Atemlos habe ich den ersten Teil nun durchgelesen. Monika Detering knüpft das Missbrauchsthema in wunderbar subtiler Weise an den 50er-Jahre-Mief, an die Unaufgeklärtheit, die Kleinbürgerlichkeit, die Nachkriegsentbehrungen, die damals noch gänzlich unangetastete Rolle des Familienvaters, der Instanz bleibt, selbst wenn er die Familie verlässt, für das Kind Marie auch dann noch, wenn er es missbraucht!
Ein entsetzlicher Mann, der mit Vorsatz sein Kind schändet. Das Gegenbild, die liebevoll-behütende alleinerziehende Mutter. Nein, sie ist gewiss nicht kaltherzig, wenn sie zuschlägt, sondern versucht verzweifelt ihrer Rolle in einer Zeit gerecht zu werden, als Frauen noch nicht einmal ohne Einwilligung ihres Ehemannes einen Beruf ergreifen durften. Und natürlich befindet sich der Gedanke an sexuelle Übergriffe durch den Vater vollkommen außerhalb ihrer Vorstellungswelt. Offenbar streng katholisch erzogen, gibt sie die Schreckensvisionen von Hölle und Fegefeuer an ihre Tochter weiter, was dem Vater prächtig zupass kommt, kann er doch damit rechnen, das Mädchen mit entsprechenden Androhungen gefügig zu halten.
Dass sich auch noch Großvater und Onkel an dem Mädchen vergreifen, mag auf den ersten Blick unglaublich erscheinen, doch geht man von der "Psychologie des Opfers" aus, wird auch dies erklärlich.
Ein aufwühlendes Buch, das uns zwingen muss, genau hinzusehen, was auch heute noch Mädchen angetan wird. Ein Roman, den ich oft verschenken werde!
Meinen herzlichen Dank an Monika Detering!