„Mittagsstunde“ ist Dörte Hansens zweiter Roman, der, genau wie ihr Erstling „Altes Land“, in Norddeutschland angesiedelt ist.
Ingwer Feddersen, ein leicht verschrobener Kieler Professor, kehrt zurück in sein Heimatdorf, das fiktive Brinkebühl, wo die Menschen ebenso rau und ungeschliffen sind, wie die vom Nordseewind zerzauste Landschaft. Ingwer will sich um seine alt gewordenen Großeltern kümmern, die einen runtergekommenen Landgasthof betreiben, den schon lange kaum noch jemand betritt. Jeder, der mal in Norddeutschland durch die Dörfer gefahren ist, kennt diese verschlafenen Orte mit ihren leerstehenden Gasthöfen.
Die Figuren, die Dörte Hansen in diesem Roman erschafft, sind skurrile, sture, eigenbrödlerische Typen, die an einer Zeit festhalten, die es seit der großen Flurbereinigung in den siebziger Jahren nicht mehr gibt. Da haben wir z.B. Marret Ünnergang, die Tag für Tag in ihren Klapperlatschen von Haus zu Haus klappert und den Weltuntergang prophezeit. Oder den kahlköpfigen Fremden, der mit Holzbein, himmelblauem Rock und weißen Strümpfen zum Scherenschleifen ins Dorf kommt. Die alte Ella Feddersen, die langsam den Verstand verliert, ihren Mann verprügelt und nur durch einen quietschenden Spielzeugvogel zu beruhigen ist.
Die Handlung ist unspektakulär, fast ein wenig vernachlässigt, was aber durch die Sprachgewalt dieses Romans ausgeglichen wird.
Der Roman ist in Teilen in Plattdeutsch geschrieben und ich möchte unbedingt die Hörbuchfassung empfehlen, kongenial gelesen von Hannelore Hoger. Ihr gelingt es, jeder dieser verrückten Figuren eine ganz eigene Stimme zu geben.
Wer sich gerne in eine verschlafende, norddeutsche Welt voller verrückter Figuren entführen lassen will, ist mit diesem Hörbuch richtig.