Beiträge von Brigitte H. H.

    Lese-rina


    Sehr gerne geschehen.


    Ich könnte mir denken, dass der General es gar nicht so eilig hat, seinen ältesten Sohn zu verheiraten, weil das hieße, dass er dann ihm und seiner Auserwählten mit zu erwartenden Nacherben das Hauptvermögen überlassen und sich auf ein Altenteil zurückziehen müsste. Dafür ist er viel zu gern selber Schlossherr und Gutsbesitzer. Seine Frauenverachtung hat er aber auf diesen Sohn leider schon übertragen.

    Ich stimme Dir völlig zu, Tante Li. Zudem ist der älteste Sohn ja abgesichert. Er erbt einmal Northanger Abbey. Der jüngere Sohn hingegen geht leer aus (wie alle jüngeren Kinder). Deshalb ist der General erpicht darauf, dessen Situation zu verbessern. Wobei seine Methoden mehr als fraglich sind.


    Ich schreib mal lieber auch hier über den General, im Abschnitt vorher könnte sonst schon spoilern.

    Ich auch nicht. Die Sache mit dem Rauswurf wird ja geklärt, die finde ich ja noch einigermaßen stimmig (wobei es auch schon fraglich ist, warum sich jemand in seiner Stellung hinreißen lässt, so extrem unhöflich zu sein - wo doch Höflichkeit in der Zeit alles bedeutete). Aber vorher? Die Erklärung, er wolle sie für seinen Sohn beeindrucken

    Der Rauswurf von Catherine ist eine Ungeheuerlichkeit, die wir heute nicht mehr nachvollziehen können. Das hat nichts mit fehlendem Anstand oder mangelnder Höflichkeit zu tun. Eine unverheiratete, junge Frau ohne Schutz im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße zu werfen und ihrem Schicksal zu überlassen, das ist skandalös! Was hätte nicht alles passieren können.


    Ich brauche aber die Liebesgeschichte dahinter, und das nicht nur mit solchen Worten wie: „Ich überlasse es dem Leser ...“ Ein bisschen mehr Romantik wäre schön gewesen. Im Grunde genommen endete das Buch dann doch irgendwie in dieser rosaroten Wolke, weil der Leser ja ein Happyend möchte. Vielleicht kann ich diesbezüglich einmal eine Frage stellen: War es damals so üblich, dass es ein Happyend gab ?


    In der Tat schreibt Jane Austen eigentlich keine Liebesromane, sondern Gesellschaftsromane. Daher ist sie auch nicht an Heiratsanträgen etc. interessiert, es sei denn, die junge Dame lehnt einen solchen ab. Dann weiß sie, ausführlich zu berichten. Da denke ich natürlich an Stolz und Vorurteil! :-]

    Lese-rina


    (Irgendwie wollen diese zwei Zeilen beim Zitieren nicht erscheinen. Deshalb mach ich es so.)


    Zitat:

    Die Stelle fand ich auch wirklich köstlich! Mich hat die Reaktion Thorpes aber an so manche Zeitgenossen erinnert, die auch alle schon vor dem Lesen eines Buches wissen, was sie davon zu halten haben. :grin




    Es ist doch immer wieder verblüffend, dass sich manche Dingen nie ändern werden. :-]

    Mein Lieblingssatz in diesem Abschnitt ist bei mir aus S. 121: "Besonders eine Frau sollte, wenn sie schon das Unglück hat, irgendetwas zu wissen, es immer so gut wie möglich verbergen" :grin


    Dieses Zitat ist für mich gleichermaßen wie ein roter Faden, der sich durch Jane Austens gesamtes Werk zieht.



    SiCollier

    Ellemir


    Mir ging es beim ersten Lesen des Romans auch so. Ich fand alles übertrieben, konnte mich mit den Charakteren, auch mit Catherine, nicht anfreunden. Ich denke, das Problem bei diesem Roman hat tatsächlich damit zutun, dass wir uns im Gegensatz zu Austens Zeitgenossen nicht durch eine Unmenge von Schauerromanen gelesen haben, um das Ungewöhnliche dieses Buches zu begreifen. Immerhin hat der Verleger das Buch 10 Jahre lang nicht herausgebracht, nachdem er gemerkt hatte, dass es sich um eine Parodie des damals sehr beliebten Genres handelte. – Nebenbei, ich wäre zu gerne Mäuschen gewesen, als Jane Austen über einen ihrer Brüder die Rechte am Manuskript zurückkaufte und dieser anschließend dem Verleger mitteilte, dass es das Erstlingswerk der mittlerweile berühmten Schriftstellerin von Sense and Sensibility, Pride and Prejudice, Mansfield Park sowie Emma hätte werden können! (Dumm gelaufen für den Mann!) :lache – Vielleicht trägt dieser Umstand auch noch zu den Schwierigkeiten bei, die wir mit diesem Roman haben (in meinem Fall hatten). Wir kennen die anderen Romane zu gut, wissen, welch wunderbare Bücher folgten und können nicht mehr umschalten und sehen, dass Northanger Abbey vor diesen allen entstand.

    Der erste Eindruck, den Catherine von Mr. Thorpe hat, ist doch sehr zutreffend. Ihrem Bruder hätte sie am liebsten die Wahrheit gesagt: "Ich kann ihn nicht ausstehen!" (Grawe S.49) Nur aus Rücksicht auf die Gefühle ihres Bruders für Isabella behauptet sie, ihn nett zu finden. Ein fataler Fehler, da nun künftige Ausflüge nur zu natürlich sind.


    Ich denke, die Zuneigung, die Catherines Bruder James für Isabella hegt, machen es Catherine (noch) schwerer, deren wahren Charakter früher zu durchschauen. Schließlich ist er ihr Bruder und seinem Urteilsvermögen vertraut sie.

    Eine Lieblingsstelle im Roman von mir ist im Kap.7:


    "Haben Sie Udolpho gelesen, Mr. Thorpe?"

    "Udolpho! Ach, du großer Gott, das fehlte noch. Ich lese nie Romane, ich habe Besseres zu tun."


    Und dann zählt Mr. Thorpe einen Roman nach dem anderen auf. Wobei Udolpho würde er ja niemals lesen, wenn dann nur Romane von Mrs. Radcliffe. Darauf Catherine:


    "Udolpho ist von Mrs. Radcliffe"! :rofl

    "Wirklich, was Sie nicht sagen! ... Ich dachte an das andere alberne Buch dieser Frau, mit der so viel Rummel gemacht wird, ..."

    "Sie meinen sicher Camilla."


    Ein Roman, den Mr. Thorpe natürlich auch nicht gelesen hat, nur darin geblättert hat er. Dann weiß er aber ziemlich gut, den Inhalt wiederzugeben. :lache


    (Zitate: Grawe S.47/48)

    SiCollier

    Lieber SiCollier, erst einmal hab vielen Dank, dass Du die Austeneulen weiterführst.


    :bluemchen:bluemchen:bluemchen:bluemchen:bluemchen



    Ähm, so ähnlich geht es mir mit der Verfilmung. Ich weiß nur noch, daß mir der Film damals recht gut gefallen hat. Inwieweit er sich nach dem Buch richtet, kann ich natürlich nicht beurteilen. Die BBC-Produktionen, die ich kenne, halten sich allerdings in der Regel recht gut an literarische Vorlagen.

    ASIN/ISBN: B000LXGWQC


    Was die Verfilmung von Northanger Abbey angeht. Es gibt zwei von der BBC. Die neuere, die Du gesehen hast, ist meiner Meinung nach die bessere. Der Roman ist allerdings nicht leicht zu verfilmen, weil es in jenem auch um einige Novellen geht, mit denen sich Jane Austen (kritisch) auseinandersetzt. Die Übersetzung von Grawe, die Rouge oben als Cover gewählt hat, ist kommentiert. Das fand ich damals sehr hilfreich. Ich hatte den Roman schon vorher gelesen, aber erst durch die Kommentare von Grawe habe ich das Buch richtig verstanden. Und erst durch dieses Verstehen mag ich den Roman Northanger Abbey mittlerweile. – So kann ich Dir nur raten, SiCollier, auf jeden Fall eine kommentierte Fassung zu lesen. ;)

    Ich stehe gerade noch unter Schock.


    Liebe Nofret, ich bedaure sehr, dass Du nicht mehr bei den Austeneulen dabei sein wirst. Ich wünsche Dir alles Gute für Deine Zukunft. Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir eines Tages hier noch einmal etwas von Dir lesen könnten. Danke, für die viele Arbeit, die Du Dir gemacht hast, und für Deine wunderbaren Beiträge. :knuddel1

    Ich melde mich für diese Leserunde ab. :wave


    Mir gefällt Shirley sehr gut. Nur im Moment ist es nicht die richtige Lektüre für mich. Wenn ich lese, dann denke ich, wie schön, könnte ich mich nur darauf einlassen. Ich habe nun das 2. Buch beendet und breche ab! Noch weitere dreihundert Seiten auf diese Art zu lesen, abgehetzt und schnell, mag ich nicht mehr. Sicherlich werde ich Shirley eines Tages in Ruhe zu Ende lesen. Aber ich fürchte, bis dahin wird noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen.

    Ich hinke ja genauso hinterher. :wave

    Und grundsätzlich lese ich (und viele andere Eulen) Beiträge in Leserunden immer noch lange, nachdem ich selbst durch bin.:wave

    Dann bin ich nicht allein. Das beruhigt mich. :-]



    O doch, bitte - soweit es Kraft und Zeit erlauben - auf jeden Fall die Eindrücke hier posten! :-)


    :write Dito. Also bitte (auch wer noch am Lesen ist) bitte weiter schreiben. Mir fällt vielleicht nicht zu jedem Post etwas ein, aber ich lese alles, was kommt, noch aufmerksam mit, bis alle durch sind. :wave

    Gut zu wissen. :wave

    Ich überlege derzeit, ob ich in einem Roman überhaupt eine Hauptfigur brauche (ohne daß ich schon ein Ergebnis meiner Überlegungen hätte).

    Ich muss gestehen, darüber habe ich mir (bisher) noch keine Gedanken gemacht. Doch seit ich Deine Überlegung gelesen habe, SiCollier, stelle ich mir diese Frage. :/

    Ich habe gerade beim letzten Lesen meinen ganzen Beitrag geschrottet. :cry:cry:cry:cry


    Also noch einmal:


    Oh je, ich "hinke" arg hinterher. Ich weiß gar nicht, ob es noch von Interesse für Euch ist, wenn ich meine Eindrücke wiedergebe. Da ich mit sehr vielen Unterbrechungen lese und abends zu erschöpft bin, um hier noch etwas zu schreiben, verliere ich zudem langsam den Überblick.


    Inzwischen am Ende, hätte ich doch einige Schwierigkeiten, mich festzulegen, wer denn nun die Hauptfigur ist.


    Ob nun Caroline oder Shirley die Hauptfigur ist, mich persönlich hat die Geschichte erst mit dem Auftritt von Shirley "gepackt".


    Ich glaube, das "schickte" sich damals einfach nicht offen über seine Gefühle zureden, anders kann ich es mir nicht erklären...


    Ob es schicklich war, über Gefühle zu sprechen? Ich denke, es hängt von dem jeweiligen Charakter ab, oder? Isabella hat keine Probleme in Northanger Abbey ihre Gefühle von Beginn ihrer Freundschaft Catherine mitzuteilen.


    Aber Shirley ist ein schlaues Mädchen, die weiß das auch so.

    :write



    Ich finde Carolines zurückhaltende Art nur natürlich, wenn man ihre Lebensumstände betrachtet. Wie sollte sie gelernt haben, sich über ihre Gefühle zu äußern? So mitreißend der Charakter von Shirley auch sein mag, ihr gegenüber kann sie sich nicht frei äußern, da sie ziemlich zu Beginn ihrer beider Bekanntschaft das Gefühl hat, zwischen Moore und Shirley würde sich eine Liebesbeziehung anbahnen



    Caroline versinkt also zusehends in Selbstmitleid. („Natürlich weiß ich, daß er Shirley heiraten wird,“ ...). Dabei haben weder er noch sie in dieser Hinsicht etwas von sich gegeben. Wie heißt es so schön? Einbildung ist auch eine Bildung. Nun ja, wir werden sehen...


    Diese hartnäckige Vorstellung von Caroline kann ich nachvollziehen. Im Kapitel "Mr. Donnes Exodus" wird das veränderte Verhalten Peter Malones zu Caroline, wie folgt erklärt:


    "Sie [Caroline] war angenehm berührt, daß er [Malone] seine Verehrung gänzlich, wenn auch jählings, von ihr abgewendet und auf die Erbin von Fieldhead umgelenkt hatte. Die fünftausend Pfund, die Caroline, wie er glaubte, wahrscheinlich eines Tages erben würde, fielen gegen Miss Keeldars Vermögen und Herrenhaus nicht ins Gewicht." (Ott, S.403-404)


    Wieso sollte Mr. Moore (aus Carolines Sicht) unempfänglich für den Reichtum von Shirley sein? :grin


    Im Gegensatz dazu finde ich diese zwei Hilfsgeistlichen total furchtbar. :schlaegerWie die sich bei Shirley aufführen und versuchen um ihre Hand zu werben. Sie kommen sich selber so toll und unwiderstehlich vor. Einfach nur widerlich. Sehr witzig beschrieben fand ich dann die Szene mit dem Hund. Das sind ja ganz schöne Angsthasen. Das hat mir richtig gefallen, wie sie dann ziemlich lächerlich dargestellt wurden. Und ganz schrecklich dann das Benehmen, als Shirley dem einen nur einen kleinen Betrag als Spende geben kann. Er sollte froh und dankbar für die Spende sein, anstatt undankbar und unfreundlich. So was geht ja in meinen Augen gar nicht.


    Über diese Stelle habe ich mich köstlich amüsiert. Dieser "Gentleman", der ernsthaft glaubt, nachdem er seine Verachtung für Yorkshire und dessen Bewohner (und damit auch für Shirley) zum Ausdruck gebracht hat:


    "... er [Donne] habe sich als eine noble Person von unnachahmlicher Eleganz in höchst vorteilhaftes Licht gerückt – hatte gedacht, er mache einen überwältigenden Eindruck." (Ott, S.418)


    In Gedanken gibt Donne ja bereits das Geld seiner (angeblich) zukünftigen Frau aus. Der Mann hält sich einfach für unwiderstehlich! :rolleyes – Und so ganz bin ich mir bei Shirley auch nicht sicher ... :lache:lache:lache

    Ich denke immer noch das Robert und Caroline ein Paar werden, Shirley mag ihn nett finden, aber ich habe den Eindruck sie ist am heiraten nicht sonderlich interessiert.

    Wenn Shirley heiratet, verliert sie ihre Unabhängigkeit. Ihr Besitz würde dann ihrem Gatten gehören. Das ist für mich das Erstaunlichste an diesem Charakter. Eine Frau kann Erbe von Grundbesitz und Vermögen sein und den Titel Esquire tragen. :wow Da muss ich gleich an Jane Austen denken. :-] Schließlich geht es in Sense and Sensibility und Pride and Prejudice eindrucksvoll um das Dilemma, dass es den Töchtern verwehrt ist, das Erbe ihres Vaters anzutreten. Emma hingegen ist abgesichert. Sie verspürt nicht zuletzt deshalb kaum das Verlangen, unbedingt zu heiraten.


    Also, wieso sollte Shirley heiraten? - Andererseits, wenn sie nicht heiratet, kann sie auch keine Kinder bekommen. Und dann würde ihr Familienzweig aussterben! :gruebel

    Was hat das mit der Erzählung zu tun?

    Diese Frage habe ich mir bei diesem Roman schon des Öfteren gestellt.


    Warum werden uns so viele Personen sehr detailliert vorgestellt? Eben auch Charaktere, die offenbar keine Relevanz mehr für die Geschichte haben.


    Es scheint fast so, als würde die Autorin Charaktere und Begebenheiten aus ihrem Bekanntenkreis in ihrem Buch wiedergeben. Gab es jemanden aus ihrem Bekanntenkreis, der ebenfalls diesen Schritt wagte? Zumal Australien als Strafgefangenenkolonie zunächst einmal nicht verlockend erscheint.


    Eine in der Tat mögliche Erklärung. Will Brontë damit ihrer Novelle mehr Authentizität verleihen? Der lebhafte Dialog in der Familie Yorke ist schön und bringt uns den Charakter von Mr. Moore näher. Aber die vorangestellte Schilderung des zukünftigen Schicksals einzelner Familienmitglieder scheint ins Leere zu laufen.

    8. Kapitel:


    "Liebe kann alles verzeihen außer Gemeinheit, denn Gemeinheit tötet die Liebe, lähmt sogar die natürliche Zuneigung. Ohne Achtung gibt es keine wahre Liebe." (Ott, S.192)


    Sehr traurig. Mrs. Yorke ist ebenfalls ein sehr interessanter Charakter. Ihre Kinder dürfen sich nicht sentimental äußern, also nicht Mama und Papa sagen, sondern Vater und Mutter.


    Das ist ein interessanter Punkt. Zumal es in jener Zeit für die Töchter zum guten Ton gehörte, ihre Eltern mit "Mama" bzw. "Papa" anzusprechen.


    "Daughters customarily addressed their parents as "mama" and "papa" (…); as the unspeakable Mrs. General instructs the heroine in Little Dorrit, "Papa is a preferable form of address. … Father is rather vulgar, my dear." However, this was not true for males. The boys would call their parents "father" and "mother."

    (Zitat: Daniel Pool: What Jane Austen ate and Charles Dickens knew. From fox hunting to whist – the facts of daily life in nineteenth-century England, New York 1994, S.56.


    Merkwürdig fand ich, am Anfang des 9. Kapitels das weitere Schicksal der Kinder der Familie Yorke zu erfahren. Wie grausam zu lesen, "daß die kleine Jessy jung sterben wird." (Ott, S.217) Und dann kurz darauf dieses lebhafte kleine Mädchen kennenzulernen. Ausgerechnet die kleine Jessy, die später einmal Mr. Moore heiraten möchte, weiß ihm zu berichten, dass Caroline ihn glühend gegenüber Anne Pearler verteidigte. Und Mr. Moore ist sich sicher, dass eine reine Geldheirat für ihn nicht infrage kommt. :lache:lache