Beiträge von Herr Schwan

    Ich möchte euch etwas mitteilen:


    Am 16. werde ich beim Tätowierer vorstellig, um mir Vorlagen anzusehen.
    Am 20. wird die Vorlage dann übertragen - es ist nur ein Satz: "Leb wohl, Luzifer, stolzer Geist. (Jack London - der Seewolf [vertikal]) "
    Er wird sich ein paar Zentimeter über meinem rechten Handgelenk um den Arm winden. Ich habe lange darüber nachgedacht, aber wenn mich etwas mein Leben lang begleiten soll, dann dieser Satz.

    Wolf Larsen ist der stärkste Charakter, den ich kenne. Er vertritt eine absolut rationale und lebensverneinende Ansicht, und zwar so durchdacht und mit solcher Konsequenz, dass man ihm trotz seiner Destruktivität Respekt zollen muss.
    Sein Siechtum und sein Tod waren seiner würdig. Der Schlußsatz von Maud Brewster ebenfalls. Maud und die Leser wissen: hier ging jemand Großes. Jemand Schlechtes zwar - aber trotzdem - oder gerade deswegen.

    Hart auf Hart
    Tom Coraghessan Boyle
    ISBN 978-3-446-24737-6
    Verlag Hanser
    395 Seiten
    22,90€


    Über den Autor:
    T.C. Boyle ist ein amerikanischer Schriftsteller, der als Enfant Terrible der amerikanischen Literaturszene gilt. Sein Schreibstil ist stark von seinem Mentor John Irving beeinflusst. Er zeichnet sich durch eine hohe Erzähldichte, scharfe Perspektivwechsel und die gestochen scharfe Zeichnung seiner Charaktere aus.
    Klappentext:Die Außenseiter Adam und Sara verlieben sich ineinander - zusammen alleine gegen eine Welt von Spießern, Ordnungshütern und vermeintlichen Feinden. Bis einer der beiden sich in die Natur zurückzieht und außer Kontrolle gerät. Mit bösem Witz und tragischem Ernst erkundet T.C.Boyle die dunkle Seite des amerikanischen Traums.


    Meine Meinung
    Handwerklich ist es ein typischer Boyle. Gut recherchiert, mit Witz und mit hoher Erzähldichte lässt er den Leser tief in die Geschichte selbst, in die Denkschulen und Gedankenwelten seiner Charaktere eintauchen. Die scharfen Perspektiv- und Charakterwechsel kommen auch nicht zu kurz. Einzig selten ist, dass der Roman zwar in der Gegenwart spielt, aber niemand BMW fährt.
    Er befasste sich in diesem Buch mit der amerikanischen libertären Bewegung als sie noch ein Randgruppenthema war und beweist damit großen Weitblick, denn als Fanal besetzten Libertäre fast genau ein Jahr nach Erscheinen des Buches ein Verwaltungsgebäude eines Naturparks in Oregon.
    http://www.sueddeutsche.de/pol…und-seine-miliz-1.2804784
    Diese und artverwandte Bewegungen wachsen schon seit geraumer Zeit. Und zwar nicht nur in Amerika, sondern auch in ganz Europa. Hier werden sie unter dem Begriff "identitäre Bewegungen" zusammengefasst. Die Denkstrukturen sind allerdings (national angepasst) dieselben. Wie salonfähig libertäre Ansichten mittlerweile sind, lässt sich am Beispiel Deutschland gut illustrieren. Verschwörungstheoretische Gruppen, wie etwa die Reichsbürgerszene, sind zwar noch immer relativ unbekannt, aber wachsen stark und finden immer weitere neue Mitglieder, die auch verblüffend lange Zeit bei der Stange bleiben. Und das sind nur die ganz radikalen Ausläufer dieser Strömung. Etwas seriöser geht es auch: Die AfD und auch PEGIDA haben starke libertäre Elemente als Partei- bzw. Bewegungsdoktrin.
    Dieses Buch ist anwendbar. Es lässt den Leser nicht nur mit einer guten Geschichte zurück, sondern auch mit einem Verständnis, wie Menschen (politisch) radikal werden und wie sie dann ticken können. Obwohl er sich hier mit politischer Radikalität befasst, reicht es, bei einem Gedankenexperiment einfach die Feindbilder zu modifizieren und man hat ein fertiges radikales Denkmodell. In diesem Zug zeigt sich auch, wie austauschbar das alles ist.
    Man kann sich so gut in die Charaktere hineinversetzen, dass man denkt, man läuft in ihren Schuhen. Man ist beinahe genauso empört über die vermeintliche Ungerechtigkeit z.B. einer Polizeikontrolle, obwohl die Absurdität dieser Gedankenwelt und die daraus resultierende selffullfilling prophecy, die paradoxerweise noch als Bestätigung wirkt, gleichzeitig scharf gezeigt wird. Trotz dass der Roman schon vom Thema her recht politisch ist, steht Boyle im Hintergrund und wertet nicht. Es spielt im Amerika und man braucht eine recht umfassende Kenntnis der amerikanischen Kultur um all die kleinen Ironien und Seitenhiebe zu verstehen, aber man kann einem Autor nicht vorwerfen, dass er über sein Heimatland schreibt.
    Mir sind beim lesen keine zähen Strecken aufgefallen, und der Showdown ist eine richtig coole Nummer, ohne übertriebene Klischees. Ganz so, wie es wahrscheinlich in der unaufgeregten Realität passieren würde.
    Ich würde das Buch empfehlen. Es reduziert sich ohne politisches Interesse und ohne Kenntnis des american way of life rein auf die Geschichte, aber die ist auch so ziemlich gut.
    Für alle, die auf solche Themen steil gehen, sei das Buch wärmstens empfohlen. Es ist schon grundsätzlich kein Buch, was man nach dem Lesen einfach zu den anderen stellt, ohne einen weiteren Gedanken dran zu verschwenden, aber wenn man sich damit befasst, begleitet es einen eine lange Zeit.


    *So. Herzlichen Glückwunsch, ihr habt es geschafft. Nun habe ich genug geschwurbelt. Ich hoffe, ich habe euch nicht genervt und alles soweit richtig gemacht. Das war meine erste Rezension, als geht bitte nicht so hart mit mir ins Gericht.


    ASIN/ISBN: 3423145153

    Seltsamer Titel? Naja - auf einem Tab im Browser läuft grade 2Pac. Ambitions as a rider - die kleine Ironie ist eine Folge meiner Lesewut. Irving hat mir die objektive Ironie gezeigt und seitdem ist mein Alltag um einiges lustiger geworden. Manchmal nur für mich, denn nicht immer erkennen die Umstehenden dieselbige. Aber das macht nichts. Ich stehe meist sowieso außerhalb der Norm, weil ich einen anderen Horizont habe als Viele. Das passiert eben, wenn man schon als Kind Bücher gelesen hat, die nicht altersgerecht waren. Sätze wie: "leb wohl, Luzifer, stolzer Geist." prägen eben einen Achtjährigen und lassen ihn hinterfragen ob das Grundgerüst aus "Protagonist-besiegt-Antagonist-naja-eigentlich-war's-der-Deus-Ex-Machina" wirklich immer sein muss.
    Mit fast 30 gibt es keine nicht-altersgerechten Bücher mehr. Nur noch unverständliche - wie zum Beispiel Feuchtgebiete. Ein weiterer Vorteil des Erwachsenseins ist der, dass niemand meckert, wenn man im Monat 50€ für gebrauchte Bücher ausgibt. Das und Autofahren. Das waren so die Highlights des Erwachsenseins. Der Rest war unterm Strich eher enttäuschend.


    Eine ganze Zeit habe ich kaum gelesen. Seit einiger Zeit verschlinge ich wieder Bücher. Es wurde einfach wieder Zeit. Ein Glück, dass ich auf Arbeit die Zeit habe. Mein Spind sieht vielleicht aus - Oscar Wilde steht hinten neben Hašek, vorne dran, als Nächstes, liegen Thomas Mann, Salman Rushdie (satanische Verse - lese ich gerade) und Charles Dickens. Huxley, Lee Harper, Traven und Eco habe ich schon wieder zu Hause, schon gelesen. Wobei ich "im Namen der Rose" abgebrochen habe. War mir zu theologisch. Vielleicht später mal, wenn ich so eine Phase habe. Aber den Friedhof in Prag habe ich fertig gekriegt. Jungejunge, was für ein Buch. Huxley war auch packend - vor allem, wenn man vorher G.K. Chesterton gelesen hat.


    Nach dieser schamlosen Prahlerei könnt ihr euch denken, dass ich einen hohen Standard habe, was Literatur angeht. Ich bin mal spontan in eine große Bücherei gegangen und sagte zur Mitarbeiterin am Infostand: " Tach! Ich brauch' das ganz harte Zeug - T.C. Boyle, Irving, Vonnegut; mit Schund wie Shades of Grey zünde ich allenfalls Lagerfeuer an. Was habt ihr denn in dem Stil da?"
    Die restlichen Mitarbeiterinnen haben sich gefreut - endlich mal eine Herausforderung. Und nix von irgendeiner Bestseller-Liste. Haben sie auch gesagt.


    Ich habe mich jetzt hier mal angemeldet, weil ich glaube, dass ich hier die eine oder andere Rezension beitragen kann. Vielleicht sogar aus einem für euch interessantem Blickwinkel. Und, vielleicht später, um mich kreativ zu betätigen; ich habe so viele Geschichten im Kopf, aber mir fehlt die Technik, um sie aufzuschreiben.


    Lasst euch überraschen. Und seid nicht verschreckt. Eigentlich bin ich ganz in Ordnung, auch wenn ich seltsame Ansichten habe. :-)