Vorbemerkung: Wenn die Admins der Meinung sind, das eine andere Kategorie besser passen würde, dann bitte gerne dorthin verschieben. Ich hab mir bei der Entscheidung zugegebenermaßen etwas schwer getan.
Zum Autor
Ror (Richard) Wolf (auch unter Pseudonym Raoul Tranchirer), Jahrgang 1932 ist ein deutscher Schriftsteller/Künstler, der sich in seinen Werken, sowohl in Schrift als auch in Bild und wie hier Ton sehr oft einer Art Collagetechnik bedient und so im Laufe der Zeit einen sehr eigenen Stil entwickelt hat.
Kurzbeschreibung
Auf 4 Cds werden die von Wolf in den 70er Jahren vorwiegend für den HR angefertigten Toncollagen zum Thema Fussball Zusammengefasst. Material hierfür sind gesammelte O-Töne aus Radioreportagen, sowie von Fans und gelegentlich auch von Spielern selbst.
meine Meinung
Die hier versammelten Tondokumente erinnern uns an Zeiten zurück, in denen die aktuelle Fussballberichterstattung noch nicht aus Premiere TV-Übertragungen aus X verschiedenen Kameraperspektiven bestand. Vielmehr war der damalige samstagnachmittägliche Höhepunkt noch die ARD Radiokonferenz.
In dieser Epoche hat der Autor mehrere Collagen aus O-Tönen zusammengeschnitten. (dies übrigens noch in mühevoller "Handarbeit", da es sowas wie Computersampling noch nicht gegeben hat).
Fussballhasser mögen sich bestätigt fühlen, wenn etwa mehrere damalige Rundfunkreporter (remember Heribert Fassbender ?) minutenlang über die Trikotfarben der Mannschaften schwadronieren. In dieser Verdichtung entlarvt Wolf die Ausführungen der Journalisten schonungslos als das, was sie eigentlich auch sind: Worthülsen, um das akustische Vakuum zu füllen, wenn auf dem Spielfeld gerade nichts los ist.
Sehr schön auch die O-Töne von Zuschauern, die "Fachkundig" darüber Auskunft geben, das auch damals in den 70ern schon früher alles besser war. So gesehen hat sich der Fussbal seitdem ja nur wenig verändert.
Höhepunkt aus meiner Sicht ist die Collage, die sich ausschliesslich mit dem Länderspiel Deutschland-Österreich bei der WM 78 beschäftigt, den Älteren vielleicht noch als die "Schmach von Cordoba" bekannt. Besonderen Reitz gewinnt das Stück vor allem durch die ständig wechselnde Perspektive der Berichterstattung. Zum einen zwischen den eher nüchtern berichtenden deutschen Reportern und zum anderen den überschwenglichen Lobestiraden des legendären Edi "I werd narrisch" Finger.
Auch wenn ich viele der genannten Spieler nicht mehr selbst erlebt habe, hat mir das Hören trotzdem viel Spass gemacht. Einerseits wegen der ständig vorkommenden unfreiwilligen Komik, aber auch deshalb, weil das Ganze fast nebenbei auch ein schöner nostalgischer Rückblick in die 70er Jahre darstellt.
Aber auch Fussballhasser könnten daran gefallen finden, da sie beim Hören viele Klischees betreffend des Fussballs und der dazugehörigen Medienpräsentation bestätigt finden.
Eine Gratwanderung zwischen Hommage und Entlarvung also, die Wolf aus meiner Sicht in beeindruckender Weise gelungen ist.