Beiträge von Nadezhda

    Ich spitze mal in die Anmerkungen von Herrn Nitzberg, vielleicht finde ich dort Hilfe und Anleitung.

    Die Auflistung der am Ball beteiligten prominenten Figuren fand ich sehr interessant. Diese Recherchearbeit dazu hätte ich persönlich nicht leisten wollen. Sie führt vielleicht nicht unbedingt zu einem besseren Verständnis der Szene an sich, aber ich finde die vielen Anspielungen einfach spannend - vor allem die auf die Kindsmörderin Frieda Keller und die Schneiderin Soja Denissowna Pelz. Ich habe ja parallel auch wieder angefangen, Bulgakows Dramen zu lesen, und als nächstes steht just das Stück "Sojas Wohnung" auf meiner Leseliste, das sich um die obskuren Vorkommnisse in der Wohnung ebenjener Schneiderin dreht. Ich mag es, wenn AutorInnen ihre Werke auf diese Weise miteinander verknüpfen. :-)

    Das Problem geht ja schon da los, wo jemand etwas tut, das sich nachträglich als böse herausstellt, ohne dass die oder derjenige das so vorgehabt hätte.


    Ich würde hier zwischen "böse" und "schlecht" differenzieren.

    "Böse" ist es m.E., wenn etwas nur aus Egoismus, Machtgier, Eitelkeit oder ähnlichen Motiven heraus getan wurde. Dann kann das Ergebnis auch nie wirklich "gut" sein, es bleibt ein Beigeschmack.

    "Schlecht" kann dabei herauskommen, wenn man die Folgen seines wohlmeinenden Handelns nicht überblicken konnte. Das ist für mich eine andere Kategorie.

    Dann muss ich noch ein wenig Hannah Arendt lesen und hoffe, ich kann folgen.


    Nach Auschwitz musste eh die ganze Philosophie und v.a. Theodizee neu gedacht werden und viele Fragen bleiben offen... Ich kann da auch oft nicht mehr folgen, denke aber, dass man es als gläubiger Mensch (dazu zähle ich mich) grundsätzlich mit der Bergpredigt und v.a. mit der Goldenen Regel halten kann, auch wenn (oder gerade weil?) ihr Verkünder am Ende gekreuzigt wurde. Das Leben bleibt aus christlicher Sicht eben Stückwerk.


    Ich finde es so faszinierend, dass Bulgakow diese Fragen überhaupt so massiv aufwirft und so den sozialistischen Menschen dazu bringt, an eine Dimension über das Hiesige hinaus auch nur zu denken. Wie man am Ende dann was deutet, ist hier aus meiner Sicht gar nicht so relevant - als DDR-Kind weiß ich, dass schon allein die Thematik aufrührerisch war und es nicht geduldet werden konnte, dass die Menschen sich über religiöses Zeugs / fundamentale Lebensfragen jenseits der sozialistischen Doktrin überhaupt Gedanken machen. Und man tut es, nicht wahr? :grin

    Ich dachte, das * hat mit dem Thema 'drittes Geschlecht' zu tun; dass es nicht mehr nur noch männlich und weiblich gibt, sondern noch divers, so wie der Bundestag es neulich beschlossen hat. Und das Sternchen bedeutet für mich, dass noch anderes als männlich und weiblich gemeint ist.


    So habe ich das auch verstanden. Und selbst, wenn die Bibel von "Mann und Frau" spricht, kann man die Augen schlecht vor der Tatsache verschließen, dass es rein biologisch auch diverse Möglichkeiten von "Zwischengeschlechtern" gibt, von sozialem Geschlecht mal ganz zu schweigen. Und diese Menschen wollen sich halt auch nicht mehr zwangsweise in eine der beiden Schubladen gequetscht oder völlig unter den Teppich gekehrt sehen.

    O Mann!Da wird mir angst und bange um das männliche Geschlecht. Sic transitgloria mundi.

    Armer magister wigbold! :freundschaft

    Immerhin wird in deinem Post deutlich, wenn auch selbstverständlich ironisiert, was tatsächlich viele Männer treibt, so gegen das Gendern zu wettern: Die Angst, etwas von der Deutungshoheit abgeben zu müssen.


    Die Gesellschaft, die Lebensbedingungen und das Bewusstsein der Menschen verändern sich. Darf Sprache dem nicht Rechnung tragen? Kannst oder willst du nicht nachvollziehen, dass viele Frauen bei allem, was sie tagtäglich leisten, einfach die Nase voll davon haben, sich immer nur "mitgemeint" zu fühlen?

    Wie man die Sternchen-, Binnenmajuskel- oder sonstigen Varianten dann aussprachetechnisch umsetzt, ist in der Tat eine spannende Frage. Es geht hier aber v.a. um eine entsprechende Wahrnehmung - und die schonmal in schriftlichen Äußerungen umsetzen zu können, bringt ein Stück Realität in die Sprache, die vorher eben nicht umgesetzt wurde.


    Übrigens ist auch das "Narrenschiff" von Sebastian Brant ein sprachliches Meisterwerk. Sprechen wir deshalb alle Frühneuhochdeutsch? Wenn jemand im Blick auf Sprachwandel also mit Goethe und so argumentiert, fällt mir da immer so ein bescheuerter Filmtitel ein. :fiesesgrinsen :lache


    Ich fand das Buch sehr berührend, aber über weite Strecken auch wirklich heftig. Die grausamen Lebensbedingungen im KZ und die fortwährenden Traumata der (ehemals) Inhaftierten werden sehr explizit dargestellt. :-( Über die Verfolgung der Roma und ähnlicher Volksgruppen unter den Nazis und auch in anderen Gesellschaften und Zeiten war mir vorher nicht so viel bekannt gewesen.

    Und das Buch ist wirklich toll geschrieben! :wave

    Diese Ballszene ist ja wirklich widerwärtig. :uebel

    Und die Damen laufen nackt herum, während die Herren Frack tragen, soso. :rolleyes


    Ich frage mich, warum Margarita in dieser Szene "Königin Margot" genannt wird. Mir war diese Dame bisher nur aus dem Roman von Alexandre Dumas bekannt, den ich vor drölfzig Jahren mal gelesen und wieder vergessen habe. Heute habe ich mir den Wiki-Artikel über Marguerite de Valois zu Gemüte geführt - eine erstaunliche Person! Allerdings ist mir nicht ganz klar, auf welche Parallelen zu ihr Bulgakow nun anspielen möchte. Ich spitze mal in die Anmerkungen von Herrn Nitzberg, vielleicht finde ich dort Hilfe und Anleitung.

    sasaornifee  


    Ich handhabe es auch privat und beruflich unterschiedlich, wobei ich beruflich eher beide Formen ausschreibe (weil es oft um Anschreiben geht und da finde ich es einfach höflicher so), ansonsten gern die sogenannte Binnenmajuskel benutze, also z.B. "LeserInnen".


    Was ich persönlich zu vermeiden versuche, ist das pseudo-generische Maskulinum, denn es gibt mittlerweile genügend Studien, die zeigen, dass Frauen da zwar "mitgemeint" sein mögen, aber auf seiten der LeserInnen und HörerInnen eben doch nur die männlichen Bilder im Kopf auftauchen, seien das Ärzte, Politiker oder Professoren. Insofern formt Sprache schon die Vorstellungen, auch wenn manche Männer :grin das nicht gern hören und dann im Gegenzug versuchen, geschlechtsneutrale Formen zu verunglimpfen, indem sie Wörter feminisieren, bei denen das überhaupt keinen Sinn ergibt. (Dieselben Männer würden allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit empört aufheulen, wenn man in einem Text nur die femininen Formen benutzen und vorher klarstellen würde, dass Männer mitgemeint sind.)


    Die Sprachwissenschaftlerin Prof. Damaris Nübling erläutert in diesem Interview Möglichkeiten und Grenzen einiger verschiedener Formen des sprachlichen Genderns:

    https://www.campus-mainz.net/n…-von-geschlecht-nimmt-ab/


    Sie stellt dabei auch heraus, dass es nicht darum geht, krampfhaft die schöne deutsche Sprache zu zerstören :chen , sondern einfach bewusst zu sprechen und zu schreiben. Dass das beim Gendern nicht immer geht, ohne dass es umständlich wirkt, ist ihr auch klar und sie hat da, wie ich finde, ein schönes entspanntes Fazit gezogen. :-)

    Auf dieses Kinderbuch, das in wenigen Tagen erscheint, freue ich mich schon sehr:



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    amazon / Klappentext:

    Ein fulminantes Märchen und Ritterabenteuer von Michael Ende und Wieland Freund, für Kinder ab 6 Jahren.

    Knirps ist überzeugt, dass ein echter Raubritter in ihm steckt. Deshalb will er auch unbedingt beim berüchtigten Rodrigo Raubein in die Lehre gehen! Doch der fordert zunächst eine Mutprobe von ihm. Voller Tatendrang plant Knirps einen Prinzessinnenraub, kann es Gefährlicheres geben? Er ahnt nicht, dass ein viel mächtigerer Bösewicht als er es auf die Prinzessin abgesehen hat.

    „Rodrigo Raubein", von Michael Ende als Romanfragment veröffentlicht und nun, zwanzig Jahre nach seinem Tod, von Wieland Freund vollendet.


    https://www.amazon.de/Rodrigo-Raubein-Knirps-sein-Knappe/dp/3522185005 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)



    Normalerweise bin ich skeptisch, wenn SchriftstellerInnen die Arbeit von KollegInnen "vollenden", noch dazu, wenn es sich um ein Fragment von Michael Ende handelt.

    Aber als Fan von Wieland Freund mit seinen tollen Kinderbüchern um die beiden Elfenkinder Jannis und Motte sowie ihren speziellen Freund, den Waldschrat Wendel, bin ich optimistisch, dass dieses Buch eine gelungene Mischung aus den Talenten von Ende und Freund ist. Bin schon sehr gespannt! :S


    Im ersten Abschnitt helfen die Anmerkungen auch am meisten.

    Später ist es dann ein bisschen Ansichtssache, ob man sie nicht besser nachher liest!

    Viel Spaß, Nedezhda.


    Ich stimme dir auf jeden Fall darin zu, dass die Anmerkungen unterschiedlich hilfreich sind. Viele fand ich interessant, z.B. wenn es um jüdische Bräuche geht oder die Frage, ob es eine literarische Gesellschaft namens MASSOLIT in Wirklichkeit gegeben hat. Andere Informationen waren doch eher belanglos - z.B. wo genau irgendeine Gasse in Moskau liegt und wie die vor oder nach 1930 hieß, ist mir eigentlich schnuppe, wenn die nur einmal im Roman auftaucht, nämlich als Besdomny da durchrennt.

    Leicht genervt bin ich allerdings von der ständigen Selbstbeweihräucherung des Übersetzers, wenn er immer wieder darauf hinweist, dass er die Alliterationen oder sonstigen lautmalerischen Spielereien des russischen Originals genauso toll ins Deutsche übertragen hat und auch noch alles zitiert und anstreicht, damit die Leserschaft es auch ja bemerkt. Das finde ich total übertrieben. Lautmalereien sollen ja eigentlich unterschwellig durch den hellen, dunklen oder wie auch immer gearteten besonderen Klang der Laute eine bestimmte Atmosphäre erzeugen - und entweder wird die bei mir erzeugt oder eben nicht. Falls nicht, brauche ich es auch nicht erklärt zu bekommen. :rolleyes


    Mit der Übersetzung selbst bin ich auch nicht so glücklich. Nitzbergs Sprache ist grober als Reschkes. Vielleicht liegt er damit näher am Original, daher würde mich das noch nicht einmal so sehr stören. Aber er springt so wild durch die Zeitformen, dass es mich beim Lesen oft einfach schüttelt, wenn z.B. in einem Satz, der im Präteritum steht, die Vorvergangenheit durch Perfekt statt durch Plusquamperfekt ausgedrückt wird.


    Ich habe eben das Kapitel 19 zweimal gelesen - einmal Nitzberg, einmal Reschke - und kehre zu Reschke zurück. Von Nitzberg werde ich weiterhin die Anmerkungen lesen. :wave