Beiträge von Teresa

    Ergänzend zu Caias Rezension, der ich ohne Einschränkungen zustimme:
    Mir hat gefallen, dass dieser gelungene historische Kriminalroman nicht nur einige überraschende Lösungen (die Identität der Mörderfigur ist nicht die einzige Überraschung, die Waltz für seine Leserschaft bereit hat)

    , sondern auch einiges an Tiefgang zu bieten hat. So hat es mich z. B. schon nachdenklich gestimmt, warum die Falle, die Sandro zuletzt zur Überführung der Täterfigur zuschnappen lässt, funktioniert.
    Solche Details machen auch die Stärke von anderen Romanen des Autors aus.

    Persönliche Meinung:
    Ich halte "Die Bartholomäusnacht" (OT: "La Reine Margot") für den besten historischen Roman, den Alexandre Dumas geschrieben hat. Es handelt sich um einen gelungenen historischen Unterhaltungsroman aus dem 19. Jahrhundert.


    Was die Historizität betrifft, sind natürlich mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand einige Abstriche zu machen. Doch bei der Erstpublikation dürfte dieser historische Roman durchaus dem damaligen Forschungsstand entsprochen haben, auch wenn die Motivation, die bei Dumas hinter manchem historischen Geschehnis steckt, nicht immer den historischen Fakten entspricht.


    Hier macht es einmal wirklich Spaß, dieser Geschichtsversion zu folgen (und mag sie noch so unhistorisch sein), und im Vergleich zu dem Feuerwerk, das hier geboten werden, sind die meisten historischen Romane der Gegenwart leider nur langweilig und eintönig.


    "Die Bartholomäusnacht" ist ein Unterhaltungsroman, der verschiedene Genre geschickt vereinigt. Er funktioniert bestens als historischer Abenteuerroman (wer die drei Musketiere liebt, kommt hier sicher auf seine Rechnung), ist daneben aber auch gelungener Kriminalroman (Thriller) und bietet neben viel Humor auch ausreichend Melodrama und auch ein wenig Tragik. Insgesamt beste Unterhaltung.



    Anmerkung am Rande:
    Der gleichnamige Film mit Isabelle Adjani ist zwar sehr aufwendig und ganz nett gemacht, auch die Schauspieler/innen machen ihre Sache nicht schlecht, wird aber der Vielfalt von Dumas' Roman in keinster Weise gerecht.

    Zitat

    Original von minka***
    Wirklich eine interessante Person, die auch sehr unterschiedlich interpretiert wird. Mal als wahnsinnig, mal als hochintelligent.


    Ihre ältere Schwester war übrigens mit Heinrich, VIII. verheiratet. Dem Vater von Elizabeth, I. Bei denen war es ja auch nicht langweilig...


    Nur eine kleine Anmerkung: Es wird zwar im Internet oft behauptet, aber in Wirklichkeit war Katharina (Catalina) von Aragon (erste Ehefrau von Henry VIII.) eine jüngere Schwester von Johanna (Juana).

    In den bisherigen Rezensionen wurde hier gut gezeigt, warum das Buch gefällt oder nicht gefällt. Also beschränke ich mich hier auf meine eigene Erfahrung beim Lesen:


    Katharina (Catalina) von Aragon, erste Ehefrau von Henry VIII., zuvor mit seinem Bruder verheiratet, sicher die Ehefrau, mit der er am längsten verheiratet war und mit der ihn doch sehr viel persönlich verbunden haben dürfte, trotz Fehlen des Thronerbens (immerhin sind kaum außerehelichen Beziehungen des Königs nachgewiesen, in einer Abwesenheit durfte sie für ihn die Regentschaft führen etc.) bis er dann noch mit Anne Boleyn eine andere Frau kennen lernte ...


    Im 21. Jahrhundert spielt Katharina in Romanen um Henry VIII. gewöhnlich nur eine Nebenrolle, die Idee, sie zur Hauptfigur eines Romans zu machen, wo sie keineswegs ausschließlich auf ihre Beziehung zu Henry VIII. eingegrenzt bleibt, sondern auch ihr Leben vor dieser Ehe Thema ist, klingt zunächst einmal viel versprechend.


    Leider ist das Ergebnis eher enttäuschend. Der Anfang ist noch viel versprechend, aber letztlich bleibt die Geschichte auf die Idee beschränkt, dass Katharinas Ehe mit Arthur vollzogen wurde und Katharinas Beteuerung, dass dem nicht so wahr, also eine Lüge gewesen sein muss.


    Wie die Historikerin Antonia Fraser in ihrer Biographie über die 6 Ehefrauen von Henry VIII. zu Recht meint, ist diese Frage mit Sicherheit historisch nicht zu beantworten, und ebenso gibt es nur drei Personen, die die Wahrheit darüber gewusst haben: Arthur, Katharina, und Henry VIII.
    Katharina hat stets, auch unter Eid, beteuert, dass ihre Ehe mit Arthur nicht vollzogen wurde. Henry VIII. hat sich zwar später, als diese Frage für ihn relevant war, darauf versteift, dass die erste Ehe seiner Frau vollzogen wurde, aber stets abgelehnt, dies auch unter Eid zu behaupten.
    Im Allgemeinen gehen die Historiker/innen davon aus, dass die Ehe zwischen Katharina und Arthur nicht vollzogen worden ist, was ich persönlich für glaubwürdiger halte.


    Aber es spricht nichts dagegen, in einem Roman einmal das Gegenteil durchspielen. Was wäre, wenn Katharinas Ehe vollzogen und sie daher sich des Meineeides schuldig gemacht hätte, ist eigentlich eine ganz interessante Idee.


    Problematisch wird diese Idee hier jedoch, als Philippa Gregory sie nicht einfach umsetzt, sondern sich diesbezüglich die Deutungshoheit anmaßt. Sie mag das tatsächlich glauben, aber uns Leser/innen sollte sie doch nicht vorschreiben, was wir in dieser Sache zu denken haben.


    Ist schon für den Roman ihr Anspruch auf alleinige Deutungshoheit ungünstig, so liest er sich eher als Plädoyer für ihre Meinung denn als Roman, kommt noch hinzu, dass Gregorys Umsetzung (gerade mit Blick auf die Motivation, die sie Katharina für ihre falsche Aussage gibt) nicht überzeugen kann. Ein Meineid galt im Mittelalter als besonders schweres Verbrechen vor Gott und den Menschen. Nicht zufällig war die dafür vorgesehene Strafe auch sehr hart. Außer der Hinrichtung wurde dem Meineidigen zuvor noch die rechte Hand abgehackt.


    Unter solchen Voraussetzungen hätte es wohl doch eines wirklich überzeugenden Motives bedurft, das für mich als Leserin nachvollziehbar wird, warum eine gottesfürchtige und zutiefst religiöse Frau, die Katharina gewesen sein dürfte, ein solches Verbrechen begeht, zudem es eigentlich zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens absolut nicht notwendig gewesen wäre, auf einer nicht vollzogenen Ehe zu bestehen.


    Gewöhnlich war es zu dieser Zeit für Hochadelige nicht schwierig, bei zu naher Verwandtschaft (ob tatsächlich oder symbolisch) eine Dispens vom Heiligen Stuhl zu erhalten.


    Hinzu kommt, dass zudem Zeitpunkt, als sie und Henry VIII. verlobt wurden, keineswegs vorhersehbar war, dass der Vollzug oder Nichtvollzug ihrer ersten Ehe viele Jahre später noch politisch eine Rolle spielen würde.


    Ist schon die "durchtriebene" Katharina nicht wirklich glaubwürdig, so hat mich der "dümmliche", braven Henry VIII., den sie so eingeschüchtert haben soll, dass er es nicht wagte, an ihrer vermeintlichen Unberührtheit zu zweifeln, ebenfalls nicht überzeugt.


    Fazit:
    Ich kann mir nicht helfen. Das Buch war letztlich kein wirklicher Roman, sondern ein Plädoyer dafür, dass Katharinas Ehe mit Arthur vollzogen wurde, was nach Ansicht der Autorin die einzige richtige Sichtweise war. Abgesehen davon, dass ich zu jenen Leser/innen gehöre, die etwas gegen Autoren/innen haben, die sie bevormunden wollen, fand ich die Geschichte selbst weder überzeugend noch interessant umgesetzt.


    Mich hat dieses Buch also inhaltlich überhaupt nicht überzeugt. Das war für mich (was sehr selten vorkommt) ein Roman, der absolut unnötig ist.

    Persönliche Meinung:
    Für die Entstehungszeit war er sogar innovativ, als er der wohl erste Roman war, der Anna von Kleve eine (positiv besetzte) Hauptrolle zugesteht, die bis dahin stets nur als Nebenfigur in Romanen um Henry VIII. zu finden war. Ihr negativ gezeichnete Umfeld in Kleve dürfte allerdings keineswegs den überlieferten Fakten entsprechen, sondern den Klischees zum Umfeld einer Romanheldin des 21. Jahrhunderts. (Dass Anna es letztlich vorgezogen hat in England zu bleiben, muss keineswegs auf eine "böse" Familie in ihrer Heimat zurückzuführen sein, sondern hängt wohl eher damit zusammen, dass das, was sie von Henry VIII. sozusagen als Abfertigung erhielt, ihr Möglichkeiten eröffnete, die sie bei einer Rückkehr nach Kleve keineswegs gehabt vorgefunden hätte.)


    Katherine Howard entspricht im Wesentlichem dem Bild, dass auch andere Romane um Henry VIII. von ihr zeichnen: naiv und noch ziemlich unreif, ein wenig leichtsinnig. wie in diesen ist sie eigentlich auch hier positiv besetzt.


    Jane Boleyn ist hier auch recht herkömmlich gezeichnet, da habe ich schon Bücher wie z. B. "Wölfe" gelesen, wo sie zwar nur eine Nebenfigur ist, aber viel interessanter rüberkommt.


    Fazit:
    Neben "Der Hofnärrin" der bisher einzige Roman von Philippa Gregorys historischen Romanen, der mir gefallen hat.
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    Was mir die Autorin allerdings sehr verleidet, ist, dass sie für sich die "Deutungshoheit" einfordert und ihre Sicht als die einzig Richtige herausstreicht, was für mich auf eine Entmündigung des/r Lesers/in herausläuft. (Sie kann gerne ihre eigene Meinung zu etwas haben, aber sie sollte halt auch respektieren, dass diese nicht die einzige Richtige ist.)

    Historischer Hintergrund:
    Eine eher unbekannte geschichtliche Episode - das Täuferreich von Münster. Vielleicht kennt jemand noch die Oper "Der Prophet" von Giacomo Meyerbeer, die diesen Stoff behandelt, allerdings sehr stark von den historischen Fakten abweicht, oder den Fernseh-Zweiteiler "König der letzten Tage" mit Christoph Waltz als Jan Bockelson, der vor vielen Jahren gezeigt wurde.


    Diesen Film könnte der Autor möglicherweise auch gekannt haben, zumindest ist sein Zugang zu dieser geschichtlichen Episode und zur Figur des Jan Bockelson ein ähnlicher. (Allerdings findet sich bei ihm nichts, was er aus dem Film selbst übernommen haben könnte.)


    Persönliche Meinung:
    Wilcke nimmt in diesem Roman das fiktive Mittelalter des 21. Jahrhunderts auf die Schippe, einige Stereotypen werden hier auf den Kopf gestellt. Moralisch zweifelhafte Antihelden/innen sind gezwungen, eine gefährliche Befreiungsaktion auszuführen. Gefährlich ist diese Befreiungskation tatsächlich, andererseits aber entpuppt sie sich auch als fragwürdige Sache. Schon bald stellt sich auch die Frage, wer hier wirklich die "Bösen" sind.


    Dabei geraten die Antihelden/innen, als Schauspielergruppe gesellschaftlich Außenseiter, in ein Gemeinwesen, das ein Gegenentwurf zur üblichen Gesellschaft ist, aber letztlich auch nicht die ideale Gesellschaft.


    Fazit:
    Der Klappentext ist irreführend, denn ein packendes Epos über die Wiedertäufer ist dieser Roman eindeutig nicht, und wer so etwas erwartet hat, wird wohl eher enttäuscht sein.


    In Wirklichkeit ist es ein historischer Abenteuerroman, der etwas von einem Schelmenroman an sich hat (bzw. von einer Tragikomödie) und als solcher ist er eindeutig gelungen, vorausgesetzt Leser/in ist bereit, sich im Genre "historischer Roman" auf eine etwas schräge Geschichte einzulassen.

    Büchersally hat hier bereits eine ausführliche Rezension geschrieben, die sehr gut zeigt, was Leser/innen an diesem zweiten Buch gefallen könnte.


    Zitat

    Büchersally:
    ...
    Alles zusammen ergibt einen spannenden Historienschmöker, der ohne fiktive Figuren auskommt.
    ...


    Hier ist allerdings anzumerken, dass dem nicht so ist, denn der rührige Meisterspion Derry Brewer ist eindeutig eine Erfindung des Autors. Wie schon in "Sturmvogel", dem ersten Buch dieser Buchserie konnte ich dieser Figur, eine Mischung aus "Mister Perfekt" und "Mister Allmächtig", auch wenn er nicht immer Erfolg hat, nichts abgewinnen.


    Im Wesentlichen bestätigt "Das Bündnis" den Eindruck, den ich bereits in "Sturmvogel" hatte. Ein weiteres Buch werde ich von ihm daher sicher nicht mehr lesen. (Wem das erste Buch gefallen hat, der / die wird allerdings mit der Fortsetzung sicher zufrieden sein. Wem dagegen das erste Buch schon nicht wirklich begeistert hat, wird diese Meinung wohl auch nicht mit dem zweiten Buch korrigieren.)


    Conn Iggulden gelingt trotz gewisser Recherche, die ich ihm nicht abspreche, kein wirklich überzeugender Zugang zum Mittelalter. Offensichtlich kann er sich nicht in diese Zeit versetzen, was für mich eben den wirklich gelungenen historischen Roman ausmacht. Hinzu kommt noch, dass bei ihm vieles Klischee bleibt oder einfach nur überzeichnet ist.


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    Ob einem der Roman nun persönlich gefällt oder nicht gefällt, ist eine Sache, eine maßlose Übertreibung ist jedenfalls folgende Bewerbung des Autors:

    Zitat

    Mit seiner seiner neuen Serie um die Rosenkriege wird Iggulden als Erneuerer des historischen Romans gefeiert.


    Für mich war das einzig Spannende beim Lesen die Frage, wofür Iggulden sich diese Ehre verdient hat. :grin

    Liebe Eurydike,


    ich habe vor einiger Zeit irgendwo ein Interview mit dem Autor Richard Dübell gelesen, der in diesem Interview (das schon einige Jahre alt ist) erzählt, dass sein Roman über Walter von der Vogelweide vorläufig nicht erscheinen wird, da gerade ein Roman von Tanja Kinkel über dieses Thema erschienen ist.


    Angesichts dessen, dass Kinkel und Dübell in ihren historischen Romanen unterschiedliche Schwerpunkte setzen und dass es zu Walter von der Vogelweide, abgesehen von seinen Dichtungen, fast keine historischen Fakten gibt, kann ich mir gut vorstellen, dass Dübells Buch ganz anders als das von Kinkel ausgefallen wäre.


    Was lässt sich nun aus der Entscheidung des Verlages mutmaßen? Da für die Verlage in erster Linie doch der Gewinn ausschlaggebend ist (Beispiel: die Einreichungsrichtlinien für ein Manuskript des Gmeiner-Verlages, die eindeutig verraten, dass sie vor allem den/die produktive/n Serienschreiber/in suchen und weniger talentierte Autoren/innen, die anspruchsvoll schreiben), rechnen sie wohl damit, dass Leser/innen, wenn sie zu einemr historischen Persönlichkeit bzw. zu einem historischen Geschehnis bereits ein Buch gelesen haben, an einem zweiten Buch eben nicht mehr interessiert sein werden.


    Eine Autorin, die hier postet, Tereza Vanek hat über ihren historischen Roman "Im Dienste der Gräfin" geschrieben, dass sie große Mühe hatte, für diesen einen Verlag zu finden, was mich sehr überrascht hat. Der Roman handelt um die "Blutgräfin" Erszebet Bathory, über die immerhin vor einigen Jahren zwei sehr unterschiedliche Filme gedreht wurden und die keineswegs eine unbekannte Persönlichkeit ist.


    Insofern könnte ich mir auch vorstellen, dass auch eine bekannte geschichtliche Persönlichkeit heute gar keine guten Chancen hat, die Hürden, einen seriösen Verlag zu finden, zu schaffen.

    Die Kronenwächter
    (Der erste Teil wurde 1817 publiziert.)


    Zum Inhalt:
    In Südwestdeutschland (vor allem in der Stadt Waiblingen), um 1500: Die titelgebenden Kronenwächter, ein von Legenden umwobener Geheimbund, residiert auf einer verzauberten Burg inmitten des Bodensees und bewacht dort die Kaiserkrone. Diese soll dort so lange bewahrt werden, bis ein von Gott begnadeter Herrscher alle Deutschen zu einem gemeinsamen Leben vereinigt hat. Doch Berthold, ein fiktiver Abkömmling der Hohenstaufer, ist dieser (eher fragwürdigen) Aufgabe keineswegs gewachsen ...


    Die bei Wikipedia angeführte Kurzinhaltsangabe: Berthold und Anton erweisen sich als unfähige und unwürdige Nachfahren der Staufer, ist nach der Buchhandlung keineswegs für mich nachvollziehbar. Zwar sind beide eindeutig als Antihelden konzipiert (die Figur des Bertold gilt sogar manchen als der erste "Antiheld" der deutschsprachigen Literatur), aber das ganze Staufer-Erbe und die Reichsidee wirkt im Roman selbst recht fragwürdig und auch die titelgebenden "Kronenwächter", die sich als Hüter dieses Erbes verstehen, geben (selbst bei Rücksicht auf die Entstehungszeit des Buches) einen recht zweifelhaften Geheimbund ab.


    Zum Autor:
    (Carl Joachim Friedrich Ludwig) Achim von Arnim (26. Jan. 1781, Berlin - 21. Jan. 1831, Wiepersdorf, Kreis Jüterbog) gehört zu jenen Autoren aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, die heute völlig vergessen sind. Uns, den heutigen Lesern/innen dürfte er höchstens durch den Roman "Das Erlkönig-Komplott" ein Begriff sein, wo ihm der Autor Robert Löhr als Verlobter seiner späteren Ehefrau Bettina Brentano immerhin eine Nebenrolle zu gesteht.


    In der Literaturgeschichte gilt er neben seinem Schwager Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff als wichtigster Vertreter der Heidelberger Romantik, außerdem als einer der bedeutendsten Vertretern der deutschen Romantik. Er hinterließ eine Fülle von Dramen, Novellen, Erzählungen, Romanen, Gedichten und journalistischen Arbeiten.


    Weitere Informationen zum Buch:
    Achim von Arnim schrieb mehrere Romane ("Isabella von Ägypten") und Erzählungen ("Das Gelübde", "Melück Maria Blainville"), die zum Genre des historischen Romans gezählt werden, obwohl auch andere Einstufungen möglich sind.


    Einige seiner Werke wie z. B. seine "Päpstin Johanna" und auch "Die Kronenwächter" sind unvollendet geblieben. Teile seiner Fragmente, aber auch von publizierten Werken hat er auch in seinem "Zeitroman" "Armut, Reichtum und Schuld und Sühne der Gräfin Dolores" übernommen.


    "Die Kronenwächter" waren ursprünglich als vierteiliger Romanzyklus geplant. Arnim selbst konnte aber nur mehr den ersten Teil beenden, auf den sich auch diese Rezension bezieht.


    Dieser erste Teil wirkt trotz eines offenen Endes in sich abgeschlossen.
    (Allerdings soll es eine Version von Teil 2 geben, die seine Witwe Bettina von Arnim publiziert (und bearbeitet) wurde.


    Ein mögliches Problem beim Lesen des Buches:
    Stilistisch ist der Roman (für uns heute) gewöhnungsbedürftig. (Was nicht mit den Fähigkeiten des Autors zusammenhängt, sondern mit der Entstehungszeit. Die Autoren/innen der Deutschen Romantik bevorzugten offene Formen und genreübergreifende Formen und waren zudem recht experimentiertfreudig.) So sind z. B. regelmäßig längere Gedichte eingebaut, die den Handlungsfluss unterbrechen und das Lesen durchaus erschweren.


    Im Vergleich zu den meisten anderen Romanen des Autors ist die Handlung für seine Verhältnisse aber noch relativ stringent, und "Die Kronenwächter" gehören zu seinen "leichteren" Büchern, was das Lesen betrifft.


    Überlegungen zur Historizität des Romans:
    Gewöhnlich werden "Die Kronenwächter" als historischer Roman gesehen. Das macht insofern Sinn, als die Handlung um und nach 1500 spielt, sozusagen am Ende des Spätmittelslalters, und somit in einer Zeit, die Anfang des 19. Jahrhunderts bereits Vergangenheit war. Das Mittelalter (vor allem das Hochmittelalter unter den Herrschern aus der Dynastie der Staufer, vorallem unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa) wurde im 19. Jahrhundert zur deutschen "Heldenzeit", eine Entwicklung, die durch die Errichtung des Deuschen Reiches der Könige von Preußen eine besondere Steigerung erfuhr. Dagegen wurde das Spätmittelalter und die (frühe) Neuzeit als Zeit des Niedergangs gesehen.


    Dies ist in den "Kronenwächtern" insofern der Fall, als die "glorreiche" Staufer-Vergangenheit längst Geschichte ist und der Versuch, einer Widererstehung dieser Vergangenheit bei Arnim als etwas dargestellt ist, dessen Verwirklichung eher unwahrscheinlich ist. Allerdings handelt es sich weniger um eine Geschichte von Nachfahren einer "glorreichen" Dynastie, die an dieser ererbten Bürde tragisch scheitern, sondern es geht um Menschen, die vermutlich ohne dieses fragwürdige Erbe es besser gehabt hätten. Immer wieder wird die Handlung durch übernatürliche Elemente gebrochen, bei vielen Szenen ist ein ironischer Unterton nicht zu übersehen. (Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Literaturwissenschaft gerade mit der ironischen Facette des Romans nichts anfangen kann und von dieser ziemlich verstört ist.)


    Mit dem historischen Fakten nimmt es Arnim nicht so genau, wobei ich den Eindruck habe, dass dies keineswegs nur dem damaligen historischen Wissensstand anzulasten ist, sondern vom Autor beabsichtigt war.


    Manches kommt mir allerdings recht gegenwärtig vor, da gibt es eben z. B. den Geheimbund, der eine geheime Mission verfolgt und die, welche ihm dabei in die Quere kommen, gleich umbringt. Allerdings erscheinen diese "gegenwärtigen" Elemente zum Teil gebrochen oder werden auf die Schippe genommen.


    Persönliche Meinung, sozusagen Fazit:
    Trotz der von mir zuvor beschriebenen Einschränkungen, aus heutiger Sicht wohl auch "Mängel", hat mir dieser den "historische" Roman aus der "Frühzeit" dieses Genre wesentlich besser gefallen als das Meiste, was heute am Buchmarkt unter dem Etikett "historischer / Historischer Roman" zu finden ist.


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    Die urheberrechtsfreie Kindle-Ausgabe von Teil 1, die es zurzeit bei Amazon gibt, ist jedenfalls (trotz einiger Tippfehler) eine gute Gelegenheit, um das Buch kennenzulernen.


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    Interessante Buchbesprechungen:


    Hartmut Ernst unter: http://www.lyrikwelt.de/rezensionen/diekronenwaechter-r.htm, sehr gute Einführung


    Christa Karpenstein-Eßbach unter: http://edoc.hu-berlin.de/hosti…F/karpenstein-essbach.pdf ACHTUNG: SPOILER, dieser wissenschaftliche Essay setzt voraus, dass das Buch bereits gelesen wurde.

    Zitat

    Original von SiCollier
    Um damit zu beginnen: die beiden Fragen an die Autorin lassen sich ganz einfach und leicht beantworten, wenn man zum einen nachsieht, was es hier im Forum für Rezensionen gibt und zum anderen zum Beispiel die Webseite der Autorin besucht; die habe ich im Eingangspost verlinkt. Dort sind beide Fragen beantwortet.


    Du hast Recht mit dem Verweis auf die Website, allerdings geht aus dieser für mich z. B. nicht hervor, ob Christine Neumeyer eine Schriftstellerin im Brotberuf ist, ob sie es im Nebenberuf ist oder nur aus Interesse. Dass sie über den Verlag publiziert, ist kein eindeutiges Kriterium, und ich möchte sie keineswegs bei einer Bewertung einfach in eine Schublade stecken, die dann vielleicht gar nicht zutrifft.

    Zitat

    [quote]Original von SiCollier
    Den Roman habe nicht ich so eingestuft, er wird vom Verlag so bezeichnet. Damit verbinde ich bestimmte Vorstellungen, die für mich hier zumindest teilweise nicht erfüllt wurden.


    Mein Eindruck ist allerdings, dass Verlage sehr viel als historischen Roman vermarkten, nur weil es irgendetwas mit Historie zu tun hat. Aber hätte die Autorin selbst ihr Buch auch als historischen Roman eingestuft? (Inwieweit war sie sich da mit dem Verlag tatsächlich einig?)


    Caterina von Siena ist historisch belegt, und es ist relativ viel über sie bekannt. (Wie zuverlässig diese Informationen sind, ist eine andere Frage, immerhin stand sie z. B. bereits zu ihren Lebzeiten im Ruf der Heiligkeit.) Also kann davon ausgegangen werden, dass ein Roman mit Caterina von Siena ein geschichtlicher Roman ist.


    Ob es sich um einen historischen Roman bzw. eine Biographieroman oder um einen Roman vor historischem Hintergrund bzw. vor historischer Kulisse handelt, hängt eigentlich davon ab, ob die (historische) Caterina oder die (fiktive) Monica die Hauptfigur ist.


    Aufgrund der in Deinem Einleitungsstatement zitierten Inhaltsangabe würde ich das Buch als Roman vor historischer Kulisse einstufen und ein "Frauenmärchen" (Monica will das das Färberhandwerk lernen) oder einen Abenteuerroman (Monica wird entführt und kommt dabei einer Verschwörung auf die Spur) mit Monica als Hauptfigur erwarten.


    Nach den Angaben in Sayyidas Statement ist dagegen Catarina die Hauptfigur und die Figur der Monica lediglich aus erzähldramaturgischen Gründen erfunden, da sie Catarina von Siena aus einer Außenperspektive zeigen wollte.


    Da ich das Buch noch nicht gelesen habe, ich überlege zurzeit, ob ich es lesen soll, kann ich selbst nicht beurteilen, inwieweit es Sayyida gelungen ist, das auch im Buch umzusetzen oder ob sich nicht doch Monica und ihre Geschichte letztlich in den Vordergrund gedrängt haben.


    Interessant wäre natürlich auch zu wissen, ob die Geschichte mit Monica nicht vielleicht auch als ein Zugeständnis an uns Leser/innen gedacht ist. Immerhin gibt es viele historische Unterhaltungsromane und Trivialromane (die meisten tarnen sich als historische Romane mit viel Geschichtswissen), in denen eigentlich nur das "Märchen" einer starken Frau erzählt wird, die im Mittelalter "Selbstverwirklichungstour" macht (und vielleicht indirekt die Tagträume von Ottilie Normalverbraucherin verwirklicht, die als Arbeitende, die froh ist, dass sie überhaupt noch Arbeit hat oder als Arbeitslose unter Schikanen ihr Dasein fristet.)


    Immerhin ist mir aufgefallen, dass z. B. im "Mittelalter" der Trivial- und Unterhaltungsromane des 21. Jahrhunderts das Religiöse entweder völlig fehlt oder auf gewisse Zerrbilder reduziert ist. (Figuren, ob historisch oder fiktiv, die im "Mittelalter"-Romanen mit religiösen Handlungen oder Religion zu tun haben, sind fast immer Negativfiguren.) So gesehen könnte ich mir vorstellen, dass eine Catarina von Siena als Protagonistin mit Blick auf den Buchmarkt des 21. Jahrhunderts ein heikles Thema ist.


    Zwar gibt es z. B. Romane um Hildegard von Bingen, aber Hildegard war im Unterschied zu Catarina kirchlich nicht unumstritten, bietet sich trotz ihrer Klosterstiftungen durchaus für eine kritische, sogar für eine "kirchenfeindliche" Rolle an und sie wurde im Gegensatz zu Catarina auch nie offiziell durch den päpstlichen Stuhl heilig gesprochen. Ganz im Gegenteil, um 1970 wäre sie beinahe aus dem kirchlichen "Heiligencodex" ausgeschieden worden, allerdings haben das die "Hildegard-Renaissance" und der "Hildegard-Kult" als Nebenerscheinungen der Naturheilkunde und alternativen Medizin, die zu dieser Zeit im Aufkommen war, verhindert.


    Auch der Roman, den eine recht beliebte Autorin, Sabine Weigand, über die Hl. Elisabeth von Thüringen geschrieben hat, wurde doch zwiespältig aufgenommen.


    Vielleicht wollte die Autorin mit ihrer Monika-Handlung diese Klippe umschiffen. Mit dieser wird uns, Leser/innen, sozusagen die "Identifikationsfigur" geboten, die jene Geschichte erlebt, die sich viele von uns von einem "historischen Roman" erwarten. Das wiederum macht es dann für die Autorin möglich, Catarina von Siena präsentieren zu können und zu hoffen, dass die Leser/innen sie vielleicht doch als Romanfigur akzeptieren können.


    Wie gesagt, es kommt sicher auch auf die Umsetzung an, über die kann ich aber erst urteilen, wenn ich das Buch gelesen oder wenigstens überflogen habe. Zurzeit bin ich mir allerdings recht unsicher, ob "Mit der Kraft von Purpur" ein Buch ist, das mir gefallen könnte.

    Allerdings war die Gestaltung der Messe immer wieder Veränderungen unterworfen, da haben wir z. B. das Zweite Vatikanum. (Es ist recht aufschlussreichsich einmal Fotos von Altarräumen anzusehen, die als Folge des Zweiten Vatikanums umgestaltet wurden.)


    Was die Zuverlässigkeit von Internet-Links betrifft, so beziehen sich diese doch in erster Linie auf die Gegenwart. Wie genau sind die Informationen zur Geschichte tatsächlich? Immerhin gibt es die christliche Religion seit knapp 2.000 Jahren, das Mittelalter (je nach Zählung zwischen ca. 700 und 1.000 Jahren) liegt auch schon wieder ca. 500 Jahre zurück, und was macht uns so sicher, dass überall in Europa dieselben Regeln, z. B., was die Gestaltung einer Messe (der Westkirche) betrifft, üblich waren. (Es gab durchaus Gründe für Sonderregelungen oder Ausnahmen.)


    Der Roman von Christine Neumayer spielt im 14. Jahrhundert und das bedeutet:
    1. vor dem Konzil von Konstanz
    2. über ein ganzes Jahrhundert vor Luthers "Thesen-Anschlag"


    Der Roman spielt also zu einer Zeit, wo in der katholischen Kirche jedenfalls noch keineswegs die Notwendigkeit bestand, sich von anderen christlichen (evangelischen) Kirchen abzugrenzen zu müssen, einzige Ausnahme waren die Ostkirchen, aber diese Spaltung gab es bereits seit Jahrhunderten.)


    Ein wesentlicher Unterschied (allerdings nicht der einzige Unterschied) zwischen evangelischen Messen und katholischen Messen ist, dass die katholische Messe die Eucharistie als Bestandteil voraussetzt, während bei den evangelischen Richtungen (zumindest den Lutheranern/innen und Kalvinisten/innen) nicht der Fall ist. (Aber auch da hat sich erst einiges entwickelt.) Dort wurde heute auch ein reiner Predigt-Gottesdienst als Messe bezeichnet, während in einer katholischen Kirche ausdrücklich darauf hingewiesen werden muss, wenn die Messe ohne Eucharistie stattfindet, da sie für die Katholiken keine wirkliche Messe ist. (Das weiß ich übrigens nur deswegen, weil ich das selbst einmal erlebt habe.)


    Ich würde keineswegs ausschließen, dass das vor der Reformation auch schon so strikt gehandhabt wurde, und ob die Internet-Informationen da wirklich zuverlässig sind?


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    Ähnlich sieht es übrigens auch mit den unehelichen Kindern aus, da spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle, um welche Bevölkerungsschicht und um welchen Stand es geht. Auch hier würde ich keineswegs davon ausgehen, dass die Toleranz unehelichen Kindern gegenüber erst eine Erscheinung des 21. Jahrhunderts ist und für das 14. Jahrhundert unglaubwürdig ist.
    (Eine wichtige Rolle spielt hier sicher auch die Umsetzung, und welche Figuren Autor/in für eine positive oder negative Wertung verwendet hat.)


    Zitat

    Original von SiCollier
    Wäre das Buch nicht als "historischer Roman", sondern einfach als "Roman" oder "Roman um Caterina von Siena" bezeichnet worden, hätte ich vermutlich eine andere Erwartung gehabt. Aber, ich wiederhole mich, an einen historischen Roman stelle ich andere Ansprüche, da möchte ich lesen, wie es damals war und nicht, wie wir heutige das damals gerne gehabt hätten.


    Die Einstuftung als historischen Roman ist eine eigene Frage. Da Caterina von Siena nun einmal eine historische Figur ist, ist der Roman zumindest ein Roman mit historischen Hintergrund und einer historisch belegten Hauptfigur. Inwieweit dieser historische Hintergrund nur Kulisse oder tatsächlich auf belegten Fakten aufgebaut ist, wäre zu untersuchen.


    Deine Forderung, SiCollier: "da möchte ich lesen, wie es damals war", ist, mein Eindruck, allerdings für einen historischen Roman gar nicht erfüllbar, denn eine tatsächliche Zeitreise ins 14. Jahrhundert wird unsere Autorin wohl kaum gemacht haben. :wave


    Den historischen Roman, der tatsächlich mit dem Anspruch auftritt, eine historische Figur und ihre Zeit wirklich so zu beschreiben, wie sie tatsächlich war, und diesen Einspruch auch einlösen konnte, habe ich noch nicht gefunden, denn selbst zeitgenössische Quellen sind keineswegs in Bezug auf Glaubwürdigkeit über jeden Zweifel erhaben.
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    Abschließend noch zwei Frage zur Autorin, die mich wirklich interessieren:


    1.)
    Handelt es sich bei ihr um eine Anfängerin, die ihre ersten Schritte auf den Buchmarkt versucht oder ist sie schon länger dort tätig?


    2.)
    Ist sie eine Berufsschriftstellerin, also jemand, der vom Buchverkauf und anderen damit zusammenhängenden Möglichkeiten ihren Lebensunterhalt beschreitet?


    --------------------Artikel wurde nach der berechtigten Kritik von SiCollier in Bezug auf seine Übersichtlichkeit leicht geändert.

    Es gibt viele Kriminalromane, es gibt viele historische Romane - darunter zu viele, die ich leider nicht einmal als einmalige Lektüre (zurUnterhaltung) zu empfehlen wage: zu beliebig Zeitepoche und "plot", zu austauschbar Handlungselemente und Figuren, zu viel zeitgeistige Stereotype und Klischees "en masse".


    Vielleicht ist das der Grund, warum "Die zweite Herzogin" gänzlich unbekannt sein dürfte. Es ist wirklich nicht leicht, bei so vielen solchen Büchern, die besseren und die wirklich guten nicht zu übersehen.


    "Die zweite Herzogin" gehört zu diesen Büchern. Endlich einmal ein Roman, der als historischer Roman und Kriminalroman (Whodunit) gleichermaßen gelungen ist, dazu mit Hauptfiguren, die in die dargestellte Zeitepoche passen und von dieser bestimmt werden, die wiederum durchaus authentisch wirkt.


    Uneingeschränkte Leseempfehlung - ein Roman, dem Leser/in eine Chance geben sollte.

    Zitat

    Original von Euridike
    Hallo!


    Ich würde einen Roman schreiben über eine historische Persönlichkeit, die bei vielen möglichen Lesern Interesse wecken könnte. Banale Beispiele: Hildegard von Bingen, Franz von Assisi, Napoleon, Johanna von Orleans und "Sisi" :grin .
    Ich vermute, es ist wichtig für die meisten Leser, eine geistige Brücke schlagen zu können.


    MfG


    Auf der anderen Seite sind viele bekannte Persönlichkeiten doch als Thema für Romane recht ausgelutscht. Bringt es wirklich etwas, wenn ich den soundsovielten Roman über Sisi, Napoleon oder Johanna schreibe? (Selbst zu Hildegard und Franz gibt es schon einiges.) Anders wäre es, wenn ich mit den bisherigen Büchern selbst nicht glücklich bin oder eine neue Idee zu diesen bekannten Persönlichkeiten bieten kann.

    Allerdings hat Conn Iggulden einige Qualitäten, die bei Rebecca Gablé eben nicht gegeben sind.


    Geschichtliche Fakten werden bei ihm etwas ambivalenter vermittelt. Er dürfte eindeutig etwas mehr historisches Know-How als sie haben. So geht es bei ihm z. B. nicht ausschließlich um die Belange des Adels oder der Sieger, sondern es wird auch aus der Sicht von Figuren aus der Unterschicht erzählt. Die Figuren, aus deren Sicht erzählt wird, sind zudem entweder die Verlierer/innen oder sie stehen eindeutig auf der Verliererseite.


    Letztlich können mich beide Romanschriftsteller/innen als Geschichtsvermittler/innen nicht wirklich überzeugen, ich vermisse bei beiden in ihren Romanen den Einbezug von geschichtlichen Zusammenhängen und die Gestaltung von tatsächlichen geschichtlichen Entwicklungen, letztlich reduziert sich das Geschichtliche doch wieder auf das reine Machtgerangel von zwei Parteien, wofür ein geschichtlicher Stoff halt nicht nötig ist.


    Für Rebecca Gablé sind die gut, die gesiegt haben, die Ambivalenz von geschichtlichen Entwicklungen wird von ihr völlig ignoriert. Die von Siegern/innen geschriebene Geschichtssicht wird kritiklos bejaht. (Ihre Bücher sind zudem eher Märchen, ihr Mittelalter ist vermutlich dem Wilden Westen eines Karl Mays vergleichbar, der sozusagen den eskapistischen Ausflugsort für die Leser/innen bietet.)


    Conn Iggulden gelingt trotz gewisser Recherche ebenfalls kein wirklich überzeugender Zugang zum Mittelalter. Offensichtlich kann er sich nicht in diese Zeit versetzen. Daher ist vieles bei ihm heutiges Klischee und überzeichnet. Zudem reduziert er Geschichte ebenfalls wie auch Gablé auf das Wirken von Einzelfiguren.

    Charles Bovary, Landarzt: Porträt eines einfachen Mannes
    (Die Erstausgabe wurde 1978 bei Klett in Stuttgart 1978 publiziert.)


    Zum Inhalt:
    Geschehnisse des Romans "Madame Bovary" von Gustave Flaubert werden hier aus der Sicht von Emma Bovarys Ehemann Charles gezeigt, wobei sich der Autor einige Abweichungen von der Handlung bei Flaubert erlaubt hat.


    Zum Autor:
    Hans Mayer (31. Okt. 1912, Wien - 17. Okt. 1978, Salzburg), der als Schriftsteller unter dem Anagramm Jean Améry publizierte, war jüdischer Herkunft und kämpfte im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, ehe in verschiedene KZs deportiert wurde. Nach 1945 arbeitete er als Kulturjournalist in der Schweiz, wobei er zeitweise die Publikation seiner Texte in Deutschland verbot.


    Meinung zum Buch:
    Bei dem Buch handelt es sich um eine Roman-Essay, da stark von der Auseinandersetzung des Schriftstellers Jean-Paul Sartre mit Gustav Flaubert beeinflusst ist. Améry nimmt eindeutig gegen Gustave Flaubert Stellung und dessen Konzeption der Romanfigur des Charles Bovary.


    Was Leser/innen auch immer persönlich von Amérys Interpretation des Romans "Madame Bovary" halten mögen, zur Auseinandersetzung mit der Erzählperspektive eines Romans und zur kritischen Hinterfragung von Romanfiguren ist dieses Buch eine sehr interessante Lektüre.


    Sicher nichts für Leser/innen, die nur kurzweilige Unterhaltung beim Lesen suchen, aber sicher interessant für jeden, der sich selbst mit anspruchsvoller Textinterpretation und Figurenanalyse beschäftigt.

    Zitat

    Original von Ratzefatz
    ... Bisher waren Martins Prophezeiungen außerdem so, dass immer erst im Nachhinein alles sonnenklar war. Die Prophezeiung über Cerseis Tod dagegen besagt deutlich, wer Cersei töten wird und was bis dahin noch passieren muss. Das finde ich schade, weil dadurch keine rechte Spannung mehr aufkommt.


    So eindeutig ist Prophezeiung aber nicht. Für den Tod von Cersei kommen immerhin zurzeit gleich mindestens zwei, vermutlich sogar drei Figuren in Frage, außerdem ist auch noch offen, wie dieser Tod sein wird. (Möglicherweise handelt es sich um einen Akt der Erlösung für sie und keine Gewalttat.)


    Weiter kommt hier das Motiv der selbsterfüllenden Prophzeiung zum Tragen, denn es spricht einiges dafür, dass Cersei alles tun wird, um ihre Kinder zu schützen, und so ist zu befürchten, dass ihre Handlungen das Gegenteil zur Folge haben. Das verspricht eigentlich noch recht viel Spannung.

    Obwohl es um die Aufklärung eines Verbrechens geht, ist "Der Mann im braunen Anzug" mehr Abenteuerroman und "Frauenroman" mit ein wenig Agententouch als Krimi.


    Für die Entstehungszeit dieses Romans ist die weibliche Hauptfigur Anne Beddington eine recht moderne Heldin. Ein Mädchen auf Arbeitssuche gerät durch Zufall in einen Mordfall, muss erleben, dass ihr nicht geglaubt wird und macht sich selbst an die Aufklärung, wobei sie auch keine Bedenken hat, gleich auf eine Afrikareise zu gehen, als dies notwendig ist, obwohl sie keineswegs mit großartigen Geldressourcen gesegnet ist. Eine "heimliche" Abenteuerin also, auch wenn es leider zuletzt wieder auf das Zusammenfinden mit "Mister Right" herausläuft, aber das war wohl ein Zugeständnis an die Entstehungszeit. Vom Typus erinnert Anne an Emily ("Das Geheimnis von Sittaford") und Victoria ("Sie kamen nach Bagdad") sowie an Tuppence, wobei letztere einige Wandlungen durchmacht, was allerdings auch damit zusammenhängt, dass sie in mehreren Romanen ("Ein gefährlicher Gegner", "Die Büchse der Pandora", "Rotkäppchen und der böse Wolf", "Alter schützt vor Scharfsinn nicht") und in verschiedenen Lebensaltern auftaucht.


    Wie bei diesen ist auch ihr "Mister Right", der titelgebende "Mann im brauen Anzug", ein ruhiger Typ, sozusagen als Kontrast, und ähnlich wie Emily versucht sie seine Unschuld zu beweisen, von der sie recht bald überzeugt ist. (Wobei er selbst im Unterschied zu Emilys Verlobten etwas weniger unbeholfen ist.)


    Sir Eustace Pedlers Tagebuch-Eintragung sind auch eine gelungene Ergänzung zu Annes Perspektive, der ältere Herr, keineswegs unsympathisch, punktet vor allem mit seinem Humor, kann er doch auch über sich selbst lachen.


    Auch einer von Agathas Christies Detektiven (Hercule Poirot ist der Bekannteste, aber nicht der einzige) hat hier Auftritt.

    Der erfüllt zwar diese Funktion, doch ist dies ohne Kenntnis anderer Bücher von Christie, in denen er auftaucht, nicht sofort zu durchschauen.


    Gut gefallen hat mir auch


    Ein sympathischer Kriminalroman, und wer nicht ausschließlich bei Agatha Christie Miss Marple oder Hercule Poiret erleben will, dürfte auch diese Krimistory gefallen.

    Zitat

    Original von Johanna


    Heute vermutet man eine Art Geisteskrankheit oder psychisch starke Störung. Genau kann man es wohl nicht sagen, zumindest ist eine Diagnose schwer ohne ihn vor der Nase zu haben. :grin


    Eer war überhaupt nicht für das Amt geeignet - der Nachteil bei einer Erbfolge von Papa zu Sohn.
    Daher war Marguerite ja auch so wchtig, da sie die wesentlich geeignter war. (Wie eh meist die Fauen :chen )


    Zitat

    Original von Jenks
    Ich vermute auch mal, dass er mindestens an starken Depressionen litt. Sowas war ja früher nicht bekannt. Oder allenfalls nannte man es "Schwermut". :rolleyes


    Es spricht sehr viel dafür, dass Henry VI. erblich vorbelastet war (das wird auch von den meisten Historikern/innen angenommen), und deswegen hat mich im Nachwort des Romans auch ziemlich genervt, dass der Autor über den "Schwachsinn" von Henry VI. herzieht (als ob das seine Schuld war) und doch mehrmals betont, dass Henry V., sein Vater, einen solchen Sohn wirklich nicht verdient hätte. Nun, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Heinrich V. nicht Catherine von Frankreich geheiratet hätte. Schon die Schlacht von Azincourt im Jahr 1415 soll ihr Vater, König Charles VI., nicht mehr mitbekommen haben, und das war bereits einige Jahre vor dieser Hochzeit.


    Fakt ist, dass die Krankheitsymptome, die Heinrich VI. nachgesagt werden, auch für seinen Großvater müttlicherseits, den französischen König Charles VI., nachgesagt werden, wobei sie sich bei diesem letztlich wesentlich schlimmer ausgewirkt haben dürften (Phasen von Handungsunfähigkeit, Verfolgungswahn, Unansprechbarkeit und Ähnliches, die zunächst noch mit Phasen der Normalität wechselten, die allmählich immer seltener wurden.) Die Ursache für den Wahnsinn Charles VI. ist nicht eindeutig geklärt.


    Zufall? Offensichtlich war Henry VI. erblich belastet, doch hatte ich im Buch den Eindruck, dass der Autor da doch gegenüber den historischen belegten Fakten ziemlich übertrieben hat. (Wie auch bei manch anderen Details, so z. B. seine Beschreibung der Armut am Hof Renés von Anjou oder der Schikanen, mit denen die arme Margaret von ihren Brüdern fertig gemacht wird.)


    Ob Henry VI. überhaupt nicht für das Amt geeignet war, finde ich, ist übrigens auch nicht so eindeutig zu beantworten.


    Das Erbe, das er von seinem Vater übernahm, war ein äußerst Schwieriges. Sein Großvater und sein Vater waren als englische Könige keineswegs unangefochten. Der Krieg mit dem Königreich Frankreich, dessen Krone sein Vater beanspruchte, war keineswegs erfolgreich beendet, als dieser starb, und hinzu kam noch mit dem Königreich Schottland ein feindlicher Nachbar und auch die Herrschaft in Irland hatte immer wieder Aufstände zur Folge. Dass sein Vater bald nach seiner Geburt starb, war ein weiterer Nachteil, denn es bedeutete, eine lange Vormundschaftsregierung, bei der die Vormündern durchaus ihre eigenen Interessen verfolgten.


    Die Herrschaft von Henry VI. fiel in von Beginn an eine politisch sehr schwierige Zeit. Henry VI. gründete z. B. das "King's College" der Universität in Cambridge und das "King’s College of our Lady of Eton". Neben der Religion galt sein Interesse den Büchern und der Bildung. Während einer politisch ruhigeren Herrschaftsphase wäre er (unterstützt von guten Ratgebern) wahrscheinlich ein passabler Herrscher und ein erfolgreicher Mäzen geworden.

    Mit "Damenfriede" beendet Marie Cristen ihre Romanserie / Familiensaga "Beginenfeuer", "Die Stunde des Venezianers" und "Das flandrische Siegel". Der Kreis schließt sich, wobei die Verbindung von historischen Geschehnissen und privaten Angelegenheiten der fiktiven Figuren eine recht gut überlegte und schlüssige Lösung findet.


    Doch wenn auch immer wieder auf Geschehnisse der drei anderen Büchern eingegangen wird, ist auch dieses Buch in sich abgeschlossen und kann für sich selbst und ohne Vorkenntnis aus den früheren Büchern bestehen.


    Marie Cristen bietet mit "Damenfriede" einen für das 21. Jahrhundert typischen historischen Unterhaltungsroman. Leser/innen werden aus der tristen Gegenwart in die abenteuerliche Welt des Mittelalters gebracht, wo sie mit einer fiktiven Heldenfigur (tapfer, gutaussehend, aus guter Familie) die Zeit als abenteuerliche Gegenwelt erleben und diese auf ihrem leidvollen Weg bis zum Happyend begleiten dürfen, der immer wieder von historischen Figuren in wichtiger Position wie z. B. Könige/innen gekreuzt und beeinflusst wird. Nicht selten wird die fiktive Figur sogar zum Wegbegleitung einer historischen Figur.


    Die Figur der Simona erfüllt dieses Schema bestens, eine misshandelte Ehefrau, die nach dem Tod des bösen Mannes ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt und nach abenteuerlichen Erfahrungen, in denen sie auch in historische Geschehnisse verwickelt wird, nicht nur die Gunst der französischen Regentin Louise von Savoyen gewinnt, sondern natürlich auch jenem Mann begegnet, der ihr Mister Right ist und mit dem sie hoffentlich auch zusammenfinden wird.


    Zu den Stärken des Romans gehört allerdings, dass diese hier von mir beschriebenen Merkmale mir erst bei meiner üblichen Textanalyse, nachdem ich mit dem Lesen fertig war, aufgefallen sind. Das bedeutet, Marie Cristen folgt zwar einem gängigen Romanschema und verwendet Stereotypen, aber es gelingt ihr eine überzeugende Umsetzung, sodass diese Merkmale beim Lesen selbst nicht auffallen.


    Die Handlung um Simona, die letztlich am Zustandekommen eines historischen Geschehnisses beteiligt ist, liest sich als eine gelungene Mischung aus Abenteuer-, Liebes- und Entwicklungsroman, ist durchwegs abwechslungsreich erzählt und hat die eine und andere Überraschung bereit


    Die wichtigsten Figuren sind keine großartigen Schöpfungen, aber überzeugend. Positiv ist mir auch aufgefallen, dass richtige negative Klischeefiguren nur als Randfiguren eingesetzt sind. Aber selbst hier gibt es die eine oder andere Nuance.


    Gerade an der Ausgangssituation lässt sich das gut erkennen: Simonas Ehemann ist ein wirklich übler Kerl, keine Frage, aber er profitiert auch davon, dass Simona zu stolz ist, über die Misere ihrer Ehe mit jemanden zu sprechen. Dass ihr Vater sie nach dessen Tod wieder zu verheiraten versucht, macht ihm keineswegs zu einem "Rabenvater", sondern er will nur ihr Bestes, soweit dies noch möglich ist, und versucht ihr immer wieder Hilfe zu geben.


    Der "Friedensvertrag von Cambrai", auch der "Damenfrieden" genannt, der dem Roman den Titel gibt, wurde am 5. August 1529 tatsächlich geschlossen, nach Verhandlungen, die von Louise von Savoyen (der Mutter des französischen Königs Franz I.) und Margarete von Österreich (der Tante von Kaiser Karl V.) geführt hatten.


    Cristen ergreift hier eindeutig Partei für die französische Regentin Louise, die von ihr auch eine recht positive Charakterzeichnung bekommt. Wird auch im Roman selbst immer wieder eine Kritik an der Königsmutter geübt, so wird doch eindrucksvoll gezeigt, wie ernst Louise ihre schwierigen politischen Aufgaben nimmt und dass sie es sich keineswegs leicht macht, mit ihren Entscheidungen. Dass sie zudem unter schweren gesundheitlichen Problemen leidet, die sie geheimzuhalten versucht und von denen sie sich nicht unterkriegen lässt, macht sie natürlich sehr sympathisch.


    Weniger positiv wirkt da die Figur der Erzherzogin Margarete als temperamentvolle und lebenslustige Politikerin, die auch rücksichtslos sein kann und zudem recht launenhaft wirkt. Aber auch sie ist erfreulicherweise keine klischeehafte Hassfigur.


    Dass beide Frauen fähige Politikerinnen gewesen sein dürften, dafür gibt es historische Belege. Sehr schön, dass es Cristen auch gelungen ist, dass in ihrem Roman überzeugend rüberzubringen.


    Im Roman sind beide Frauen übrigens Freundinnen, die eine gemeinsame Kindheit verbindet, auch wenn sie sich schon lange nicht mehr getroffen haben. Ob historisch oder fiktiv, es ist eine Idee, die jedenfalls den historischen Fakten nicht widerspricht. Wie die beiden tatsächlich zu einander standen, dazu fehlen Belege. (Wenn also z. B. Thea Leitner in ihrem populärwissenschaftlichen Sachbuch "Habsburgs verkaufte Töchter" behauptet, dass die angeblich wenig attraktive Louise schon von Kindheit an auf Margarete eifersüchtig gewesen wäre, ist dies lediglich eine Annahme, aber kein Fakt.)


    Die übrigen historischen Figuren kommen weniger gut weg, sind aber auch nur Randfiguren, weswegen es nicht stört.


    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen - ein gelungener, spannender und kurzweiliger Unterhaltungsroman, der zudem auch auf ein unbekannteres Geschichtskapitel neugierig macht. Sicher kein Werk mit Hochliteraturanspruch, aber meine Erwartungen wurden letztlich übertroffen.