Beiträge von Apek

    Grizzly
    Ich habe mich im anderen Thread zwar schon verabschiedet, fände es aber unhöflich, Dich hier ins Leere reden zu lassen. Aaaalso meine Antworten...


    In einem Punkt hast Du mich missverstanden - ich meinte nicht die Zuschauer, die handwerklich gute Filme beurteilen können. Damit meinte ich Professionelle oder wenigstens Filminteressierte. Der Zuschauer findet sich entweder unterhalten oder eben nicht. Völlig legitim.


    In einem Punkt muss ich Dir widersprechen:


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    Original von Grizzly
    Okay, bewegen wir uns auf ein anderes Terrain. Selbst wenn wir den meisten Zuschauern die Fähigkeit unterstellen, zwischen handwerklich guten und schlechten Blockbustern unterscheiden zu können, bleibt immer noch das Kassensiechtum des ambitionierten deutschen Films oder des Independentkinos, die beide dem amerikanischen Mainstream nach handwerklichen Gesichtspunkten weit, weit überlegen sind.


    Das Gegenteil ist der Fall. Handwerklich ist Hollywood das Nonplusultra und zwar in fast jeder Beziehung. Das ist nicht nur beim Film so, sondern beim Fernsehen noch gravierender: Ich verweise nochmal auf LOST oder "24", die dermaßen professionell gedreht sind, dass einem die Spucke weg bleibt. Jede einzelne Episode von LOST kostet allerdings so viel, wie ein mittlerer, deutscher Kinofilm. Unglaublich, aber wahr.


    Egal, wen Du in Hollywood in der Crew hast - vom Beleuchter bis zum Kameramann arbeitest Du nur mit Topleuten. Das ist eben eine komplette Industrie. Allein in Los Angeles leben 80.000 eingetragene Schauspieler, um nur eine Zahl zu nennen.


    Ich sage damit nichts über die inhaltliche Qualität - da ist viel konventioneller Mist dabei, keine Frage. Aber auch glänzendes.


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    Original von Grizzly
    Deutsches Kino kann hervorragend unterhalten, trotzdem will es niemand sehen. Ausnahmen gibt es immer. Deutsches Kino kann richtig intelligent sein, trotzdem will es niemand sehen.


    Es ist Dir vermutlich kein großer Trost, aber das geht jedem Kino der Welt so, nur eben dem amerikanischen nicht. Auch Franzosen, Italiener, Spanier usw. landen nur alle Jubeljahre mal weltweite Erfolge. Dauerhaft schaffen das nur Amerikaner oder aber Menschen wie Peter Jackson, die nach amerikanischen Standards (sprich: teuer, aufwändig) produzieren.


    Meine Erklärung: Wir haben oft einfach nicht den Mut zu großen Gefühlen. Die typisch europäische Angst vor Kitsch oder guter Unterhaltung.


    Immerhin landen wir so im 10-Jahresrhythmus Kracher, die auch weltweit für Aufsehen sorgen, wie "Das Boot" oder "Lola rennt".


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    Original von Grizzly
    Es findet an der Kinokasse eine Selektion statt, die Zuschauer entscheiden, was sie sehen wollen und was nicht, und der Produzent, der Geld reinholen will, muss sich dem Diktat des Konsumenten unterwerfen.


    Das ist nicht als Affront gedacht, werter Grizzly: Aber genau diese Einstellung haben nicht gerade wenige Filmschaffende und genau deshalb hat der deutsche Film nicht den Erfolg, den er haben könnte.

    Da kommen wir jetzt aber weg vom eigentlichen Thema Fernsehen. Dort findet die eigentliche Innovation statt und dort wird auch insgesamt mehr verdient. Und Stars haben im Fernsehen nicht die Bedeutung wie im Kino, da hat es dann teilweise, was das US-Fernsehen betrifft, schon auch mit Qualität zu tun, warum eine Serie reüssiert. Siehe "24" oder LOST.

    Muttiküsser, Schattenparker und andere zart Besaitete sollten nicht weiterlesen. Das Buch hält, was der Titel verspricht und wenn man die vergleichsweise kurze Geschichte mit ihren 155 Seiten in einem Rutsch durchgelesen hat, muss man erstmal auf den Balkon, eine rauchen, und sich vergewissern, dass Berlin nicht nur aus dieser Hölle besteht, die im Buch beschrieben wird.


    Die Geschichte wird aus der Sicht des Jugendlichen Michael Polischka erzählt. Er lebt mit seiner Mutter bei einem Arzt im Berliner Edelbezirk Zehlendorf. Der ist so sympathisch wie ein Loch im Kopf und als sich Polischkas Mutter 10 Kilogramm Kummerspeck anfuttert, schmeißt ihr Lebensgefährte die beiden raus. Als Polischka sich von Klaus verabschiedet, drückt der ihm einen Zwanziger in die Hand und meint: "Ich würde es begrüßen, wenn Du mich ab sofort wieder Doktor Petersen nennst."


    Die beiden landen auf der anderen Seite des Mondes - nämlich im harten Berliner Kiez von Neukölln. In der Schule wird Polischka von Erol gemobbt, dem Anführer einer Jugendgang, er wird verprügelt und abgezogen. Seine einzigen beiden Freunde sind ein Geschwisterpaar zweier Jungs, deren Vater wochenlang auf Lkw-Tour ist - in dieser Zeit saufen sie dessen Biervorräte leer und wenn die Kohle ausgeht, wird auf Einbruchstour gegangen. Die drei brechen dabei als Akt von Polischkas Rache auch bei Doktor Petersen ein.


    Das größte Problem bleibt Erol, der Polischka terrorisiert. Als die Situation eskaliert und sich Polischka ein einziges Mal wehren möchte, wird ihm plötzlich geholfen - von älteren Typen, die den Jungs aus Erols Bande ein paar Ohrfeigen verpasst.


    Was Polischka nicht ahnt - er ist soeben vom Regen in die Traufe gelatscht und in die Fänge einer libanesischen Drogengang geraten, für die er nun Kurierdienste leistet und dafür deren Schutz genießt.


    DAS war erst der Anfang, tatsächlich nimmt die Geschichte immer weiter Fahrt auf bis zum dramatischen Ende.


    Das Buch besticht vor allem durch seine schnörkellose, zeitgemäße Sprache, die Dialoge scheinen geradewegs aus Neukölln oder dem Wedding in das Buch gesprungen zu sein. Jede Zeile wirkt authentisch, manchmal atemlos, oft bitter, manchmal hoffnungslos und bei aller Dramatik schimmert immer der schwarze Humor der Protagonisten durch.


    Für mich ein Stoff voller Wucht und Tragik, wie eine U-Bahnfahrt im Zeitraffer erscheint die Geschichte von Michael Polischka.


    Der gleichnamige Film von Detlef Buck wurde kongenial umgesetzt und ist ebenso sehens- wie das Buch lesenswert. Für mich das "Christiane F." Buch unserer Zeit.


    Gregor Tessnow lebt auch in Berlin, schlug sich recht erfolglos in diversen Jobs durch und arbeitete acht Jahre lang als Taxifahrer, bis er den Durchbruch mit "Knallhart" genießen konnte.

    Oryx
    Oryx, alte Haubitze! Mit "24" kann ich selbst recht wenig anfangen, aber es hat die Branche revolutioniert. Kein Producer, mit dem ich zusammen sitze, der mir nicht ein Ohr abkaut, ob wir vielleicht eine neuartige Erzählform wie "24" finden könnten.


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    Original von Grizzly
    Für die meisten Menschen sind die allwöchentlich anlaufenden Hollywood-Spektakel große Filmkunst, der künstlerische Wert dieser Produktionen verhält sich in den Augen des Mainstream-Zuschauers proportional zum Eventcharakter, dem Budget, der Liste namhafter Schauspieler und dem prozentualen Anteil an Spezialeffekten in Relation zur Gesamtspieldauer. Ist das Kunst? Ist das gut? Ist das gut, weil man am nächsten Tag darüber sprechen kann?


    Das ist eine sehr spannende Diskussion. Allerdings habe ich einen Einspruch Euer Ehren - die Hollywoodspektakel sind für die meisten Menschen keine große Filmkunst, sondern einfach pure Unterhaltung. Wobei es unter den Blockbustern erstklassige Werke ebenso wie miserable gibt. "Gut" definiert natürlich jeder für sich, wobei es zumindest handwerkliche Parameter gibt, die man beurteilen kann. Aber das Gesamturteil aus Handlung, Charakteren, Inszenierung usw. ist eben vollkommen individuell. Könnte man das planen, gäbe es ja keine Flops mehr.

    Das ist ja kein Widerspruch. Ich bin sicher, das kennt fast jeder von uns. Manchmal läuft die Kiste eher nebenher, manchmal setzt man sich gebannt davor.


    Bei uns war z.B. "Berlin, Berlin" immer ein fester Sendetermin für die komplette Familie und damit ein schönes Gemeinschaftserlebnis.

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    Original von Grizzly
    Mag sein. Sie werden so erzählt, daß die Zuschauer den Rest ihrer Konzentration, den sie nicht auf die Begrüßung von Familienmitgliedern oder in die Zubereitung des Abendbrots aufwenden, in die Soap investieren. Daß sie es überhaupt tun, ist das Problem.


    Darüber kann man natürlich streiten und manches Familienleben würde sicher besser laufen ohne die Kiste. Aber so ist unser modernes Leben, das Fernsehen existiert und dann schreibt man als Autor natürlich Geschichten, die den Zuschauer möglichst mit Spannung die Handlung verfolgen lassen. Sonst schaltet keiner ein oder zappt auf einen anderen Kanal. Und es gibt ja nicht nur miserables, sondern auch köstliches, was die gesamte Familie (oder große Teile derselben) unterhält, kann ja auch zum Gemeinschaftserlebnis werden.


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    Original von Grizzly
    Zu lange, wenn du mich fragst. Ich warte auf den Bildersturm der postmodernen Gesellschaft, darauf das die Ikonen und Heiligenfiguren der Spaßgesellschaft zerschlagen werden.


    Holla, die Waldfee! Klingt ja krass, aber macht mich neugierig. Was genau meinst Du damit? Kann ich mir hier um 7 Uhr morgens mit meinem Tässchen Kaffee wenig darunter vorstellen.


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    Original von Grizzly
    Wahrscheinlich ist diese Mischung das kleinere Übel. Das größere Unglück liegt in der Veränderung des Informationsbegriffs, der sich sozusagen dem Unterhaltungsdogma untergeordnet hat. Die Information bekommt ein dramaturgisches Moment. Sie wird selbst zur Unterhaltung.


    Hier stimme ich Dir vollkommen zu. Wie ich schon weiter oben schrieb - ich sehe überhaupt kein Problem im Fernsehen als Unterhaltungsmedium. Aber die Art der Information ändert sich, im übrigen auch durch das Internet. Du kennst ja sicher die Bücher von Neil Postman, der das recht anschaulich beschreibt.

    Hallo Branka,
    dass danach kein Geld für Fußballübertragungen mehr vorhanden wäre, stimmt so nicht. Die Champions League (immerhin das wichtigste Ereignis im Vereinsfußball) wird ja seit Jahren nur auf den Privatsendern übertragen. Und die Rechte werden ja ohnehin meist von Rechtehändlern gekauft und nicht vom Sender selbst. Der pflückt sich daraus wieder seine Lizenz.


    Was die Privatsender aufregt - und meines Erachtens zu Recht - ist der Umstand, den Du auch ansprichst. Bei den ÖR wird mehr Geld eingesackt als in jedem anderen Land der Welt und dennoch macht man sich am Vorabend Konkurrenz um die Werbekunden.


    Einen Unterschied in der Qualität der Sender kann ich nur in bestimmten Bereichen erkennen, z.B. bei der Information. Im Unterhaltungsbereich sind die Privaten teils besser.

    Das ist bereits jetzt so, praktisch all diese Formate gibt es auch in den ÖR. Zwischen 17 und 20 Uhr zählt auch in den ÖR nichts anderes als die Quote, da spreche ich aus eigener, beruflicher Erfahrung.


    Und das ist ja genau der Widerspruch - wir leben mit den teuersten ÖR auf diesem Planeten (immerhin sieben Milliarden streichen sie pro Jahr ein), aber am Vorabend und in der Primetime wird nach fast denselben Mechanismen gesendet.


    Aber immerhin kommt dadurch Geld in die Branche. ;-)

    Danke schön, Fritzi. Das Buch habe ich auch schon vor einer Weile gelesen, aber da die Suchfunktion keinen Treffer für eine Besprechung ergab...


    Der Film ist übrigens auch sehenswert und Beatrice Dalle eine Wucht.

    Hmmmkay, hier mein erster Beitrag für dieses Forum, also seid gnädig zu mir.


    Philippe Djian: Betty Blue. 37,2 Grad am Morgen. Diogenes.


    Der Titel verrät die beiden Protagonisten des Romans - die ausgeflippte Betty Blue und ihren Freund, wie hieß er noch gleich, keine Ahnung? Kurios, aber wahr: Bis zum Ende des Romans erfährt man den Namen des aus der Ich-Perspektive berichtenden Erzählers nicht. Liebhaber der Geschichte wissen natürlich durch den ebenso sehenswerten gleichnamigen Film, dass der Typ "Zorc" heißt.


    Der Roman beschreibt weniger eine klare Handlung als ein Lebensgefühl und vor allem eine Liebesgeschichte, in der beide für den anderen ALLES geben, im wahrsten Sinn des Wortes. Die Geschichte spielt in Frankreich und zu Beginn begleiten wir den Lebenskünstler Zorc, der es sich als Hausmeister in einer Feriensiedlung am Meer hübsch eingerichtet hat. Ab und zu ein Chili kochen, zwei Fläschchen Bier trinken und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Bis Betty Blue auftaucht.


    Die kann einfach nicht verstehen, warum Zorc sein Leben so wegwirft und nicht mehr aus sich macht. Als sie eines Nachts ein altes von Zorc geschriebenes Manuskript entdeckt, ist ihre Leidenschaft endgültig entflammt: Zorc ist offensichtlich ein Genie! In der Folge reicht sie das Manuskript bei verschiedenen Verlagen ein, doch eine Absage nach der anderen flattert in den Briefkasten. Als Betty ein Schreiben als besonders unverschämt empfindet, sucht sie den Lektor auf und bringt ihm handgreiflich Manieren bei. Der geht zur Polizei, Zorc geht zu ihm, die Geschichte eskaliert.


    Unsere Protagonisten flüchten zu Freunden und übernehmen zeitweise deren Klavierhandlung. Wieder ist Zorc glücklich, der nur zwei Dinge in seinem Leben braucht - ein Leben, in dem niemand etwas von ihm will und Betty Blue, die er vergöttert. Doch sie hat ihre Mission nicht aufgegeben und mit ihrer schon fanatischen Zielstrebigkeit geht auch eine Veränderung ihrer Persönlichkeit einher, sie wird zu einer Gefahr.


    Was nichts an Zorcs Liebe zu ihr ändert, die am Ende auf unglaublichste Weise geprüft wird.


    Selten habe ich einen Roman gelesen, dessen Stil so lässig und elegant und zeitgemäß war. Djian erzählt unnachahmlich, man sieht förmlich wie die Kippe in seinem Mundwinkel tanzt und sich die Pupillen weiten, wenn er von Betty Blue schwärmt. Aber wichtiger noch: Es handelt sich um eine der mitreissendsten Liebesgeschichten, die ich je gelesen habe.

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    Original von Otori
    Im Gegensatz zu LOST, das glaub ich erst Herbst kommt. :-(


    Die zweite Staffel läuft schon seit einiger Zeit auf Premiere - der einzige Grund, warum ich mir ein Abo zugelegt habe. Du kannst Dich auf spannende Episoden freuen.

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    Original von He-Man
    Und die TV-Branche fördert dieses "Auseinanderleben" (passt dieser Ausdruck?) , indem sie den Konsumenten zwingt, vor der Glotze zu hängen.


    Mit vorgehaltener Knarre? ;-)


    Du schreibst ja selbst, dass das mit dramaturgischen Mitteln wie den Cliffhangern geschieht. Was ist daran verwerflich? Cliffhanger sind der älteste Kniff des Erzählens überhaupt, so hat Sheherazade ihr Leben gerettet.


    Ich will das Fernsehen nicht schönreden - jedes Ding hat zwei Seiten und das Fernsehen selbstredend nicht nur gute, aber die Vereinsamung findest Du natürlich auch beim Buch, wie Du ja selbst schreibst. Und an diesem Punkt hat das Fernsehen sogar noch Vorteile. Ich jedenfalls schaue mir gerne gemeinsam mit Freunden Filme an, das macht doch doppelt Spaß. Beim Buch wirds a bisserl schwerer, wenn sich alle rund um den Schmöker quetschen.


    Das eigentliche Problem, das ich sehe, liegt weniger in der Unterhaltung, da finde ich Fernsehen und Kino unverzichtbar - aber in puncto Informationen. Bilder verführen sehr viel schneller als ein gut geschriebener Artikel. Aber das ist ne andere Baustelle. ;-)

    Wie lange jemand vor dem Fernseher sitzt, sagt statistisch heute nur noch wenig aus - denn Fernsehen wird inzwischen ja zunehmend als Nebenbei-Medium eingesetzt und kein Amerikaner sitzt tatsächlich sieben Stunden vor der Kiste. Was im übrigen der Grund ist, weshalb bestimmte Daily Soaps im deutschen TV bestimmte Dramaturgien haben. Abends um 18 Uhr passiert noch viel nebenher, da kommen die Kinder nach Hause, der Göttergatte etc., weshalb die Geschichten anders erzählt werden als am Nachmittag, wo mehr Konzentration zur Verfügung steht. Mal ganz nebenbei.


    Das Fernsehen hat sicher seine problematischen Seiten, keine Frage. Aber die Menschheitsgeschichte ist voll von Manipulationen und Dummheiten und wie lange gibt es dieses Medium bereits?


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    Original von Grizzly
    Ob das Publikum mit dem Film, oder besser, mit dem Format 'Film' auch umgehen kann, ist fraglich.


    Warum soll es das nicht können?


    Zitat

    Original von Grizzly
    So einfach ist das und danach funktioniert die Spaßgesellschaft. Profit und Unterhaltung - eine gefährliche Mischung, wenn ihr mich fragt.


    Ich verdiene mit der Mischung Geld - aber was soll daran gefährlich sein?

    In den Büchern, die ich lese, ist das nicht so - bei Büchern verhält es sich meiner Ansicht nach nicht anders als bei Filmen, das hatte ich ja oben schon beschrieben. Du hast ein breites Spektrum. Auch bei Filmen finden sich Arthouse Streifen, die andere Pfade beschreiten, kommerziell aber weniger erfolgreich sind. Letztlich sind die Filme besonders erfolgreich, deren Figuren dem Zuschauer besonders am Herzen liegen. Und am einfachsten fühle ich mich in Figuren ein, wenn sie mir authentisch und real erscheinen, wenn ich sie regelrecht begleiten kann auf ihrer Reise durch die Geschichte.


    Überlade ich nun eine Szene effektvoll, schaffe ich immer eine Distanz, betrachte sie gleichsam von außen (ein Effekt, den man auch bei Erzählerstimmen, sogenannten Voice Overs hat). Deshalb, zumindest ist das meine Interpretation, verzichtet man überwiegend darauf. Last but not least ist der dramatische Effekt viel größer, wenn der Zuschauer ihn selbst entdeckt und er nicht mit einem eiffelturmgroßen Zaunpfahl daherkommt. ;-)

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    Original von MondkindIn fachwissen bin ich dir sicher hoffnungslos unterlegen apek deshalb gebe ich garkeine widersprüche sondern versuche nur nocheinmal genauer zu erklären was ich gemeint habe.


    Das ist doch vollkommen in Ordnung, genau darum ging es mir ja. Ich muss hier keine Punkte in Sachen "Filmexperte" machen, ich finde einfach die Diskussion darüber spannend. Und als Filmschaffender ist man an Feedback natürlich immer interessiert.


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    Original von MondkindIn fachwissen bin ich dir sicher hoffnungslos unterlegen apek deshalb gebe ich garkeine widersprüche sondern versuche nur nocheinmal genauer zu erklären was ich gemeint habe. und um es vorweg zu sagen, es gibt natürlich immer außnahmen, es ist keine allumfassende darstellung, sondern reduziert sich auf den massenmarkt der uns umgibt, und meiner persönlichen einschätzung.
    Filme sind eher linear und zeigen im gegensatz zu büchern nicht das innenleben der protagonisten, obwohl dies meiner meinung nach mit dem Medium Fernsehn mindestens genauso gut machbar ist wie mit Büchern. Um es nun zu verdeutlichen ein beispiel: Ein Charakter nennen wir ihn Test (ich finde das ist ein guter name) erfährt von dem Tod einer ihm nahe stehendne Person, meinetwegen seiner schwester, ich stelle mir dann einen langsamen Zoom auf Test's schockierte Pupille vor, die kamera fährt dann schneller zurück, Test steht etwas dephus herum um ihn ist nichts alles nur schwarz, die Kamera fährt um ihn herum und während dessen wird das schwarz zum geräusch eines herzschlags kurz mit bildern von test's schwester ausgefüllt.


    Dass Filme linear sind, sehe ich nicht so. Es gibt solche und solche Filme. Es gibt schließlich auch Dan Brown und Hermann Hesse. Szenen, wie Du sie beschreibst, habe ich auch schon gesehen und bin wenig davon begeistert. Bei mir stellt sich dabei nämlich überhaupt nicht der Effekt ein, Mitgefühl mit dem Menschen zu entwickeln, weil die Szene einfach surreal ist. Oder wie oft geht neben Dir ein schwarzer Raum auf? ;-)


    Angenommen, Du siehst Test, wie er von der Todesnachricht erfährt und er schluckt dreimal, der Polizist tätschelt ihm die Schulter und geht, Test steht noch immer starr im Raum, zündet sich zitternd eine Zigarette an und dreht sich dann um. Du siehst den für zwei Personen gedeckten Tisch, ein Kerzchen flackert, Test setzt sich hin, zieht wieder zitternd an seiner Fluppe und löffelt sich etwas auf den Teller, Du hörst nichts als das klackende Geräusch des Löffels auf dem Teller, Zoom auf den Löffel, Du siehst, wie eine Träne hineintropft usw.usf. - das ist jetzt keine Glanzszene und gerade mal hingerotzt, aber erzielt mehr Wirkung als ein visueller Effekt, weil die Stille und Einsamkeit nun greifbarer ist.

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    Original von Mondkind Apek
    natürlich, auch wenn das eher sache des regisseurs ist ;)


    Einspruch, Euer Ehren. Der Regisseur setzt das um, was ihm der Drehbuchautor aufschreibt, zumindest in groben Zügen. Deshalb ja auch meine neugierige Frage.



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    Original von Mondkind Apek
    Die meisten Filme sind eine blose Draufsicht auf die charaktere, man erwartet, dass sich der zuschauer in das innnenleben der protagonisten hineinfühlt, es quasi selbst in sich abbildet. Das ist meiner meinung nach eine völlig falsche vorgehensweise. Dass es auch anders geht, erlebt man gerade in Bollywood-Filmen in denen die Träume und Phantasien in überaus kitschigen Tanzszenen dargestellt werden. Etwas ähnliches wünsche ich mir von allen filmen, nur dass es keine übertriebenen tänze sein sollten, ich finde man sollte hierbei vielmehr mit farben und eingänglichen bildern arbeiten...


    Ehrlich gesagt habe ich nicht ganz verstanden, worauf Du hinaus wolltest. Die Bollywoodfilme kann man schwer vergleichen, sie haben ihre Bildsprache aufgrund vieler Restriktionen der indischen Zensur und natürlich einer insgesamt sehr konservativen Sexualmoral entwickelt, so sind viele Tänze nichts anderes als Sublime für den guten, alten Koitus.


    Es gibt auch genügend Streifen, die extrem visualisieren (wie z.B. 2001), aber was wird dadurch besser, bzw. was hat man versäumt, wenn man es nicht getan hat? Das Mitfühlen und Mitleiden mit einem Protagonisten passiert doch am besten, wenn man ihn schlicht und einfach begleitet.


    Jedenfalls haben beide Medien ihre Möglichkeiten. Und Kino und Fernsehen sind eben die Massenkunst unserer Zeit.

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    Original von Mondkind
    Tatsächlich möchte ich hier eine Diskussion darüber anzetteln, mit welchem Medium mehr möglich ist? denn meiner meinung nach nutzen die Studios nicht die möglichkeiten des visuellen Mediums wohingegen Autoren längst wissen wie man das ganze spektrum der sprache einsetzt.


    Mich als Drehbuchautor interessiert natürlich ganz besonders, was Du damit meinst, dass die Möglichkeiten des visuellen Mediums nicht ausgenützt würden. Erklärst Du mir das?

    Na, das ist doch fast schon wieder liebenswert. In Süddeutschland vergleicht man ohnehin gern mit "wie" (der isch größer wie ich!) und wenn man sich nicht entscheiden kann, muss man doch keines dieser sympathischen Wörter weglassen, also: ALS WIE


    Viel schlimmer als die Zwerge sind die Kids. Ich bin kein Purist und Hasser aller Anglizismen, aber warum das schöne "Kinder" über Bord werfen?


    Noch ein Fall für die Kotztüte: "...and more". Hängt hier an jeder Frittenbude.

    Bei "Burzeltag", "zeitnah" und "der einzigste" kann ich auf Anhieb kotzen. Wobei ich mir mal ordentlich Gedanken machen werde, das müsste eine verdammt lange Liste werden.


    Ach ja, und dieses NLP-Neusprech ist auch eine moderne Pest. Diese Klone kannst Du mit einem ätzenden Posting verbal anpinkeln und als Antwort kommt ein fröhliches "Das ist aber spannend, was Sie da schreiben!"


    Eben nicht, eben nicht!

    Kein Einspruch, Euer Ehren. Was natürlich dazu führt, dass ich irgendwelche FAQs lesen muss, wie das geht usw.usf. Hmpf!