Gut nur zu wissen, dass sich jede Minute des Wartens lohnen wird ...
Beiträge von Sina
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Original von Bouquineur
Als bedrohlich habe ich sie nicht empfunden. Die Zeit hat kein Gefühl, keine menschlichen Regungen. Sie betrachtet sachlich, nüchtern. Sie hat alles gesehen, kennt alles, nichts bleibt vor ihr verborgen.Das war genau meine Intention beim Schreiben. Aber vielleicht wird die Zeit genau deshalb als bedrohlich empfunden. Erstens, weil ich ihr eine Stimme gegeben habe, weil sie trotzdem nicht greifbar ist und eine Macht hat, gegen die wir Menschen (meist) nichts ausrichten können und uns deshalb ausgeliefert fühlen. Obwohl es die Zeit doch eigentlich gut mit uns meint.
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Nachtgedanken : Die Biographie ist tatsächlich recht empfehlenswert. ich meine mich erinnern zu können, dass ein oder zwei Fehlerchen drin waren, aber auf dieser Biographie fußte auch meine Recherche. Mir ist Georgie auch sehr sympathisch und ich hoffe seinem Charakter in seinen frühen Regierungsjahren nahe gekommen zu sein, nach allem, was man von ihm weiß. Interessant für einen Herrscher fand ich, wie sehr er seine Frau geliebt und verehrt hat, wie kinderlieb und volksnah er war. Und wenn man seine Familiengeschichte kennt, wie er aufgewachsen ist und seinen frühen Regierungsantritt, dann muss man sich auch nicht über seine späten Jahre wundern, die ihn in den Wahnsinn getrieben haben. Ich fand es jedenfalls interessant, auch mal seine frühen Jahre zu zeigen, weil sonst der Fokus meist auf seiner psychischen Erkrankung liegt.
Lesebiene : Was man oft nicht denkt: Wien ist für seine Kaffeehauskultur seit jener Zeit berühmt geworden, aber auch in Hamburg waren die Kaffeehäuser von großer Bedeutung und zahlreich vorhanden, allein schon wegen des Austausches von Handelsnachrichten, wie im Buch beschrieben. Und das Kartenspiel L'Hombre war ebenfalls sehr beliebt. Immrhin - auch das ist uns heute nicht so bewusst, mussten die Damen auch erst dafür kämpfen, überhaupt in die Kaffeehäuser gehen zu dürfen. Bei Wikipedia ein kleiner Einblick in die Spielregeln des Kartenspiels: http://http://de.wikipedia.org/wiki/L%E2%80%99Hombre
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Original von Büchersally
Als Merit ins Wasser sprang, um Ruben zu retten, dachte ich, das sei jetzt die besagte Mittagsstunde. Die Zeit macht ja recht konkrete Angabe, was sie mit Merit vor hat. Allerdings konnte ich Zeit auch mühelos mit Tod ersetzen und die kursiv-geschriebenen Absätze hätten immer noch gepasst. So dunkel hätten die Prognosen gar nicht sein müssen. Zeit vergeht zwar unwiederbringlich, muss aber nicht zwangsläufig bedrohlich sein. Die Texte las ich aber unterschwellig immer als solche.Dass die Zeit vergeht, muss nicht zwangläufig bedrohlich sein, Zeit zu haben, schöne Stunden zu verbringen, macht das Leben reich. Nur jeder Mensch weiß, dass das Leben endlich ist - weigert sich aber meistenfalls daran zu denken, und dieses unterschwellige Gefühl, dieses Ungute, das man verdrängt, jenes Wissen, rührt von dem Wissen, nur eine endliche Zeit zur Verfügung zu haben. Und wir wissen nicht einmal, wann diese Zeit für jeden von uns zu Ende ist. Dass aber die Zeit nicht alle Macht hat, zeigt sich an Merit. Und das wiederum empfinde ich als beruhigend.
Büchersally Ich wünsche dir eine schöne Reise, eine schöne Zeit und ich freue mich, dass du zur nächsten Leserunde wieder mit dabei bist! Vielen lieben Dank dafür, dass du mir deine Empfindungen beim Lesen des Romans mitgeteilt hast.
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Beowulf ... wow, was für eine Rezension Du hast es geschafft - mir fehlen die Worte. Und wenn mein nächster Roman deswegen nicht rechtzeitig bis nächstes Jahr zum Erscheinungstermin im April 2010 fertig wird, wende ich mich vertrauensvoll an dich - als Ghostwriter.
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Original von sapperlot
Lustig die unausgereiften Vorschläge die sich die Längengradkommission anhören musste. Etliche Vorschläge sind wirklich (Da kommt einem ja spontan Deutschland sucht den Superstar in den Sinn :lache)Geschichte wiederholt sich. Es hat alles schon mal gegeben. Und - diese abstrusen Vorschläge vor der Längengradkommission habe ich mir nicht ausgedacht - die gab es tatsächlich.
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Original von Bibra
Traurig fand ich, dass Geert Ole sterben musste Ich hoffte bis zum Schluss, dass die rettenden Inseln noch rechtzeitig in Sicht kommen würden. Ein paar Mal wäre ich am liebsten ins Buch gehüpft und hätte den Kapitän über Bord geworfen, dabei bin ich sonst eher ein friedlicher MenschOh, da musste ich jetzt lachen. Vielleicht hätte es geholfen, wenn du beim Schreiben neben mir gesessen hättest, denn ich als friedliebender Mensch wollte den Kapitän auch am liebsten über Bord werfen, aber das ist mir leider nicht gelungen, im Gegenteil ...
chiclana : Immer wieder gerne. Es folgen in den anderen Bereichen auch noch welche.
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Oh, das macht mich betroffen, dass euch die Geschehnisse im Buch so heftig mitnehmen. Lasst euch mal umarmen!
ZitatOriginal von sapperlot
Ich hoffe inständig auf ein richtiges Happy End damit die negative Grundtendenz und meine Gefühlswelt ins Lot gebracht werden kann.Die Zeit wird es zeigen. Und die Hoffnung sollte man niemals aufgeben, egal, wie heftig das Leben mit einem umspringt, das ist doch Merits Motto, oder?
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Rosenstolz Die Bücherdiebin habe ich noch gar nicht gelesen, da schaue ich dann mal rein. Ich bin so erleichtert, dass du das versöhnliche Ende des Buches gemocht hast. Das wurde ja auch Zeit für alle Beteiligten!
Ich freue mich sehr, dass du auch bei dieser Leserunde mit dabei warst und freue mich, wenn wir uns zur nächsten Leserunde um "Das blutrote Parfüm" wieder sehen!
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bonomania : Es kommen diesen Monat bestimmt noch viele sehr schöne Bücher, aber wenn die „Herrin der Zeit“ tatsächlich dein Monatshighlight wird, dann freuen sich Merit und ich.
Deichgräfin : Ja, John Harrison hat mir am Ende auch Leid getan. Der Kampf gegen die Längengradkommission muss ihn viel Kraft gekostet haben, aber er hat für mich auch uneinsichtig und merkwürdig reagiert, als er sich halsstarrig gegen die Forderungen der Kommission gestellt hat. Und das bemängelt und hinterfragt die Kommission auch in ihren Briefen, die ich im Archiv studiert habe. Als besonders berührend empfand ich, dass Harrison tatsächlich an seinem Geburtstag gestorben ist.
Bouquineur : Ich habe auch sehr viel geweint am Ende und mir geht es selbst immer noch so, dass mich die intensive Beschäftigung mit dem Thema Zeit sehr geprägt hat und ich sehr viel bewusster mit alltäglichen Äußerungen über die Zeit umgehe. Natürlich darfst du Zitate der Zeit in deiner Rezi verwenden. Sehr gerne sogar.
Eliza08 : Ich glaube, der Roman wirkt auf vielen Ebenen, wühlt auf und gibt sicher auch viel zu denken. Ich habe auch mit Merit gelebt und gelitten und werde sie und die Menschen, die mit ihr gelebt haben, so schnell nicht vergessen.
Danai : Ja, für mich ist das Ende auch traurig, aber es hat doch etwas Versöhnliches. Schön, dass ich dir mit meinem Roman schöne Lesestunden bereiten konnte.
@all Vielen, vielen Dank, dass ihr in der Leserunde mit dabei wart. Ihr wisst gar nicht, wie viel mir das bedeutet und wie wichtig mir eure Meinung ist, auch für die Entwicklung des nächsten Romans!
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Es gibt zwei Darstellungen von John Harrison, ein Gemälde und ein Kupferstich, auch diese in ihren Details hochinteressant, wenn man die rätselhafte Entstehungsgeschichte seiner vierten Uhr verfolgt. Dazu sage ich noch etwas in Thread 4.
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Noch offensichtlicher stellt sich diese Frage beim Blick auf den Kupferstich von Peter Joseph Tassaert, der zwei Jahre später, 1768, das Gemälde kopierte. Mit einer Veränderung: John Harrison hält die Taschenuhr nicht mehr in der Hand, sie ist geöffnet, die Taschenuhr liegt neben ihm auf dem Tisch, weit an den Rand des Bildes gerückt.
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Es gibt zwei Darstellungen, die John Harrison zeigen.
Das erste ein Ölgemälde, angefertigt von Thomas King zwischen Oktober 1765 und März 1766, als John Harrison 73 Jahre alt war.
Interessant ist: Die vierte Uhr, seine Taschenuhr, wurde 1759 präsentiert, aber die Uhr, die er in der Hand hält, ist nicht diese Uhr. Eindeutig am Zifferblatt zu erkennen und zweitens ist die H4 noch etwas größer, als dass er sie so bequem in der Hand hätte halten könnte. Es wird vermutet, es handle sich um die Taschenuhr, die er 1753 von dem befreundeten Uhrmacher Jeffreys für sich bauen ließ. Im Hintergrund sieht man links seine dritte Uhr, rechts die Rostpendeluhr, das Rostpendel auch eine Erfindung von ihm, die die Präzision von Pendeluhren stark verbesserte. Warum aber wird er nicht mit der vierten Uhr, seiner entscheidenden Erfindung abgebildet? -
Ich kann gut verstehen, dass ihr das Gelesene erst mal sacken lassen müsst.
Bei der "Goldschmiedin" waren es 15 Tage, die wir Juliane begleitet haben, in der "Herrin der Zeit" war es ein ganzes Leben.bonomania Was für eine schöne Geste, das Buch als Wandebuch zur Verfügung zu stellen. Ich freue mich über jeden, der sich noch an der Leserunde beteiligen möchte - ich bin ja immer im Eulennest zu finden.
Falls sich mehrere Interessenten finden, stifte ich auch gerne noch ein Buch aus meinem Bestand als Wanderbuch.Danke, bonomania und beowulf, dass ihr auch bei dieser Leserunde wieder dabei seid und
allen Eulen möchte ich sagen, dass ich natürlich, wie es sich am Ende einer Lesung gehört :-], gerne eure Bücher signiere, wenn ihr sie mir zuschicken mögt. In diesem Fall einfach eine PN an mich. -
Büchersally
Im Observatorium hängt ein Gemälde, das John Harrison zeigt. Sein Blick ist auf seine Uhren gerichtet, die in der Mitte des Raumes unter Panzerglas stehen. Ich kann dir nicht sagen, warum, aber als ich John Harrison lange angeschaut habe, war mein erster Gedanke: Er schaut wie ein Geheimnisträger. Für mich war klar, er weiß mehr als wir alle und ich dachte nur, na warte, dir komme ich auf die Spur.
Seinen Charakter kennen wir natürlich nicht genau, aber ich konnte ihn beim Lesen seiner Briefe erfühlen. Nicht nur die Briefe an die Längengradkommission, auch die an seinen Sohn William und andere Zeitgenossen sind erhalten. Und ich habe mir überlegt, wie sich jemand fühlen muss, der sich einer großen Aufgabe verschrieben hat und dreißig Jahre lang wie ein Besessener nach einer Lösung sucht. Es ist bekannt, dass er in all dieser Zeit seine Familie praktisch nur von den Vorschüssen der Längengradkommission ernährt hat und keine anderen Arbeiten mehr angenommen hat, weder als Tischler, noch als Uhrmacher.@all Ja, dieses Mal müsst ihr nicht so lange warten, bis mein nächster Roman erscheint … und eine Leserunde mit euch auch für „Das blutrote Parfüm“ halte ich für eine sehr gute Idee.
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bonomania
In diesem Buch steckt sehr viel Recherche. Ein Jahr habe ich dafür gebraucht. Es galt ja nicht nur, mich ins Uhrmacherhandwerk einzuarbeiten, sondern auch in die Seefahrt, die Astronomie, die Städte Hamburg und London und natürlich die vielen historischen Persönlichkeiten. Von den Ergebnissen der Recherchen fließt wiederum nur ein Bruchteil in den Roman ein, aber ich muss selbst ein umfassendes Bild besitzen, muss das Gefühl haben, in der Epoche und mit den Figuren zu leben.
Im Nachwort findet ihr dann noch ausführliche Infos, welche Teile im Roman der uns heute bekannten historischen Wahrheit entsprechen.
Dort steht auch, wie ich auf die Idee für den Roman gekommen bin und ich habe es auch noch in Fred drei erzählt.@all Von den schief geschnittenen Buchblöcken werde ich auf jedem Fall meinen Verlag informieren.
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Ich denke auch, es ist so, wie Bouquineur sagt. Ruben hat das Geborgensein in der Familie verloren, weil der Vater nicht wiederkommt und seine Mutter hat ihn in falscher Sicherheit gewogen und aus seiner Sicht belogen. Deshalb zieht er sich in sich zurück, weil er sich unsicher fühlt und seine Seele damit schützt. Seine größte Angst ist, seine Mutter auch noch zu verlieren. Natürlich hat er aber auch eine Abneigung gegen den Alkoholgeruch, der seiner Mutter anhaftet und das stürzt ihn in einen Konflikt, denn eigentlich will er ja keine Abneigung gegen seine Mutter haben.
Ein anderes Kind würde in seiner Situation vielleicht klammern, Ruben hingegen versucht, so schnell wie möglich ein „großer Junge“ zu werden, um den Schicksalsschlägen des Lebens im wahrsten Sinne des Wortes gewachsen zu sein. -
[quote]Original von streifi
Die Geschichte mit der Längengradkomission fand ich auch recht amüsant, auch wenn ich noch nicht weiss, was ich von dem Verein halten soll.Genau dieser Gedanke kam mir bei meinen Recherchen auch.
Büchersally : Wer weiß, was da "mit der Zeit" noch ans Tageslicht kommt. Oder ob es das Geheimnis der Zeit bleibt, was in jenen Tagen tatsächlich passiert ist. Ich denke jedenfalls, dass es eine Merit gegeben haben könnte. Unheimlich fand ich zumindet bei meiner Buchplanung, wenn ich eine fiktiven Handlungsstrang entworfen habe und bei der Recherche feststellte, dass es sich tatsächlich so zugetragen hat, wie ich mir das zunächst in meiner Fantasie vorgestellt habe. Da war bald erschreckend
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Hier ein paar kleine Eindrücke vom Königlichen Observatorium in Greenwich, bekannt für den Nullmeridian, von dem aus die Längengrade nach Ost und West gezählt werden, und der seit Festlegung bei der Internationalen Meridian-Konferenz seine "Wanderschaft" durch sämtliche Herrscherstädte aufgab und seiter einheitlich festgelegt ist.
Dort werden auch die von John Harrison erbauten Uhren im Museum ausgestellt. Bilder davon findet ihr im Thread drei. (Aber erst guggen gehen, wenn ihr so weit gelesen habt :-])
Die Königliche Sternwarte wurde 1675 im Auftrag des Königs erbaut, zum Ziel, die "angestrebte Längengradbestimmung auf See zu ermöglichen und die Kunst der Navigation zu vervollkommnen."
Erst rund 100 Jahre später war das Rätsel um die Längengradbestimmung gelöst ... -
1759 dann, noch während er an seiner H3 arbeitete und das Zwischenergebnis bei der Längengradkommission vorstellte, präsentierte er bei diesem Termin der Kommission noch eine Uhr und versetzte die Kommission in Erstaunen. Wieso gab er nach über 30 Jahren Hingabe an den Großuhrenbau seine Prinzipien auf? Kann vorkommen, das ist schon den genialsten Erfindern passiert. Aber wie konnte er sich so schnell in die Welt des Kleinuhrenbaus einarbeiten? Er erfand ein neues Hemmungsprinzip mit Diamanten, überdachte die Temperaturkompensation und den Antriebsmechanismus. Nach seinen grobmechanischen Entwürfen entdeckte er plötzlich die Liebe zum Detail, mit einem schönen, fast verspielt zu nennenden Zifferblatt? Warum weigerte er sich nachweislich (die Briefe sind erhalten) ein halbes Jahr lang, die Uhr vor Zeugen zu erklären und zu zerlegen, obwohl dies zur Erlangung des Preisgeldes geführt hätte? Warum zwang ihn die Kommission zum Nachbau seiner vierten Uhr ohne jegliche Vorlage? Ganz offenbar hatten auch sie ihre Zweifel an der Erfinderschaft …
Die H4: Präsentation 1759, Durchmesser 12 cm, ca. 1500gr