Beiträge von Teresa

    Der Rezension von Mankell kann ich nur zustimmen. Besser hätte ich auch nicht beschreiben können, wie dieses Buch auf mich gewirkt hat.


    Allerdings wirkt das Buch ein wenig sperrig. Hier wird nicht eben gerade nicht die übliche "Märchengeschichte" von der "starken Heldin" und ihrem "Mister Right" erzählt, obwohl die Hauptfiguren das zu Beginn erwarten lassen.


    Ströme von Blut fließen - das ist bei Isabel Allende gewöhnlich der Fall, doch habe ich eigentlich nie den Eindruck gehabt, dass solche Szenen nur Selbstzweck sind, zudem wird oft versucht, die Grausamkeiten durch eine gewisse symbolische Umschreibung angemessen, aber nicht zu krass oder zu voyeuristisch rüberzubringen und diese auch aus den beschriebenen zeitlichen Gegebenheiten zu entwickeln.


    Ob einem das Buch gefällt, ist wohl auch dem persönlichen Geschmack geschuldet, jedenfalls bietet Isabel Allende, trotz einiger von der mystischer Elemente sicher keine märchenhafte 08/15-Geschichtsstunde, sondern einen eigenwilligen historischen Roman, der auch ganz gute Einblicke in die Geschichte des südamerikanischen Kontinent gibt.


    Der Titel des Buches ist übrigens mit "Ines meines Herzens" nicht wirklich optimal übersetzt. Immerhin wäre es aber auch unmöglich gewesen, für das mehrdeutige Wort "anima" (Bedeutung in etwa: Seele, Geist, Atem) eine wirklich zutreffende Bezeichnung zu kreieren.
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    Wem Bücher von Isabel Allende gefallen, dem könnte ich übrigens auch "Die Insel unter dem Meer" empfehlen, einen weiteren historischen Roman der Autorin.

    Plautus im Nonnenkloster
    Novelle von 1882


    Zur Handlung:
    (siehe unten)


    Zum Autor:
    Conrad Ferdinand Meyer (11. Oktober 1825, Zürich - 28. November 1898, in Kilchberg bei Zürich) war ein Schriftsteller, der historische Novellen, Romane und Lyrik geschrieben hat. Literarhistorisch wird er dem "Poetischen Realismus" zugeordnet. Zusammen mit Gottfried Keller und Jeremias Gotthelf gilt er als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schweizer Dichtern des 19. Jahrhunderts.
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    Überlegungen zu seiner Novelle "Plautus im Nonnenkloster":


    Historische Romane oder Romane, die historisch sein wollen, sind zurzeit große Mode, und das Konzil von Konstanz wird aus Anlass des 600jährigen Jubiläums zurzeit auch am Buchmarkt entsprechend mit Publikationen unterschiedlicher Qualität bedacht (oder auch vermarktet).


    Ein guter Anlass, sich wieder einmal mit einem heute wohl eher vergessenen Autor des 19. Jahrhunderts zu beschäftigen: Conrad Ferdinand Meyer, der mehrere historische Novellen hinterlassen hat. "Plautus im Nonnenkloster", erstmals publiziert 1882, spielt während des Konzils von Konstanz und gehört zu den wenigen heiteren Werken des Autors. (Allerdings handelt es sich um einen eher feinen und subtilen Humor.) Wie alle Novellen des Autors gibt es eine Rahmenhandlung, auf der jemand (hier die Hauptfigur Poggio selbst) die Geschehnisse der eigentlichen Handlung berichtet.


    Zum Inhalt: Im Herbst 1417 wird Poggio Bracciolini berichtet, dass in einem in der Nähe von Konstanz gelegenen Nonnenkloster ein Plautus-Codex aufbewahrt werde. Obwohl die Wahl des neuen Papstes unmittelbar bevorsteht, ist es für Poggio wichtiger den Plautus an sich zu bringen. Also bricht er zum Kloster auf, wobei er es auch mit den zweifelhaften Zuständen, die dort herrschen und einem unglücklichen Liebespaar zu tun bekommt.


    Poggio Bracciolini (1380 - 1459), der Protagonist und Erzähler dieser Novelle, hat tatsächlich gelebt. Er gilt als einer der wichtigsten Humanisten der italienischen Renaissance und einer ihrer Wegbereiter. Zu seinen Verdiensten gehört es, dass er einige der bedeutendsten Werke der Antike wiederentdeckte und der europäischen Geisteswelt erneut zugänglich machte, und dieser Aspekt ist auch in die Handlung der Novelle eingeflossen. Der historische Poggio hat sich tatsächlich auf dem Konzil von Konstanz aufgehalten und ist auch die Handlung der Novelle weitgehend Erfindung, so fällt sie doch in die Kategorie: wenn schon nicht tatsächlich, dann gut erfunden.


    Obwohl die Handlung selbst fiktiv ist und ich keineswegs behaupten würde, dass Meyers historische Figuren tatsächlich so gewesen sein müssen, wie er sie beschreibt,, habe ich den historischen Hintergrund bei ihm und seine (historischen und fiktiven) Figuren wesentlich authentischer gefunden im Vergleich zu fast allen historischen Romanen des 21. Jahrhunderts, die ich inzwischen gelesen habe. Die Novelle vermittelt eine gewisse "Normalität", die sehr erfrischend ist, vielleicht gerade, weil hier keine Geschehnisse von weltbewegender Bedeutung abgehandelt werden.


    Wie die meisten Werke der Weltliteratur, die bei Amazon gratis auf den Kindle geladen werden könnten, gibt es auch hier keine Extras wie z. B. ein Nachwort oder erklärende Fußnoten. Aber was spricht dagegen, diese Geschichte einfach auf sich wirken zu lassen und sich selbst dazu einige Gedanken zu machen?


    (Zudem es zum Konzil von Konstanz, zu Poggio Bracciolini und zu Conrad Ferdinand Meyer ohnehin eine Menge Sekundärliteratur gibt.)

    Der Rezension von Herrn Palomar kann ich im Wesentlichen nur zustimmen, allerdings halte ich den Roman mit Blick auf die Handlung für nicht besonders geglückt. Gelungen ist allerdings Lösung, mit der die Geschichte sozusagen ihr gutes Ende findet, außerdem gibt es viele kleine Szenen, die zumindest recht unterhaltsam gestaltet sind.


    Ein weiterer Bonuspunkt und auch erfrischende Abwechslung zu anderen Romanen sind der sympathische, wenn für Ermittlungen absolut ungeeignete Antiheld und seine Helfer/innen - "Normalos" mit vielen Schwächen, aber sehr sympathisch.


    Kein Roman, der unbedingt eine Lesechance verdient, aber dennoch nette Lektüre für Zwischendurch.

    Offensichtlich handelt es sich bei dem "Tuchhändler" um jenen Roman, mit dem der Autor Richard Dübell seine Karriere als Schriftsteller begonnen hat.


    Debüt-Romane und frühe Romane sind meistens mit Blick auf die Erzähltechnik weniger gelungen als spätere Werke, bei denen Routine, Erfahrung und ein gewisser Feinschliff das Lesen und auch den Zugang doch sehr erleichtern.


    Was mir aber immer wieder auffällt ist, dass gerade Ecken und Kanten, sogar manche Unbeholfenheit, das gewisse Suchen nach dem eigenen Stil den ersten Büchern von Autoren einen besonderen Reiz gibt, auch wenn das nicht immer für Handlung und Leser/innen in Bezug auf den Romanzugang vorteilhaft ist.


    Wie die meisten Debüt-Romane hat auch Schwächen und Stärken. Die Kriminalgeschichte z. B. ist, wie auch in anderen Rezensionen hier bemängelt wurde, sehr stark von den Zufällen bestimmt und gerade in der Rolle des Ermittlers wirkt der Held, obwohl er doch auf dem Gebiet viel Erfahrung haben soll, nicht gerade sehr kompetent.


    Gelungen ist dagegen die Charakterentwicklung der gebrochenen Heldenfigur, die Liebesgeschichte, aber auch die Charakteristik einiger weiterer Figuren. (Seine gewöhnlich gelungenen und lebendigen, meistens auch mehrdimensionalen Figuren gehören in Dübells Romane gewöhnlich zur Habenseite.)


    Ebenfalls überzeugend wirkt auch der historische Hintergrund, der recht gelungen ist (so könnte es vielleicht wirklich gewesen sein), und so nebenbei sind in die Handlung selbst auch einige historische Informationen eingestreut - endlich einmal eine Romanhandlung, in der das historische Wissen als Teil der Handlung vermittelt wird.


    Einige historischen Unrichtigkeiten bleiben im Rahmen dessen, was ich auch in einem historischen Roman tolerieren kann, zudem es sich eher um Nebensächliches handelt. So wurde z. B. die Universität Innsbruck, die im Roman eine Nebenfigur besucht hat, erst 1669 gegründet.


    Insgesamt ist "Der Tuchhändler" sicher nicht der beste Roman des Autors, allerdings ist er ein recht viel versprechendes Buch, und diese Erwartungen wurden in einigen späteren Romanen des Autors mehr als nur eingelöst.


    Fazit: kein perfekter, aber ein gelungener Debüt-Roman.

    Der sehr interessanten Rezension von Logan Lady kann ich diesmal ohne Einschränkung nur zustimmen.


    Positiv ist noch anzumerken, dass sich Dübell mit Schauplatz und Epoche einen historischen Hintergrund gewählt hat, der für historische Romane bis jetzt noch recht originell ist. Die Handlung besticht vor allem durch ihren Einfallsreichtum. Der Autor punktet mit eigenen Einfällen (z. B. Geheimnis der toten Ziegen), was der Spannung zu Gute kommt. Zudem ist es immer wieder schön, Bücher zu lesen, die nicht ausschließlich den gängigen Schemata folgen.


    Der Roman hat mich auf ganzer Linie überzeugt, und so spielt die Frage nach der tatsächlichen Historizität letztlich auch keine entscheidende Rolle. Die von ihm gezeigte Zeit wirkt authentisch und überzeugt, sollten da Fehler und Unrichtigkeiten sein, fällt es mir leicht, diese zu übersehen.


    Endlich einmal wieder ein Buch, dass den Gedanken rechtfertigt: Selbst wenn alles nur Erfindung ist, ist es gut erfunden, und ich bin gerne bereit zu glauben, dass es damals vielleicht wirklich so gewesen sein könnte.


    Eines jener seltenen Bücher, die ich ohne Einschränkung empfehlen kann. (Auch für Erwachsene bestens geeignet.) :wave

    Dieses Posting ist jetzt eindeutig eine Rezension und betrifft das von mir inzwischen gelesene Buch.


    Neben Julianes hilfreicher Rezension, die hier den Thread eröffnet, gibt es auf Amazon inzwischen ausreichend Rezensionen, alle im Feld 3-5 Sterne, wobei die 5 Sterne eindeutig die häuftigste Bewertung sind. Alle diese Rezensionen wie auch die von Juliane vermitteln hier sehr gut, warum dieses Buch Leser/innen gefallen könnte. Meine Rezension ist eine Ergänzung, hier wird gezeigt, warum das Buch vielleicht der/m einen oder anderen Leser/in nicht gefallen könnte.


    In allen Rezensionen, die bei Amazon bisher gepostet wurden, hat es sich nach ihren eigenen Aussagen um Leser/innen gehandelt, die auf das Buch aufmerksam wurden, weil sie schon andere Bücher von der Autorin gelesen haben oder sich von dem Buch aufgrund des Titels und der Vermarktung einen historischen Krimi versprochen hatten.


    Bei mir war die Ausgangssituation zum Lesen dagegen eine ganz andere, wie ich in diesem Thread bereits angedeutet habe. Nach längerer Überlegung (die Rezensionen bei Amazon ließen mich bereits befürchten, dass mir dieses Buch wohl nicht gefallen dürfte) habe ich dem Buch eine Chance gegeben, weil mich einfach interessiert hat, was für eine Geschichte die Autorin Beate Maly aus jenem historischen Geschehnis, das als "Raub der Stephanskrone" in die Geschichte eingegangen ist, gemacht hat bzw. was für eine Geschichte sie darum gebastelt hat.


    Sie verweist übrigens im Buch selbst auf die Hauptquelle zum "Raub der Stephanskrone", Helenes Bericht darüber, dies einerseits im Nachwort, wo sie dessen Lektüre empfiehlt und andererseits auch im Buch selbst, wo Helene beschließt, ihre Abenteuer für die Nachwelt aufschreiben zu lassen, aber gleich meint, dass sie einiges weglassen wird. Sollen damit die wesentlichen Abweichungen von der historischen Quelle (und von den Informationen dort ist wirklich fast nichts im Roman zu finden) erklärt werden?


    Jedenfalls wird so von der Autorin vermittelt, dass sie die "wahre" Geschichte geschrieben hat, die dieser Quelle zugrundeliegen könnte. Doch leider erfährt ihre weibliche Hauptfigur dadurch gleich einmal eine wohl unbeabsichtigte Abwertung. Bei einem Vergleich Buch und Quelle entsteht nämlich der Eindruck, dass die historische Helene eine ziemliche Angeberin gewesen ist, denn im Roman ist sie im Gegensatz zu ihrer eigenen Erzählung in erster Linie nur die brave und treue Dienerin, die sich zum Mitmachen bei einem heiklen historischen Coup verleiten lässt.


    Eine Sicht, die sich übrigens auch mit der des Historikers Franz Theuer deckt. Er geht in seinem Buch "Der Raub der Stephanskrone" aus dem Jahr 1994 davon aus, dass der "Kronenraub", die "Handschrift" des Grafen Ulrich II. von Cilli (dem Cousin von Königin Elisabeth) trägt und von ihm ausgeführt wurde. Theuer begründet das damit, dass Elisabeth und Helene als Frauen zu einer solchen Unternehmung sicher nicht selbst imstande gewesen sein können.


    Sowohl bei ihm als auch bei Maly bedarf es also doch eines Mannes, der Geschichte macht, wobei die Frau auf die untergeordnete Rolle der Hilfskraft beschränkt ist.


    Für mich stellt sich die Frage, warum Maly nicht gleich auf diesen Grafen Ulrich zurückgegriffen hat, da er in den "Denkwürdigkeiten" eine keineswegs unwichtige Rolle spielt. Aber offensichtlich erschien ihr ein fiktiver Liebhaber der Königin als Ideengeber und Ausführender, der nebenbei in Helene ein wenig verliebt ist, viel interessanter.
    (Der verrückte Name dieses fiktiven Grafen soll wohl selbst begriffstutzigen Leser/innen deutlich machen, dass er der wirkliche Vater von Ladislaus Postumus [den Jungen, für dessen Krönung die Krone "geraubt" wird] ist.)


    Ganz anders wirkt die historische Helene in ihrem eigenen Bericht, hier ist sie dagegen eine Frau mit Eigeninitiative, Planungsvermögen und Tatkraft. Sie übernimmt von der Königin den Auftrag und kümmert sich dann selbst um die Planung und Durchführung. Die Männer, die ihr bei dem Einbruch helfen (ihre Namen hat sie uns nicht überliefert) führen dabei jene Aufgaben aus, die sie selbst nicht übernehmen kann, wie z. B. das Auffeilen der Türschlösser, und sie werden von ihr dafür gewonnen.


    In Helenes Bericht zeigt sich übrigens wieder einmal, dass das Leben noch immer die besseren Geschichten schreibt, denn ihre "Denkwürdigkeiten" erzählen eine spannende, auch psychologisch interessante Geschichte, in der Leser/in außerdem noch viel über den Alltag im königlichen Frauenzimmer im Spätmittelalter und andere Lebensbereiche erfährt.


    Helenes Bericht erfüllt also bereits alle Anforderungen, die die meisten Leser/innen heute von einem gelungenen historischen Roman erwarten. Da ist es wirklich nur schade, dass Maly für ihren Schluss nicht gleich ihre Quelle adaptiert hat, sondern diese durch eine klischeelastige 08/15-Actionstory (inklusive fiktiver Verfolgungsjagd) ersetzt. Diese von Maly erfundene Story, wirkt (auf mich jedenfalls) im Vergleich zu dem, was uns Helene selbst darüber erzählt, langweilig und auch etwas billig.


    Nun gut, vielleicht erwartet das der Buchmarkt, aber ich kann mir nicht helfen, bei den "Denkwürdigkeiten", die immerhin schon fast 600 Jahre alt sind, habe ich mehr mitgefiebert, wenn Helene z. B. für den Einbruch in die Schatzkammer der Plintenburg ein zweites Mal Kerzen beschaffen muss (ohne dass irgendjemand Verdacht schöpft), nachdem die bereits beschafften Kerzen dummerweise verschwunden sind, oder während die Schlösser aufgefeilt werden, bei jedem Geräusch zusammenzuckt, weil sie berechtigte Angst hat, dass jemand von der Wache die Geräusche auch hören könnte.


    Ähnliches gilt auch für die Figurenzeichnung: die historische Elisabeth mag nach Helenes "Denkwürdigkeiten" tatsächlich eine launenhafte Person gewesen sein, aber so wie das in den "Denkwürdigkeiten" rübergebracht wird, wirkt es viel subtiler. Davon abgesehen aber wird in den "Denkwürdigkeiten" eine Frau gezeigt, die aus ihrer Zeit heraus durchaus nachvollziehbare Motive für ihr Handeln hat, wenn sie versucht, ihrem Sohn das Erbe zu sichern, soweit ihr das möglich ist.


    Maly dagegen bedient das (übrigens nicht erst für das 21. Jahrhundert typische) Zerrbild einer Rabenmutter, die von ihrem Machthunger und ihren Launen bestimmt wird.
    Dass Elisabeth "Liebhaber" hat, dürfte allerdings im Roman weniger dazu dienen, sie als miesen Charakter / moralisch-zweifelhafte Figur zu zeigen, als ihren Ehemann, den späteren König Albrecht II. zu einer lächerlichen Figur zu machen.


    Wie wenig Mühe sich Maly bei der Gestaltung ihrer historischen Figuren gemacht hat, zeigt sich z. B. an der Nebenfigur dieses Habsburgers, der nicht nur eine farblose Karikatur ist, sondern natürlich auch durch die "Habsburger-Lippe" entstellt wird, offensichtlich weil das halt das "Habsburger"-Klischee ist, das heute um jeden Preis verwendet werden muss. Dumm nur für Maly, dass es keineswegs bewiesen ist, dass er diese "Lippe" tatsächlich hatte, nach einigen sehr verbreiteten Theorien kann er sie schon aus genealogischen Sicht gar nicht gehabt haben.


    Ein anderes Beispiel: Die Mutter der Königin Elisabeth wird stets als Barbara von Chilli bezeichnet, eine komische Schreibweise für die Grafen von Cilli / Celje [in zeitgenössischen Quellen auch Cili], die mir noch nie untergekommen ist.


    Was Maly mit einem zur Abwechslung wirklich subtilen Detail dagegen recht gut gelungen ist: zu zeigen, dass ihre Königin Elisabeth als Herrscherin eine Niete ist. War das von ihr beabsichtigt?) Eine gute Herrscherin sollte z. B. über die Länder, über die sie herrscht oder herrschen will, ein wenig informiert sein. Malys Elisabeth aber, als Ehefrau Albrechts längst Markgräfin von Mähren, träumt noch immer davon, einmal Königin von Böhmen, Ungarn und Mähren zu sein. Sie weiß also im Roman nicht einmal über ihre Positionen Bescheid (bzw. weiß nicht einmal, dass dieses Mähren eben kein Königreich, sondern nur eine Markgrafschaft ist).


    Dass Malys Königin Elisabeth durchaus das Potential zu einer interessanten Romanfigur gehabt hätte, zeigen einige Ansätze zu Beginn des Romans (z. B. ihre Einsamkeit und ihre Sehnsucht nach einer wirklichen Freundin). Wirklich schade, dass Maly die letztlich nicht weitergeführt hat, wie überhaupt der Roman einen recht vielversprechenden Anfang gehabt hätte, der im Verlauf der weiteren Handlung nicht fortgesetzt wird.


    Gegen diese fragwürdigen Figuren, die - so ein Zufall! - aus der Oberschicht sind, gibt es die netten (fiktiven) Figuren aus unteren Schichten wie die liebe, fürsorgliche Köchin Anna oder die tapfere und brave Hebamme. Helene ist zwar eine Adelige, aber zumindest nicht aus dem Hochadel.


    Selbstverständlich die die Heldin Helene, über deren tatsächliches Aussehen nichts bekannt ist, auch keine graue Maus, sondern eine hübsche Frau mit Augen, deren Schönheit und Farbe immer wieder beschrieben werden. Anders als die Rabenmutter Elisabeth ist Helene eigentlich eine gute Mutter, aber durch ihre erste Ehe mit einem gewalttätigen Menschen leider schwer traumatisiert. Zum Glück gibt es den sympathischen Johann Kottanner, der sich als ihr Mister Right entpuppt, ein herzensguter Mensch, ein verständnisvoller Ehemann und Partner und ein guter Vater, und nebenbei der tüchtige Mann aus der Unterschicht, der sich mit eigener Leistung empor gearbeitet hat - der Traummann per Excellence. Da bedarf es tatsächlich Helenes Trauma durch die erste Ehe, dass Leser/innen überhaupt verstehen können, warum Helene nicht sofort begreifen kann, dass sie mit diesem Johann doch wirklich das große Los gezogen hat.


    Johann hat übrigens keine Einwände, dass Helene bei der Königin im Dienst ist, aber diese beginnt in der Geschichte selbst zu kapieren, dass ihr Platz nicht dort, sondern an seiner Seite ist, was wiederum ideal zum Frauenbild der Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts passt, das Helene offensichtlich vermitteln soll: Ehefrau, Mutter, Hausfrau.


    Bleibt noch die Stadt Wien als historischer Hauptschauplatz - Maly lebt in Wien, und das Wien, das sie zeigt, wirkt auf den ersten Blick sehr vertraut, eben das Wien der Gegenwart. Als Stadt im Spätmittelalter hat mich dieses Wien aber nicht überzeugt, und ein paar Versatzstücke wie die Erwähnung der Bauhütte von St. Stephan können diesen Eindruck nicht wirklich beheben.


    Ob die römischen Ausgrabungen am Hof und am Michaelerplatz damals schon sichtbar waren und ob sie die Bewohner/innen von Wien in diesem Fall als römische Ausgrabungen wahrgenommen hätten? (Das versuche ich zurzeit zu eruieren, und ebenso, ob es die Maronibrater damals schon gegeben hat.)


    Die Wollzeile, damals Wollzeil, die Maly vorkommen lässt, hat es bereits gegeben, sie entsprach aber keineswegs der Straße, die wir in Wien heute als Wollzeile kennen. Eine Weihburggasse hat es dagegen um 1440 noch nicht gegeben, damals hieß die Gegend noch "Weiherburg/en. Nun, wenigstens erleichtern heutige Straßennamen die Orientierung.


    Das Problem mit Malys spätmittelalterlichen Wien ist sicher, dass es als ziemlich menschenleere Stadt rüberkommt und mich schon deswegen nicht wirklich überzeugt. Dabei war Wien im 15. Jahrhundert nach Blick in das Fachbuch von Opll und Csendes eine Metropole, wichtiger Handelsplatz und eine der wichtigsten Städte im damaligen Herzogtum Österreich ob und unter der Enns, eine pulsierende Metropole, wie wir heute sagen würden.


    Auch sonst ist es in Malys Roman um die historische Genauigkeit nicht allzu gut bestellt.
    Das Gebiet des Herzogtums Österreich z. B., dem Land, zu dem Wien damals gehört hat, umfasste zu dieser Zeit nur Teile der heutigen Bundesländer Oberösterreich und Niederösterreich in der Republik Österreich.


    Die Hauptstadt der österreichischen Kronländer, als die Malys Helene diese Stadt Wien kennt, war das damalige Wien noch nicht, aus einem einfachen Grund, da es eine Hauptstadt von österreichischen Kronländern und österreichische Kronländer nämlich im 15. Jahrhundert noch gar nicht gegeben hat. (Die Kronländer des Habsburgerreiches entstanden erst Jahrhunderte später als Folge einer Verwaltungsreform, in einer ganz anderen Zeit und in einer ganz anderen Welt.)


    Interessant ist auch, dass Wien im 15. Jahrhundert gerade für seinen Weinhandel bekannt war. (Wien gilt als die einzige Großstadt, die durch den Weinbau entstanden ist :grin.) Der Export von Wien war damals eine der wichtigsten Einnahmequellen der Wiener/innen, vielleicht sogar die wichtigste Handelsware und gerade die Weinlese und der Handel mit Weinen führten immer wieder zu Konflikten mit der Landesherrschaft. Sehr befremdend daher, wenn Malys Helene jedoch überrascht, dass es in Wien überhaupt gute Weine gibt.


    Leider - auch das mittelalterliche Wien, das Maly zeigen will, kann nicht wirklich überzeugen. Für Personen, die sich mit dem mittelalterlichen Wien beschäftigt haben, ist dieses Wien leider nur eine Zumutung.


    FAZIT:
    Die Anzahl der Sterne hängt bei mir davon ab, wie gut ein Roman innerhalb des Genres abschneidet, in dem er vermarktet wird.


    Die Geschichte von Helene mit den "ungewöhnlichen, blauen Augen" und ihrem Johann überzeugt als seichter Frauenroman (trotz einer letztlich doch sehr altmodischen Gender-Darstellung) und würde als solcher wohl doch 4-5 Sterne verdienen.


    Da "Der Raub der Stephanskrone" allerdings als historischer Roman vermarktet wird und als solcher nicht einmal ansatzweise überzeugt (zumindest für Menschen, die sich gute Geschichtskenntnisse erarbeitet haben) reicht es nur für 1-2 Sterne, denn der historische Hintergrund und die Darstellung von Wien um 1440 sind nicht wirklich gelungen, und die Umsetzung der Handlung und die Figuren sind zu klischeehaft, um dafür den Ausgleich zu schaffen.

    ACHTUNG SPOILER!


    1996 wurde das Buch "Die Päpstin" von Donna Woolfolk Cross publiziert - ganze 20 Jahre sind inzwischen vergangen. (Noch im selben Jahr wurde auch die deutschsprachige Übersetzung publiziert.) Es handelt sich also um ein Buch aus dem vorherigen Jahrhundert, und es gehörte bei der Erstpublikation zu jenen Büchern, denen damals Bestseller-Status zugestanden wurde. Nach dem Erfolg zu schließen, das Buch wurde gelesen und sogar diskutiert und zum Teil sehr kontrovers aufgenommen, muss es damals wohl eine breite Leserschaft angesprochen haben. Zu diesem Zeitpunkt war das Internet, das heute zur Alltagswelt gehört, noch im Aufkommen, Foren waren erst im Entstehen - es war also doch noch eine ganz andere Zeit, als wir sie heute kennen.


    Im Vergleich zu dem, was heute mit Büchern, die als "historische Romane" gelten und dem ein "Bestseller-Status" zugestanden wird, fällt auf:


    - Bis heute hat die Autorin keine Fortsetzung geschrieben oder schreiben lassen. (Auch wenn eine "Tochter der Päpstin"

    ein Umschreiben des Roman-Endes für eine weitere Auflage notwendig gemacht hätten, ein „Erbe der Päpstin" oder eine "Erbin der Päpstin" wären durchaus im Rahmen des Möglichen gewesen


    - Erst 2009 wurde der Roman als Vorlage für einen Film adaptiert, also über 10 Jahre nach der Erstpublikation.


    - Erst 2011 (vermutlich nach dem Erfolg des Films) wurde "Die Päpstin" als Musical adaptiert.


    Mit Blick auf den Erfolg 1996 und im Vergleich mit anderen beim Publikum erfolgreichen Büchern, ist auffallend, dass sich die Vermarktung der "Päpstin" bisher in Grenzen gehalten hat.


    "Die Päpstin" gilt als das Romandebüt der Autorin, die zuvor nur Sachbücher publiziert hatte. Interessant ist, dass weitere Romane von Donna Cross bisher nicht im deutschen Buchhandel erschienen sind. Es hat den Anschein, dass die Autorin nach der "Päpstin" keinen weiteren Roman mehr geschrieben hat. (Darauf könnte der Umstand verweisen, dass nach dem Erfolg des Films doch ein idealer Zeitpunkt gewesen wäre, weitere Romane von Donna Cross zumindest im deutschsprachigen Buchhandel auf den Markt zu bringen und damit an den Erfolg des Films mit weiteren finanziellen Gewinnen anzuknüpfen.


    In dem Nachwort der Ausgabe, in der ich den Roman gelesen habe, gibt die Autorin an, dass sie eigentlich über die legendäre Päpstin ein historisches Sachbuch schreiben wollte, und es nur ein (fiktiver) Roman wurde, weil die Faktenlage für ein seriöses historisches Sachbuch nicht ausreichend war. Die Autorin selbst hat also 1996 jedenfalls nicht für ihr Buch den Anspruch erhoben, dass es die Päpstin wirklich gegeben hätte oder ihre Version die einzig Vorstellbare wäre.


    Negative Urteile zur mangelnden Historizität der Autorin, was in mehreren anderen Threads in diesem Forum sogar zu sehr extremen Postings geführt hat, die zum Teil in Vorwürfen, Verunglimpfungen und Kriminalisierung der Autorin ausgeartet sind, ist daher nicht gerechtfertigt. Es wäre sicher interessant, einmal über die Ursachen zu diskutieren, warum das Buch (das eindeutig ein Unterhaltungsroman ist) seinerzeit so heftige, stark emotionale Reaktionen bei Leser/innen und Diskutierenden ausgelöst hat. (Der Rezensionsthread wurde z. B. 2003 eröffnet, es handelte sich bei "Der Päpstin" keineswegs um ein brandaktuelles Buch, das gerade erst am Markt erschienen war.)


    Insgesamt kann ich der sehr hilfreichen Rezension von Tilia Salix zustimmen, allerdings sehe ich einige Punkte doch etwas anders.


    Natürlich mag es für den/die eine/n oder andere/n Leser/in schade sein, dass Donna Cross kein großartiges Panorama des 9. Jahrhunderts in ihrem Roman geschaffen hat, aber dass sie daran gescheitert ist, schließe ich allerdings aus, den Scheitern (aus welchem Grund auch immer) kann Autor/in nur an etwas, was er/sie gewollt hat. Aus dem Nachwort ergibt sich aber, dass Cross nur die Geschichte der Päpstin, wie sie sich zugetragen haben könnte, erzählen wollte. Sie hatte also keineswegs die Absicht, ein Panorama der Zeit zu schaffen, in welcher die Päpstin gelebt haben könnte. Der Aufbau der Handlung und der Fokus bestätigen das.


    Gewöhnlich wird von Autor/in einem "historischen Roman" erwartet, dass er/sie sich im Wesentlichen doch an die historischen Fakten (Vorgaben) hält. In diesem Roman war die Legende von der Päpstin die Vorgabe, und was den Ausgang der Geschichte betrifft, so hat sich die Autorin an diese Legende, ihre Hauptquelle, gehalten.


    Was den Schluss betrifft,

    , der war in der Legende vorgegeben, hier kann Leser/in höchstens bedauern, dass sich die Autorin an ihre Hauptquelle gehalten hat.


    Auch mit Blick auf den Schluss unterscheidet sich "Die Päpstin" übrigens wesentlich von den "historischen Romanen" des 21. Jahrhunderts, die gewöhnlich ein Happyend haben, oder wenn dieses durch die historischen Fakten unmöglich ist, es entweder abwandeln (z. B. der Tod der Hauptfigur wird in den Epilog verlegt, der Roman endet zu einem früheren Zeitpunkt oder Held/in ist nur scheinbar umgekommen und befindet sich am Schluss mit neuer Identität auf dem Weg in ein anderes, besseres Leben) oder wenigstens abmildern (so z. B. Astrid Fritz, Die Hexe von Freiburg


    Da Johannas Schwangerschaft bereits in der Legende vorgegeben ist, war für mich nachvollziehbar, dass sich Donna Cross dazu eine Geschichte ausdenken musste, und da stellt sich die Frage, ob die von Cross gewählte Lösung mit der Liebesgeschichte nicht doch die sympathischste Möglichkeit ist. In der Legende ist der Verursacher der Schwangerschaft gewöhnlich der Teufel oder Johannas Mentor, der sie letztlich verführt. Der Teufel oder der Heilige Geist als Verursacher der Schwangerschaft hätten zu diesem Buch aber nicht gepasst, und da Johanna Sympathieträgerin und als eine selbständige Frau konzipiert ist, wollte Cross sie offensichtlich auch nicht durch ein fragwürdiges Sexualleben diskriminieren oder zum Opfer eines sexuellen Missbrauchs degradieren.


    Im Roman selbst wird übrigens keineswegs dezidiert behauptet, dass es Frauen überhaupt nicht erlaubt ist, Wissen zu erlangen oder gar anzuwenden. Frauenfiguren haben es eindeutig schwerer, und es gibt genug Männerfiguren mit Vorurteilen, die sie kraft männlicher Autorität zu verwirklichen versuchen, allen voran Johannas Vater. Aber gerade zu Beginn der Geschichte finden sich auch Männerfiguren, von denen Johanna Unterstützung erfährt (und auch die übrige "Frauenwelt" besteht nicht nur aus Negativfiguren, die ihre Geschlechtsgenossin behindern.


    Mit der Figur der Arnalta wird die Idee eingebracht, dass Johannas Geschichte keineswegs so unüblich gewesen sein könnte, abgesehen davon, dass Johanna eben zuletzt den Papststuhl besteigen kann.


    Zunächst scheint es im Roman vorstellbar, wenn gleich mit Einschränkungen, dass Johanna im Kloster durchaus als Ausnahmefrau reüssieren könnte. Die Übernahme einer männlichen Identität ist hier auch Ergebnis von Erfahrungen, die Johanna macht.



    Der hohe Preis, den Johanna zahlt, ist eher darin zu sehen, dass sie zur Aufrechthaltung ihrer Identität als Mann Distanz zu anderen Menschen wahren muss und damit sehr einsam wird, weniger im ohnehin nur vorübergehenden Verzicht auf die große Liebe ihres Lebens.


    Die Figuren sind eindimensional, aber auch hier finden einige ganz interessante Ideen. So ist der wenig intelligente jüngere Brüder keineswegs negativ gezeichnet


    Gerolds Ehefrau habe ich nicht als gefühlskalte, boshafte Zicke gesehen, sondern eher als Opfer ihrer Position als Ehefrau, in der sie sich durch Johanna bedroht sieht. Da sie von Gerold abhängig ist, ihr fehlt offensichtlich der Rückhalt einer starken eigenen Familie, muss er überhaupt keine Rücksicht auf ihre Lage nehmen. Auf mich wirkt sie eher wie eine Person, die in die Enge getrieben ist, und sich zur Wehr setzt, wobei sie eigentlich auch nur versucht, Johanna loszuwerden.

    Dass sie negativ wirkt, hängt damit zusammen, dass ihre Ängste zwar glaubwürdig sind, aber mit Blick auf den Ehemann im Roman völlig unbegründet scheinen, denn Gerold aber ein Ehrenmann.


    "Die Päpstin" ist sicher kein Meisterwerk, aber gelungene Unterhaltung, und zu ihrer Entstehungszeit entsprach sie dem, was damals als "historischer" Roman gegolten hat.

    Aktueller Stand: Filmempfehlung "Marnie"


    1.)
    Meinung von oemchenli zu dem Film


    2.)
    Meinung von Teresa zu dem Film


    3.)
    Darauf einige Postings, darunter welche von Voltaire und Minusch, die eindeutig nichts mit dem Film selbst mehr zu tun hatten, sondern stattdessen Beschuldigungen gegen das Verhalten der Person hinter dem PenName Teresa sind.


    Einige Beispiele für diese Beschuldigungen, die nur gegen die Person der Userin gerichtet sind:
    - Und dann kommt irgendeine Pseudointellektuelle vorbei und meint diesen Film küchenpsychologisch zerreden zu müssen.
    Aussage: Direkte Beschimpfung der Userin als Person, die nur vorgibt, gebildet zu sein.


    - [I]Stimmungskiller der allerschlimmsten Sorte
    Aussage: Der Userin wird unterstellt, die Diskussionskultur und -Harmonie in diesem Forum vorsätzlich zu stören.


    - Habe diese Typen eigentlich irgendwo dran Freude, können die sich eigentlich einfach mal ganz unbeschwert unterhalten lassen
    Aussage: Der Userin wird unterstellt, unbeschwertes Zusammensein in diesem Forum gezielt zu stören.


    - Teresa hat sogleich zu ellenlangen Erklärungen angesetzt, als müsse oemchenli belehrt werden.
    Aussage: Der Userin Teresa wird unterstellt, mit ihrem Statement die Meinung der Userin oemchenli nicht respektiert und diese durch Belehrung beleidigt zu haben.


    Da es sich bei diesen Beschuldigungen, wenn sie denn tatsächlich gerechtfertigt wären, um wesentliche Verletzungen der Forums-Netiquette handelt, daher meine Bitte an Voltaire und Minusch. Richtet diese Beschuldigungen zu mir direkt an einen Mod, damit der / die sich damit befasst und dafür sorgt, dass alles gerichtet wird.


    Solltet ihr das nicht für notwendig halten, muss ich leider davon ausgehen, dass Eure Beschuldigungen haltlos sind, und dann stellt sich halt doch die Frage, warum ihr sie hier überhaupt gepostet habt. Was in jedem eine für ein Forum, das eine seriöse Diskussionsplattform sein soll, nicht sehr wünschenswert ist?


    Wenn irgendwelche Missverständnisse vorliegen, könnt ihr das auch gerne mit mir per PM klären.

    ACHTUNG!
    SPOILERS!


    Zitat

    Original von oemchenli
    Marnie Edgar, eine engelhafte Blondine, plündert die Tresore ihrer Arbeitgeber. Eines Tages gerät sie an Mark Rutland, der erkennt, daß ihrem zwanghaften Verhalten ein psychischer Defekt zugrunde liegt. Um ihr zu helfen, heiratet er sie und entdeckt nach manchen Komplikationen den Schlüssel zu ihrer seelischen Verklemmung in einem schockierenden Erlebnis in ihrer frühen Kindheit.


    Dieser Film wurde kein großer Erfolg, aber ich liebe ihn heiß und innig.:zwinker


    10/11


    Ich kann mich da nicht ganz deiner positiven Meinung anschließen, wegen dem Frauenbild, das da inszeniert wird. Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist trotz aller psychologischen Verbrämung, eigentlich nur eine Variante "Der Widerspenstigen Zähmung", was gerade am Anfang in einigen Szenen sehr deutlich zu erkennen ist, in denen es eindeutig um weibliche Domestizierung geht. Rutland und Marnie heiraten z. B. nicht, sondern er zwingt zu dazu, ihn zu heiraten. Sehr einprägsam auch das Bild, wo er sie neben ihrem Pferd zu Fuß gehen lässt, und es ist sicher auch kein Zufall, dass Marnies Pferd im Lauf der Handlung getötet wird. (Das Pferd ist nicht nur ein Symbol für sexuelle Wünsche, sondern es steht auch für Unabhängigkeit und Freiheit.)


    Marnies Diebstähle haben eine emanzipatorisch-rebellische Note, gerade mit Blick auf die Rechte der Arbeitnehmerin mit Blick auf die Entstehungszeit des Films. Wenn heute z. B. sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz strafrechtlich sanktioniert ist und das Opfer auch tatsächlich eine Chance hat, Recht zu bekommen, in den 1960er und 1970er Jahren wurde das eher als Kavaliersdelikt abgetan.


    Wenn Sekretärin Marnie die Tresore ihrer (ältlichen) Arbeitgeber plündert, ehe sie aus deren Firmen endgültig entschwindet, um sich das nächste Opfer zu suchen, ohne dass diese ihr Spiel durchschauen, kann das mit Blick auf die Entstehungszeit auch als Geschlechterkampf gesehen, wobei die abhängige Frau sozusagen den Spieß umdreht.


    Die emanzipatorische Note, die Marnies Kriminalität hat, wird allerdings schon dadurch entschärft, dass sie dem Helden hoffnungslos unterlegen ist, während ihre Opfer keine ernsthaften Gegenspieler sind.


    Der Arbeitgeber, der im Film sozusagen den Typ ihrer Opfer präsentiert, ist sicher nicht zufällig ein ältlicher, klappriger Mann.


    Mark Rutland dagegen, sicher nicht zufällig mit einem Schauspieler wie Sean Connery besetzt, ist das, was aus damaliger Sicht ein "richtiges" Mannsbild war: stark, energisch, zielstrebig, zudem optisch sowohl aufgrund seines Aussehens, aber auch seiner Ausstrahlung attraktiv. Der Mann, der Marnie zähmt, ihr sozusagen hilft, wieder eine richtige Frau zu werden.


    Dazu passt auch, dass das psychologische Konzept, mit dem Marnies Verhalten erklärt wird, nur bedingt funktioniert. Marnies problematische Mutterbindung (übrigens eine interessante Parallele zu Norman Bates in "Psycho", wenn auch insgesamt harmloser) wirkt auch aus heutiger Sicht noch psychologisch glaubwürdig. Marnies Angst vor Sex ist mit der Beinahe-Vergewaltigung als Kind, vor der sie ihre Mutter gerettet hat, überzeugend motiviert, ebenso, dass sie diese Erfahrung nicht bewältigen konnte, da ihre Mutter ihr nicht helfen konnte, und beide alles verdrängt haben.


    Die Kleptomanie allerdings, die voraussetzt, dass Marnie nicht anders kann, als eben stehlen, ist allerdings etwas zu viel des Guten, das ist bereits eine Übermotiviation.


    Dass der Film übrigens trotz seiner frauenfeindlichen Aspekte trotzdem ganz erträglich ist, liegt einerseits in seiner sehr subtilen Machart, bei der vieles verdeckt wird. (Tatsächlich ist Hitchcock unter den Regisseuren/innen, die "frauenfeindliche" Filme gedreht haben, einer der raffiniertesten. Er verstand sich offensichtlich auf eine ambivalente Umsetzung solcher Inhalte.)


    Andererseits ist es sein Hauptdarstellerpaar, das den Film sozusagen "rettet". Das liegt vor allem an Sean Connery. Für das männliche Publikum dürfte er als "der starke Mann, der die 'Geschlechter'-Ordnung rettet", eine großartige Identifikationsfigur bieten, aber indem er letztlich auch als sehr sensibler Typ rüberkommt, dürfte er auch das weibliche Publikum letztlich für sich gewinnen. Im weiteren Verlauf des Films, nachdem er Marnie geheiratet hat, bringt er überzeugend rüber, dass er diese Marnie tatsächlich liebt und ihr daher auch wirklich helfen möchte.


    Mit Blick auf seine Romanvorlage hat Hitchcock übrigens in der Figur des Mark Rutland eine entscheidende Änderung vorgenommen. Dort sind der Psychiater und der Ehemann zwar verschiedene Figuren, die Zusammenlegung der beiden Figuren bietet allerdings sehr viel Potential, und das wird im Film selbst auch entsprechend genutzt.


    Tippi Hedren (die übrigens die Mutter von Melanie Griffith ist) hat letztlich doch den uninteressanteren Part, was sicher auch daran liegt, dass ihre Figur ziemlich passiv rüberkommt. Als interessantes "Objekt männlicher Begierde" überzeugt sie allerdings.


    Insgesamt finde ich, dass "Marnie" ein sehr ambivalenter Film ist, und inhaltlich nicht unproblematisch. Nichtsdestoweniger ist es ein packender Film, und ich gebe gerne zu, dass ich dem, aller rationalen Überlegungen zum Trotz, keineswegs entziehen kann, was letztlich gerade für seine Qualität sprechen dürfte.


    Korrektur eines Tippfehlers

    Das wohl beste Buch von Helga Glaesener dürfte "Du süße, sanfte Mörderin" sein, obwohl der Titel das eher nicht vermuten lassen würde. Handlung und Figuren sind in etwa so, wie auch in den anderen Büchern von Glaesener, aber die Umsetzung wirkt auf mich als Ganzes hier auch überzeugend.

    Zitat

    Original von Jenks
    So sieht also eine "reduzierte" Rezi von dir aus? :grin


    Aber ich stimme dir zu, ein wirklich gelungener Roman.
    Mir scheint allerdings, du hast bisher eher schlechte Erfahrungen mit historischen Romanen gemacht, da du so hervorhebst, dass der Roman hier "aus der Geschichte entsteht".


    Schlechte Erfahrungen - zumindest mit allen deutschsprachigen historischen Romanen des 21. Jahrhunderts, die ich in den letzten drei / vier Jahren gelesen habe und über folgende Merkmale aufweisen:
    - die höchstes Lob erhalten haben (denen also Qualität nachgesagt wird)
    - denen außerdem nachgesagt wird, dass Autor/in umfassend recherchiert haben soll, und
    - die zusätzlich enormes historisches Wissen bieten.


    Alle diese Romane waren mit Blick auf ihre historische Fakten entweder wahre Mogelpackungen oder vermittelten einen sehr einseitigen und zweifelhaften Zugang zur Geschichte, und was noch schlimmer war, einige dieser Romane waren eindeutig auf dem Niveau Schundroman / Trivialliteratur und der Rest Unterhaltungsliteratur mit Abgrenzung nach unten.


    Ich habe eigentlich nichts gegen Schundromane oder Trivialliteratur, und auch mangelndes Geschichtswissen von Autor/in ist zu verkraftet, wenn das Buch dafür andere Qualitäten wie wirklich interessante Charaktere und Ähnliches zu bieten hat. Aber ich habe persönlich etwas gegen Etikettenschwindel, Betrug oder dass Leser/innen als "dumm" verkauft werden.

    Nachdem hier einige sehr interessante und hilfreiche, zudem sehr gut geschriebene Rezensionen bereits vorhanden sind, denen ich voll zustimmen kann, reduziere ich meine eigene Rezension auf meine eigene Erfahrung mit dem Buch.


    Ausgangspunkt für den Roman - Graf Dracula
    Le Hingrat schreibt in ihrem Nachwort, dass sie ein Buch schreiben wollte, das zeigt, dass das tatsächliche Leben des walachischen Fürsten Vlad Tepes, der als Vorbild für den Grafen Dracula gilt, genauso aufregend war, wie die Dracula-Legenden. Nun dürfte der Graf Dracula alias Vlad Tepes tatsächlich das einzige sein, wozu die Menschen im deutschsprachigen Raum (und vielleicht nicht nur dort) etwas wissen, wenn es um rumänische Geschichte geht. (Wobei die Geschichte der Fürstentümer Wallachei, Moldau und Siebenbürgen keineswegs national eingegrenzt werden kann, sie berührt sich mit der Geschichte des HRR, des ungarischen Königreiches, des osmanischen Reiches, der Herrschaften, die sich damals im späteren Land Jugoslawien fanden und der polnischen Geschichte.)


    Ein Roman über ein im deutschen Sprachraum unbekanntes "Kapitel" des Mittelalters: ein "unbekanntes" Land - die Wallachei und ein unbekannter Herrscher - Vlad Dracul
    Le Hingrat hat sich dann nach der Information in ihrem Nachwort als Folge ihrer Recherchen dazu entschieden, erst einmal einen Roman über den Vater des Vlad Tepes zu schreiben: Vlad Dracul (im Roman: Vlas / Vladislav Basarab), über den relativ wenig bekannt ist. Umso positiver war ich beim Lesen überrascht, dass sie ihre Romanhandlung tatsächlich auf historischen Fakten aufgebaut hat oder auch bei der Füllung der "weißen" Flecken auf Anregungen in historischen Quellen zurückgegriffen hat.


    Der Held des Romans:
    Eine große Überraschung ist, dass diese Figur gar nicht stereotyp wirkt, wie ich mit Blick auf den derzeitigen Buchmarkt erwartet hätte. Nicht der strahlende oder leidende jugendliche Held, der aus dem Exil nun zurückkehrt, um sich die ihm rechtmäßig zustehende Herrschaft endlich zu erkämpfen, sondern ein Mann in den besten Jahren, verheiratet, bereits Vater eines Sohnes - ein Mann somit, der bereits einen Teil seines Lebens hinter sich hat. Seine Schwierigkeiten verdankt er auch keineswegs ausschließlich böser Verwandtschaft, die ihm diese Herrschaft wegnehmen will, einem Oberschurken, der ihn wegen einer Sexgeschichte etwa zu vernichten versucht (wie der Klappentext hervorhebt) oder bösen Intrigen, sondern diese Konflikte sind bei Le Hingrat in einem größeren historischen Zusammenhang vorgeführt. Mögen auch persönliche Gründe eine Rolle spielen, die Konflikte / Kämpfe etc. lassen sich keineswegs auf diese reduzieren.


    Das Bild der Geschichte bei Le Hingrat:
    Im Vergleich zu meisten deutschsprachigen historischen Bestseller-Romanen vom Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts fällt auf, dass Le Hingrat eine ganz andere Sichtweise auf Geschichte vermittelt. Bei ihr ist Geschichte zur Abwechslung tatsächlich eine komplexe, vielfältige Sache, die nicht auf simple Dreiecksstories, Soap Operas, Sex und Crimes und Störung einer heilen Welt durch den omnipotenten Bösewicht reduziert wird, und letztlich in einer "heilen" Welt endet, wo fiktive Figuren (und historische Sieger/innen) nun einer vorläufig glücklichen Zukunft entgegensehen (bis halt in einigen Fällen die Fortsetzung erscheint). Die Lösungen, ob nun verwirklicht, nicht verwirklicht oder zu spät durchgeführt, sind immer vorhanden: Ausschalten des Schurken / Probleme gelöst u. Ä.
    (Im Vergleich zum 19. Jahrhundert, wo diese heile Welt und Happyends z. B. bei namhaften Autoren/innen wie eben ein Sir Walter Scott oder Alexandre Dumas d. Ä. zumindest ein wenig (indirekt) hinterfragt werden, ist das in unserer Zeit offensichtlich nicht mehr notwendig.)
    Gegen diese MickyMaus-Versionen und Märchen (manchmal auch "Lügenmärchen" ) ist übrigens nichts einzuwenden, solange sie als das, was sie tatsächlich sind, vermarktet oder beschrieben werden (und wenn sie z. B. nicht als gelungene historische Romane etikettiert werden, denn das sind sie sicher nicht). (Offensichtlich hat sich trotz Internet und komplexer Vernetzung in der Gegenwart gegenüber dem 19. Jahrhundert nicht viel geändert, wo Karl Mays Wilder Westen auch für Realität gehalten wurde.)

    Le Hingrat bietet weder ein Happyend noch Lösungen, die tatsächlich etwas bringen.

    Vor allem keine simplen Lösungen.
    Die Wallachei und ihr Fürst (und auch dessen Gegenspieler im Kampf um die Herrschaft und die Macht) sind letztlich nur Schachfiguren anderer Herrscher, wie z. B. der Könige von Ungarn und Polen, des Sultans, der Kirche etc., doch auch die sind wieder keineswegs die alleinigen Drahtzieher. Familie, Herkunft, Religion, Lage, Zufall und Ähnliches kommen als weitere Fakten hinzu. Le Hingrat erzählt nicht die Geschichte eines erfolgreichen Siegers, sondern zeigt einen Herrscher, der verzweifelt versucht, sich in einer äußerst gefährdeten Position zwischen den unterschiedlichsten Anforderungen und Bedrohungen zu behaupten und die zu schützen, für die er Verantwortung hat.


    Le Hingrat bietet also einen (für historische Romane des 21. Jahrhunderts ungewöhnlich) sehr komplexen Zugang zur Geschichte, denn bei ihr entsteht die Romanhandlung tatsächlich aus der Geschichte.


    Ich vermute einmal, dass auf diesen anspruchsvollen Zugang zur Geschichte auch die negativen Kritiken, die ich bisher gefunden habe, zurückzuführen sind, die vor allem darauf herauslaufen, ihr Roman wäre zu stark mit historischen Fakten befrachtet und daher kein wirkliches Lesevergnügen. (Wobei sich diese Kritiker/innen leider keineswegs für abfällige Aussagen zu gut sind, so läuft es auch darauf hinaus, wie man so etwas überhaupt lesen kann.)
    Vielleicht fallen die negativen Kommentare hier auch besonders biestig aus, weil wer gibt schon gerne zu, dass er/sie mit einem solchen Buch überfordert ist.


    Der Gegenspieler / die andere Hauptrolle:
    Für andere Hauptrolle wählte Le Hingrat mit Janos Hunyady, dem späteren Reichsverweser des ungarischen Königreiches, eine weitere historische Figur, die tatsächlich Zeitgenosse von Vlad Dracul war. Ein weiterer Pluspunkt ist auch, dass beide hier einmal tatsächlich durch eine konfliktreiche Beziehung verbunden sind, deren wechselvolle Stadien für zusätzliche Spannung sorgen. Zwar ist die Beziehung der beiden Figuren Le Hingrats eigene Erfindung, allerdings fällt sie in den Rahmen dessen: könnte so gewesen sein.
    Hinzu kommt, dass Janos Hunyady bei Le Hingrat nicht nur eine sehr komplexe Figur ist, sondern auch einen überzeugenden Gegenspieler und gelungenen Gegenpart für Vlad Dracul / Vlas abgibt, dies gerade auch mit Blick auf das historische Umfeld, in das beide gestellt sind.


    Vlas muss zwar um seine Wallachei kämpfen, aber seine Legitimation kann er mit seiner Herkunft aus dem höchsten Adel begründen.


    Janos, Sohn eines Adeligen, der als erster seiner Familie überhaupt Erwähnung findet, ist dagegen einer, dem letztlich der Aufstieg in den Hochadel gelingt, und der zuletzt sogar indirekt in eine Herrscherposition aufrückt, für das 15. Jahrhundert eine ungewöhnliche Karriere.

    Diese Außenseiterposition wird von Le Hingrat auch wesentlich zu seiner Charakteristik genutzt, wobei sie auch Gerüchte, dass er in Wirklichkeit ein natürlicher Sohn von König / Kaiser Sigmund ist, geschickt einbezieht, ohne sich da aber eindeutig festzulegen. (Janos - nur ein Aufsteiger oder einer, der aufgrund dessen, dass ihn sein richtiger Vater nicht anerkennen will, sozusagen Diskriminierung erfährt, was eine glaubwürdige Motivation für seinen Ehrgeiz, seinen Wunsch nach Aufstieg ist.)


    Die "Heldin"
    Ein typisches Merkmal ist eine weibliche Hauptfigur, eine Ausnahmefrau von außergewöhnlicher Schönheit, die ein ungewöhnliches Schicksal erleben und sich mit ihrem Aktionen über die Gesellschaft und ihre Regeln einfach hinwegsetzt, ohne dass sie selbst deswegen im Konflikt mit sich geraten würde (auch wenn ihr die "böse" Gesellschaft da erst einmal Schwierigkeiten macht). Zuletzt gibt es für sie ein Happyend mit dem Mister Right, das ihr, wenn gleich nur indirekt, den Aufstieg in höchste Positionen ermöglicht. Blanche ("Das Spiel der Könige" / Rebecca Gable) z. B. ist zuletzt die Geliebte von Jasper Tudor, dem Onkel des neuen Königs, und um ihre Zukunft brauchen Leser/innen sich auch keine Sorgen zu machen. Rosina ("Ich Maximilian Kaiser der Welt" / Peter Prange), ein anderes Beispiel, ergeht es noch besser. Sie steigt von einfachen Hoffräulein zur "heimlichen Kaiserin" auf.


    Vielleicht wurde die Liebesbeziehung zwischen Vlas und der fiktiven Adeligen Clara im Klappentext sehr stark hervorgehoben, um Leser/innen zu signalisieren, dass auch dieser übliche "Romanbaustein" hier zu finden wäre.


    Die fiktive Figur der Clara, die ihre Entstehung als Romanfigur einen Hinweis in einer historischen Quelle verdankt, ist eine Frau mit erstaunlicher Charakterstärke, die weiß, was sie will und die sich über die Verluste, die das bedeutet, klar ist. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Vlas hat einige überraschende Wendungen und letztlich auch kein (wenigstens vorübergehendes) Happyend oder eine Glorifizierung Claras. Aber Clara ist auch keine Ausnahmefrau und sie bleibt zudem eine Nebenfigur. Le Hingrat hat ihre Rolle zudem so angelegt, dass sie dafür die historischen Fakten nicht wirklich verändert musste.


    Keine Ausnahmefrau?
    Überhaupt sind die Frauenfiguren, die Le Hingrat vorkommen lässt, obwohl sie auf "die Heldin" verzichtet hat, insgesamt recht farbig und eigenständig. Frauen mit eigenen Wünschen (Wassilissa, Smaranda), Frauen, die wissen, was sie wollen und auch versuchen, es zu kriegen(Clara, ihre Mutter, Elisabeth, Barbara), Frauen, die auf manchen Gebieten sogar den Männern überlegen sind (Erszebet) etc.
    Ich habe in den letzten Jahren selten einen Roman gelesen, der eine so hohe Anzahl an Frauenfiguren aufweist, die zwar Neben- und Randfiguren sind, aber erstaunlich vielfältig gezeichnet und die trotzdem eine erfrischende "Normalität" an sich haben.


    Fazit
    Le Hingrats Roman - also ein Buch, das langatmig, sperrig und teilweise mit historischem Wissen überfrachtet ist und daher kein Lesevergnügen sein kann.


    Nun ist Lesevergnügen immer eine subjektive Sache und sagt allerdings mehr über Leser/in als über das Buch aus. Nach meiner eigenen Erfahrung hängt sie zudem auch von verschiedenen Faktoren ab, die gar nichts mit der tatsächlichen Qualität oder den Mängeln eines Buches zu tun haben.


    Le Hingrats Roman ist ...
    - Sicher nicht der "leichte" Schmöcker oder der "seichte" Roman, der seine Historizität nur vortäuscht oder halt ins Nachwort verlegt hat, um Leser/in kurzweilige Unterhaltung zu bieten.


    Aber dieser Roman ist ...
    - Ein Roman, der zeigt, dass geschichtliche Fakten eben nicht ausschließlich mit Sex, Liebe, Crimes und Intrigen angereichert und zu deren Gunsten reduziert oder verfälscht werden müssen, um eine spannende und ergreifende Handlung erzählen zu können.
    - Ein historischer Roman, der zur Auseinandersetzung mit der Geschichte anregt.
    - Ein historischer Roman, der diese Bezeichnung einmal tatsächlich verdient hat.
    - Ein Roman, der tatsächlich Geschichte erzählt und zur Handlung macht, und der versucht, seinem historischen Thema gerecht zu werden, soweit das bei historischen Themen möglich ist.


    FAZIT:
    Eindeutig eine Bereicherung für den deutschsprachigen Buchmarkt. Es bleibt zu hoffen, dass er sein Publikum finden wird, und dass es noch weitere solche Romane gibt.


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    Was die Leseprobleme betrifft, liegt bei Le Hingrat die selbe Hürde vor, die ich hatte, als ich vor einiger Zeit einen skandinavischen Film gesehen habe. Es war ein sehr guter Film, er hatte sehr viel zu bieten, aber ich musste erst einmal meine an amerikanische Filme gewöhnte Sehgewohnheiten (tolle Technik, Hochglanzfassade, schöne Menschen etc.) hinter mir lassen, um diesen Film, der den meisten amerikanischen Filmen an Tiefe und Authenzität überlegen war, tatsächlich auch toll finden zu können.

    Zitat

    Original von hollyhollunder
    Du denkst also, dass die Quantität einer Recherche etwas über die Qualität aussagt? :wow Dem kann ich so nicht zustimmen. Es handelt sich ja hier nicht um eine Doktorarbeit oder ein geschichtliches Fachbuch sondern um einen Roman. Und auch andere namhafte Autorinnen wie z.B. Rebecca Gablé und Sabine Weigand bringen im 2-Jahresrythmus ein Buch heraus. Ich finde diese Zeitspanne durchaus ausreichend. Die Autoren schreiben ja nicht nur zum Vergnügen sondern wollen und müssen damit auch Geld verdienen. Und ich als Leser erwarte nicht, dass jeder Buchstabe und jeder Satz zu 100 % der Wahrheit entspricht oder monatelang nachrecherchiert wurde. Es ist mir beim Lesen immer bewusst, dass ich einen Roman lese.


    Das erwähnte Buch von le Hingrat fand ich langatmig, sperrig und teilweise mit historischem Wissen überfrachtet, was zu Lasten meines Lesevergnügens ging. Wenn jemand le Hingrat gerne liest, das ist sein / ihr gutes Recht - warum nicht, er / sie wird schon wissen, warum, und ich bin sicher die Letzte, die jemandem vom Lesen abraten würde. ;-)


    Quantität / Menge sagt zwar nichts über Qualität aus (bekannt oder doch ein Vorurteil), Fakt ist aber, dass eine hervorragende Recherche nicht in wenigen Tagen, Monaten oder Wochen durchführbar ist, da die wirklich gute und seriöse Fachliteratur (besonders die neuere) gewöhnlich nicht so einfach im Handel zu kriegen ist (auch nicht einmal für Millionäre/innen) - da bleibt gewöhnlich nur der Gang in die gute alte Bibliothek, wo der Zugang beschränkt ist und zusätzliche Wartezeiten einbezogen werden müssen. Hinzu kommt, dass wirklich gute Fachliteratur nicht unbedingt ein kurzweiliges Lesevergnügen bedeutet.
    (Selbst wenn nur zu den Hauptfiguren oder zum "Hauptevent" recherchiert wurde, bedeutet das, bei einer hervorragenden Recherche in Wirklichkeit sehr viel Arbeit, wobei eine hervorragende Recherche sich nicht nur auf historische Fakten beschränkt, sondern auch auf andere wissenschaftliche Fachgebiete, die im Roman dann berührt werden, z. B. historische Medizin, Sozialgeschichte, Kunstgeschichte etc.)


    Internet ist für Erstinformation nützlich, für eine wirklich hervorragende Recherche ist es zu wenig, da hier auch viel Unsinn und Unrichtiges, selbst auf einschlägigen Websites zu finden ist.


    Dass Romanautoren/innen, die mit ihren Büchern Geld verdienen wollen, auf Marktbedingungen und Zeitbegrenzung Rücksicht zu nehmen haben, lasse ich sofort gelten. Allerdings sollten sie dann wenigstens so fair sein, und nicht vorgeben, dass sie hervorragend recherchiert haben, wenn sie das schon aus zeitlichen Gründen gar nicht wirklich schaffen können.


    Positive Beispiele:
    - Eine Astrid Fritz hat in einem Interview ganz offen zugegeben, dass sie aus Zeitgründen auf gängige Sekundärliteratur angewiesen ist, und dabei beschränkt sie sich in ihren Bücher weitgehend auf Lokalgeschichte um die Stadt Freiburg im Mittelalter, wird also oft genug tatsächlich und mit gutem Grund auf frühere Recherchen zur Stadtgeschichte zurückgreifen können.
    - Ein Titus Müller hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er Vielschreiber ist und Unterhaltungsromane schreibt, weil er eben am Buchmarkt Erfolg haben will und keineswegs das "Meisterwerk für die Ewigkeit" schreiben will.


    Wenn allerdings ein/e Autor/in beim Marketing, in seinem Nachwort, in Interviews oder auf der Website sich mit Anspruch auf hervorragende Qualität verkauft, in Bezug auf seine Bücher, seine Recherchearbeit, sein Wissen etc. und dies nicht in seinen Büchern wirklich einlösen kann, ist Kritik angebracht.


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    Im Forum selbst habe ich den Eindruck, dass sehr hohe Maßstäbe bei einer Buchbewertung (gerade bei historischen Romanen) gelten. Ich habe hier z. B. Beiträge zu Donna Cross und ihrem Roman "Die Päpstin" gelesen. Die Urteile waren sehr streng und mit dieser wurde keineswegs zimperlich umgegangen, wobei es durchaus problematische, da diffamierende Aussagen gab, wie sie wäre z. B. eine "Lügenmärchenerzählerin", ihr Buch wäre äußerst trivial und anderes behauptet wurde.


    Im Nachwort der Ausgabe, die ich gelesen habe (eine der ersten Auflagen, als das Buch am deutschen Buchmarkt erschienen ist), findet sich aber ausdrücklich der Hinweis, sie hätte zur Päpstin einen Roman geschrieben und eben kein Fachbuch, weil die Faktenlage für diese nicht ausgereicht hätte. (Das wurde bei den Diskussionen hier im Forum offensichtlich nicht berücksichtigt.)


    Da stellt sich für mich aber schon die Frage, warum bei Autoren/innen wie eben z. B. Peter Prange dann nicht derselbe Maßstab angelegt wird. (Mit Blick auf die Bücher, die ich von ihm gelesen habe, im Vergleich dazu wirkt die "Die Päpstin" wie ein Meisterwerk in Bezug auf Handlung, Figuren, Recherche und Fakten).
    (Eigentlich schon lustig - wie ich kürzlich zufällig entdeckt habe, habe ich ein Buch von Prange vor etwa zwanzig Jahren sogar in meinem Umfeld verteidigt, allerdings nicht seine Historizität, die war schon damals eher "Hintertreppe". Aber iamals wurde bzw. hat er sich aber noch nicht aufgrund von angeblicher Historizität und besonders guter Recherche vermarktet.)


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    Dass dir das Buch von le Hingrat nicht wirklich gefallen hat, kann ich übrigens gut nachvollziehen. Sie bietet eben alles das, was ich bei Autoren/innen wie z. B. Prange völlig vermisse und was für mich allerdings den wirklich exzellenten historischen Roman ausmacht, wo tatsächlich einmal herausragend recherchiert wurde. Um mich z. B. von ihrer exzellenten Recherche zu überzeugen, wäre ihr Nachwort gar nicht notwendig gewesen, denn schon wie sie Geschichte erzählt, welche historischen Figuren sie miteinander agieren lässt, wie sie die Handlung aufgebaut hat, zeigt, dass sie tatsächlich über das, was sie schreibt, hervorragend informiert sein muss und es auch anwendet.


    Le Hingrat erzählt nicht einfach die übliche Geschichte mit Sex, Crimes und Intrigen vor einem mehr oder weniger als "Realität" verkauften, buchmarkttauglichen Pseudomittelalter und beglückt die Leser/innen ihrer Geschichte mit einem kurzweiligen Leseausflug (wie dies auch ein Karl May im 19. Jahrhundert gemacht hat), sondern versucht dem historischen Thema, über das sie schreibt, gerecht zu werden. Ihre Figurenkonstellationen überzeugen im Unterschied zu Prange schon mit Blick auf das geschichtliche Umfeld, so sind bei ihr z. B. die beiden historischen Hauptfiguren nicht einfach nur dazu da, weil sie eben einen Helden und einen Gegenspieler gebraucht hat, damit Leser/innen ein Aufhänger für eine 08 / 15 - Handlung geboten wird, sondern die beiden Hauptfiguren sind auch mit Blick auf das historische Umfeld sinnvoll ausgewählt.


    Ähnliches lässt sich auch für fiktive Elemente wie z. B. die alte Religion etc. festmachen. Geschichte wird hier eben nicht auf Abenteuer, Hintertreppe, Sex und Crime reduziert, sondern sie versucht tatsächlich auch tatsächlichen Zusammenhänge zu zeigen. Das liest sich natürlich nicht so locker und floppig, und dass Le Hingrat dann doch einige Zugeständnisse an den Buchmarkt und die Leser/innen gemacht hat, war vielleicht nicht so gut. Da es ihr erstes Buch ist, bin ich außerdem bereit, ihr einen gewissen Mangel an Erfahrung nachzusehen. Mich erinnert sie ein wenig an die junge Tanja Kinkel. Es wird jedenfalls spannend sein, wenn sie dem Buchmarkt erhalten bleibt, ihre Weiterentwicklung zu beobachten. )


    Was sie von einer Hilary Mantel unterscheidet, ist, dass sie nicht deren wirklich ungewöhnliche sprachliche Fähigkeiten hat, aber das trifft auch auf fast alle Autoren/innen zu, die am Buchmarkt präsent sind, dürfte hier somit nicht ausschlaggebend sein.

    Es ist nun einmal Fakt, dass in den letzten zehn Jahren sehr viel neues Material zu verschiedenen Themen des Mittelalters (gerade auch zur Alltags- und Sozialgeschichte), erforscht, aufgearbeitet und auch publiziert wurde und wird, z. B. in Fachzeitschriften. (Hinzu kommen noch wissenschaftliche Monographien, Aufsätze in Sammelbänden etc.)

    An Enigma - vielen Dank für deine ausführliche Rezension
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    Was ich mich allerdings frage ist, wie es dem Autor Peter Prange gelingen kann, seine Bücher hervorragend zu recherchieren.


    Er publiziert sie gewöhnlich in einem Zweijahresrhythmus (oder auch Eineinhalbjahresrhythmus), und das bedeutet doch, dass er für seine Recherchen nur wenige Monate Zeit gehabt haben kann.
    Hinzu kommt noch, dass er das Buch noch schreiben muss, und selbst wenn er das einsetzt, was als "flotte Schreibe" bezeichnet wird, werden wir ihm für das Schreiben mit Blick auf die Länge doch einige Wochen Arbeitszeit einräumen müssen.
    Hinzu kommen noch die Arbeiten des Verlags (Druck, die Gestaltung des Covers, wahrscheinlich mindest ein Lektorat und andere Verlagstätigkeiten).
    Zudem hat Prange selbst erwähnt, dass es Testleser/innen gibt. Auch für die ist im Arbeits- und Publikationsvorgang noch Zeit einzurechnen.


    Da Pranges Bücher gewöhnlich in unterschiedlichen historischen Epochen spielen, wäre es für eine hervorragende Recherche zwingend notwendig, dass er sie für jedes neue Buch extra durchführt (und für eine hervorragende Recherche ist doch Internetsurfen nicht ausreichend).


    (Zum Vergleich: Eine Schriftstellerin wie z. B. Liliana Le Hingrat gibt in ihrem Nachwort an, dass sie für ihren Roman "Das dunkle Herz der Welt" ungefähr fünf Jahre recherchiert hat, wobei sie einiges über ihre Arbeits- und Vorgehensweise anführt. Die Schwestern Nadja und Claudia Beinert haben zwei keine Zeitdauer für ihre Recherchen angeführt, die sie für ihre beiden Bücher über die historisch-legendäre Uta von Naumburg benötigt haben (offensichtlich ihre ersten beiden Bücher), doch auch, wenn wir berücksichtigen, dass sie als "Autorenduo" ihre Recherchearbeit aufgeteilt haben, dürften sie dafür mindestens eine längere Zeit gebraucht haben. Wenn ich meine eigenen Erfahrungen dazu nehmen, meine Recherche, neben dem Brotberuf, hat inzwischen drei Jahr in Anspruch genommen.)


    Wenn Prange da nicht geflunkert hat oder da etwas behauptet, was gar nicht stimmt, bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten für seine angeblich hervorragende Recherche:


    - Er beschäftigt entweder Ghostwriter/innen und "Ghost"-Mitarbeiter/innen, die für ihn, vielleicht im Rahmen eines Voluntariats oder aus "Freundschaft", diese Arbeit machen dürfen. (Sollte er sie dann nicht allerdings in seinem Nachwort auch anführen?)


    - Er hat seine Romane schon vor Jahren auf Vorrat in Ruhe geschrieben, und damas jede Zeit dafür gehabt, und sie werden erst jetzt stückweise im Zweijahres-Rhythmus herausgebracht. In diesem Fall ist allerdings davon auszugehen, dass seine ursprünglich tatsächlich hervorragende Recherchearbeit längst Patina angesetzt hat, also veraltet ist, was allerdings ihre Qualität doch wesentlich beeinträchtig.


    Wie gesagt, wenn jemand Prange gerne liest, das ist sein / ihr gutes Recht - warum nicht, er / sie wird schon wissen, warum, und ich bin sicher die Letzte, die jemandem vom Lesen abraten würde.


    Nur das mit seiner angeblichen hervorragenden Recherche wirkt einfach nicht glaubwürdig.

    Sie war bereits schwanger, das war sicher auch der Grund, dass Henry VIII. die Trennung und Wiederverheiratung beschleunigt hat, deswegen war es für ihn wichtig, dass das Kind auf jedem Fall ehelich geboren und somit legitim ist. Er und Anne waren überzeugt, dass es ein Sohn sein würde.

    Wölfe (OT: Wolfs Hall)


    Sechsteilige BBC-Fernsehserie nach den Büchern "Wölfe" und "Falken" von Hilary Mantel
    Mit Mark Rylance (als Thomas Cromwell), Damian Lewis (als Henry VIII.), Claire Foy (als Anne Boleyn) u. a., Regie: Peter Kosminsky, Komponist: Debbie Wiseman


    Zur Handlung:
    Folgt im Wesentlichen der Romanvorlage und erzählt den Aufstieg des fähigen Anwalts Thomas Cromwell zur "rechten Hand" von König Henry VIII., nachdem Sturz seines Förders Kardinal Wolseys.


    Persönliche Meinung:
    Ich habe mir jetzt die 6 Teile der BBC-Serie "Wölfe" (nach den Romanen "Wölfe" und "Falken" von Hilary Mantel) ansehen können.


    Erster Eindruck: Sicher nichts für jemanden, für den / die Serien wie "The Tudors" der Maßstab sind, denn die werden sich da wahrscheinlich langweilen.


    Zweiter Eindruck: Trotz Kürzungen finde ich, dass die Buchserie recht detailgetreu umgesetzt wurde. Eine sehr ruhige Serie, die auf das Können der Schauspieler/innen baut, die eigentlich alle auch nicht wie Glamour-Stars wirken, eindeutig ein Kammerspiel und ziemlich düster, was die Stimmung betrifft. Keine Action (für eine Fernsehserie des 21. Jahrhunderts ungewöhnlich und ich habe den Eindruck, dass es in der Serie noch ruhiger zugeht, als in den Romanen, nach denen gedreht wurde), keine wirklichen Sexszenen ...
    Der wesentliche Unterschied zu den Büchern "Wölfe" und "Falken": einzelne Szenen wurden umgestellt, was mich aber nicht gestört hat - dies dürfte den unterschiedlichen Medien (Roman ist nun mal nicht gleich Film) geschuldet sein. Daher ist die Anfangsszene etwas anders als im Buch, sie ist auf die Einführung von Thomas Cromwell angelegt.


    Wie authentisch die Ausstattung ist, kann ich nicht beurteilen. Mir persönlich hat sie gut gefallen. Sehr schöne Lokalisationen, meistens in Innenräumen, zum Teil eher düster, eher gedeckte Farbgebung.


    Die Schauspieler/innen fand ich insgesamt sehr überzeugend. Zentrum ist wie in den Büchern eindeutig Thomas Cromwell, der auch fast in jeder Szene auftritt. Der Schauspieler Mark Rylance war mir bis Anfang des Jahres unbekannt, allerdings ist er zurzeit in österreichischen Kinos in "Der Unterhändler - Bridge of the Spies" zu sehen, und in diesem Film ist er mir bereits positiv aufgefallen. Nachteilig ist vielleicht, dass beide Rollen einen ähnlichen Persönlichkeitstyp haben, ich fand ihn jedenfalls als Cromwell mit Blick auf die Bücher eine Idealbesetzung, obwohl sein zurückhaltendes Spiel sicher nicht unbedingt das sein dürfte, was heutige Fernsehbesucher gewöhnt sind. Thomas Cromwell ist bei Mantel eher ein scheinbar ruhiger, vermutlich introvertierter Typ, dem wir bei ihr nur deshalb nahekommen, weil der Roman weitgehend aus seiner Sicht erlebt wird. In einem Film lässt sich das nicht wirklich umsetzen, daher muss Rylance sehr viel durch seine Mimik rüberbringen, und ich finde, dass ihm das wirklich gelungen ist.


    Damian Lewis als Henry VIII. hat es da leichter, und ich finde durchaus, dass er für die bisherige Gala der Schauspieler, die diese Rolle gespielt haben, bestens ergänzt, was aber sicher auch der doch sehr interessanten Figur der Vorlage geschuldet sein dürfte.


    Recht gut gefallen haben mir übrigens auch Jonathan Pryce als Kardinal Wolsey, Joanne Whalley als Katharina von Aragon und vor allem die unbekannte Bühnenschauspielerin Natasha Little in der kleinen Rolle der Elizabeth Cromwell, schon erstaunlich, wie viel eine gute Schauspielerin aus einer relativ "unwichtigen" und "konservativen" Frauenrolle (Typus "brave Ehefrau" ) gemacht hat. (Natasha Little ist vielleicht einigen hier durch die BBC-Serie "Vanity Fair - Jahrmarkt der Eitelkeit nach dem Roman von William Makepeace Thackeray bekannt, die sich relativ genau an die Romanvorlage hält. Allerdings dürfte wohl der der Kinofilm mit Reese Witherspoon von 2004 bekannter sein, der allerdings einen ganz anderen Akzent setzt.)


    Insgesamt hat mir der Fernsehserie sehr gut gefallen.

    Im 19. und 20. Jahrhundert galt die Regel, dass etwas dann historisch ist, wenn es um eine Zeit geht, aus der es eine Zeitzeugen/innen mehr gibt.


    Eine weitere Regel, die zumindest von den Literarhistorikern/innen aufgestellt wurde, war damals, dass ein gelungener historischer Roman nie mehr als 150 Jahre zurückliegen darf. Im 20. Jahrhundert wurde Sir Walter Scott hier als Paradebeispiel dafür zitiert, als seine besten historischen Romane galten damals jene Romane, die in seiner Heimat Schottland spielen (bei denen er also die Schauplätze gewöhnlich selbst kannte) und die im 16. / 17. Jahrhundert. spielten (eine Zeit, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts, als er gelebt und geschrieben hat, tatsächlich erst 150 Jahre zurücklag.)


    Seine (historischen) "Mittelalter"-Romane (die gewöhnlich auch nicht in Schottland spielen), so z. B. "Ivanhoe", "Der Talisman" oder "Quentin Durward - Im Auftrag des Königs" wurden von der Qualität her negativer beurteilt, auch wenn sie es wohl waren, die ihn auch außerhalb von Großbritannien bekannt gemacht haben dürften.


    Manchmal frage ich mich, ob an dieser Regel (Beobachtung? ) etwas Wahres dran sein könnte, jedenfalls trifft dies z. B. für einen (historischen) Roman wie "Vom Winde verweht" zu, und bei den frühen Romanen von Tanja Kinkel halte ich "Unter den Zwillingssterne" für ihr Bestes. :lesend


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    Als ich vor längerer Zeit einen Aufsatz zu dem Schauspiel "Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand" von Johann Wolfgang von Goethe gelesen habe, war ich sehr überrascht von der Information, dass Goethe das "Spätmittelalter am Übergang zur Neuzeit" gewählt hatte, da es zu seiner Zeit bei den Menschen noch sehr präsent war.
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    Interessant fand ich auch eine weitere Sicht zum historischen Roman, die mir in einer wissenschaftlichen Arbeit vor einigen Jahren untergekommen ist. Hier wurde ein Vergleich zwischen Felix Dahn und Karl May gezogen und Dahns "Roman-Ausflüge" in die Zeit der Völkerwanderung mit den fiktiven "Reiseabenteuern" von May in die Weiten des damaligen Orients und die Prärie verglichen. In beiden Fällen macht Leser/in einen Ausflug in eine ihm/ihr "unbekannte" bzw. "exotische" Welt, die keineswegs der "tatsächlichen" Welt entspricht. (Mays Ausflug ist in der Gegenwart angesiedelt, in der es in damals noch weitgehend unbekannte "Lande" geht. Dahns Ausflug spielt in der damals bekannten europäischen Welt und führt in "unbekannte" vergangene Zeiten.)


    Ich habe durchaus den Eindruck, dass das bei den meisten "Mittelalter"-Romanen des 21. Jahrhunderts auch der Fall sein dürfte: ein Ausflug in eine längst vergangene Zeit ...