Beiträge von Ulrike Renk

    Dieser Abschnitt hat mir etwas besser gefallen, wie die beiden vorhergehenden. Aber so richtig greifbar ist für mich nur Auguste. Alle anderen Protas sind mir zu flüchtig und zu ängstlich (wenn man das so sagen kann, ein anderes Wort fällt mir nicht ein).

    Mir sind die Zeitabschnitte zu lang und ich habe immer das Gefühl, es passiert dazwischen nichts und das Leben plätschert vor sich hin.

    Tja, aber genauso war das. Ich hätte jetzt natürlich dramaturgisch irgendwelche Dinge erfinden können - hab ich aber nicht.
    Ich weiß, dieses Buch spaltet. Und es ist auch anders, als meine bisherigen Bücher.

    Aber ... obwohl mich jetzt ein paar fiese kleine Zweifelteufelchen plagen, bin ich immer noch davon überzeugt, dass es so richtig ist. Für dieses Buch, für Paula. Ihr Leben hatte seine eigene Dramatik und Entwicklung, es hatte Poesie und eine besondere (vielleicht aber auch nur für mich) Tiefe.
    Es tut mir leid, dass ich hier wohl eine ganze Reihe von LeserInnen enttäusche, aber ich steh dazu.

    Den Briefwechsel mit Franz mag ich auch, wobei mir immer wieder Paulas blumige, emotionale Art zu schreiben auffällt. Aber so drückte man sich in dieser Zeit wohl aus.

    Ulrike Renk , hattest Du bei Deinem Material auch Briefe von Paula, an denen Du Dich orientieren konntest?

    Oh weiha - das mit den Briefen wird noch "Schlimmer".


    Ja, ich habe ziemlich viele Briefe von Paula. Die meisten zwischen ihr und Richard. Es gibt auch welche, die sie ihrem Bruder geschrieben hat - aber die Briefe an Franz in diesem Buch habe ich erfunden.
    Allerdings ist das so - man hat sich damals so ausgedrückt. Und nicht nur Frauen ...

    Gerade heute habe ich Briefe gelesen, die Kaiserin Auguste Viktoria ihrem Mann geschrieben hat - sie waren auch recht ...blumig. Er hat allerdings knapper geantwortet und eher militärisch ... :lache

    Ja, er war ein Blender. Und ja - er war nicht der Richtige für Paula. Und jaaaaaa - ich mochte ihn auch nicht. Aber vielleicht hilft es ein wenig, wenn man die ganze Geschichte in den zeitlichen Kontext rückt.

    Damals gab es diese Künstlerbewegung - vielleicht vergleichtbar mit den 68 - den Hippies, mit Bewegungen der Freiheit, des Umbruchs. Das waren Künstler, sie wollten sich alle neu erfinden, das Leben neu erfinden. Freie Liebe war damals ein großes Thema. Lu Andreas Salome ist ein gutes Beispiel für die Zeit und die Empfindungen. Sie wollte mit zwei Männern eher plantonisch zusammenleben - das hat natürlich nicht funktioniert.

    Viel hat nicht funktioniert, aber das weiß man erst, wenn man es ausprobiert hat.

    Künstler sind ja seltsame Menschen, Schriftsteller ins Besondere - ich spreche da aus einschlägiger Erfahrung :wave:write:lache
    Es wurden Briefe geschrieben, Texte geschrieben - die waren aus unserer heutigen Sicht Geschwurbel und schwülstig, aber sie haben die damalige aufbrechende Gefühlswelt gezeichnet.
    Richard Dehmel war damals ein Popstar, ein Michael Jackson der Literaturszene.

    Er war auch ein Mensch mit vielen Ecken und Kanten. Paula hat ihn sehr geliebt ...

    Carl finde ich für sein Alter ziemlich erwachsen. Ist das eine Interpretation von dir, Ulrike Renk oder weiß man, ob er wirklich so war.

    Kinder waren in dem Alter damals einfach "erwachsener", weil es eine Art Kindheit, wie wir sie kennen (und wie sie heute zum Teil übertrieben -mE) zelebriert wird, nicht gab. Kinder mussten in der Familie, in der Gesellschaft funktionieren.
    Dass, was wir heute als altklug sehen, war damals eine Art Überlebensstrategie - wer sich der Erwachsenenwelt anpasste, konnte bestehen.
    Aber Carls Äußerungen habe ich nur in den Kontext gesetzt, sie sind erfunden.

    Dieser Abschnitt hat mich leider nicht so in seinen Bann ziehen können wie der erste. Hier fehlte mir tatsächlich irgendeine Art von Entwicklung und ich bin noch immer am rätseln, liebe Ulrike Renk , was du mit diesem Abschnitt bezweckt hast. Welche Gefühle sollte der Abschnitt wecken? Da ich sowieso ein Ostseefan bin, habe ich mich am Ort des Geschehens wohlgefühlt, aber die Personen sind in diesem Abschnitt sind (gefühlt) nur mitgeschwommen, jedoch ohne mich zu berühren. Abgesehen von der Szene des kleinen Carl, als er fast in der See versunken wäre, ist mir nichts mit bleibendem Eindruck im Gedächtnis geblieben.

    Dennoch ist der Schreibstil weiterhin flüssig und liest sich sehr gut. Man kommt nicht ins Stocken.

    Ahrenshoop und auch Phine sind für die weitere Geschichte schon ein Grundstock. Ich hoffe, dass dir der nächste Abschnitt wieder besser gefällt.

    Ich frage mich die ganze Zeit, hat sich Richard eigentlich mal darum bemüht etwas zu veröffentlichen? Mit seinen Texten auch Geld zu verdienen?

    Ja, hat er. Er hat auch einzelne Gedichte veröffentlicht - was aber nicht viel Geld einbrachte.
    Was er aber auch gemacht hat, waren Lesungen. Das war damals ein wenig anders als heute. Man traf sich in literarischen Salons - ein gesellschaftliches Ereignis. Manche Salons hatten feste Zeiten - immer Donnerstags von 14 bis 18 Uhr zum Beispiel.
    Bei solchen Anlässen hat er Texte rezitiert - seine eigenen, aber auch andere. Und er war sehr charismatisch, konnte sehr gut vortragen. Die Leute lagen ihm buchstäblich zu Füßen.
    Damit hat er auch ein wenig Geld verdient. Um eine Familie zu ernähren, reicht das aber nicht.

    Ich habe das Gefühl das Paula Asthma hat, die feuchte Luft im Herbst, die kalte im Winter, sie bekommt schlecht Luft. Ich habe auch Asthma, nur heute kann man es behandeln, mit Cortison Sprays.

    Damals gab es ja noch nichts dafür, meine Uroma Mütterlicherseits ist 1915 daran gestorben.

    Asthma ist nicht heilbar, die Bronchien sind immer entzündet.

    Deshalb Hochgebirge oder die Seeluft.

    Den Begriff Asthma gab es damals noch nicht so. Aber ja, sie hatte Asthma

    Regina - hier darfst du ruhig offen sein. 8o:frech


    Ich habe ihr im Schreibprozess quasi frisches Material geschickt. Sie fand manche Dinge langweilig (Zum Beispiel den Sturm und Phine) ... das war aber noch nicht das endgültige Manuskript - und mal ehrlich - jeder findet irgendetwas in Bücher, auch wenn wir sie lieben, eher nebensächlich.

    Ich weiß noch nicht so recht, was Paula in ihm sieht. Klar macht Liebe blind, aber eigentlich halte ich Paula für zu gescheit, dass sie einen Mann heiratet, der sie (und eine Familie) nicht ernähren kann.

    Paula hat Richard wirklich, wirklich geliebt. Sehr, sehr, sehr. Das war für mich echt schwierig zu transportieren, weil ich einige Dine weiß, die sie nicht wusste - und vielleicht hat mich das persönlich ein wenig getriggert ...
    Das ist nur semiprofessionell von mir, das weiß ich, aber auch Schriftsteller sind Menschen und können manchmal nicht aus ihrer Haut. Ich -> :schaf

    Ich glaube, die Frage kann auch Regina mitbeantworten - sie schreibt und liest ja hier auch mit und ist Paulas Urenkelin.

    Sie hatte dem Aufbau Verlag über das Kontaktformular eine kurze und etwas kryptische Mail geschrieben, die der Verlag an mich weiterleitete.

    Ich bekomme sehr viele Familiengeschichte geschickt - alle sind sicherlich irgendwie besonders und toll - vor allem für die Familie selbst. Aber ich kann nicht aus allen Romane machen ... 8o
    Ich weiß nicht mehr genau, was es war, das mich angesprochen hat - jedenfalls habe ich ihr geantwortet und um mehr Informationen gebeten. Die kamen dann - ein kurzer Lebenslauf ihrer Großmutter Ursula, etwas aus der Familiengeschichte - und ZACK - da war der Funke. Ich wusste, das ist interessant, da möchte ich mehr wissen und sehr bald schon wusste ich - das wird meine nächste Buchreihe.
    Regina hat ein Archiv - sie hat Unmengen an Material über ihre Familie gesammelt und zusammengetragen. Es ist schon ZU VIEL - für mich. Aber sie ist super - wenn ich Fragen haben, dann sucht sie nach Antworten - gerade heute wieder habe ich eine Mail mit Infos bekommen, die mir noch fehlten - das ist so Klasse.

    Ja, irgendwie ist die Welt ein Dorf manchmal. Ich fand das auch sehr spannend. Der Klavierunterricht bei Scharwenka ist belegt, aber das war noch, bevor die Brüder ihr Konservatorium eröffnet hatten.