Oh, das freut mich
Also gut, ihr habt es so gewollt
Zuerst noch eine Ergänzung zu dem Werkstattbild weiter oben:
Auf der linken Seite seht ihr so ein zapfenähnliches Gebilde.
Das ist der Pyr. Genaugenommen eine Zirbelnuss, die das Zeichen der römischen Legion war, aus deren Lager die Stadt Augsburg ihren Anfang nahm. Darum findet man auch den Pyr im Augsburger Stadtwappen wieder.
Und was hat das alles mit Goldschmieden zu tun?
Die Konkurrenzsituation unter den Meistern habe ich ja schon angesprochen. Von diesem Gedanken ausgehend muss man wissen, dass Gold und Silber mit Fremdmetallen legiert werden müssen, ehe man diese verarbeiten kann. Also, mit einem Goldring aus reinem Gold würdet ihr euch gar keinen Gefallen tun, weil das Schmuckstück so weich wäre, das es sich ständig verformen würde.
Das Verhältnis zwischen Edelmetall und Fremdmetall wurde früher in Lot für Silber und Karat für Gold angegeben. Seit 1888 ( ich weiß die Zahl sogar noch auswendig :grin) gibt es das Stempelgesetz in Deutschland. Das ist die uns bekannte Prägung auf einem Schmuckstück. Wenn ihr also einen Ring aus 585 Gold tragt, dann heißt das, der Ring enthält 58,5% Gold und 41,5% sonstige Legierungsbestandteile.
Es gab eine Kontrollstelle, die über die Einhaltung der Feingehalte wachte: Das Beschauamt. Ein katholischer und ein evangelischer Goldschmied wurden vom Rat auf vier Jahre vereidigt, die Kunstwerke zu prüfen, ehe sie in den Verkauf gingen. Klar, die Goldschmiede versuchten gerne mal zu betrügen, indem sie mit einem höheren Fremdmetallgehalt legierten als erlaubt, um ihre Gewinnspanne zu erhöhen. Damals gab es ein geflügeltes Wort: "Das geht auf keine Nadel", wenn man sein höchstes Erstaunen zu einer Sache ausdrücken wollte. Was es mit dieser Nadelprobe auf sich hat, kommt natürlich auch in meinem Roman vor.
War das Schmuckstück sog. geringlötig, wurde das Kunstwerk an Ort und Stelle zerschlagen und eingeschmolzen und der betrügerisch arbeitende Meister dem Rat angezeigt. Drei solcher Aktionen und der Meister war seine Handwerksgerechtigkeit los, dh. er durfte seinen Beruf nicht mehr ausüben
War alles in Ordnung, bekam das Stück das Meisterzeichen aufgeschlagen. Das war eine kleine Prägung, meist aus dem Initialen des Meisters bestehend. Dadurch kann man heute die alten Stücke den Meistern meist recht gut zuordnen. Und auf dem Beschauamt wurde dann noch das Stadtbeschauzeichen (eben jener Pyr) aufgeschlagen und das Werk durfte in den Verkauf gehen. Seit 1735 wurde noch eine Jahreszahl hinzugefügt und somit können wir die Kunstwerke heute recht genau datieren.
Wer sich eben über den katholischen und den evangelischen Geschaumeister gewundert hat: Stichwort Augsburger Religionsfrieden 1555. Seither wurde peinlich genau auf die Einhaltung der Parität in der Stadt geachtet. Das heißt, das gleichberechtigte Nebeneinander von Katholiken und Protestanten. Eine Stadt wie im Spiegel. Ständig hatte man das Gefühl, doppelt zu sehen. Auf dem einen Auge katholisch, auf dem anderen evangelisch. Alle Ämter, vom Stadtpfleger bis zum obersten Richter, waren doppelt besetzt. Mit zum Teil ernsten und sehr nachdenklich machenden Auswirkungen, die ich auch in der Goldschmiedin thematisiere, aber auch mit lustigen Auswüchsen: Wurde ein Toter gefunden, dessen Konfession nicht auszumachen war, glich das sich anschließende Prozedere einer Kriegsmanöverberatung. Nicht auszudenken, wenn der falsche Mann vom falschen Pfarrer auf dem falschen Friedhof begesetzt worden wäre
So, jetzt aber noch zwei Bilder von der Alten Silberschmiede, dem Schauplatz meines Romans. Das Haus ist seit dem 16. Jahrhundert in seiner Bauform erhalten und seither lebten und arbeiteten dort in nahezu ununterbrochener Folge Generationen von Gold- und Silberschmieden. Besucht man heute die Alte Silberschmiede, trifft man auf unzählige kleine Verkäufsräumchen und man muss besonders auf die niedrige Deckenhöhe achtgeben Eine kleine Skizze des Hauses findet ihr auch auf dem Titelblatt der Goldschmiedin.
Jetzt habt ihr aber genug, nehme ich an?
Aber ich lass mich natürlich gern vom Gegenteil überzeugen. Aber so viel Text stelle ich nicht mehr ein, versprochen Und - mein Roman hat nur 464 Seiten, mit Nachwort
Liebe Grüße
Sina