Beiträge von Horst Eckert

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    Original von LauraJane
    Ronny hätte ruhig überleben können. Er hätte es auf jeden Fall verdient.


    Ich verstehe deine Haltung sehr gut. Aber für Ronny gibt es ein tragisches Ende, weil er sich zu tief verstrickt hat und sein Gegenspieler zu stark ist. Leider gewinnen auch in Wirklichkeit nicht immer die Guten, und ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich eine heile Welt entwerfen würde, an die ich selbst nicht glaube.
    Letztlich ist das im ganzen Genre, wenn es sich ernstnimmt, so angelegt: Man schreibt oder liest über Verbrechen, um zu erfahren, wozu die Menschen in der Lage sind. Ich denke, erwachsene Menschen halten so etwas aus, auch wenn es nicht dem Schema des Tatorts (der läuft als Unterhaltung für die ganze Familie und muss deshalb versöhnlich enden) entspricht.
    Natürlich bin ich selbst traurig über Ronnys Tod. Aber ich schreibe nicht, wie ich es mir für meine Figuren wünsche, sondern wie ich die Welt erlebe. Und natürlich auch damit mich eine Geschichte packt und rührt.
    Nach diesem Ende noch zu erzählen, wie in langer Arbeit Thorsten Franck gefunden und gefasst wird, hätte Dich nur gelangweilt und letztlich wenig interessiert, zumal Zielfahnder des LKA daran mehr Anteil gehabt hätten als Vincent. Ich glaube, da stimmst Du mir dann doch zu, liebe LauraJane.

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    Passiert so etwas öfter in der Realität, dass man erstmal machen lässt und erst viel viel später eingreift?


    Es ist zumindest vorstellbar.


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    Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mir diese Doppeldeutigkeit auch aufgefallen ist :rofl


    Mir auch nicht ...

    Geheimdienste sind ein wunderbares Herrschaftsmittel für Regierungen (sofern sie sich nicht verselbstständigen). Die Forderung ihrer Abschaffung kommt also höchstens von der Opposition. Sie "Verfassungsschutz" zu nennen, ist perfektes Marketing. Wer kann schon etwas dagegen haben, die Verfassung zu schützen?
    Wenn der Verfassungsschutz etwas schwer verbockt, gilt das meist als Panne, die unsere Sicherheit beeinträchtigt. Um die Sicherheit wieder zu erhöhen, stärkt man dann den Verfassungsschutz. Fast scheint es also, als könne einem Geheimdienst nichts besseres geschehen als eine "Panne".

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    Original von xexos
    Ein Altintop ist immer noch Bundesligaspieler, derzeit in Augsburg. Es dürfte allerdings sein letztes Jahr sein.


    Danke!


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    Hatten sich Mundlos und Böhnhardt im Untergrund auch Max und Gerrie genannt oder ist dies erfunden?


    Manchmal haben sie sich anderen gegenüber so genannt, zum Beispiel im Urlaub. Vor allem Beate Zschäpe hat auch noch andere Namen benutzt als Liese.


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    Steht der Staatssekretär auch exemplarisch für eine reale Person?


    Nein, der ist frei erfunden.

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    Original von Lumos
    Gibt es nicht auch einen Fußballer namens Altintop?


    Zwei Büder, Halil und Hamid Altintop, spielten mal in der Bundesliga, Hamid sogar bei Bayern München. Jetzt sind sie nicht mehr aktiv, so viel ich weiß.
    Altintop ist ein recht gebräuchlicher Familienname und mir gefiel der Klang.

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    Original von xexos
    ... und Horst verarbeitet hier ja auch mit der Kaufhaus-Transaktion einen realen Fall. "pauschales Mißtrauen" heißen, oder? :grin


    Ich spiele auf die Fonds eines Josef Esch an, auf die Kölner Salomon-Bank, die dabei weitgehend ruiniert wurde und auf den Karstadt-Quelle-Konzern, der unter Manager Thomas Middelhoff "Arcandor" hieß. Middelhoff heißt hier Johann Holtrup - den Namen habe ich mir von Rainald Götz geliehen, der unter diesem Titel eine glänzende Middelhoff-Satire geschrieben hat. Wer mag, kann diese Begriffe googeln. Zum Verständnis von "Wolfsspinne" ist das natürlich nicht nötig.

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    Original von LauraJane
    Das klingt für mich eher nach Amerika als nach Deutschland. Zu viel Geheimdienst, zu viele eigenmächtig handelnde Behörden. Ich möchte nicht glauben, dass sowas im deutschen Bürokratendschungel auch gibt.


    Matthias tut mir echt leid. Auch hier hoffe ich das unser Militär besser mit seinen Veteranen umgeht als im Buch beschrieben.


    Ja, das geht uns allen so. Wenn ein Geheimdienst böse ist, dann CIA oder NSA, dabei hat der BND beispielsweise ebenso Politiker, Behörden und Unternehmen in befreundeten Staaten abgehört, wie es die NSA mit Merkels Handy getan hat. Beim BND gibt es einen Spruch: Es kann einem Geheimdienst nichts besseres passieren, als unterschätzt zu werden.


    Generell gilt: Macht lädt zum Missbrauch ein. Und wenn die Macht nicht kontrolliert werden kann, weil sie im Geheimen agiert (BND, Verfassungsschutz etc.), dann wird es gefährlich. Dass nach Bekanntwerden des NSU massenhaft Akten vernichtet wurden, war keine Panne, das soll uns niemand weismachen. Das war Absicht, um etwas zu vertuschen. Fragt sich nur, was.


    Beim letzten NSU-Mord an einem Migranten 2006 in Kassel hatte die Polizei übrigens sofort einen Deutschen unter Verdacht, nämlich einen Beamten des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz, der angab, er sei nur "zufällig" in dem Internetcafé gewesen. Er verwickelte sich in Widersprüche und behauptete, vom Mord nichts mitbekommen zu haben. Die Polizei glaubte ihm das nicht, weil sie ihm nachweisen konnte, dass er zur Tatzeit da war. Der Innenminister (heute hessischer Ministerpräsident) nahm den Mann dann aus der Schusslinie, verbot ihm und seinen Kollegen die Aussage vor der Polizei, verbot der Polizei Zugang zu Akten und V-Leuten etc. So viel zur Rolle "unserer" Geheimdienste.


    Und nach jeder Affäre setzt sich die Politik für mehr Sicherheit ein, was in der Regel bedeutet, dass die Geheimdienste gestärkt statt stärker kontrolliert werden.


    Zur Bundeswehr und ihren traumatisierten Afghanistan-Heimkehrern: Ein trauriges Kapitel. Den wenigsten gelingt es nachzuweisen, woher ihre Symptome stammen. Nur in wenigen Fällen gewährt die Bundeswehr Hilfe.

    Ich finde es interessant, wie unterschiedlich Sakia und Nina von Leserinnen wahrgenommen werden. Schon in "Schwarzlicht" konnten manche Sakia nicht leiden, weil sie Nina verdrängte (bzw. die Hoffnung auf eine Versöhnung mit Vincent aufschob). Andere mochten Nina wegen ihres Seitensprungs nicht und fanden Saskia taff.
    In "Schattenboxer" mochten manche Sakia nicht, weil sie Vincent nur für ihr Buch benutze, und wünschten sich, dass sich Nina und Vincent wieder vertragen würden.
    Was sollte eurer Meinung nach im vierten Band mit Vincent und Nina passieren?
    fragt neugierig
    Horst

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    Original von Tea-Bag
    Wie kam es denn zu Trennung von Saskia und der wieder auferlebten Beziehung zu Nina?


    Am Ende von "Schattenboxer" deutet sich beides ja schon an. Wie es genau dazu kam ... Möge es sich jeder nach seinem Geschmack ausmalen!


    Zur Frage, woher der Mörder Melli Franck kannte: Sie war einigermaßen prominent und ab und zu in den Medien. Und er war auch schon einmal im "Greens" zum Essen gewesen.


    Herzliche Grüße
    Horst

    @ LaraJane: Warum nimmt man sie (das Terrortrio des NSU) nicht einfach fest?
    Die offizielle Version lautet: Der deutsche Inlandsgeheimdienst (also die Verfassungsschutzbehörden der einzelnen Länder und des Bundes) hatten keine Kenntnisse. Und die Polizei mühte sich ab, kam aber nicht ran.
    Tatsache ist aber, dass sich manche Polizisten wunderten, dass sie von oben gestoppt wurden, wenn sie das Gefühl hatten, endlich auf der richtigen Fährte zu sein.
    Und was mich (und euch sicher auch, soweit ihr es verfolgt habt) besonders stutzig gemacht hat: Als noch im November 2011 das ermittelnde Bundeskriminalamt bei den Verfassungsschutzbehörden die Akten zu V-Leuten in der Neonaziszene anforderte, begannen dort die Aktenschredder zu rattern (statt die Akten auszuhändigen). Ich beschreibe das später im Roman in Kapitel 59.
    Dadurch war für mich klar: Der Verfassungsschutz hat etwas zu verbergen.
    Dazu kommen diverse Ungereimtheiten, die jeden aufmersamen Beobachter an der offiziellen Version zweifeln lassen, die da lautet: Der NSU habe nur aus drei Leuten bestanden, von denen sich zwei am 4.11.2011 in Eisenach im Wohnmobil selbst getötet hätten. Auch der Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag hat in seinem Abschlussbericht Zweifel daran geäußert.
    Diese Zweifel und die offensichtliche Verstrickung des Verfassungsschutzes in den NSU waren mein Ausgangspunkt für "Wolfsspinne". Ich fragte mich: Wenn die Version, die die Bundesanwaltschaft im Münchner Prozess vertritt, in Teilen nicht stimmt, was fiel dann am 4.11. in Eisenach wirklich vor? Wer könnte die beiden Männer des NSU ermordet haben? Warum? Und was hat die Tat mit dem Täter angestellt? Was macht er heute? So kam ich auf Ronny ...
    Nein, ich unterstelle nicht sämtlichen Behörden, sie seien kriminell, korrupt oder rechtslastig. Ich habe z.B. bei der Düsseldorfer Polizei, wo mir bei Recherchen oft geholfen wird, sehr nette und integre Menschen kennengelernt. Aber Menschen lassen sich gern korrumpieren (und sei es durch Karriereaussichten), Behörden gehorchen eigenen Gesetzen und die Politik (Ministerien als vorgesetzte Behörden von Polizei und Staatsanwaltschaft) funkt gern dazwischen. Auch davon handelt "Wolfsspinne", sobald ich Polizeiarbeit beschreibe.

    Noch einmal sorry, dass ich hier erst jetzt antworte. Ich dachte, ich bekomme automatisch per Mail über jeden Eintrag Bescheid, hatte es aber offenbar nicht so eingestellt ...


    @ Xexos: Die Vincent-Veih-Serie ist nicht als Trilogie geplant. Bis jetzt sind drei Romane erschienen, es wird auf alle Fälle einen vierten geben. Weiter in die Zukunft plane ich nicht. Die Figur muss mir etwas Neues geben können, um sie weiterschreiben zu können. Als Leser habe ich mich schon manchmal über Serienfiguren geärgert, die irgendwann nur noch das Klischee ihrer selbst waren. Ich hatte in all meinen früheren Romanen auch deshalb stets neue Hauptfiguren (innerhalb eines zum Teil wiederkehrenden Ensembles im "KK11"). Und auch, als ich mit "Schwarzlicht" begann, war Vincent nicht sofort als Serienheld geplant. Ich hatte vor, dass er es am Ende des Romans zum ersten Mal schafft, seine Mutter zu umarmen. Das wär's dann gewesen. Aber beim Schreiben merkte ich, dass eine so tiefe Kluft nicht innerhalb weniger Tage der Romanhandlung überbrückt werden kann. Und somit ging es weiter mit ihm.


    Der Neonazi Tino Brandt ist nicht direkt Vorbild für Ronny. Ronny ist ja selbst Verfassungsschützer, also verdeckter Ermittler - im Unterschied zum V-Mann oder Informanten. Seine Behörde (vertreten durch Bastian) hat ihn dorthin gepflanzt, weil er Liese, Max und Gerri von früher kennt. Und von daher schlagen ab und zu zwei Herzen in seiner Brust.


    Das Zitat mit den Bällen - ich dachte dabei nur an das Bild mit den Medizinbällen, ehrlich ...

    Zitat

    Original von Findus
    Das mit den ganzen Papieren ist doch von hinten bis vorn erlogen. Platzt eines fallen alle anderen auch um. Warum merken die andern das nicht??? Lassen die Leute sich so vom vermeintlichen schnellen Reichtum blenden???


    Warum gab es die Finanzkrise? Warum musste die Hypo Real Estate vom deutschen Steuerzahler mit Garantien in Höhe von über 100 Milliarden Euro gestützt werden? Warum gibt es die einst große, mächtige West-LB nicht mehr? Weil die Leute, auch an der Spitze von Banken, zu große Risiken eingehen, wenn Gewinne winken. Der Mensch ist gierig.

    Ihr Lieben,
    bitte verzeiht mir, dass ich jetzt erst poste. Aus anderen Leserunden war ich es gewohnt, über jeden Post per E-Mail informiert zu werden, und dachte, ich hätte das hier so eingestellt. Dem war aber offenbar nicht so. Nochmals sorry, mein Fehler.
    @ Lomos: Ja, Dominik ändert sich. Er ist ein eher ungeduldiger Typ und bekommt allmählich die Befürchtung, in seiner Karriere nicht so voranzukommen, wie er es sich ausgerechnet hat. Widerworte hatte er Vincent auch bisher schon gegeben, aber da verlief das noch auf der netten Ebene des Frotzelns.
    @ Klingeltondiskussion: Ich kenne das sehr gut, dass es beim Lesen nerven kann, wenn ständig auf bestimmte modische und meist oberflächliche Vorlieben der Hauptfigur angespielt wird und letztlich nur z.B. musikalische Vorlieben des Autors dahinter stecken, die zur Entwicklung der Geschichte nichts beitragen. Vincent hat "London Calling" von The Clash als Klingelton, weil er das seit seiner kurzen Zeit als Punk oder Punkmusikfan in seiner Jugend sehr mag (bevor er sich entschloss, zur Polizei zu gehen - weiter hinten im Roman erinnert sich Ronny an 1989, diese Zeit). Es soll symbolieren, dass er kein biederer Beamter ist, sondern seinen eigenen Kopf hat. Und für mich bedeutet es, dass ich statt "das Handy klingelte" zur Abwechslung auch mal schreiben kann: "London Calling". Kommt es öfter vor als drei oder vier Mal auf knapp fünfhundert Seiten? Ich glaube nicht. Aber sorry, wenn es Euch trotzdem nervt. Ich werde daraus lernen!
    Herzliche Grüße aus der Schreibstube
    Horst

    Liebe Eulen,


    nachdem ich bereits vorgestellt wurde, bleibt mir nur zu sagen: Ich freue mich schon jetzt auf die Leserunde mit "Wolfsspinne" und Euch!


    Vielleicht kennt die eine oder der andere von Euch bereits meinen derzeitigen Serienhelden Vincent Che Veih, Kriminalhauptkommissar in Düsseldorf und Sohn einer ehemaligen RAF-Terroristin (das Verhältnis der beiden ist schwierig ...) - "Wolfsspinne" ist der dritte Roman mit ihm.


    Wenn nicht, macht das gar nichts, denn man muss die beiden Vorgängerromane nicht gelesen haben, um gut in die neue Geschichte reinzukommen und alles zu verstehen.


    Warum das Thema NSU? Hier das Interview dazu aus der Verlagsvorschau: http://www.horsteckert.de/interview-ueber-wolfsspinne.html
    Und was mich beim Schreiben bewegt hat, habe ich am vierten Jahrestag der Entdeckung des NSU für eine Zeitung aufgeschrieben: http://www.horsteckert.de/verbrannt-und-geschreddert.html


    Es ist noch eine Weile hin bis zum Start der Leserunde, aber ich möchte Euch schon jetzt viel Lesespaß und Spannung mit "Wolfsspinne" wünschen!
    Herzliche Grüße
    Horst Eckert