Beiträge von Cyriacos

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    Original von xexos
    Atomwaffen hatten sie ja auch schon entwickelt.


    Das trifft nun definitiv nicht zu. Eingeweihte Kreise in den Vereinigten Staaten waren da zwar in großer Sorge, und Karlsch hat vor ein paar Jahren geglaubt, nachweisen zu können, dass man in Deutschland "nah dran" war, aber über tatsächlich waffenfähiges Material war auf gar keinen Fall vorhanden.


    Wobei wir uns da dann auch auf ein Feld bewegen, das mich persönlich nicht so wahnsinnig interessiert. Da finde ich dann die Wagenreihungen und Kupplungen doch interessanter. Ganz zu schweigen von Betty Marshalls filmischem Schaffen, Sitbezüge im Lx-Wagen, die Feinheiten der carpathischen Erbfolge, Hochzeitszeremonien in den orthodoxen Kirchen oder die späten sizilischen Staufer. Oh, und die Hutmode im Jahre 1940. Was hab ich über Nylonstrümpfe recherchiert ... Ein harter Job manchmal, diese Recherchen. :grin

    Irgendwie hab ich die Reaktionen gerade erst zur Kenntnis genommen ... Äh, irgendwie habe ich überhaupt erst gesehen, dass es einen Thread für Reaktionen gibt. - Danke, danke, danke. :anbet Ich hab einfach gedacht, da fehlt jetzt mal was Besinnliches. :heiigenschein (Am Bluesschema arbeite ich noch :grin )

    Hm, da bin ich mir nicht sicher, ob man da sinnvoll extrapolieren kann. Wer will beurteilen, welchen Weg die gesellschaftliche Entwicklung genommen hätte? Die wirtschaftliche Entwicklung? Ein kleines bisschen haben wir das im Buch angerissen, wenn immer mal wieder von den carpathischen Ölfeldern die Rede ist. Deren reales Gegenstück hat eine entscheidende Rolle gespielt für die deutsche Militärmaschinerie und hätte sich auf lange Sicht durch synthetische Treibstoffe nicht ersetzen lassen. An solchen Stellen lassen sich nach Ursache-Wirkung bestimmte Punkte benennen, aber gesellschaftliche Veränderungen bewegen sich dann doch auf einem Grad der Komplexität. Da ist nicht allein nach Gründen zu fragen, sondern auch nach Anlässen. Der Tod von Benno Ohnesorg war zum Beispiel ein Anlass für die Radikalisierung der APO von 1968 mit ganz massiven Konsequenzen für die gesellschaftliche Entwicklung. Ein solches isoliertes Ereignis ist aber unmöglich vorhersehbar. Es kann eintreten - oder auch nicht.


    Was wäre, wenn-Fragen sind reizvoll. Aber es sind eigentlich keine Fragen, die in der historischen Wissenschaft in größerem Maßstab gestellt werden oder auch nur gestellt werden können. Faktisch sind sie nicht seriös zu beantworten. Das sind schlicht Gleichungen mit zu vielen Unbekannten.

    *grins* Ich fürchte, im Detail ist das noch nicht möglich. Dieses krause Hirn hat tatsächlich schon etwas ersonnen - wir sind jetzt gespannt, was der Verlag dazu sagen wird.


    Eine Überlegung wäre tatsächlich, noch etwas weiter in die Vergangenheit zu gehen. Wobei ich da auch selbst noch einmal etwas in mich gehen muss. :gruebel Schließlich schreibe ich keine historischen Romane. Wenn mir allerdings jemand etwas erzählt hat, von dem ihm selbst seine eigenen Großeltern erzählt haben - wenn ich darüber nachdenke, ist doch auch das noch beinahe nebenan. :grin

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    Original von Ayasha
    A propos "französische Sprache": ein kleiner Hinweis (vielleicht für die nächste Auflage) - auf S. 11 steht "Un clef" - das heisst aber une clef... :-)


    *urrghs* :yikes


    Ich hab zwar schon rübergegeben, was ihr bisher für Fehler gefunden habt (leider zu spät für die dritte Auflage; die wird gerade schon ausgeliefert). Aber dann werde ich gleich mal eine neue Datei anlegen. - Danke Dir! Und weiter viel, viel Spaß! :-)

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    Original von xexos
    @ Cyriacos: Mit dieser Frage haben sich doch sicher bereits zig Historiker befasst. Wie ist denn die herrschende Meinung dazu. Bestand wirklich die Gefahr eines tausendjährigen Reiches?


    Hm, die Gefahr wird vermutlich ebenso lange Bestand haben, wie der Homo "sapiens" diesen Planeten bevölkert. Wie groß sie ist, dürfte abhängig sein vom Ausmaß, in dem unsere Spezies in der Lage ist zu lernen.


    Wir haben uns in dieser Leserunde ja schon sehr viel über die Bewertung historischer Denkweisen aus dem Jetzt heraus unterhalten. Über den "Zeitgeist", der wandelbar ist - und der mit Sicherheit ein anderer wäre, wenn bestimmte historische Ereignisse einen anderen Ausgang genommen hätten. Die Frage ist letztendlich die, ob eine noch so lange Indoktrinierung durch ein totalitäres System in der Lage ist, Gedanken zu vernichten. Wie es schon Otto Wels, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, am 23. März 1933 in der letzten freien Rede im Deutschen Reichstag an die Adresse der Nationalsozialisten zum Ausdruck brachte, während vor dem Plenarsaal bereits die Schläger von SA und SS Aufstellung genommen hatten:


    "Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht. (...) Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen zu vernichten, die ewig und unzerstörbar sind."


    In letzter Konsequenz hat dieser Mann recht gehabt. Der Widerstand hat gehandelt, Stauffenberg und sein Kreis und manche andere. Sie haben gehandelt, und können wir behaupten, dass sie vollständig erfolglos waren? Sie haben nicht verhindern können, dass das Morden weiterging, die Verbrechen ein noch nicht gekanntes Ausmaß erreichten. Aber sie haben dokumentiert, wie Menschen handeln können, und dafür müssen wir ihnen dankbar sein.


    „Das Attentat muss erfolgen, coûte que coûte. Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“ (Henning von Tresckow an Claus Stauffenberg, wenige Tage vor dem 20. Juli)

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    Original von Johanna
    Man, man, Du bringst mich um den Schlaf Cyriacos :grin


    Ich wollt schon vor 2 Stunden ins Bett, aber das war sooo spannend, daß ich nicht konnte bis ich wußte, ob der Zug weiterfahren kann.


    Vielleicht ein kleiner Trost, dass ich Deine Fortschritte in Echtzeit verfolge, während ich über neuen Untaten brüte? :lache

    An dieser Stelle noch einmal einen ganz herzlichen Dank für den Dank :grin und ... ich hab da ja eine Weile überlegt, weil so viele von Euch so engagiert eingebracht haben und ich doch niemandes Beitrag kleinreden möchte, aber in diesem Fall denke ich, dass auch ich das noch einmal so deutlich sagen darf:


    SiCollier, Du bist eine Wucht!


    Dass ich nichts dazu sagen möchte, was irgendeine Zutat, die Anwesenheit einer Person oder eine Element der Handlung bedeuten soll oder sollte, wisst ihr ja schon. Das muss einfach aus dem Buch hervorgehen. Es muss auch nicht zwingend jedes Element eine tiefere Bedeutung haben. Zu überlegen wäre zum Beispiel, was Eva und Fitz-Edwards mit einem besinnungslosen Ludvig/Ingolf getan hätten, wenn ihnen der Yogi nicht versichert hätte, dass er wieder in Ordnung kommt. Ob sie die Reise überhaupt fortgesetzt hätten.


    Zur Kupplung übergebe ich an meinen geschätzten Co-Referenten SiCollier. :grin

    Isch atte aber nie eine Spielzeugeisenbahn :grin


    Mein Bruder hatte eine. Die fand ich auch toll, diese Landschaft mit all diesen kleinen Häuschen und allem. Ich hab nur nie verstanden, warum da jetzt Züge durchfahren mussten. :-)


    Allerdings hab ich mir letztes Jahr CIWL-Wagen in Spur N gekauft, habe aber bis heute weder eine Lokomotive noch Schienen dazu. :)

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    Original von Johanna
    Und da ich heute frei hab - welch Glück - hab ich dann auch die Nacht zum Tage gemacht und bis 4:30 Uhr gelesen :schaem.


    Hm, finde ich gar nicht so ungünstig die Uhrzeit. Um diese Zeit wurde das Buch auch geschrieben. :grin

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    Original von JaneDoe
    Wenn man bei den Namen mal darauf achtet, merkt man es auch selbst. Das finde ich jetzt sehr interessant. :-)
    Viel interessanter als das ganze Zuggedöns :grin


    Eben, sowas finde ich auch spannend. Siehe auch meine Überlegungen zum Pseudonym (ich glaube, darüber haben wir bei den Fragen an den Autor gesprochen. "Monferat" hat einen Klang nach dem Alten Europa; übertreiben wollte ich das aber auch nicht, deswegen die Kombination mit einem Vornamen, der nicht nach einem Königs- oder Herrschernamen klingt. Was ich unterschätzt habe, ist die Sperre, die Unsicherheit, wenn sich jemand im Handel oder in der Bibliothek nach dem Roman erkundigt, dem Buch von ... ja ... 'Monferratt' ... 'Mohferah' ... wie spricht man das nun eigentlich aus? Ich selbst sage "Monferah". Das n ist hörbar, nicht aber das t.


    Beim, äh, Zuggedöns ist das Interesse eigentlich erst während der Recherche gekommen. Da hatte ich am Anfang eher Angst, einfach weil ich weiß, dass das ein so spezielles Thema ist ... da kann man ein Leben lang recherchieren und wir doch noch immer Fehler machen. Dampfmotoren ... :grin

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    Original von Regenfisch
    Beim Lesen spukt mit ein Gedanke öfter im Kopf herum, und zwar, ob der Orient-Express ein Zug war, den man genommen hat, um von A nach B zu kommen. Und das in der Luxusvariante.
    Oder ob die Fahrt die Reise darstellte- also, wie z.B. die Hurtigroute. Mich wundert, dass die Reisenden nur kurze Zeit an den Orten antlang der Strecke haben und keine "Landaufenthalte".
    Oder liegt es am Krieg?


    Das lässt sich klar beantworten, Regenfisch: Der Orientexpress war - damals - zwar ein sehr, sehr luxuriöser Zug, aber er war doch in erster Linie genau das: ein Mittel, um von A nach B zu kommen. Durch die Nachtverbindungen noch dazu die schnellste Möglichkeit, bevor Flugverkehr in größerem Maßstab eine Rolle spielte. Eine, wie schon der Name sagt, Expressverbindung eben, keine Kreuzfahrt auf Schienen. Die Aufenthalte sind so kurz wie irgend möglich und ausschließlich auf Zollformalitäten, Lokomotivwechsel usw. zurückzuführen.

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    Original von belladonna
    Übrigens wüsste ich gern, warum die russischen Namen mal auf "-ow" und mal auf "-ov" enden; letzteres kenne ich eher aus englischen Texten. Auch Katharina heißt mal "Romanowa" und mal "Romanow".


    Zumindest was die Variation bei Katharinas Namen anbetrifft, sollte es so aussehen, dass die "Katharina Nikolajewna Romanowa"-Variante die traditionelle russische Perspektive verkörpert. Die formelle Perspektive. "Katharina Romanow" ist eher im Umgangston zu finden, jeweils abhängig vom Kontext.


    "Malenkov" mit dem v klingt schlicht härter, stählerner, fremdartiger. Es gab da gewisse Kniffe, an die ich in diesem Zusammenhang denken musste, und die gar keine russischen, sondern deutsche anbetreffen: Aufgrund unterschiedlicher historischer Lautverschiebung und phonetischen Wandels gibt es im Osten Deutschlands, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, bis heute viele Orstnamen, die auf -ow enden. "Pankow" mit dem berühmten Sonderzug ist sicherlich jedem ein Begriff. Dieses -ow steht einfach nur für die Au oder Aue, ein Flusstal also. Wie bei Altenau im Harz etwa oder Ilmenau (ist sogar auch im Osten). Jedenfalls gab es in der DDR auch viele Personennamen, die auf -ow endeten, und genau da waren bis in die Siebziger und Achtziger Jahre Kniffe an der Tagesordnung, in der entsprechend ausgerichteten Politik, aber auch in Funk und Fernsehen. Hans Modrow zum Beispiel, der letzte Ministerpräsident der DDR: Wenn man den als "Modroff" ausspricht (und ich behaupte, dass ich das fallweise durchaus noch so gehört habe), dann klingt der sowohl gefährlicher und härter als auch russischer. Ein nicht ganz fairer Kunstgriff, denn der Name ist kein Stück russisch. So ähnlich jedenfalls funktioniert der härter Malenkov neben dem weicheren Romanow. Das ist sozusagen die stalinistische Version.

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    Original von Lumos
    Paul opfert sich. Als gerade noch lebendiger, fast schon Toter, mobilisiert er die letzten Kräfte, rettet er den Zug und seine Insassen und geht mit Vera in den Tod.... Das war mir zu viel des Guten. An manchen Stellen hatte ich den Eindruck, der Autor hat sich in einen Rausch geschrieben :grin.


    Aber ja doch. Zum Teil hab ich das Gefühl, der Kater hält sogar noch an. :grin


    Doch im Ernst: Natürlich lese ich inzwischen auch Eure Rezensionen. Nachdem ich einmal begriffen habe, dass schon welche da sind. Schließlich hat das Thema null Antworten, und ich bin heute erst stutzig geworden, dass schon 58 Hits hat. Warum schauen die Leute da rein, hab ich gegrübelt, wenn doch nichts drin steht? Erst da hab ich die Weiterleitung gesehen.


    Nein, ich sehe ja die Kritiken, und irgendwie habe ich zu dem Buch noch keine einzige gesehen, weder hier noch anderswo, bei der ich gesagt hätte: Das ist jetzt Blödsinn, das trifft nicht zu, da hat der Rezensent unrecht, wenn er Kritik übt. - Wobei, doch: Eine war dabei. Auf Amazon hat sich jemand beschwert, dass in dem Buch nicht mehr zur Technik und Geschichte des Express zu finden sei. Da hab ich meine Auffassung ja schon entwickelt. Wer noch mehr möchte, der muss einfach zum Sachbuch greifen.


    Grundsätzlich ist so ein Titel aber immer eine Gratwanderung. Was dem einen Leser gefällt, wird dem anderen sauer aufstoßen. Ein Patentrezept, bei dem am Ende niemand mehr Kritik üben würde, existiert schlicht nicht. Wäre es aber doch möglich, ein solches Buch zu schreiben, käme vermutlich ein ziemlich langweiliges Buch dabei raus.


    Was das Pathos anbetrifft: Da schlagen auch in meiner Brust zwei Herzen. In der Paul-Szene zum Beispiel finde ich es absolut angemessen. Die Szene, in der sich Ingolf und Eva ihre Liebe gestehen ... Sagen wir es so: Da hat mich das Lektorat recht nachdrücklich ermuntert, dass das doch bitte noch deutlicher zum Ausdruck kommen sollte, als ich es zu diesem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hätte: "Ingolf muss da aber endlich mal ..." Und dagegen habe ich mich gewehrt. Einfach weil es nicht zu Ingolf gepasst hätte, solche Dinge zum Ausdruck zu bringen. Das Schöne dabei: Das tut er auch jetzt nicht. Er bittet Eva einfach nur, noch einen kleinen Moment in dieser Haltung zu bleiben. Alles andere passiert in Evas Kopf. Was sie da denkt, ist mit Sicherheit zutreffend, aber es wird nicht von Ingolf geäußert. Das war mir wichtig.


    Was die Action anbetrifft: Aber natürlich ist die am Ende da. Im selben Moment, in dem die Bremsen versagen, wechselt auch der Rhythmus, der die Geschichte die ganze Zeit getragen hat. Der Zug gibt das Tempo vor. Das kann sich doch nicht plötzlich ändern. :-)


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    Original von SiCollier
    Aber das Buch ist nix für mich. Vatikanthriller sind ohnehin nicht so ganz meins, und die Voraussetzung in diesem Buch ist für mich - wenn ich das so offen schreiben darf - schlicht nicht akzeptabel. Drum lasse ich es lieber.


    Das akzeptiere ich natürlich. :-) Wobei ich mir gar nicht mal so sicher bin, ob wir nicht auch da viel näher beisammen sind als angenommen. Daran habe ich nämlich die ganze Zeit denken müssen, als wir uns über Bedingtheiten des Zeitgeistes sprachen. Ich bin nun Protestant, habe aber oft gedacht, wie gut ich Joseph Ratzinger, Benedikt XVI., verstehen konnte, wenn ihm vorgeworfen wurde, er sei zu wenig kompromissbereit. Da habe ich jedes Mal den Kopf geschüttelt: Wenn ich davon überzeugt bin oder, als Dogmatiker, weiß, dass ich mich im Besitz einer offenbarten Wahrheit befinde - wie kann ich mich dann auf einen Kompromiss einlassen mit jemandem, der etwas anderes vertritt als ich? Das wäre doch nichts anderes als ein Schritt von der Wahrheit weg. Und diesen Schluss zu gehen, wäre unehrlich. So verstehe ich auch meine Signatur, das Helmut Schmidt-Zitat. Es kommt mir doch nicht zu, die Überzeugung eines anderen Menschen zu kritisieren, nur weil es nicht meine eigene Überzeugung ist. Und ich bin überzeugt davon, dass genau dort, im Überzeitlichen, weit vor 1968 oder selbst 1789, der Punkt liegt, an dem wir die Menschen einer früheren Epoche verstehen können, und seien sie noch so weit von uns entfernt. Oder sagen wir: irgendwo dort. Hier geht es um Abstrakta; da sind solche Formulierungen Erbsenzählerei. :-)

    Oh. Jetzt hab ich auch mal nach Tim Benzko gegoogelt. Ich dachte, das wäre dieser Koch. Aber da gibt es ja auch mehrere. :gruebel


    Und auch wenn wir noch nicht "durch" sind (bei einer Leserunde scheint es sich ja um ein offenes System zu handeln, und jeden Tag fließt noch etwas zu), möchte auch ich mich an dieser Stelle schon einmal ganz, ganz herzlich bei Euch bedanken. Es hat mir wirklich einen Riesenspaß gemacht, diese tausend Gespräche, all die kleinen Irrrsinnigkeiten, die am Rande aufgetaucht sind, all das, was ich selbst dabei gelernt habe. All die Anregungen, über die ich noch immer nachdenke und immer wieder werde nachdenken müssen - speziell zu dem Gegenstand, der mir so besonders am Herzen liegt: Wie lässt sich Verhalten in einer so ganz anders verfassten historischen Welt beurteilen? Lässt es sich darstellen im "Historischen Roman"? Auf den einen Seite kann alles Wissen nicht wichtig sein für die Vergangenheit. Die lässt sich nicht mehr ändern. Aber wir können etwas lernen für das, was wirklich ist. Unsere Zukunft, unsere Gegenwart. Und hier allgemeine Prinzipien zu erkennen, sie abzusetzen, von dem, was "Zeitgeist" ist, das ist eine Herausforderung.


    Wir sind nicht Maß aller Dinge. Das, glaube ich, ist es, was ein historischer Roman uns lehren kann. Wir sind nicht Maß aller Dinge, genauso wenig wie es die Menschen des Jahres 1940 waren oder die Menschen des Jahres 1240. Und doch: "Wir haben gelernt", sagt Pedro de la Rosa. Und vielleicht ist das der wichtigste Satz im gesamten Buch, und es ist kein vollständiger Zufall, dass gerade de la Rosa diesen Satz spricht, denn unsere Geschichte geht ja weiter ... Wer mag, kann ja z.B. hier einen Blick ins Buch werfen. Es ist alles eine einzige große Geschichte.


    Ganz liebe Grüße,


    Stephan

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    Original von SiCollier
    Bei seinen Überlegungen zur Kupplung hatte ich die stille Hoffnung, daß der Autor da gut recherchiert hat. Es klingt nämlich überzeugend. Ich habe mich schon oft gefragt, wie die Schraubenkupplungen diese oft enormen Belastungen aushalten können. Vor allem direkt an der Lokomotive, denn an der Kupplung hängt der gesamte Zug. Von den Kräften, die auf die Rahmen wirken ganz zu schweigen. Die Überlegungen Pauls klingen für mich sehr einleuchtend. Zumal ich kürzlich als Zuhörer beim theoretischen Teil eines Fahrsicherheitstrainings dabei war, wo der Trainer einen Vortrag über die auf die Räder wirkenden Kräfte hielt. Ist natürlich etwas ganz anderes, aber physikalisch klang die Erklärung hier ähnlich.


    Ich hatte mich schon die ganze Zeit gefragt, wie der Zug denn zum Stillstand kommen soll und gehofft, daß die Fahrdienstleiter die Strecke frei gemacht haben, denn sonst ... Irgendwann mußte ja der Dampf im Kessel erschöpft sein. Oder die Geländegegebenheiten hätten den Zug abgebremst (Stichwort Steigung --> erhöhter Dampfverbrauch --> keine Nachfeuerung --> „automatisches“ Abbremsen). Nach dem Abreißen der Verbindung zwischen vorderem und hinterem Zugteil hätten allerdings mMn beide Teile mit einer Vollbremsung stehen bleiben müssen. Zugbremsen sind i. d. R. Druckluftbremsen, die anziehen, sobald der Druck fällt. Wenn die Bremsleitung unterbrochen wird, entweicht Luft, und es passiert eine Zwangsbremsung. Aber im Roman war es sicherlich effektvoller, die Lok auf die Sperren krachen zu lassen. :grin ;-)


    Als ich hier noch einmal las, wurde mir gerade klar, dass ich da noch einige Antworten schuldig bin. :-)


    Ja, die technische Seite war ein großes, großes Problem, zu dem ich mich erst einmal kundig machen musste. Es ist ja wirklich unglaublich, dass diese im Vergleich ja geradezu filigranen Kupplungen so viele Tonnen um Tonnen ziehen, und doch sind sie nicht kaputt zu kriegen. Auf der anderen Seite aber, wenn die Verbindung mal geschwächt ist, kann sich die Kerbwirkung in Bruchteilen von Sekunden potenzieren. Das einzige Detail, bei dem ich mir nicht sicher bin, ist die Frage, ob sich Paul in diesem Moment an seinem exponierten Punkt überhaupt noch hätte halten können. Aber das ließ sich nun beim besten Willen nicht prüfen.


    Zum Bremssystem: SiCollier, Du hast ja den Sölch inzwischen: S. 33 oben, ein Vorfall aus dem Jahr 1913 nach einem Schaden in der Kesselrückwand. Zu diesem Zeitpunkt muss der Zug eigentlich schon mit Vakuumbremsen ausgestattet gewesen sein. Und doch hat er nicht gehalten. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum das nicht geschehen ist, denn es wird ja nicht erklärt. Aber offenbar konnte das vorkommen. Das war dem effektverliebten Autor Ansporn genug. :-]