Das Blaubeerhaus erzählt die Geschichte von einem in die Jahre gekommenen Haus im Wald mit angrenzendem Garten. Bislang hat dort die alte Lene gewohnt. Lene Franzberger ist eine entfernte Verwandte von einer Reihe jung und jüngerer Persönlichkeiten, die völlig überraschend das Blaubeerhaus geerbt haben.
Diese charmanten und einzigartigen Persönlichkeiten sitzen am Anfang der Geschichte nicht nur sprichwörtlich "im selben Boot", sondern sie sitzen im selben Bus. Selbst gefahren vom Riesen, der im vorderen Teil des Wagens begleitet wird von seiner Frau Betti, dem zehnjährigen Leo, dessen älteren Bruder Luke und dem kleinen Matthes.
Im hinteren Teil des Busses sitzt die "Mädchenfamilie" bestehend aus Onkel Ben, Tante Floris, der zehnjährigen Imke und den jüngeren Zwillingsschwestern Juni und Juli.
Vervollständigt wird der bunt gemischte Trupp von Tante Fee.
Die Lebensgewohnheiten und -umstände der Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein und so werden die Tage im Blaubeerhaus zu einem unvergesslichen gemeinsamen Abenteuer, das sie sonst nie erlebt hätten.
Protagonisten und Erzähler dieses Abenteuers sind Leo und Imke. Abwechselnd lerne ich ihre Sichtweise auf die Geschehnisse im Blaubeerhaus kennen und ihre Gedanken zu den weiteren Familienmitgliedern und ihren Wünschen und Plänen.
Besonders leicht zu verfolgen ist das Geschehen der jeweiligen Sichtweise für mich, da die Passagen von Imke von Christiane Marx und die Passagen von Leo von Oliver Kube gelesen werden. Es ist ein wahres Vergnügen ihren Stimmen zu lauschen, die Aufregung in gefährlichen Situationen mitzuerleben und die Zurückhaltung, wenn es um gar freundschaftliche Gefühle geht. Bäh!
Das Blaubeerhaus lädt die beiden ein, dessen Geheimnisse zu ergründen. Häppchenweise bekommen sie Anmerkungen und es scheint, als wollte das Blaubeerhaus sie gleichzeitig loswerden und für sich gewinnen. Und dann ist da noch das Tage- und Nachtbuch von Lene.
Antonia Michaelis erzählt die Geschichte vom Blaubeerhaus und ihren einzigartigen Charakteren im Plauderton und gleichzeitig mit einer Tiefe, die mich berührt und Imke und Leo mit auf eine Reise in die Vergangenheit nimmt. Ich erlebe die Kriegszeiten und die Judenverfolgung mit großem Abstand und sanfter Intensität. Einmal bedingt durch die vergangenen Jahre und zum zweiten durch die Erzählung aus dem Tage- und Nachtbuch von Lene. Trotz des Abstands wird sehr bildhaft und eindrücklich erzählt, wie wichtig es ist, die Menschen, die man liebgewonnen hat und die aufgrund ihrer Herkunft in Gefahr sind, versteckt und sicher zu beherbergen. Das Versteck ist besonders ausgeklügelt und ich drücke die Daumen, dass das Versteck unauffindbar im Jahr 1945 bleibt und gleichzeitig drücke ich Imke und Leo die Daumen, dass sie das Versteck finden, um Lenes Schatz auf die Spur zu kommen.
Ich habe schon lange nicht mehr so sehr bei einer Suche mitgefiebert und hatte Freude daran, Imke und Leo bei der Suche zu begleiten.
Das Blaubeerhaus wird in zwei unterschiedlichen Abschnitten erzählt. In Teil 1 lerne ich die Charaktere und die Umgegend kennen. Teil 2 spielt cirka ein Jahr später und sorgt leider bei mir für viel Verwirrung. Gefühlt bin ich immer noch in der Kennenlernphase und erwarte, dass jetzt das Geschehen fortlaufend weitererzählt wird. Tatsächlich sind alle im nächsten Jahr angelangt und für mich ging das alles hoppladihopp. Ich konnte nicht mehr einordnen, wo sich welches Fahrzeug aus der heutigen Zeit befindet. Dazu kamen die Illusionen aus den früheren Zeiten des Kriegsgeschehens. Die Geschichte wurde immer noch bildhaft und anschaulich erzählt. Mir persönlich ging es im zweiten Teil allerdings ein wenig zu sehr durcheinander.
Trotzdem bin ich gern bei der Geschichte geblieben. Die Charaktere waren ja immer noch die tollen Persönlichkeiten und zum Blaubeerhaus hatte ich bereits - genau wie die Figuren - eine Bindung aufgebaut. Das alles macht Das Blaubeerhaus zu einem tollen, bildhaft geschriebenen Hörerlebnis, das aufgrund der Thematik und der abenteuerlichen Erlebnisse der Charaktere noch lange nachwirkt.
Die Stimmen von Imke und Leo werden von Christiane Marx und Oliver Kube ganz wunderbar transportiert. Ich hatte jederzeit den Eindruck, dass Imke und Leo mich an ihrem Leben im Blaubeerhaus und im angrenzenden Wald teilhaben lassen. Ein wahres Hörvergnügen.
Fazit
Das Blaubeerhaus ist für alle die abenteuerliche Geschichten - mitunter etwas wild erzählt - mögen und rücksichtsvoll einen ersten, ernsten Blick auf die Geschehen im Krieg zur Verfolgung der Juden werfen wollen. Gleichzeitig geht es um Familienbande, Freundschaft, Toleranz und Vertrauen. Bande, die - einmal aufgebaut - wohl nie mehr reissen.