Tja, so entdeckt man manchmal doch ein schönes Buch, wo man es nicht vermutet hatte.
Wenn ich es mir kaufen sollte, wird auf jeden Fall mal wieder eine meiner Buchhüllen zum Einsatz kommen, sonst muss ich mich vor meinem Mann schämen und Erklärungen abgeben.
Beiträge von Nadezhda
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Zitat
Original von Alice
Und ich staune gerade wieder, wie dieses Buch es schafft, immer wieder so tiefsinnige Gedanken hervorzurufen. Wir haben über Tierschutz geredet, über Ethik und Moral...und das wegen eines Buches, das ich zuerst "nur" als angenehm zu lesen, unterhaltsam und amüsant eingestuft hatte. Dabei ist es auch noch hoch-philosophisch.
Das Thema Tierschutz ist mir auch sehr wichtig geworden, auch wenn ich selbst dazu nicht so viel geschrieben habe.@ Leonie Swann:
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Das Thema Wikinger interessiert mich auch, aber das Cover des Buches ist schon arg kitschverdächtig... Nach deinen Kommentaren, Alice, setze ich mir das Buch aber mal auf die Merkliste.
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@ Alice: Lukas hatte meine Sympathie, als er als Figur eingeführt wurde. Später nicht mehr, das habe ich wohl unglücklich formuliert. Da hatte er nicht mehr meine Sympathie, aber vielleicht immer noch einen Hauch Verständnis. Und Verständnis ist keine Entschuldigung, da liege ich voll bei dir. Einen Freibrief würde auch ich keinem Mörder ausstellen, sei er Soziopath oder nicht... Ich tendiere ja selbst bei Soziopathen dazu, sie für ihr Fehlverhalten verantwortlich zu machen, denn auch, wenn sie Gut und Böse nicht spüren, haben sie es ja doch erlernt. Aber ich bin halt nicht sicher, ob man sie per se als "böse" bezeichnen kann, wenn dies als moralische Kategorie gar nicht in ihnen angelegt ist.
Aber Respekt vor dem Leben Anderer zu haben, sodass man es ihnen nicht zu nehmen hat - das ist aus meiner Sicht auch nicht diskutabel.(Edit sortiert wieder mal die Kommas... )
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Liebste maikaefer! Gray ist doch auch viiiiiiiiiiiel wichtiger als Lukas!!!
Ich glaube, bei mir ist echt zu einem guten Teil Marie Hermanson schuld an diesen Überlegungen. Lies mal "Himmelstal", dann weißt du nicht mehr so genau, was gut und böse und oben und unten ist... -
Gestern Abend ausgelesen: Rita Mae Brown - Virus im Netz
Diesmal hat der Krimi als solcher mich ein bisschen enttäuscht. Es gab eine Handvoll etablierter Figuren, die für die Reihe so unverzichtbar sind, dass es höchst unwahrscheinlich war, in dieser Gruppe den Mörder zu finden. Von den wenigen neu eingeführten Figuren waren zwei relativ schnell tot, ein dritter dann auch - da war relativ schnell klar, wie der Fall sich auflösen würde.
Das knuffige Setting in Crozet hat das aber wieder wettgemacht. Ich wohne selbst auch als Neuzugezogene in so einem Kaff und habe meinen Heidenspaß beim Beobachten, wer hier die Fäden zieht (oder zu ziehen meint), wer die wichtigen alteingesessenen Familien sind, wo das Geld sitzt, welche alten Fehden man kennen und beachten sollte...
Und Harry und ihre Männer wieder, was das mal noch gibt! -
Hallo Leonie,
nochmal vielen Dank für deine Ausführungen!
ZitatOriginal von ElSwann
Wenn moralisches Denken etwas ist, das man sogar einem Papagei antrainieren kann, spricht das dafür, dass es nur eine Fiktion ist, ein gelerntes Muster, nichts essentiell Menschliches.
So habe ich es auch verstanden.Und ja, ich kann prinzipiell sehr gut damit leben, wenn am Ende nicht alles aufgelöst wird, manche Dinge auch unklar oder offen bleiben... Aber hier berührt es halt das Wesen, die Denke, das Motiv des Mörders - und nachdem ich mich im ersten Lesedurchgang da mit Lukas etwas schwer getan hatte, wollte ich da nun schon gern dahintersteigen, so weit das möglich ist.
Lukas als Bösewicht... Ja, er ist der Mörder, sogar mehrfacher, aber es fällt mir schwer, ihn als Bösewicht zu sehen.
Zum einen hast du den Lesern ja - in voller Absicht, nehme ich an - diese arme überarbeitete Fledermaus, die sich aus kleinen Verhältnissen hochgekämpft hat, zunächst nicht als unsympathisch hingestellt. Zufälligerweise kenne ich eine Cambridge-Absolventin, die sich ebenfalls aus kleinen und v.a. bildungsfernen Verhältnissen bis in die Stadt der weißen Türme gekämpft hat und habe hautnah mitbekommen, wie schwer das war und wieviel dadurch am Ende der Erfolg wog (sie hat allerdings niemanden umgebracht ) - Lukas hatte also meine vollste Sympathie.
Zum anderen finde ich es bei Soziopathen nicht so einfach mit der Schuldfrage, geschweige denn, sie als "böse" im obigen Sinne abzustempeln, denn wenn ihnen von Geburt an die Antenne oder das Gen für Gut und Böse fehlt, können sie dann dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie Dinge tun, die in die Kategorie des gesellschaftlich nicht erwünschten Verhaltens (= böse) fallen? (Das wird bei irgendeinem Nesbø oder in Marie Hermansons "Himmelstal" thematisiert, weiß nicht mehr genau, in welchem Buch.) Natürlich wurde Soziopathen in ihrer Kindheit und Jugend "antrainiert", was gutes und böses Verhalten ist - aber sie spüren es halt nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Abwesenheit der Erkenntnis von Gut und Böse ein neutraler Schwebezustand ist oder nicht vielleicht sogar das Böse schlechthin, weil Empathielosigkeit niemals etwas wirklich Gutes erschaffen wird. Nur kann der Soziopath halt nichts dafür, dass er Gut und Böse nicht spürt. Die Folgen seines erlernten Verhaltens tragen kann er wohl. (Oder? )
Aber ist Lukas überhaupt ein Soziopath? Er genießt am Ende ja irgendwie sein Bösesein, also habe ich da meine Zweifel. Oder genießt er einfach die Macht, die er ausübt? Außerdem war er in Fawn verliebt. Oder war das nur eine Obsession?Also, es bleiben genug Fragen offen, auch wenn das mit der Moral prinzipiell geklärt wäre!
(Edit hat noch ein paar verirrte Satzzeichen sortiert.)
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Danke, Leonie - das bringt zumindest teilweise schonmal Licht ins Dunkel, nämlich, was Lukas selbst betrifft. Dann wäre dieser also ein Soziopath, der moralische / ethische Kategorien selbst nur erlernt hat, sie aber nicht spürt, also nicht natürlich in sich trägt. Ich könnte nachvollziehen, wenn er gern beweisen möchte, dass das im Prinzip bei allen Menschen so ist - ist ja auch eine klassische Frage, ob soziale Normen wie die "Goldene Regel" tatsächlich im Menschen angelegt sind oder von jedem Individuum aufs Neue schlicht erlernt werden und bei Bedarf auch "abgeschaltet" werden können. Dass er da die Knopfdruckexperimente abzieht, kann ich nachvollziehen. Und mit "oben oder unten sein" auf Seite 404 meinst du doch irgendwie das Rad der Fortuna, oder? Also, wer gerade das Glück hat, sich in der mächtigen Position zu befinden, was doch zu einem guten Teil vom Zufall und den nicht immer in menschlicher Macht befindlichen Schwüngen des Schicksalsrades abhängt? Wer also zufälligerweise gerade das "Glück" hat, am Knopf zu sitzen? So weit kann ich dem irgendwie folgen.
Wenn Lukas nun aber beweist, dass sogar Gray einen natürlichen Zugang zu Gut und Böse hat, schießt er sich mit seinem Anliegen doch eigentlich selbst ins Knie?
EDIT (Das Thema lässt mich nicht los... :lache)
Wenn ich das richtig verstehe und Lukas gerade und nicht verquer denken würde, müsste er, um seine These von seinem eigenen "Normalsein" zu belegen, doch eigentlich umgekehrt beweisen, dass auch Gray von Natur aus eben nicht Gut und Böse unterscheiden kann, aber sehr wohl in der Lage ist, es zu lernen - oder zumindest nach außen hin so zu tun, als ob er Situationen und Geschehnisse in die richtige Schublade einsortieren kann. - Wie das bewiesen werden sollte, ist mir allerdings ein Rätsel, denn dazu müsste man ja zuerst einmal feststellen, ob der Vogel - unabhängig von seiner Fähigkeit, dies auf für Menschen verständliche Weise zu kommunizieren - bereits über die in ihm natürlich angelegten Kategorien "Gut" und "Böse" verfügt, er also lediglich menschliche Begriffe für etwas lernt, das ihm von der Sache her bereits vertraut ist. Man müsste es belastbar ausschließen können. (Aus meiner Sicht unmöglich.) Danach müsste man dem Vogel entweder diese Kategorien an sich beibringen, also ein tatsächliches Verständnis für Gut und Böse in ihm verankern, und ihm auch noch verklickern, dies entsprechend zu benennen. Oder aber, wenn er die Kategorien nicht bei sich verankern kann (was nochmal mehr in Lukas' Sinne sein müsste), ihm beibringen, eine Vielzahl von Situationen den Etiketten "Gut" und "Böse" zuzuweisen - und idealerweise auch noch die Abstraktion zu lernen, dass er ihm neue Situationen an ähnliche, bereits bekannte, andockt, sodass er auch die neuen "richtig" etikettieren kann. Das ist es ja, was Lukas als in der Gesellschaft durchaus funktionierender Soziopath gelernt hat. (Auch wenn er das mit der Dosierung des Lächelns nicht so ganz hinkriegt.) Und das müsste auch Gray lernen. Wie man aber da beweisen sollte, ob er nur die menschlichen Wörter für ihm bereits bekannte Kategorien oder die Kategorien selbst oder - was nach meinem Verständnis in Lukas' Sinne wäre - lediglich Beispiele für die Kategorien gelernt hat, ist mir schleierhaft. Ich kenne mich aber auch nicht mit den Forschungsmethoden der Sozialwissenschaften / Verhaltensforschung in der Biologie usw. aus. -
Mit deutlich mehr Schlaf im Gepäck habe ich heute das letzte Drittel des Buches noch einmal gelesen und kann sagen: Schlaf wird ganz sicher nicht überbewertet!
Auch wenn ich nun natürlich wusste, wer der Mörder ist, konnte ich den Windungen und Verstrickungen am Ende deutlich besser folgen und habe auch Details wahrgenommen, die ich neulich, halb im Delirium, komplett überlesen hatte. Ich sollte mir irgendwie eine Lesesperre ins Hirn einbauen: „Kein Show-down mehr nach Mitternacht!“ oder so.Lediglich den Hirnwindungen von Lukas kann ich am Ende nicht mehr folgen; vielleicht kann mir da jemand auf die Sprünge helfen? Ich beziehe mich auf Seite 404: Mit den Ausführungen zu Gut und Böse wird’s ja wieder schön faustisch und vor allem biblisch. Kann Gray Gut und Böse unterscheiden, das will Lukas wissen, hat also auch der Vogel vom Baum der Erkenntnis genascht? Vielleicht. Es ist zumindest Gray durchaus zuzutrauen!
Was ich nun nicht verstehe: Wenn er es könnte, warum würde das dann die „Widerlegung der Moral“ bedeuten? Es würde nach meiner bescheidenen Denke doch nur dem Menschen das Privileg nehmen, als einziges Wesen über so etwas wie Ethos oder Moral zu verfügen? Ich bitte um Erleuchtung! -
Oh! Werde gleich mal danach schauen, danke!
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Indem nicht die User, die die Rezis geschrieben haben, auch die Buchbewertung angeklickt haben, sondern andere User. Das kann doch m.W. jede/r bei jedem Buch machen.
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Zitat
Original von Peter Waldbauer
(...) dass man auch beim X-ten mal Lesen (...)
Du sitzt also aller paar Tage da und liest deine eigenen alten Rezis und Forenbeiträge zum x. Mal!? -
Mir ist soeben aufgegangen, dass meine eine Geschenkkandidatin definitiv ein Hörbuch bevorzugen würde. Ist das denn vom Verlag vorgesehen / in Arbeit?
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Jeannette Lander
Überbleibsel. Eine kleine Erotik der KücheAufbau-Verlag, 1995
158 SeitenMomentan leider nur antiquarisch erhältlich.
Jeannette Lander, 1931 als Kind polnisch-jüdischer Einwanderer in New York geboren und mit einer klassischen jiddischen Mamme gesegnet, lernt schon als kleines Mädchen die Sinnlichkeit des achtsamen Kochens und die Wertschätzung für ein liebevoll zubereitetes Mahl kennen, selbst wenn dieses, wie bei armen Leuten oft der Fall, aus Resten – Überbleibseln – zusammengestellt wird. Autobiografisch-anekdotenhaft, aber natürlich literarisch ausgestaltet (weshalb ich es hier der Belletristik zugeordnet habe), stets voller Wärme entführt sie die Leserinnen und Leser in die kulinarische Welt ihrer eigenen Kindheit in New York und Atlanta sowie die ihrer aus Warschau stammenden Mutter, deren Kochweisheiten sie sich zu eigen gemacht hat und nun in ihrer modernen Berliner Küche zelebriert und an ihren Freundeskreis, ihre Kinder (und ihre Leserschaft ) weitergibt.
Ich schwelge auch beim mittlerweile vierten oder fünften Lesedurchgang immer noch glücklich-motiviert zwischen einfachsten und hochkomplizierten Rezepten und Menüfolgen, vor allem aber in Jeannette Landers warmherziger und oft selbstironisch zwinkernder Lebensphilosophie des lustvollen Umgangs mit der Beschaffung von Lebensmitteln, ihrer Zubereitung und ihrem Genuss.
Das Buch ist mir erstmals bei einer Lesung der Autorin begegnet, als ich selbst als junge Studentin das Kochen gerade für mich entdecken durfte, und eine Weisheit der jiddischen Mamme hat mein Kochverhalten bis heute entscheidend geprägt, was die Ordnungsliebe in der Küche während des Kochens betrifft:
„Um in der Küche Tonys [Ehemann der Autorin] Leitsatz von der schönen Ordnung zu erreichen, muss man die Devise von meiner Mama beherzigen, die da lautet: ‚Gleich.‘
Gleich sollte ich alles tun, nicht nachher, nicht später, nicht einmal bald, sondern gleich. ‚Bist di fartig mit a Leffele, wasch ub un leg aweg. Gleich.‘ – ‚Host di abgeschubt die Mährelach, werf die Schubselach aweg un wisch ub die Tisch. Gleich.‘ – ‚Az es fällt eppes arub, nemm a Besele un kehr es zisammen. Gleich.‘“ (Seite 144)Vor wenigen Monaten in Jeannette Lander gestorben.
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Danke für die Info!
Ich habe schon eine Liste angelegt, wem ich das Buch alles schenken möchte :lache, und da geht mir das HC auf die Dauer doch zu sehr ins Geld...
Sehr schönes Buch, meine Rezi folgt bald!
Und vielen lieben Dank für die Begleitung der Leserunde! -
Zitat
Original von Totenleserin
Sara Poole - Die Tochter des Giftmischers. Da steht, dass Sara Poole das Pseudonym einer bekannten Autorin aus NY ist. Kann mir da jemand weiterhelfen?
Nachdem ich spontan dachte, dass Siri Hustvedt und Lily Brett es sehr wahrscheinlich nicht sind :lache, kam mir die Idee, die Dame mal zu googeln. Auf der Website von Random House steht: "Sara Poole ist das Pseudonym einer New-York-Times-Bestseller-Autorin (...)" Sie muss also nicht in New York leben oder aus New York kommen. Das macht die Sache nochmal schwieriger für dich, sorry.Edit: Bei der Recherche habe ich festgestellt, dass eine New Yorkerin, die ich literarisch sehr mag, vor wenigen Monaten gestorben ist: Jeannette Lander. Ich habe sie vor Jahren mal in Leipzig auf der Buchmesse erlebt. Ihr Tod macht mich traurig. Werde vielleicht am WE ihr Buch "Überbleibsel - Eine kleine Erotik der Küche" nochmal lesen oder zumindest mich lesend darin bewegen...
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Hatte neulich nicht jemand nach Büchern gefragt, in denen eine Glocke geläutet wird? Mir ist heute beim Vorlesen in diesem tollen Kinderbuch eine goldene (!) Glocke begegnet.
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Hallo Leonie
Ich habe eine Frage, die zwar sehr wohl das Buch "Gray" betrifft, aber nicht inhaltlich, stilistisch oder sonstewas, sondern verlagstechnisch: Gibt es konkrete Planungen (und wenn ja, darfst du die verraten?), wann in etwa "Gray" als Taschenbuch herauskommen soll?
Dankeschön!
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Danke für die Info, hollyhollunder !
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Zitat
Original von ElSwann
(...) den Vogel überhaupt als Person wahrzunehmen..."
Stimmt. Davon gehen wir geübten LeserInnen deiner Krimis ja völlig ergeben einfach mal aus.
Ich hatte beim Lesen aber schon den Eindruck, dass Huff den Schulterballast recht bald als durchaus nett empfindet und sich sehr um sein Wohlbefinden sorgt. Das fand ich auch sehr sympathisch an ihm.