Habe diese Diskussion eben erst entdeckt. Was den Nobelpreis anbetrifft, heißt es ja im Titel
"Muß man große Autoren wie Nobelpreisträger umbedingt toll finden ?" Entsprechend würde ich nicht zu sehr an den konkreten Auserwählten einer konkreten Jury kleben. Joyce hat ihn nicht bekommen, Proust hat ihn nicht bekommen, trotzdem sind das wie viele andere mehr Namen, die im allgemeinen Verständnis zu den großen Autoren zu zählen sind. Dafür sind dann wieder Namen wie Sienkiewicz, Kipling, Galsworthy, Hesse dabei, bei denen ich eher denken würde: Okay, hübsch zu lesen, aber richtig große Literatur?
Thomas Mann erhielt den Preis für "Buddenbrooks", was ihm jetzt nicht direkt peinlich war, weil er das Buch als bloße Jugendsünde betrachtet hätte - doch zu diesem Zeitpunkt war er fest davon überzeugt, seitdem Besseres geschaffen zu haben.
Manche Bücher gefallen mir, weil sie hübsch geschrieben sind. Das ist bei Mann gegeben, aber zum Beispiel auch bei Galsworthy. Manche Bücher rühren etwas in mir an. Das ist bei Mann gegeben. Wieder bei anderen: it says nothing to me about my life. Woraus sich nicht zwangsläufig ergibt, dass es sich bei ihnen um belangloses Geschwurbel oder seichte Unterhaltung handelt oder Werke eines verstörten Geistes. (Gut, Letzteres trifft mit Sicherheit auf einige Literaturnobelpreisträger zu.) Nein, ich muss die Werke der "großen Autoren" nicht gut finden, bin mir aber recht sicher, dass diese Werke bestimmte literarische Qualitäten mitbringen, die sie aus der Masse der Veröffentlichungen abheben. Entsprechend wäre ich zögerlich, da jemanden summarisch abzuqualifizieren.
Zitat
Original von Voltaire
Wichtig ist auch - und das gilt generell - das man zwischen Buch und Autorin/Autor trennt. Grass empfinde ich als Mensch einfach nur zum Kotzen, seine Bücher dagegen halte ich für genial.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Stefan George hat wunderschöne Gedichte geschrieben, doch beim Menschen packt mich die Gänsehaut. Proust war auch kein sonderlich umgänglicher Mensch, und ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht besonders gut gerochen hat.
Diese Fragestellung hätte ich noch sehr viel interessanter gefunden: Muss mir ein Autor sympathisch sein, damit mir seine Bücher gefallen? Das ist nämlich ein Gefühl, das mich seit Jahren beschleicht. Sind Herrn Fitzeks Bücher gut, weil er sich als Grinsebär im Pulli zur Lesung hinstellt? Herrn Schätzings Bücher, weil er dieses attraktiv melierte Haupthaar zu Markte trägt? Oder von mir aus die vom Herrn Rother/Monferat , weil er möglicherweise eine nicht ganz dröge Leserunde begleitet hat? (Selbstverteidigungsreflex: Die hatte zumindest noch erkennbar mit dem Buch zu tun. Und ich hab dabei kein Keyboard gespielt. ). Aber ernsthaft: Sind das Dinge, die eine Rolle spielen sollten, wenn ich frage, ob mir ein Buch gefällt oder nicht?
Manchmal, allerdings immer öfter, ist da dieser Gedanke: Ich sollte viel monströser auftreten. Vorher nimmt mich doch keiner ernst.