Beiträge von KarinS

    Also ich habe das schon so gelesen, dass Piero maßgeblich den Streik angeführt hat. Es war seine Idee, sich bei Stockalper zu beschweren und er hat die Verhandlung mit ihm geführt. Dann hat er dafür gesorgt, dass sich die Arbeitsweigerung unter den übrigen Arbeitern verbreitet. Natürlich wollte er die ganze Sache friedlich gelöst haben und wollte die Masse beruhigen, als das Steinewerfen losging, aber da konnte er sich kein Gehör mehr verschaffen. Sein Vorarbeiter und der Akkordant hatten ihn schon auf dem Zettel bevor ihm Dissune in den Rücken gefallen ist und ihn angeschwärzt hat.

    Piero war einer der Wortführer. Die Idee mit Stockalper zu sprechen kam zuerst von Luigi Dissune (S. 272 oben). Piero übernimmt dan die Initiative weil er Dissune für ein Großmaul und Unruhestifter hält. Was der lt. den Quellen auch war. Er hat zunächst die Leute aufgehetzt und hinterher behauptet, er hatte damit nichts zu tun gehabt. Dabei war er schon bei dem Vorfall vor dem Schäfli daei, ist danach ausgewiesen worden und unter dem Namen Dissune wieder zurückgekommen.


    Sowohl der Vorarbeiter (Betassa galt als Leuteschinder und Piero hat sich gewehrt ) und der Akkordant hatten ihn auf dem Kieker.

    Zitat

    Ein Beispiel für einen ausgewiesenen Arbeiter, der nach seiner gerichtlich bestimmten Ausweisung im April 1875 bereits im Juni wieder in Göschenen war, ist Luigi Dissune. Dissune profitierte als unehelicher Sohn davon, über zwei Namen zu verfügen und meldete sich, nachdem er der Ausweisung unter dem Familiennamen seiner Mutter in Göschenen gelebt hatte, nach seiner Rückkehr unter dem Familiennamen seines Vaters bei der Unternehmung Favre und bei der Gemeinde an.


    Das ist übrigens das Hotel "De la Gare" und die Gotthardstraße, wo die Situation eskaliert ist. Das Hotel ist leider jetzt ein "Lost Place", das ehemalige Grand Hotel wurde zu einem Wohnhaus umgebaut.

    Gegen Ende des Abschnitts geht es dann ja gar nicht mehr „glatt“ vonstatten. Aber zuvor kommt Piero erst einmal in Göschenen an. Und es war damals wie es heute ist: kaum ist irgendetwas, steigen die Preise teils wuchermäßig. Ich entsinne mich noch, daß in meiner Heimatstadt, die etwa 50 km von Frankfurt/M. entfernt liegt, die Übernachtungspreise stiegen (und es wohl auch heute noch tun), wenn in Frankfurt Messe (welche auch immer) war. Weshalb? Weil Messe ist. Nun ja.

    Ja, das ist auch heute noch so. Die Zimmerpreise verdreifachen sich.

    Allerdings, ich vermute mal, mit der Toskana-Reihe ging das ähnlich. Ich hab noch in keiner Buchhandlung Bücher von Dir gesehen.

    Die Toskana-Reihe ist 2018/2019 erschienen. Die ersten beiden Bände liefen gut und lagen auch in den Buchhandlungen. Teil 3 dann leider nicht mehr.

    Heutzutage hat ein Buch ca. 2 Monate Zeit um "zu zünden", wenn es dann nicht oft genung verkauft worden ist, verschwindet es aus den Buchhandlungen und das war's dann. :-(

    Aber "Bergleuchten" liegt in sehr vielen Thalia-Filialen aus und offenbar auch bei vielen anderen Buchhandlungen. :-)


    Zitat

    Wenn ich schon bestellt habe, ist nicht mal der Name geläufig.

    Tja, berühmt bin ich nicht.

    Teresa ist wirklich eine taffe Frau, die sich von nichts und niemandem unterbuttern lässt.

    Irgendwo hatte ich es geschrieben, Teresia gab es wirklich und wie sie Piero berfreit, habe ich an das Gerücht angelehnt, sie hätte einmal mit 20 Mann einen Italiener aus der Haft befreit, das in Göschenen umging.

    Noch ein interessantes Detail: Wenn eine Schweizerin einen Ausländer heiratete, verlor sie ihre Staatsbürgerschaft und hatte die des Mannes. Favres Tochter z.B. war Türkin, weil sie einen türkischen Bankier geheiratet hat.

    Helene war am Anfang der Geschichte 21, also 1872 - inzwischen ist 1875, also ist sie 24 als sie sich mit Piero einlässt.

    Keine Ahnung wie genau die Rechtsprechung damals dort war, aber anscheinend brauchte eine Frau egal welchen Alters nicht nur die Zustimmung des Vaters sondern auch noch die der Gemeindevorsteher.

    Ich habe irgendwo gelesen, dass ab 28 Jahren die Zustimmung des Vaters nicht mehr gebraucht wurde. Ich finde es aber nicht mehr.

    Am Ende des Tages sind Gefühle manchmal einfach stärker als die Vernunft. Und der Mensch neigt eh dazu zu denken, dass schon nichts passieren wird.

    Ja, das denke ich auch. Liebende haben sich zu allen Zeiten über die geltende Moral und Verbote hinweggesetzt um zueinander zu kommen. Dazu kommt auch, dass Johanna nicht in Schwierigkeiten gekommen wäre, wenn Matteo nicht verunglückt wäre. Er hätte seine Papiere geholt und sie geheiratet. Helene hat auch nicht damit gerechnet, das Piero Göschenen verlassen muss.


    Zitat

    Dass Anna nicht mit ihrer Tochter spricht liegt vermutlich auch einfach daran, dass Helene doch wusste, wie ihre Eltern über eine Verbindung zu Piero dachten. Und das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter ist ja wahrhaftig nicht so gut, dass Anna da ein Gespräch über Verhütung suchen würde. Dass man sich Männern nicht hinzugeben hatte, ist den Mädchen damals ja schließlich von klein auf gepredigt worden und ganz viele sind damals ganz sicher in die Hochzeitsnacht gegangen ohne zu wissen, was passieren würde.


    Ich glaube nicht, dass Mütter damals über Verhütung gesprochen haben. Und Aufklärung gab es auf den Bauernhöfen "live", man hat es ja bei den Tieren gesehen.

    Zum Thema Verhütung: Kondome gab es, die waren aber extrem teuer und zudem verboten. Verhütet wurde meistens durch Koitus Interruptus, und wie zuverlässig das ist, wissen wir ja. Ich gehe für mich davon aus, das Piero das auch gemacht hat, wollte es aber nicht beschreiben. Hätte ich vielleicht tun sollen?

    Aufgeklärt wurde wohl nur soweit, dass Kinder eben durch Geschlechtsverkehr entstehen. Uri war katholisch und die katholische Kirche zur Verhütung stand, ist bekannt.

    Danke für den Link - einiges darin habe ich mir durchgelesen. Das waren schon schlimme Zeiten für Frauen! Die Männer haben ihre Hintertürchen gefunden und sich vor der Verantwortung drücken können. Typisch! :(

    Das habe ich bei diesem Text auch immer wieder gemacht. Und ich war überrascht, wie schwer es den Leuten gemacht wurde, zu heiraten. Kein Wunder, dass sich dann viele über die geltende Moral hinweggesetzt haben, sie hatten ja keine andere Möglichkeit. Das trifft in bedingtem Maße auch auf Piero und Helene zu. Heiraten ist ihnen verboten. Vernünftig wäre es dann, sich zu trennen. Helene heiratet einen Schweizer ( Peter oder einen anderen) oder sie heiratet gar nicht. Aber ehrlich: ich wäre in ihrer Situation wohl auch nicht vernünftig gwesen.

    Danke, das erklärt natürlich die Rechnung. Wobei ich mich dann schon frage, wo da der Erholungswert in diesen vier Stunden Pause sein soll, wenn die Arbeiter in der knappen, verseuchten Luft sitzen und dem ständigen Lärm der Bohrer und Explosionen ausgesetzt sind. :hmm

    Der dürfte nicht hoch gewesen sein. Der Bohrposten hatte nach der Sprengungpause, während die Schutterer abgeräumt haben, danach erfolgte der nächste "Angriff" (hieß wirklich so) und die Schutterer hatten Pause.

    Eigentlich hast Du meine Frage oben hier schon beantwortet...

    Du lebst offenbar so richtig in dem Buch, das Du gerade schreibst. Hoffentlich kommst Du nicht allzu sehr aus dem Tritt, wenn Du Dich jetzt so intensiv in eine Leserunde zu einem "vergangenen" Buch einbringst!

    Im Moment mache ich eine Schreibpause, von daher ist es kein Problem. Ich habe in den letzten drei Jahren vier Bücher geschrieben und brauchte erst mal eine Auszeit. Zumal der Gotthard mich schon gefordert hat. Ich "jongliere" mit ein paar Ideen. Mal schauen ... :-)

    Er hätte ihn aber nicht akzeptieren müssen. Ich meine gelesen zu haben, er musste so viel Strafe bezahlen dass sein Erbe weg war, die Tochter aber dennoch eine sehr gute Rente ( die genaue Formulierung fällt mir gerade nicht ein) davon bezog.

    Es war ja eine Ausschreibung. Mehrer Unternehmer hatten sich für den Bau beworben, unter anderem Grattoni. Wenn er die Vertragsbedingungen nicht akzeptiert hätte, hätte er den Auftrag nicht bekommen.

    Wiki:


    Zitat

    Nach einer äusserst kurzen Eingabefrist von sechs Wochen trafen sieben Offerten ein. Den Zuschlag erhielt die Genfer Firma «Entreprise du Grand Tunnel du Gothard» des Louis Favre; am 7. August 1872 wurde der von Escher aufgesetzte Vertrag unterzeichnet. Der grösste Konkurrent war die italienische Firma «Società Italiana di Lavori Pubblici» unter der Leitung von Severino Grattoni. Grattoni hatte bereits den mit 12 Kilometern längsten Tunnel der Welt erstellt, den Mont-Cenis-Eisenbahntunnel. Auch mit dem Gotthard hatte er sich beschäftigt, hatte die Geologie geprüft und Probebohrungen vorgenommen.

    Favre, der bisher keinen Tunnel gebaut hatte, der länger war als 1000 Meter, unterbot den Mitkonkurrenten, akzeptierte die ruinösen Vertragsbedingungen und hinterlegte eine Kaution von 8 Millionen Franken. ... Favre hoffte darauf, die beim Bau des gerade fertiggestellten Mont-Cenis-Tunnels gemachten Erfahrungen nutzen zu können. Zudem stellte er dortige Mineure und Ingenieure ein und kaufte das dort verwendete Tunnelmaterial auf.

    Das muss man sich mal vorstellen, das Favres längster Tunnel 1 Km lang war und er jetzt einen bauen wollte der 15 km lang war. Und er setzte auf die Erfahrung der Ingenieure und Mineure vom Mont Cenis ;-)

    Echt?

    Die habe ich so verschlungen und fand sie einfach wunderbar.

    Das wundert mich dann doch, daß die Leute nicht mehr zugegriffen haben.


    Dann werde ich mal den ersten Band bei nächster Gelegenheit verschenken - damit die Leute auf den Geschmack kommen.

    Die meisten, die sie gelesen haben, fanden sie gut. Und darüber freue ich mich sehr und habe mich auch über jede einzelne Rezension gefreut. Die Leserunden hier waren super und haben sicher auch für einige Verkäufe gesorgt.

    Aber die Bücher lagen nicht in den Buchhandlungen, weil die Buchändler das Thema wohl nicht interessant fanden. Und ein Buch, das nirgendwo liegt, wird nicht gekauft. Die E-Books liefen einigermaßen, aber offensichtlich war es kein Thema, das die "breite Masse" angesprochen hat. Aber ich mag die Familie Hochleitner trotzdem sehr. :-)

    Ist es so, dass sich Charaktere eigenständig entwickeln, also quasi ihr eigenes Leben entwickeln? Ich hoffe, Du verstehst, was ich meine.

    Ja, so ist das. Bei den Hauptcharakteren weniger, die müssen ja die Handlung tragen, deshalb plane ich die schon genauer, aber die Nebenfiguren entwickeln sich oft sehr überraschend. Bei "Die Sehnsucht der Albatrosse" hatte ich eine Figur als echten Widerling angelegt, aber der entwickelte dann hintergründige Züge, die nicht eingeplant waren, aber super zu der Geschichte passten und am Ende war er ein verkappter Guter.

    Bei Teil 2 der Toskana-Saga tauchte plötzlich eine Figur in meinem Kopf auf, sagte "ich heiße Ugo und du brauchst mich" - und wirklich hat er am Ende zur Auflösung einer Sache beigetragen, bei der ich mir lange Gedanken gemacht habe, wie ich das glaubwürdig rüber bringe.

    Das ist der Punkt an dem das Schreiben richtig Spaß macht, wenn die Figuren anfangen, ein Eigenleben zu entwickeln.

    Man merkt KarinS , wie akribisch du wirklich recherchiert hast und ich fand es sehr erfrischend, mal ein ganz anderes Thema in einem historischen Roman zu lesen...

    Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt!

    Danke für die schöne Leserunde!

    Danke zurück. <3Das Thema hat mich schon seit Jahren fasziniert, ähnlich wie die Amisch. Ich bin gerne etwas abseits der üblichen Themen unterwegs. Bei den Amisch hat sich gezeigt, dass sowas halt auch in die Hose gehen kann, die haben sich gar nicht gut verkauft, ich hoffe sehr, es läuft mit diesem Buch besser.

    Im Nachwort und auch einem späteren Leseabschnitt geht Karin auf den mit Favre geschlossenen Knebelvertrag mit der Gesellschaft ein. Dann verstehe ich warum es so abgelaufen ist.

    Das Dilemma von Favre wird im Film gut rübergebracht. Ich kozentriere mich ja auf die "kleinen" Leute und auf Göschenen, der Film zeigt auch, was im Hintergrund mit den Bankiers und der Regierung lief.

    Klar, diese Sache musste im Roman gelöst werden, und es würde mich interessieren, welche

    Lösungen KarinS im Kopf herumgingen!

    Ich arbeite immer so, dass ich zunächst einen ganz groben Plot entwickle, was passiert. Hier war klar, Helene soll sich in einen Italiener verlieben und es muss Kompliaktionen geben. Die kleineren Wendungen, Feinheiten, Nebenfiguren kommen während des Schreibens.

    Ganz am Anfang hatte ich darüber nachgedacht, dass Helene zuerst mit Ruedi zusammen ist, und sich dann in Piero verliebt. Aber das gefiel mir nicht und hätte auch nicht zu ihrem Charakter gepasst. Also "bekam" Ruedi die Johanna und für Helene kam Peter ins Spiel. Die Charaktere entwickeln sich bei mir erst während des Schreibens richtig, da gibt es auch öfter mal Überraschungen, wenn ein Nebencharakter sich plötzlich selbstständig macht und wichtig wird. Bei Peter ging es mir so, dass er mir immer lieber wurde, je mehr ich über ihn "gelernt" habe und es hat mir wirklich leid getan, dass es keine andere Lösung gab.

    Luisa z.B. war so gar nicht geplant. Die tauchte plötzlich in meinem Kopf auf und "bestimmte" die Handlung. Da mir die Freundschaft der beiden gefallen hat, durfte sie ins Buch.

    An den Spekulationen, wen Helene letztlich heiratet will ich mich nicht beteiligen, aber über ihren Charakter habe ich mich schon etwas gewundert. Sie scheint mit ihren 22 Jahren noch nie verliebt gewesen zu sein und kommt gar nicht auf die Idee, dass Peter etwas anderes als Freundschaft für sie empfinden könnte.

    Doch sie war schon mal verliebt, das erzählt sie Piero dann. Aber sie ist wirklich in dieser Beziehung sehr "naiv", bzw. die jungen Männer in ihrem Umfeld sind einfach nicht interessant für sie, weil sie die schon immer kennt.

    KarinS Gab es solche Männer wirklich, die sich gleich am Anfang mit dem Tunnelbau arrangieren konnten? Dass Helene als junge, moderne Frau es tut, kann ich nachvollziehen, für einen Familienvater, der sich um das Auskommen sorgen muss, finde ich das Verhalten von Franz sehr bemerkenswert.

    Die gab es, ohne sie hätte Favre sein Material nicht zu den Baustellen bekommen. Anders als im Film gab es nämlich noch keine Bahnstrecke zum Gotthard, die wurde erst nach dem Durchstich im Tunnel gebaut. - Und eben kommt mir der Gedanke, dass sie vielleicht warten wollten, ob der Durchstich gelingt, bevor sie Geld in die Bahnstrecke inverstieren ...