zeit bleibt unklar, wer gut und wer böse ist. Die Charaktere werden realitätsnah dargestellt.


    Inhaltlich hat der Roman einige Überraschungen zu bieten. Die Handlung kann mehrere kreative Wendungen bieten, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Trotz der eher hohen Seitenzahl kommt beim Lesen keine Langeweile auf. Die Geschichte bleibt spannend und unterhaltsam. Die Auflösung erscheint mir absolut schlüssig.


    Das Cover gefällt mir optisch und inhaltlich sehr gut. Der deutsche Titel macht neugierig. Allerdings finde ich die Formulierung im englischen Original („He said – she said“) etwas treffender.


    Mein Fazit:

    „Vier. Zwei. Eins“ von Erin Kelly ist ein clever konstruierter Psychothriller, der mich überraschen und überzeugen konnte. Eine empfehlenswerte Lektüre für Fans von Spannungsliteratur.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Tom Hazard, wie sich Estienne Thomas Ambroise Christophe Hazard derzeit nennt, wurde am 3. März 1581 geboren. Damit ist er heute 439 Jahre alt, sieht aber aus wie 41. Eine ungewöhnliche Veranlagung sorgt dafür, dass der gebürtige Franzose seit seiner Teenagerzeit nur sehr, sehr langsam altert. Im Gegensatz zu ihm sind die übrigen Menschen nur Eintagsfliegen. Auch seine frühere große Liebe Rose ist schon vor Jahrhunderten an der Pest gestorben. Die gemeinsame Tochter Marion hat die Veranlagung geerbt, ist jedoch verschwunden. Obwohl Tom schon einige Abenteuer hinter sich hat, auf berühmte Persönlichkeiten wie Captain Cook getroffen ist und regelmäßig seine Identität geändert hat, konnte er sie bisher nicht wiederfinden und blieb einsam. Wird es ihm in seinem aktuellen Umfeld gelingen? Derzeit hält er sich wieder in London auf, wo er als Geschichtslehrer arbeitet. Und dabei macht er die Bekanntschaft von Camille, einer Französischlehrerin, die in seinem Leben alles verändert…


    „Wie man die Zeit anhält“ ist ein unterhaltsamer, außergewöhnlicher Roman von Matt Haig.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus fünf Teilen, die wiederum mehrere Kapitel beinhalten. Die Handlung wechselt zwischen dem Geschehen in der Gegenwart und den Erlebnissen in den unterschiedlichen Jahrhunderten und Epochen. Die Übergänge sind recht fließend und trotz der schnellen Wechsel einfach nachzuverfolgen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Tom. Der Aufbau des Romans hat mir sehr gut gefallen.


    Der Schreibstil ist nicht nur angenehm und flüssig, sondern auch lebhaft. Die Beschreibungen sind nicht übermäßig detailliert, aber anschaulich. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir sehr leicht.


    Mit Tom steht eine interessante Persönlichkeit im Vordergrund, die ich nach einigen Kapiteln sympathisch fand. Seine Gedanken und Gefühle werden gut deutlich und sind nachvollziehbar. Andere Charaktere bleiben dagegen etwas blass.


    Ein Pluspunkt des Romans ist die Verknüpfung von Historie und Gegenwart mit Fantasieelementen. Die kreative Grundidee der Geschichte wird überzeugend umgesetzt. Die Erklärungen sind schlüssig, der Ablauf logisch. Die Handlung bietet einige Überraschungen. Dabei ist der Roman ebenso spannend wie tiefgründig. Er regt zum Nachdenken an. Die Frage nach dem Sinn des Lebens, Toms Einsamkeit, seine Trauer angesichts der Menschen, die er verloren hat, und einige andere Themen bieten interessante Denkimpulse. Zudem konnte mich die Geschichte emotional berühren, denn wie ein roter Faden zieht sich die Liebe durch den Roman.


    Das deutsche Cover ist ansprechend gestaltet und thematisch passend. Schön finde ich auch, dass sich der deutsche Titel so nah am Original („How To Stop Time“) orientiert.


    Mein Fazit:

    „Wie man die Zeit anhält“ von Matt Haig ist ein kurzweiliger, fantasievoller Roman, der für schöne Lesestunden sorgt. Eine lesenswerte Geschichte, die ich absolut empfehlen kann.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Das Gedächtnis lässt die 70-jährige Gladys Ormerod immer stärker im Stich, aber blöd ist sie nicht. Nein, sie hat wirklich mit dem Menschen telefoniert, der als erster auf dem Weg zum Mars ist, um den Planeten bewohnbar zu machen. Da ist sie sich sicher. Doch Astronaut Thomas Major (47), von den Medien „Major Tom“ genannt, wollte eigentlich gar nicht mit Miss Gladys, sondern seiner Exfrau Janet sprechen. Am liebsten würde der verbitterte und vom Leben sehr enttäuschte Engländer gleich wieder auflegen, doch die ältere Dame und ihre Enkelkinder Ellie (15) und James (10) stecken in ernsten Schwierigkeiten. Während Vater Darren im Gefängnis sitzt, stehen die Ormerods kurz davor, aus ihrem Haus geworfen zu werfen. Wie kann der Familie bloß geholfen werden, ohne dass die Behörden Wind davon bekommen und die Minderjährigen von ihrer Oma trennen?


    „Miss Gladys und ihr Astronaut“ ist ein tragikomischer Roman von David M. Barnett über eine ungewöhnliche Freundschaft.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus drei Teilen mit insgesamt 68 Kapiteln von einer angenehmen Länge. Erzählt wird aus der Perspektive unterschiedlicher Figuren. Neben dem Geschehen in der Gegenwart gibt es immer wieder Rückblenden, wobei ich die Übergänge zum Teil etwas verwirrend fand. Das kann auch daran gelegen haben, dass fast durchgehend im Präsens erzählt wird. Insgesamt hat mir der Aufbau jedoch ganz gut gefallen.


    Der Schreibstil ist locker und flüssig, die Beschreibungen sind lebhaft und anschaulich. Schön finde ich die Verweise zu Musiktiteln, Filmen und anderer Literatur.


    Die Charaktere sind reizvoll gewählt. Nicht nur Miss Gladys und Thomas werden vielschichtig und detailliert dargestellt. Gut finde ich, dass vor allem Letzterer eine Entwicklung durchmacht. Die Hauptprotagonisten sind Menschen mit Ecken und Kanten. Auch die übrigen Personen sind mir im Laufe des Romans ans Herz gewachsen.


    Die Handlung ist abwechslungsreich, unterhaltsam und nachvollziehbar. Größtenteils wird die Geschichte spannend erzählt, nur in der Mitte gibt es ein paar Längen. Die Auflösung ist schlüssig. Mit Ausnahme der letzten Kapitel wirkt das Geschehen glaubwürdig und durchaus realitätsnah.


    Die Grundidee, die hinter der Geschichte steht, finde ich sehr kreativ und ansprechend. Auch die Thematik der sich steigernden Altersdemenz macht den Roman interessant. Sie fügt ihm neben lustigen und spannenden Passagen auch eine nachdenkliche Komponente hinzu. Ernste Töne werden auch durch geschilderte Schicksalsschläge und die Problematik des Mobbings angeschlagen. Die Geschichte ist somit bewegend und verfügt über Tiefgang.


    Das Buch ist liebevoll gestaltet, die Optik des Covers sagt mir allerdings nicht so sehr zu wie das der Erstausgabe. Der deutsche Titel ist durchaus sinnig. Jedoch trifft auch hier das englische Original „Calling Major Tom“ eher meinen Geschmack.


    Mein Fazit:

    „Miss Gladys und ihr Astronaut“ von David M. Barnett ist ein berührender, charmanter Roman über eine besondere Familie und einen unkonventionellen Astronauten. Eine empfehlenswerte Geschichte, die für unterhaltsame Lesestunden sorgt.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Berlin in den 1920er-Jahren: Otto und Hermine von Briest stehen kurz vor dem Bankrott. Das Gut der Familie ist in Gefahr. Ihre Tochter Luisa möchte dennoch Karriere beim Film machen. Trotz Inflation und Wirtschaftskrise haben die Menschen die Lust am Vergnügen nicht verloren. Auf der Rennstrecke versucht sich Max Brandow, der Ziehsohn der Briests. Ihn bindet ein Versprechen an die Familie und besonders an Luisa, dem er sogar sein persönliches Glück unterordnet. Die Leidenschaft für Autorennen teilt Sigurd von Cramm, dessen Familie mit den Briests verfeindet ist. Er findet eine Möglichkeit, den Untergang der Briests voranzutreiben…


    „Das Jahrhundertversprechen“ von Richard Dübell ist der Abschlussband der „Jahrhundertsturm“-Trilogie. Er kann jedoch eigenständig gelesen werden.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus vier Büchern: „Der große Scherbenhaufen“, „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, „Die Brandstifter“ und „Rennfahrt in den Abgrund“. Sie sind in kurze Kapitel unterteilt und werden eingerahmt von einem Prolog („Weihnachten 1918“) und einem Epilog. Die Handlung spielt vorwiegend zwischen den Jahren 1921 und 1928. Zwischen den einzelnen Teilen gibt es Sprünge in der Zeit. Dieser Aufbau funktioniert ganz gut.


    Der Schreibstil ist klar, angenehm, anschaulich und dank viel wörtlicher Rede zudem lebhaft. Sprachlich auffällig ist, dass immer wieder Sätze im Berliner Dialekt auftauchen, was sicherlich nicht jedermanns Geschmack ist, aber für Authentizität sorgt. Ich hatte keine Verständnisprobleme. Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbande bin ich gut in die Geschichte reingekommen. Eine Personenübersicht hätte allerdings nicht geschadet.


    Im Vordergrund der Geschichte steht wieder die Familie von Briest, deren Charaktere auf mich realitätsnah und vielschichtig wirken. Ihre Entwicklung ist glaubwürdig dargestellt.


    Auch das Setting im Berlin der 1920er-Jahre finde ich ansprechend. Ich bin gerne in die Zeit der Weimarer Republik eingetaucht, deren Lebensumstände sowie politische und gesellschaftliche Hintergründe mich sehr interessieren. Dem Autor ist es gelungen, auf unterhaltsame Weise das fiktive Geschehen mit historischen Fakten zu verknüpfen. Dabei lässt der Roman auf eine fundierte Recherche schließen. Auch die Geschichte des Motorsports ist eine schöne Komponente.


    Die Kombination aus geschichtlichen Ereignissen und den Schicksalen der Familienmitglieder ergibt thematisch eine abwechslungsreiche Mischung. Trotz der hohen Seitenzahl ist die Lektüre nicht langatmig.


    Das Cover passt zum Inhalt des Romans und der Optik der Vorgängerbände. Der Titel reiht sich sprachlich gut in die Trilogie ein. Leider sind die Seiten des Taschenbuchs recht dünn, was das Papier anfällig für Knicke und andere Beschädigungen macht.


    Mein Fazit:

    „Das Jahrhundertversprechen“ von Richard Dübell ist ein lesenswerter Roman, der nicht nur Geschichtsfans schöne Lesestunden bereitet.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

    Der 18-jährige Rowan Damisch und die gleichaltrige Citra Terranova leben immer noch in einer scheinbar perfekten Welt der Zukunft. Dort sind Krankheiten, Kriege, Unfälle, Armut und sogar der Tod besiegt. Um eine Überbevölkerung auf der Erde zu vermeiden, müssen dennoch Menschen sterben. Die Arbeit der Scythe ist es daher, zu entscheiden, wer nicht mehr leben darf, und Leute „nachzulesen“. Nach ihrer aufregenden Ausbildung zu einer solchen Hüterin des Todes wurde Citra bestimmt, um als Scythe Anastasia ihre neue Aufgabe zu übernehmen. Rowan dagegen wurde nicht auserwählt und jagt stattdessen als sogenannter Scythe Luzifer korrupte und blutrünstige Scythe. Doch sein Kampf erscheint aussichtslos: Die neue Ordnung, die ihrer Lust am Töten freien Lauf lässt, greift nach der Macht und droht die Welt in Chaos und Unglück zu stürzen…


    „Scythe – Der Zorn der Gerechten“ von Neil Shusterman ist der zweite Teil der dystopischen Reihe um das Scythetum von MidMerica.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus sechs Teilen, die wiederum in 47 Kapitel untergliedert sind. Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von Citra und Rowan, sondern auch aus der einiger weiterer Personen. Immer wieder gibt es außerdem Einschübe des Thunderhead, der mächtigen und kontrollierenden „Cloud“, der künstlichen Intelligenz. Der Aufbau hat mir gut gefallen.


    Der Schreibstil ist – wie gewohnt - angenehm und flüssig. Die Schilderungen sind lebhaft und anschaulich. Das Worldbuilding ist noch besser gelungen als im ersten Band.


    Dieses Mal kommen Citra und Rowan wieder wichtige Rollen zu. Sie stehen allerdings nicht so sehr im Mittelpunkt wie beim ersten Teil. Der Leser begegnet stattdessen häufiger einigen bekannten Figuren wie Scythe Faraday, aber auch neuen Charakteren wie Greyson Tolliver, deren Gedanken und Gefühle genauer beleuchtet werden. Dadurch erhält man viele unterschiedliche Perspektiven und Informationen, was ich gut finde, weil es die Geschichte komplex macht. Ich hätte allerdings auch gerne mehr über das Innenleben von Citra und Rowan sowie deren Beziehung und Gefühle zueinander erfahren.


    Inhaltlich setzt die Geschichte rund zehn Monate nach den Ereignissen aus dem ersten Band ein.

    Wieder glänzt der Roman mit kreativen Einfällen. Gut gefallen hat mir, dass man nun sehr viel über den Thunderhead und den Aufbau dieser fernen Welt lernt, die damit greifbarer wird. Durch die aufgeworfenen Fragen zu Leben und Tod regt das Buch außerdem zum Nachdenken an.


    Die Handlung ist schon ab den ersten Seiten fesselnd. Die Geschichte bleibt bis zum Schluss unvorhersehbar. Mehrfach überrascht der Roman mit unerwarteten Wendungen. Auch das Finale zeugt von Ideenreichtum und macht sehr neugierig auf den Fortgang.


    Das Cover des zweiten Bands gefällt mir optisch sehr gut. Der deutsche Titel weicht stark vom amerikanischen Original („Thunderhead“) ab, das ich inhaltlich sogar noch etwas passender finde.


    Mein Fazit:

    Der zweite Teil der Scythe-Reihe kommt für mich nicht zwar ganz an den ersten Band heran, konnte mich aber auch wieder begeistern und absolut überzeugen. „Scythe – Der Zorn der Gerechten“ von Neil Shusterman zählt definitiv zu meinen Jahreshighlights. Meine Erwartungen wurden wieder erfüllt. Ich fiebere schon jetzt der Fortsetzung entgegen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

    Südafrika in den 1970er-Jahren: Durch einen Gewaltakt verliert die neunjährige Robin Conrad, die zuvor eine behütete Kindheit in einem Vorort von Johannesburg hatte, ihre Eltern. Sie kommt zu ihrer Tante Edith, die mit dem Kind aber überfordert ist. Als Kindermädchen beschäftigt sie Beauty Mbali. Die farbige, gebildete Xhosa-Frau hat auf der Suche nach ihrer 17-jährigen Tochter Nomsa ihr Heimatdorf verlassen. In unruhigen Zeiten entwickelt sich zwischen Robin und Beauty eine innige Beziehung. Doch dann trifft das Mädchen eine Entscheidung mit Folgen…


    „Summ, wenn du das Lied nicht kennst“ ist der bewegende Debütroman von Bianca Marais über die Wirren des Schüleraufstands in Soweto und die Auswirkungen der Apartheid.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus 58 Kapiteln, die abwechselnd in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Robin und der von Beauty erzählt werden. Dieser Aufbau funktioniert sehr gut.


    Der Schreibstil ist angenehm, flüssig, anschaulich und einfühlsam. Viel wörtliche Rede macht den Roman lebhaft. Mir fiel es leicht, in die Geschichte einzutauchen.


    Mit Robin und Beauty gibt es zwei Hauptprotagonistinnen, die sich in mehreren Punkten wie Hautfarbe und Alter sehr stark unterscheiden. Die Charaktere sind vielschichtig und mir ans Herz gewachsen. Ihre Gedanken und Gefühle ließen sich gut nachvollziehen. Vor allem Beauty war mir schon nach wenigen Seiten sympathisch.


    Inhaltlich konnte mich der Roman sehr beeindrucken. Die Zeit und Umstände der Apartheid führt die Autorin sehr eindringlich vor Augen. Dabei geht es um gesellschaftliche Probleme der damaligen Zeit, die sich auf erschütternde Weise im Alltag in Südafrika niederschlagen: Rassenhass, Homophobie, Antisemitismus, weitere Vorurteile, Gewalt und einiges mehr. Ich fand es sehr interessant, etwas über die Aufstände und diese Zeit insgesamt zu erfahren. Dabei merkt man deutlich die gründliche Recherche. Verknüpft werden diese Aspekte mit menschlichen Themen und Schicksalsschlägen wie Tod, aber auch Liebe und Freundschaft. Der Roman ist dadurch sowohl unterhaltsam und emotional sehr bewegend als auch eine lehrreiche Lektüre, die aufwühlt und zum Nachdenken anregt.


    Ein Pluspunkt sind die Landkarte und ein Glossar. Lesenswert ist auch das Nachwort der Autorin.


    Die Aufmachung des Romans ist sehr hochwertig. Das schlichte, aber liebevoll gestaltete Cover ist sehr hübsch. Auch der Titel, der sich stark am Original („Hum If You Don’t Know The Words“) orientiert, gefällt mir gut.


    Mein Fazit:

    „Summ, wenn du das Lied nicht kennst“ von Bianca Marais ist ein empfehlenswerter Roman, der mich begeistern und berühren konnte. Die Geschichte wird bei mir noch eine Weile nachklingen.


    Ich vergebe 5 von 5 Sternen.