Entschuldigung - versehentliche Fehlposting
Beiträge von Teresa
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Original von magali
zur Ausgangsfrage: wann ist ein historischer Roman ein historischer Roman?So weit ich das übersehe gilt für LeserInnen:
die Handlung muß in einer Zeit spielen, die deutlich als 'Vergangenheit' wahrgenommen werden kann. Hundert Jahre sind auf jeden Fall akzeptabel (das WK I-Beispiel), wenn es näher an die Gegenwwart rückt, wird's schwierig.
Es müssen nicht unbedingt historische Persönlichkeiten auftreten.
Die beschriebene Zeit soll so gut wie möglich als Zeit in der Vergangenheit dargestellt werden. Recherche ist gern gesehen, verläßliche Sachinformationen vor allem über den Alltag 'früher' werden gern gelesen.
Wenn die tatsächlichen Überlieferungen lückenhaft sind, darf die Autorin ergänzen, wenn sie nicht aus dem Bild fällt dabei. 'Wie es gewesen sein könnte' akzeptiert man gern, es muß aber auch überzeugend sein.
Alternativgeschichte löst keine größere Begeisterung aus. ?
Nachworte werden gern gelesen und durchaus als zu 'historischen' Romanen gehörig betrachtet. Informationen über Recherchearbeiten werden gern gelesen und geschätzt als Ergänzung zum Roman.
Was noch?
magali
Ich finde deine Zusammenfassung sehr gut.
Allerdings denke ich, dass eine Alternativgeschichte durchaus gut ankommt, wenn sie den Geschmack von Leser/in trifft und solange Autor/in sie auch als Alternativgeschichte deklariert. Wenn ich von vornherein weiß, dass es eine Alternativgeschichte ist und sie mir nach dem Lesen deshalb nicht gefällt, kann ich das nicht Autor/in anlasten. "Lesen in diesem Fall erfolgt auf eigene Gefahr."
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PS für Magali: "Hätte ja auch sein können, daß Du selber gerade einen historischen Roman schreibst." - Ich versuche tatsächlich zurzeit einen Historischen Roman zu schreiben , aber um Fürsten, die ihre historischen Rendezvous versäumen, geht es darin nicht
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Rückfrage, weil ich etwas nicht verstanden habe:
Regen und Hochwasser. Woher stammt die Information? Also, das Buch über die Zeit. Fachbuch, Sachbuch, gleichfalls Roman?
Wenn das Wetter als Grund aus zeitgenössischen Quellen belegbar ist, ist das verläßliche Information, sebst wenn es die Originalquellen nicht mehr gäbe. Geht ja auch was verloren oder kaputt über die Jahrhunderte.
Wenn das Buch aber ein Roman ist, ist es egal, dann kann die Autorin auch selber etwas erfinden. Der Fürst hatte Zahnweh, seine Mutter war krank. Er hatte keine Lust. Sein Pferd hat ein Hufeisen verloren ...magali
Das Beispiel ist meine eigene Erfindung.
(Die Anregung dazu war ein Reichstag, wo der Kaiser tatsächlich wegen Hochwasser später als geplant ankam, allerdings waren die anwesenden Kufürsten noch nicht abgereist.)Wenn das Buch ein Roman ist, finde ich es völlig in Ordnung, wenn sich Autor/in eine eigene Erklärung einfallen lässt. (Dies umso mehr, wenn es bisher keine eindeutig historische Erklärung gibt.)
Allerdings finde ich es auch sehr schön, wenn es nicht schon wieder der übliche Hinterhalt, ein missglückter Mordversuch oder eine Intrige des Schurken sind, die das zu verantworten haben. Ich mag es, wenn Autor/in etwas Originelles einfallen lässt, und ein wenig banaler Alltag macht sich auch immer ganz gut.Wenn allerdings die Idee tatsächlich einen Bezug zu historischen Fakten hat, ist so etwas für mich besonders gelungen, z. B. im Leben des Fürsten gibt es genug Hinweise, dass er oft Zahnweh hatte, der Fürst hatte tatsächlich eine sehr enge Beziehung zu seiner Mutter, es ist zumindest ein Vorfall überliefert, aus dem sich schließen lässt, dass der Fürst den anderen Fürsten für eine ausgemachten Esel hielt - und aus einem solchen Fakt entsteht dann das Motiv.
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Original von Buchdoktor
Du hast an anderer Stelle mal gefragt, welche Art von Manuskripten historischer Romane Verlage wohl einkaufen würden. Hier beisst sich nun meiner Ansicht nach dein Anspruch an die professionelle/wissenschaftliche Recherche eines Autors mit der Realität des Marktes. Bücher werden für real existierende Leser/Käufer geschrieben - und die lassen einen historischen Roman vermutlich nicht deshalb im Laden liegen, weil das Nachwort nicht ausführlich genug ausfällt.Obwohl ich erklärter Fan von Nachworten bin, genügen mir darin wenige Hinweise zum Verhältnis von Fakten und Fiktion und den genutzten Quellen. Vorbildlich war darin ein Krimiautor: Oliver Bottini mit einer umfangreichen Personenliste im Anhang.
Nur eine Klarstellung - offensichtlich hast du mich missverstanden. Mir geht es nicht darum, dass ein Nachwort ausführlich zu sein hat, sondern wie es um seine Information bestellt ist bzw. wozu es Autor/in nützt. Die Qualität eines Nachworts hängt eben nicht von der Ausführlichkeit ab, und wenn Autor/in darin nur ein paar allgemeine Dinge zur Entstehung seines historischen Romans bringt und überhaupt nicht darauf eingeht, was Fakt, was Fiktion ist, ist das für mich auch in Ordnung.
Ebenso wenn er/sie kein Nachwort schreibt, ist das in Ordnung - besser als ein unnötiges Nachwort, eine indirekte Lobeshymne auf sich selbst, ein Versuch, Leser/innen seine Meinung aufzunötigen oder Ähnliches. Darauf kann ich jedenfalls verzichten
Ich finde halt, dass auch bei einem historischen Roman Autor/in nur dann ein Nachwort schreiben sollte, wenn er/sie etwas zu zusätzlich zum Roman Leser/innen mitteilen will, was für diesen interessant sein könnte.
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Nun, der Roman "Desiree" von Annemarie Selinko ist 1951 erschienen. Wenn Desiree hier eine Seidenhändlerstochter ist, so mag dies dem damaligen Stand der historischen Forschung entsprochen haben. Abgesehen davon stimmt zumindest das Milieu, auch nach neueren Forschungsergebnissen war der Vater im Handel tätig.
(Hinzu kommt, dass es 1951 noch kein Internet gab, das zur Recherche Zugriff auf sämtliche Universitätskataloge und Buchkataloge ermöglicht, und falls es damals schon an wissenschaftlichen Bibliotheken so etwas wie eine Fernleihe gegeben hat, wird diese wohl nicht gerade so umproblematisch wie heute zu nützen gewesen sein.)---------
ZitatOriginal von Lese-rina
Und um die Trennung von Fiktion und Realität hinzubekommen finde ich ein Nachwort ganz unerläßlich. Profis brauchen das nicht, klar.Nun, es gibt genug Autoren/innen, bei denen ich finde, dass es klüger für sie gewesen wäre, kein Nachwort zu schreiben. (Prange ist zwar der letzte Autor, aber nicht der/die erste Autor/in, deren Nachwort mir einen ohnehin nicht wirklich gelungenen Roman verleidet hat).
Wenn Autor/in dagegen das Nachwort seriös nützt bzw. in diesem wirklich etwas zu ihrem Buch zu sagen hat, ist so ein Nachwort eine feine Sache. Davon abgesehen finde ich, dass ein Nachwort auch etwas Interessantes für eine/n Profi sein kann. Ich finde es immer interessant, wenn Autor/in die Leserschaft wissen lässt, wie er/sie zu ihrem Stoff gekommen ist, warum er/sie gerade diesen Stoff gewählt hat, warum er/sie sich bei Quellen, die von einander abweichen gerade für diese Quelle und nicht die andere entschieden hat oder warum eine bestimmte Erzählperspektive gewählt wurde, um nur einige Beispiel zu nennen.
------------ZitatOriginal von magali
Im Text enthaltene Realia, Sachinformationen, wie groß der Diamant der Kaiserkrone war, ob es am 15 April 1645 regnete oder Wilhelm I. sich zum Baden eine Kupferwanne aus dem Adlon ins Schloß bringen ließ, sind nicht ausschlaggebend. Eigentlich sind sie völlig egal.
Ebenso egal, wie die herzzereißenden Berichte der Autorin, wie viele Fingernägel sie bei der Recherche abgekaut hat.
Das alles macht den Roman nicht wahrer.Kommt darauf an, wie solche Sachinformationen eingesetzt werden und was für eine Bedeutung sie in der historischen Geschichte haben. Sie könnten z. B. durchaus für eine schlüssige Erklärung genutzt werden, wenn es da eine weiße Stelle gibt. Zum Beispiel: das geplante Treffen zwischen zwei Fürsten scheiterte daran, dass der eine erst in der Stadt K. ankam, nachdem der andere bereits von dort abgereist war. In den historischen Quellen, die ich bei einer Recherche durchgesehen habe, finde ich keine Erklärung. Aber in einem Buch über diese Zeit erfahre ich, dass im Monat, wo die beiden sich hätten treffen sollen, der Rhein gerade wegen schwerer Regenschauer Hochwasser führte. Das könnte durchaus ein brauchbares Motiv dafür sein, um zu begründen, warum es mit dem historischen Treffen nicht geklappt hat.
Gebrauchsgegenstände wie dass Wilhelm I. in einer Badewanne aus Kupfer gebadet hat, können auch zu dessen Charakteristik genützt werden.
Sollte der Diamant der Kaiserkrone eine zentrale Rolle in meiner Geschichte spielen, macht eine ausführliche Beschreibung von ihm durchaus Sinn, und wenn sie noch den Fakten entspricht und nicht meine eigene Erfindung ist, umso besser.
Auch für eine gewählte Perspektive könnte exakte Angaben zur Größe Sinn machen. Wenn ich z. B. die Krone aus der Sicht einer Figur beschreibe, die ein Experte für Edelsteine sein soll, wirkt diese Figur sicher glaubwürdiger, wenn ich sie mit tatsächlichen Fachwissen ausstatte.
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Zitat
Original von magali
Gegenfrage: was erwartest Du von einem historischen Roman?
...Dass der Roman auch das einlöst, was er verspricht.
Von einem Roman, der als historischer Roman gilt, erwarte ich z. B., dass die Haupthandlung in der Vergangenheit spielt und dass diese Vergangenheit halbwegs authentisch wirkt.
Sollte die beschriebene Zeit gar nicht "authentisch", so sollte sie wenigstens so gelungen sein, dass ich gerne bereit bin, zu glauben, dass es damals so gewesen sein könnte, selbst wenn ich weiß, dass das alles nur die Fantasie des/der Autors/Autorin ist.
Wenn der Roman sich dagegen z. B. als eine Liebesgeschichte aus der Zeit der Kreuzzüge präsentiert, dann erwarte ich zumindest, dass die Liebesgeschichte auch etwas mit der Zeit der Kreuzzüge zu tun hat. Allerdings erwarte ich hier keineswegs, dass z. B. ein Kreuzzug "authentisch" geschildert wird. (Wenn das aber auch noch der Fall ist, bin ich wohl positiv überrascht.)
Lässt ein/e Romanautor/in Menschen auftreten, die historisch belegt sind, so hängt für mich viel von der Rolle ab, die er/sie für die Handlung übernehmen.
Wenn der König / die Kaiserin / der Herzog / der Bischof z. B. nur vorkommt, um Heldin und Held zuletzt zu ihrem Glück zu verhelfen, reicht es mir gewöhnlich, wenn einleuchtend ist, warum er/sie letztlich Heldin und Held hilft.
Wenn er/sie dagegen eine Hauptfigur ist, denke ich, dass von einem/r guten/r Autor/in erwartet werden darf, dass ihr auch eine gelungene Mischung aus überlieferten Fakten und fiktiven Ideen gelingt.
-----------ZitatOriginal von Rumpelstilzchen
Ich denke, das Problem taucht deshalb auf, weil es die verschiedensten Arten von hitorischen Romanen gibt.
Meine Erwartungen richten sich da vor allem nach den Aussagen der Autoren.
Nimmt jemand für sich in Anspruch, historische Ereignisse wiederzugeben, dann sollten da keine groben Schnitzer auftauchen.
Dabei geht es mir nicht darum, ob Person XY sich an diesem Tag mit rosa oder gelben Taschentüchern die Nase geputzt hat. Sondern um die Tatsache, dass zu dieser Zeit Taschentücher überhaupt in Benutzung waren.
Ich möchte bei Büchern, in denen real existierende Personen vorkommen, nichts lesen müssen, das zu historischen Tatsachen im Widerspruch steht.Bei Romanen, die eine bestimmte Zeit lediglich als Rahmen für eine erfundene Handlung nutzen, mache ich mir überhaupt keine Gedanken um "historische Wahrheiten".
Das kann ich nur unterschreiben (wenn ich auch vielleicht bei den Taschentüchern nachsichtig wäre, falls das der einzige Schnitzer ist und das Buch mich als Ganzes überzeugt), letztlich wichtig ist auch, was ein Buch verspricht und was es hält (bzw. sein/e Autor/in, der Verlag etc.).
Bei Veränderungen der Fakten erwarte ich allerdings, dass das einen Grund hat.
Nehmen wir ein fiktives Beispiel für dieses Mal:
Beim Turnier in der Reichsstadt N. war der Herzog von X. nicht anwesend, im Roman hat er hier einen ersten Auftritt.
Wenn die geschichtlichen Fakten dabei nicht völlig ins Gegenteil verdreht werden (Herzog hätte z. B. bei diesem Turnier tatsächlich dabei sein können) und dieser Auftritt für die Handlung des Romans etwas bringt (z. B. Herzog ist eine wichtige Nebenfigur, und es ist die ideale Gelegenheit für Autor/in ihn in die Handlung einzuführen), würde ich es gelten lassen.
Problematisch ist es für mich allerdings, wenn die Abwesenheit des Herzogs z. B. darauf zurückzuführen ist, weil er mit den Bürgern von N. ständig in Fehde war und sein Auftritt auf dem Turnier absolut unnötig ist. -
Ich erinnere mich noch daran, dass ich als Kind ein Buch gelesen haben mit Titel "Lösegeld für Löwenherz" (der gute König Richard war hier übrigens eine reine Randfigur und als solcher ein arroganter Idiot). Das Buch, das ich in unserer Bücherei entdeckt hatte, war ein historischer Roman für Jugendliche (und was mich damals sehr gestört hat, das ist zum Glück heute anders, keine weiblichen Figuren mit einer etwas wichtigen Rolle).
Dieses Buch hatte jedenfalls damals ein Nachwort, das war Anfang der 1980er-Jahre nicht so selbstverständlich, und hier hat der Autor ausdrücklich erklärt: Es sei klar, dass Herzog Leopold V. der Tugendhafte (das ist dieser (nieder-)österr. Babenberger-Herrscher, der in den Lösegeldcoup um Richard III. verwickelt war) auf dem Dritten Kreuzzug sicher Knappen, Trossbuben und Knechte mitgehabt hat. Da jedoch keine Namen überliefert sind, musste er diese erfinden.
Als Kind fand ich das einleuchtend, und ohne diese erfundenen Figuren hätte es auch keine Figuren gegeben, mit denen sich der jugendliche Leser (weniger die jugendliche Leserin) hätte "identifizieren" können.
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Sehen wir uns nun ein aktuelles Buch an (für Erwachsene): " Ich, Maximilian, Kaiser der Welt" von Peter Prange. (Das Buch gilt als historisch großartig und gelungen, eine Meinung, die ich absolut nicht nachvollziehen kann - aber das ist hier nicht das Thema.)
Jedenfalls ist es ein Roman, wo fast keine Figur auftaucht, die nicht auch historisch nachgewiesen ist. (Einzig die Jugendliebe von Philipp dem Schönen dürfte eine Erfindung sein. Die spätere Ehefrau von Wolfgang von Polheim war zwar keine Hofdame von Maria von Burgund, aber sie hieß jedenfalls Johanna, und hier wäre vorstellbar, dass zwei Figuren kompiliert wurden, eine Methode, die der Autor auch bei seinen anderen historischen Figuren in diesem Roman angewendet hat.
Steigert die Beschränkung auf ein rein historisches Figurenreperatoire und der weitgehende Verzicht auf fiktive Figuren die Historizität eines Romans?
Auf den ersten Blick wäre die Antwort sicher ja, denn wenn gleich Figuren verwendet werden, die auch als historisch nachgewiesen sind, was kann dann noch falsch sein?Ob die Figuren aber tatsächlich ihrem historischen Pendant entsprechen ist eine andere Frage?
Nehmen wir die weibliche Hauptfigur des Maximilian-Romans. Über Rosina von Kreig ist eigentlich nur bekannt, dass Maximilian vor seiner Eheschließung in ein Hoffräulein mit diesem Namen verliebt war.
Im Roman verbindet die beiden eine lebenslange Liebesbeziehung, was eine Erfindung des Autors ist. Inwieweit diese geschichtliche Abweichung in einem historischen Roman zulässig ist, wäre zu diskutieren.
Für mich jedenfalls eindeutig nicht in Ordnung ist etwas anderes, dass nämlich im Nachwort bei den "historischen Fakten" noch ausdrücklich angehängt ist, dass Rosina, wie auch im Roman, die offizielle Geliebte Maximilians wurde. Warum gibt der Autor nicht zu, dass diese lebenslange Liebesgeschichte seine Erfindung ist?Da über diese Rosina historisch nicht viel bekannt, hat sich Prange einiges zu ihr ausgedacht - allerdings keine historisch glaubwürdige Lebensgeschichte, bis sie und ihr Maximilian wieder vereint sind. Die Urteile in einer Amazon-Rezension dazu: "Letztere macht mit ihrer Geschichte von der Hofdame der Prinzessin, Geliebte des Kronprinzen, Schaustellerin, Rebellenehefrau ohne Erinnerung an ihr vorheriges Leben einer Iny Lorenz alle Ehre." und "Heldin Rosina scheint sich aus einem seichten Frauenroman in die Geschichte verirrt zu haben ..." kann ich voll unterschreiben.
Hinzu kommt noch, dass sich das Fehlen von Nebenfiguren und Randfiguren (selbst wenn sie nur erfunden sind) noch in anderen Zusammenhang im Roman negativ bemerkbar macht. Es trägt wesentlich dazu, dass die beschriebene Zeit für mich absolut nicht authentisch wirkt. Neben ein paar Statisten für Kriegszüge, einige anonyme Bürger und Leuten, die in Jans Werkstätte arbeiten, entsteht der Eindruck, dass sich Pranges historische Akteure/innen (gewöhnlich aus dem Hochadel) offensichtlich kein Personal, keinen Hofstaat, kein Gefolge leisten können. Räumlichkeiten werden problemlos betreten, da muss kein Türhüter zunächst ausgeschaltet werden, und wenn einmal Bürger in ein Schloss eindringen, gibt es auch keine Wache, die wenigstens versucht, sie daran zu hindern oder mit ihnen gemeinsame Sache macht.
Fazit: Dieser Roman zeigt mir jedenfalls, dass die Verwendung von historischen Figuren bzw. deren Namen noch keine Garantie ist, dass tatsächlich ein gelungener historischer / Historischer Roman herauskommt.
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Ich trenne gewöhnlich zwischen Autor/in und Buch, zudem ich über die meisten Autoren/innen gewöhnlich nur das weiß, was am Buchdeckel steht.
Wenn ich Bücher deswegen nicht lese, weil ich Autor/in "ablehne", so hat er/sie etwas getan, womit er/sie sich in meinen Augen unmöglich gemacht hat. Das hat aber immer auch etwas mit seinen Büchern zu tun, ...
... sei es dass in ihnen immer wieder Dinge vorkommen, die ich jedenfalls für unerfreulich halte (z. B. unreflektierte Vorurteile),
... sei es, weil er/sie über andere Autoren/innen negativ herzieht
... oder weil er/sie mir als Leser/in seine Ansichten"aufzwingen" will, die ich nicht teile, Leser/innen für dumm verkauft und Ähnliches.Bei den Autoren/innen, bei denen ich das bisher erlebt habe, war allerdings nur eine einzige darunter, deren Bücher ich wirklich gut gefunden habe.
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Zitat
Original von Tilia Salix
Mit Textzitaten kann ich nicht dienen, da ich das Buch nicht besitze, aber natürlich kann ich ein wenig ausführen, was ich meine: im Vordergrund der Geschichte steht die Liebesbeziehung zwischen Johanna und dem Ritter, beide Figuren sind schlicht gut und haben keine negativen Züge. Die Ehefrau des Ritters, die der Liebesbeziehung im Wege steht, hat keinerlei positive Züge, ebenso Johannas Vater. An die restlichen Figuren kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Zeit, in der die Geschichte spielt, ist eigentlich das 9. Jahrhundert, allerdings werden die Lebensumstände nicht "historisch korrekt" geschildert, sondern es wird eine malerisch-düstere Kulisse aufgebaut mit Versatzstücken anderer Zeiten (Frauenbild, Hexenverfolgung), damit die Geschichte in der von der Autorin gewünschten Art funktioniert.Offensichtlich haben wir beide dasselbe Problem, wir haben das Buch schon vor längerer Zeit gelesen, und wir haben es nicht zum Nachschlagen zur Verfügung bzw. beide keine Zeit oder Wichtigeres zu tun, um es uns dafür zu beschaffen.
Ich habe die meisten deiner Kritikpunkte anders in Erinnerung, aber da es schon länger her ist, dass ich das Buch gelesen habe (schon mehrere Jahre), kann ich diese keineswegs als Basis für eine quellenkritische Diskussion verwenden.
Daher bitte ich Dich um Nachsicht, dass ich diese Diskussion nicht weiterführen möchte, da ich denke, dass sie ohne konkrete Textzitate nicht viel bringt.
(Dass ich erst heute diese Antwort poste, liegt daran, dass ich diesen Thread erst heute zufällig wieder entdeckt habe.)
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Ich weiß nicht mehr, wer diese Rezension geschrieben hat - es geht mir auch nicht darum, eine/m bestimmten Rezensenten/in zu kritisieren oder gar anzugreifen. (Daher habe ich auch nicht direkt zitiert.)
Mir geht es um die Frage, inwieweit die Auswahl der Figuren bei der Definition Historischer Roman von Relevanz ist.
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Bei einer Rezension auf Amazon zu "Zorn des Himmels" von Richard Dübell fand ich folgende Meinung des/der Rezensenten/in:
"Zorn des Himmels" (ein Roman über eine Hochwasserkatastrophe zurzeit des deutschen Kaisers Ludwig IV. / Ludwig des Bayern) wäre kein historischer Roman, da fast alle Figuren fiktiv sind.
Wenn sie zutrifft, würde das bedeuten, dass sämtliche Romane die als historische Romane am Markt sind (z. B. die meisten Romane von Brigitte Riebe, eine ganze Reihe historischer Kriminalromane etc.), keine historischen Romane wären.
Was hält ihr von dieser Definition?
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Eigentlich bin ich kein Fan von Richard Dübell, ich habe bisher einige Bücher von ihm gelesen, so z. B. "Der Tuchhändler" oder "Die schwarzen Wasser von San Marco", fand sie keineswegs total schlecht oder misslungen, war aber auch nicht wirklich begeistert. Dieses Buch habe ich also nicht wegen dem Autor zu lesen begonnen, sondern weil mich das Thema interessiert hat.
Das Magdalenenhochwasser war mir bisher nicht bekannt, nun weiß ich, dass der "Himmelfahrtsgieß" um 1500 (also wesentlich später) keineswegs die bisher schlimmste Hochwasserkatastrophe in Mitteleuropa war. Abgesehen davon aber, ist das Thema für einen historischen Roman auch noch originell. Wie viele historische Romane gibt es eigentlich, wo eine historische Naturkatastrophe im Mittelpunkt steht. Ist das aber schon einmal der Fall, so handelt es sich gewöhnlich um Vulkanausbrüche (z. B. Pompeji) und Ähnliches, und gewöhnlich dient so etwas auch nur als Romanhintergrundkulisse
Die Hochwasserkatastrophe ist sehr geschickt mit einem (fiktiven?) Attentat auf Kaiser Ludwig IV. verknüpft, um das die übrigen Handlungsstränge, auch die Liebesgeschichte zentriert sind.
Eigentlich geht es um zwei Liebesgeschichten, denn Philippas "beste" Freundin ist in Philippas Verlobten verliebt
Die Attentatgeschichte ist hier allerdings der Aufhänger für das Hochwasser, diese Katastrophe ist packend beschrieben, bereits in der Einleitung wird sie im Hintergrund vorbereitet.Für historische Romane eher unüblich ist die Figurenzeichnung recht differenziert. Diese sind zwar keine großartigen Schöpfungen, aber sie wirken für Romanfiguren recht plausibel, haben nachvollziehbare Motive, und es gibt bei den wichtigen Figuren tatsächlich keine Schwarzweißzeichnung.
SPOILER: Sehr schön zu sehen an der Figur des Attentäters. Er hat ein plausibles Motiv, ist zweifelslos ein gefährlicher Typ, aber daneben darf er ein angenehmer Zeitgenosse sein, und ich nehme ihm seine Hilfsbereitschaft ab. Ein solcher Schurke ist mir in einem historischen Roman schon lange nicht mehr begegnet, gewöhnlich sind sie entweder Bösewichte (und wenn sie einmal, was Nettes tun, ist es nur Maske) oder sie sind halt "Gute auf Abwegen".Da stört es mich auch nicht, dass Kaiser Ludwig IV. (Ludwig der Bayer) wieder einmal der "Idealherrscher" sein darf.
Dass es eigentlich kein historischer Roman ist, weil fast alle Figuren fiktiv sind, wie ich einer Rezension gelesen habe - ich bin da anderer Meinung.
Das Magdalenenhochwasser ist historisch belegt und der tatsächliche "Hauptakteur" im Roman, nicht einfach nur der Background.Die Art, wie die Figuren im Verzeichnis eingeführt werden (es ist ähnlich wie bei Lindsay Davis und ihren Falco-Romanen) habe ich recht witzig gefunden, allerdings könnte ich mir vorstellen, dass einige Leser/innen das für eine historischen Roman wenig passend finden könnten.
Zu bemängeln wäre für mich höchstens, dass Karl von Luxemburg (der spätere König / Kaiser Karl IV.) im Figurenverzeichnis aufgelistet ist, aber als Figur selbst nicht in Erscheinung tritt. Hier habe ich aber den Eindruck, dass die Auflistung von drei historischen Figuren im Verzeichnis, von denen nur der Kaiser tatsächlich in der Handlung eine Rolle spielt,, dazu dient, um Leser/innen knapp ein paar Hinweise zu den politischen Verhältnissen im damaligen Deutschland zu geben.
Das einzige, was ich nicht so gut gefunden habe, ist der Schluss:
SPOILERDafür, dass es um eine schwere Naturkatastrophe geht, ist mir der Schluss, bei dem Schurken nur zwei weitere etwas wichtige Figuren sterben, allerdings etwas zu gefällig. Natürlich ist es nett, dass die Figuren, mit denen Leser/in das Hochwasser erlebt hat, zuletzt noch am Leben sind, aber es macht halt doch einen Unterschied, ob es diese am Ende trifft oder die (anonyme) Masse. Irgendwie ist der Schluss für meinen Geschmack zu "happy" geraten, was letztlich die Hochwasserkatastrophe in ihren Auswirkungen stark abschwächt.Allerdings finde ich nicht, dass der Schluss des Romans den insgesamt guten Gesamteindruck völlig zerstört.
FAZIT: eindeutig einer der besseren historischen Unterhaltungsromane, packend, viele gute Szenen, recht differenzierte Figuren und zusätzlich mit Humor.
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Original von hke
Mir persönlich wurde da noch einmal deutlich"st", das die katholische Kirche gar nicht so "sauber" ist, wie sie uns immer Glauben machen will. Einige der sog. Kirchenfürsten haben ganz gewaltig Politik gemacht bzw. intigriert... Ich fand auch die Ortsinformationen sehr interessant - auch wenn ich nie nach Rom kommen werde, so konnte ich diese Infos bereits bei einigen Dokus bestätigt sehen...Welche religiöse Gruppe, die irgendwann Macht ausübte, war überhaupt "sauber"?
Ich finde da die Frage viel interessanter, warum es da gewöhnlich immer nur um die röm.-kath. Kirche geht?Abgesehen davon halte ich die ganzen Verschwörungstheorien, die geheimen Archive etc. für stark übertrieben. Aber es ist ein Merkmal dieser Theorien, Einrichtungen etc., dass sie natürlich über Jahrhunderte erhalten bleiben, obwohl es doch für die, die versuchen, alles unter Verschluss zu halten, viel schlauer wäre, belastendes Material zu vernichten.
Allerdings lässt sich natürlich aus einer Verschwörungstheorie, dem geheimnisvollen Archiven des Vatikans und andere Einrichtungen ganz gute Lese- und Kinounterhaltung machen ...
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Original von Hedwig50
Interessant ist dieser Krieg um die englische Krone allemal und überhaupt frage ich mich oft, warum gerade um die Krone dieses Landes so oft gefochten wurde.Vielleicht liegt das nur daran, dass die englische Geschichte im Mittelalter zurzeit am deutschen Buchmarkt die große Mode ist. Was vielleicht auch damit zusammenhängt, dass sich die englische Krone bis in die Gegenwart erhalten hat.
Und von wem erzählen die meisten Historischen Romane? Von Henry VIII. und seinen Frauen, von Elizabeth I., von Richard III. etc. etc.
Wo kennen sich die meisten Leser/innen historischer Romane zurzeit üblicherweise aus: Englische Geschichte des Mittelalters. Da darf sich Autor/in keineswegs mit schlechter oder etwa fehlender Recherche auf den Buchmarkt zu wagen.
Vielleicht sollten wir einmal die Geschichte anderer Reiche im Mittelalter untersuchen. Kann schon sein, dass wir dann entdecken, dass dort eigentlich auch ganz interessante und spannende Kriege um Kronen, Länder und Ähnliches gibt.
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Offensichtlich hatte Userin Yasmin das Bedürfnis, sich über diese Erfahrung mit anderen hier sich auszutauschen, was ich in Ordnung finde, dazu ist doch ein Forum auch da. Allerdings ist es auch in Ordnung, dass sie den Namen des Autors (oder ist es vielleicht eine Autorin) hier nicht postet, wo ihn jeder lesen kann, sondern nur per PM weitergibt.
Ich kann das verstehen - das Forum ist nun einmal öffentlich zugänglich, für die meisten Threads hier ist nicht einmal eine Registrierung notwendig, jeder kann hier mitlesen. Vielleicht fürchtet sie zu Recht, dass sonst die Fans dieses Autors über sie herfallen und ihr Idol verteidigen, weil sie es nicht ertragen können, dass jemand es wagt, ihr Idol nicht toll zu finden.
Vielleicht will sie auch niemanden unwissentlich verletzen. Immerhin könnte der Autor auch jemand sein, der hier postet, was bisher noch nicht bekannt ist.
Davon abgesehen, wissen wir nicht, warum sie diesen Autor ablehnt. Möglicherweise ist es ein Grund, der heikel ist. -
Wobei der gute Alexandre Dumas aus einer Zeit ist, wo ein Buch eben nicht gleich als Fernsehserie verwertet wurde.
Ich finde es übrigens schade, dass ich in hundert Jahren nicht mehr am Leben bin, denn welche Bücher aus der Gegenwart da noch gelesen werden, das würde mich wirklich interessieren.
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Eine Frage hätte ich da schon:
ZitatOriginal von sapperlotVom grossen Peter Prange einen leichten historischen Schmöker vorgesetzt zu bekommen hätte ich nun gewiss nicht erwartet.
Wie kommt Peter Prange zu der Ehre, dass Du ihn als den "großen Peter Prange" titulierst? Was hat er denn bisher so Besonderes geleistet, dass du ihn als "groß" würdigst?
(Ich habe nicht den Eindruck, dass das groß sich auf seine Körpergröße bezieht.)
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Zitat
Original von Moorteufel
Hallo Delphin,
ich weiß, dass dieser Thread schon uralt und angestaubt ist (das Buch ist inzwischen gar nicht mehr lieferbar), aber ich habe ihn gerade erst entdeckt, und da ich persönlich erwähnt werde, will ich doch (noch) darauf antworten.
Das war keineswegs ein Versehen, sondern blanke und betrügerische Absicht. Dass die beiden sich über etwas unterhalten, das sie so noch gar nicht durchschauen können, ist mir egal, solange der Konflikt funktioniert und die Figuren in der Situation glaubwürdig erscheinen. Ein Roman ist ein Roman, auch wenn Historisch davorsteht. Es ist wunderbar, wenn eine Geschichte authentisch wirkt, selbst wenn sie gar nicht wahr oder sogar wahrhaftig ist. Eine spannende Lüge ist mir lieber als ein bloßes Nacherzählen der Realität ;-). Ich muss gestehen, dass es mir eine diebische Freude bereitet, die Leser an der Nase herumzuführen. Und an eine historische Wahrheit glaube ich ohnehin nicht, es kommt immer darauf an, mit wessen Augen und Ohren man etwas sieht und hört.Verspäteter Kommentar zu folgendem Satz von einer "neuen Eule": "Das war keineswegs ein Versehen, sondern blanke und betrügerische Absicht."
Sicher keine blanke und betrügerische Absicht, da es nur um die Romanszene geht, eine fiktive Romanszene geht. Auch ein historischer Roman ist noch immer ein Roman und somit Fiktion. (Anders wäre die Lage für mich, wenn Die 7 Häupter ein historisches Fachbuch gewesen wären.)
Der Anachronismus wird außerdem nirgends zu einem historischen Fakt erklärt (was z. B. im Vorwort, Nachwort oder anderswo) möglich und bei einem tatsächlichen Betrug auch unbedingt nötig gewesen wäre.
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Und noch eine persönliche Frage meinerseits:
Weiß jemand zufällig hier, welcher der Autoren/innen die Idee hatte, aus der Figur des Bernhard letztlich einen doch ganz "netten" Kerl zu machen? -
Bücher werden unterschiedlich wahrgenommen - ich habe vor einem Monat meinen dritten Versuch innerhalb von 20 Jahren gestartet, die "Gösta Berlingssaga" von Selma Lagerlöff zu lesen, bei den beiden früheren Versuchen habe ich wieder aufgehört, diesmal habe ich das Buch zur Gänze gelesen und war begeistert. Offensichtlich spielt beim Lesen auch der Zeitpunkt eine wichtige Rolle - bei manchen Büchern kommt er erst, bei manchen war er bereits, bei einigen Bücher, die absolut für gut halte, kommt er offensichtlich nie.
Es gibt viele Bücher, die ich einmal gelesen habe, und die mich bei einem erneuten Lesen zwar nicht aufregen, aber auch nicht mehr interessieren.
Daneben ändert sich auch die Wahrnehmung - es kommt auch vor bei einem Re-read das etwas, was mir jetzt etwas gefällt oder missfällt, was früher einmal gar nicht wichtig war.
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Liebe Tilia Salix,
eine kleine Bitte von mir.
Könntest Du Deine Meinung zur "Päpstin": Die Päpstin ist eine 08/15-Liebesschnulze vor historischer Kulisse, deren Figuren vom Reißbrett stammen und deren Handlung mich in keinster Weise überzeugt hat. und Deine Kritikpunkte an Hand von einigen aussagekräftigen Beispielen belegen.
Es ist schon länger her, dass ich dieses Buch gelesen habe, und nach Deiner Beschreibung habe ich den Eindruck, dass ich da ein ganz anderes Buch gelesen haben muss.