Beiträge von ElSwann

    Ein herzliches Dankeschön an alle, die sich in dieser Leserunde mit Gray und Augustus auseinandergesetzt, klug mitgedacht und mitgefiebert haben.
    Mir hat es jedenfalls richtig Spaß gemacht, die Diskussion zu verfolgen und ab und zu etwas hoffentlich Sinnvolles zu beizutragen!
    Viele Grüße an alle Büchereulen!


    Leonie Swann
    :wave

    Hallo Tilia,


    am Anfang waren Vogel und Krimi, oder vielmehr die Idee, meiner Ermittlerfigur einfach einen Papageien auf die Schulter zu setzen.
    Der würde dann die klassischen Detektivtugenden wie Unauffälligkeit und und Diskretion von Anfang an völlig unmöglich machen. Zuerst fand ich einfach nur spannend, wie Ermittler und Vogel miteinander klar kommen würden (oder eben nicht) und wie sich der Vogel durch seine Sprachbegabung und durch die Reaktionen, die er bei anderen hervorruft dann doch noch zum wertvollen Detektivkollegen entwickelt.
    Aber kurz danach war auch schon klar, dass die ganze Sache in Cambridge spielen sollte - die Stadt ist einfach die perfekte Kulisse für schräge Vögel...

    Genau, so hatte ich mir das auch gedacht. Offiziell ist Elliots Sturz als Kletterunfall verbucht worden (und wenn man einmal vom Dach der Chapel geguckt hat, ist dies durchaus nachzuvollziehen...). Die Überlegungen zum Selbstmord stellt die Viscountess ganz privat an, da sie ihre Familiendramen nicht in die Öffentlichkeit bringen will.
    In Sachen Abstammung geht es tatsächlich nicht so sehr um die Ehelichkeit als um die Familienzugehörigkeit.

    Ich bin auch schon diversen schulterreitenden Papageien begegnet. Manchmal sind diesen Vögeln die Schwungfedern gestutzt worden, so dass sie bei Fluchtversuchen nicht weit kommen würden, aber manchmal bleiben die Vögel auch einfach nur sitzen, weil sie es so gewohnt sind und es ihnen gefällt.
    Im Fall von Gray ist Augustus Schulter ja auch so etwas wie ein Zufluchtsort, deshalb ist es unwahrscheinlich, dass er sich in einer neuen und vielleicht einschüchternden Umgebung so einfach davonmachen würde.
    Zum Thema Timeline: stimmt, auf der Hand liegt das nicht. Augustus fängt am zweiten Tag nach Elliots Tod an zu ermitteln, also stürzt Elliot im Juni (das lässt sich wegen der "Maibälle", die ja Mitte Juni sind, sagen). Hier endet dann aber auch die Präzision...

    Hallo Nadezhda.
    Das mit dem 'natürlich' habe ich in der Tat unglücklich formuliert.
    Wenn moralisches Denken etwas ist, das man sogar einem Papagei antrainieren kann, spricht das dafür, dass es nur eine Fiktion ist, ein gelerntes Muster, nichts essentiell Menschliches.
    Natürlich (ups...) ist Lukas Versuchsaufbau fehlerhaft, aber hier ist nun einmal der Wunsch der Vater des Gedanken. Und mit zu viel Realität hat sich Lukas noch nie aufgehalten.
    Auf einer anderen Ebene ist der ganze Versuchsaufbau auch nur ein Rahmen, der ihm ermöglicht, andere Leute auszuspionieren, sie zu kontrollieren und bedrohen.
    Ich hoffe, damit kannst Du etwas anfangen - mir ist klar, dass ich Lukas Pläne und sein Innenleben nur anskizziert habe und hier Fragen offen bleiben - vor allem, weil ich zu Tode erklärte Bösewichte in Geschichten eher unattraktiv finde.
    Wenn am Ende Dinge unaufgelöst bleiben und Fragen weiter im Kopf herumgehen, finde ich das persönlich interessanter und komplexer.
    Das ist aber sicher Geschmacksache...

    Ganz auflösen kann ich das vermutlich auch nicht - immerhin hat Lukas ein Rad ab - aber im Prinzip geht es ihm darum, ob so etwas wie Moral "natürlich" ist. Wenn es natürlich ist, sollte es Gray in irgendeiner Form auch zugänglich sein, ist Lukas Argumentation. Nicht unbedingt logisch durchdacht, aber man darf nicht vergessen, dass Lukas hier kein unvoreingenommener Beobachter ist.
    Er weiß, dass ihm etwas fehlt - eine bestimmte Art von Empathie, Wärme, Menschlichkeit, und im Grunde will er sich selbst beweisen, dass er da nichts verpasst, dass moralisches Denken nur eine substanzlose Fiktion ist. Denn dann wäre er nicht "defekt", sondern seinen Mitmenschen voraus.
    So hatte zumindest ich mir das vorgestellt...

    Hallo Nadezhda,


    es wird auf alle Fälle ein Taschenbuch geben - ich weiß aber noch nicht, wann. Das liegt im Ermessen des Verlages und hängt von deren Programmplanung ab. Meiner Erfahrung nach dauert es so um die eineinhalb Jahre bis ein Taschenbuch auftaucht - ist aber von verschiedenen Faktoren abhängig.

    Zum Thema, warum in Gray keine Polizei auftaucht erst einmal ganz einfach: ich fand es reizvoll, einen Krimi ohne Polizei zu schreiben. Papagei statt Polizei, sozusagen.


    Dazu muss man natürlich irgendwie akzeptieren, dass alle selbstverständlich von einem Unfall ausgehen und von offizieller Seite niemand weiter nachfragt. Da hoffe ich ein bisschen auf suspension of disbelief von Leserseite...


    Ähnlich ist es mit der Frage, warum Augustus mit seinem Verdacht nicht zur Polizei gehen. Für mich ist das aus Sicht der Figur schon schlüssig: Augustus hasst es, aufzufallen, das Foto mit Sybil ist ihm hochpeinlich, er möchte nicht, dass die Affäre bekannt wird und vor allem: Augustus traut sich selbst nicht so recht über den Weg. Ihm ist klar, dass manchmal mit seiner Wahrnehmung etwas nicht stimmt, dass er anders auf Dinge reagiert als die meisten anderen Leute. Da ist der Schritt zur Polizei vielleicht einfach ein bisschen zu weit...

    Kurz zum Thema, warum Huff erst so spät Grays Äußerungen unter die Lupe nimmt. Ich denke, Huffs Annäherung an Gray ist ein sehr gradueller Prozess - zuerst nimmt er ihn nur als Störenfried und Schulterballast wahr, dann beginnt er sich in ihn hineinzuversetzen, später lernt er nach und nach, was Gray so alles lernt und versteht.
    Man muss bedenken, dass Huff anders als der Leser nicht weiß, dass er sich in einem Papageienkrimi befindet - und da ist der Sprung, den Aussagen eines Vogels detektivisch Beachtung zu schenken doch relativ groß, gerade für einen Akademiker.
    Dauert das ganze zu lange? Hätte bei Huff früher der Groschen fallen sollen? Vielleicht. Ich denke aber, dass Augustus zuerst einmal damit ringt, den Vogel überhaupt als Person wahrzunehmen...

    Die sehen wirklich arm aus! Ob sie darauf warten, dass jemand das Fenster öffnet, hängt wahrscheinlich davon ab, welche Erfahrungen sie bisher mit Fenstern gemacht haben. Wenn ihnen früher mal Fenster geöffnet wurden, machen sie sich wahrscheinlich Hoffnungen...

    Ja, ich bin auch der Meinung, dass Alex vermutlich nicht die erfüllteste Papageienexistenz hatte - immer im Labor, und der ganze Lernstress - aber er hat der Welt gezeigt, was Papageien geistig so drauf haben und damit vielleicht dazu beigetragen, dass sie als Haustiere artgerechter gehalten werden.
    Es gibt da eine wirklich rührende Anekdote: Alex, der gelernt hatte, nach Futter und Objekten zu fragen, erklärte manchmal: "want tree". Dann ging Dr. Pepperberg mit ihm hinaus auf den Gang, wo er durch ein Fenster einen Baum sehen konnte. Nicht essen. Nicht berühren. Nur sehen. Traurig, aber auch irgendwie wunderbar.

    Sorry, ich hatte tatsächlich vor allem die "Fragen-an-die-Autorin-Sektion" im Auge, habe aber alle Beiträge gelesen (bis auf diesen Thread hier, weil ich dachte, hier ginge es nur um die Verteilung der Bücher).


    Zu Spekulationen zum Handlungsverlauf kann ich natürlich nicht viel sagen (spoileralert), sonst sind mir bis auf die Frage der Papageienintelligenz noch keine Fragen aufgefallen - oder muss man hier zwischen den Zeilen lesen.


    Also bitte nicht zu subtil sein, wenn es Fragen gibt - ansonsten schreibe ich meinen Lesern nämlich nur ungern vor, wie sie die Geschichte zu lesen und verstehen haben.


    Kurz und gut - ich gelobe Besserung... :-)

    Nochmal zum Thema Papageienintelligenz: Ich habe das Gefühl, hier eher unter- als übertrieben zu haben. Wer auf youtube nach "Alex parrot" sucht, kann ihn dort in Aktion sehen, außerdem habe ich mit Leuten gesprochen, die Alex persönlich kannten und alles in allem ergibt sich das Bild wirklich überraschender geistiger Leistungen.


    Natürlich kann man fragen, wie lange es dauert, einem Papagei so viel beizubringen und ob Elliot in seinem doch eher kurzen Leben dafür genügend Zeit hatte.
    Zu hinterfragen ist auch, ob Gray Stimmen wirklich so perfekt nachahmen kann. Papageien sind begnadete Imitationskünstler, aber was Gray da von sich gibt ist komplex und mit manchen Buchstaben hat die Vogelphysiognomie Probleme. Hier habe ich mir vielleicht ein bisschen künstlerische Freiheit erlaubt....