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Original von Lumos
Paul opfert sich. Als gerade noch lebendiger, fast schon Toter, mobilisiert er die letzten Kräfte, rettet er den Zug und seine Insassen und geht mit Vera in den Tod.... Das war mir zu viel des Guten. An manchen Stellen hatte ich den Eindruck, der Autor hat sich in einen Rausch geschrieben :grin.
Aber ja doch. Zum Teil hab ich das Gefühl, der Kater hält sogar noch an.
Doch im Ernst: Natürlich lese ich inzwischen auch Eure Rezensionen. Nachdem ich einmal begriffen habe, dass schon welche da sind. Schließlich hat das Thema null Antworten, und ich bin heute erst stutzig geworden, dass schon 58 Hits hat. Warum schauen die Leute da rein, hab ich gegrübelt, wenn doch nichts drin steht? Erst da hab ich die Weiterleitung gesehen.
Nein, ich sehe ja die Kritiken, und irgendwie habe ich zu dem Buch noch keine einzige gesehen, weder hier noch anderswo, bei der ich gesagt hätte: Das ist jetzt Blödsinn, das trifft nicht zu, da hat der Rezensent unrecht, wenn er Kritik übt. - Wobei, doch: Eine war dabei. Auf Amazon hat sich jemand beschwert, dass in dem Buch nicht mehr zur Technik und Geschichte des Express zu finden sei. Da hab ich meine Auffassung ja schon entwickelt. Wer noch mehr möchte, der muss einfach zum Sachbuch greifen.
Grundsätzlich ist so ein Titel aber immer eine Gratwanderung. Was dem einen Leser gefällt, wird dem anderen sauer aufstoßen. Ein Patentrezept, bei dem am Ende niemand mehr Kritik üben würde, existiert schlicht nicht. Wäre es aber doch möglich, ein solches Buch zu schreiben, käme vermutlich ein ziemlich langweiliges Buch dabei raus.
Was das Pathos anbetrifft: Da schlagen auch in meiner Brust zwei Herzen. In der Paul-Szene zum Beispiel finde ich es absolut angemessen. Die Szene, in der sich Ingolf und Eva ihre Liebe gestehen ... Sagen wir es so: Da hat mich das Lektorat recht nachdrücklich ermuntert, dass das doch bitte noch deutlicher zum Ausdruck kommen sollte, als ich es zu diesem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hätte: "Ingolf muss da aber endlich mal ..." Und dagegen habe ich mich gewehrt. Einfach weil es nicht zu Ingolf gepasst hätte, solche Dinge zum Ausdruck zu bringen. Das Schöne dabei: Das tut er auch jetzt nicht. Er bittet Eva einfach nur, noch einen kleinen Moment in dieser Haltung zu bleiben. Alles andere passiert in Evas Kopf. Was sie da denkt, ist mit Sicherheit zutreffend, aber es wird nicht von Ingolf geäußert. Das war mir wichtig.
Was die Action anbetrifft: Aber natürlich ist die am Ende da. Im selben Moment, in dem die Bremsen versagen, wechselt auch der Rhythmus, der die Geschichte die ganze Zeit getragen hat. Der Zug gibt das Tempo vor. Das kann sich doch nicht plötzlich ändern.
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Original von SiCollier
Aber das Buch ist nix für mich. Vatikanthriller sind ohnehin nicht so ganz meins, und die Voraussetzung in diesem Buch ist für mich - wenn ich das so offen schreiben darf - schlicht nicht akzeptabel. Drum lasse ich es lieber.
Das akzeptiere ich natürlich. Wobei ich mir gar nicht mal so sicher bin, ob wir nicht auch da viel näher beisammen sind als angenommen. Daran habe ich nämlich die ganze Zeit denken müssen, als wir uns über Bedingtheiten des Zeitgeistes sprachen. Ich bin nun Protestant, habe aber oft gedacht, wie gut ich Joseph Ratzinger, Benedikt XVI., verstehen konnte, wenn ihm vorgeworfen wurde, er sei zu wenig kompromissbereit. Da habe ich jedes Mal den Kopf geschüttelt: Wenn ich davon überzeugt bin oder, als Dogmatiker, weiß, dass ich mich im Besitz einer offenbarten Wahrheit befinde - wie kann ich mich dann auf einen Kompromiss einlassen mit jemandem, der etwas anderes vertritt als ich? Das wäre doch nichts anderes als ein Schritt von der Wahrheit weg. Und diesen Schluss zu gehen, wäre unehrlich. So verstehe ich auch meine Signatur, das Helmut Schmidt-Zitat. Es kommt mir doch nicht zu, die Überzeugung eines anderen Menschen zu kritisieren, nur weil es nicht meine eigene Überzeugung ist. Und ich bin überzeugt davon, dass genau dort, im Überzeitlichen, weit vor 1968 oder selbst 1789, der Punkt liegt, an dem wir die Menschen einer früheren Epoche verstehen können, und seien sie noch so weit von uns entfernt. Oder sagen wir: irgendwo dort. Hier geht es um Abstrakta; da sind solche Formulierungen Erbsenzählerei.