Meine persönliche Erfahrung - wenn ich bei dem Roman, an dem ich zurzeit schreibe, Selbstzweifel habe (und die habe ich zurzeit relativ oft), stelle ich mir immer folgende Fragen:
- Will ich dieses Buch eigentlich schreiben?
- Warum will ich gerade dieses Buch schreiben?
Bisher habe ich diese beiden Fragen noch mit ja bzw. positiv beantwortet.
Dann habe ich mir noch eine weitere Frage gestellt:
Könnte ich mich damit abfinden, wenn sich herausstellt, dass dieses Buch in der Schublade endet, wenn ich dafür keinen Verlag finde?
Solange ich diese Frage mit ja beantworten kann, habe ich es noch immer geschafft, weiterzuschreiben.
Allerdings ist zurzeit bei mir noch eines zu berücksichtigen: bis jetzt bin ich noch keine Berufsschriftstellerin, auch wenn ich das gerne wäre. Das bedeutet aber, im Moment kann bzw. könnte ich mir noch leisten, ein Buch so zu schreiben, wie ich es mir vorstelle. Außerdem habe ich noch keine zeitlich vorgegebene Timeline, die ich einhalten müsste.
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Bei dem anderen Manuskript, das ich inzwischen fertig habe und für das ich zurzeit einen Verlag suche, habe ich eine ganze Menge Entmutigung von außen erlebt - Erfahrungen, die zwar bitter, aber auch sehr lehrreich waren.
- Die Erkenntnis, dass es Leute gibt, die Bücher, die nicht nach Schema F sind, von vornherein ablehnen, etwa nach dem Motto: einen Liebesroman lese ich nicht, denn mit Hedwig Courths-Mahler kann ich nun einmal nicht anfangen. (Aussage: Liebesroman ist automatisch Roman á la Hedwig Courths-Mahler, dieser Vergleich war eindeutig abwertend gemeint).
- Als ich naiv genug war, mich mit einer anderen Autorin zu unterhalten, die gerade versucht, ihr erstes Buch an den Verlag zu bringen (also keine Autorin, die schon oft publiziert hat und daher mit dem Buchmarkt-Gegebenheiten eine gewisse Erfahrung hat!), durfte ich mir anhören, dass ein Buch mit so einer Themenstellung wirklich nur etwas für die Schublade sein kann und wurde von ihr richtig gehend runtergemacht - nach dem Motto - schreib gefälligst etwas, was publiziert wird, sonst bist du als Autorin nichts wert.)
- Als ich in einem Schreibseminar versucht habe, ein wenig Information zu einem Aspekt zu bekommen, wo ich bisher selbst keine Lösung geschafft hatte, die mich zufrieden gestellt hätte, wurde mir geraten, wenn ich nicht die Lösung Schema F verwende, wäre es besser, mit dem Schreiben aufhören würde. (Mein Problem: die Schema F-Lösung hat mich nicht überzeugt und sie hätte mich beim Schreiben weitgehend behindert, daher habe ich versucht, eine Alternative zu finden.) Danach war ich einige Stunden wirklich am Boden.
Ich habe nur festgestellt, solange mir klar ist, dass ich dieses Buch schreiben will, solange schaffe ich es auch wieder aufzustehen und weiterzumachen. Da muss man wohl durch.
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Insofern ist es schön, dass du einen Freund hast, der dich ermutigt, auch wenn ich den Eindruck habe, dass du an seinem Urteil Zweifel hast, sei es, dass du glaubst, dass er nicht ehrlich zu dir ist oder weil du an seinen Fähigkeiten, Texte zu beurteilen Zweifel hast.
Wie schon geschrieben - so eine Sache kann nur individuell gelöst werden, wenn ich dir also in diesem Fall einen Tipp gebe, dann halte dir bitte vor Augen, dass dieser Tipp vielleicht nicht der Richtige Tipp ist.
- Vielleicht solltest du überlegen, warum du an seinem Urteil zweifelst. Liegt es daran, dass du zurzeit selbst unsicher bist oder gibt es konkrete Gründe, die mit ihm zusammenhängen, sodass du Zweifel an seiner Meinung hast.
- Eine weitere Möglichkeit ist, dass du ihn nicht mehr fragst, ob er etwas gut findet, sondern ihn um konkrete Verbesserungsvorschläge fragst. Beispiel: in diesem Satz will ich das und das rüberbringen, und ich habe den Eindruck, dass das nicht so recht rüberkommt. Hast du eine Idee, wie ich das etwas präziser formulieren.
- Bei Dialogen kann es ganz hilfreich sein, sich diese laut vorzulesen, eventuell mit Partner/in. Gezielt ausprobieren, ob auch dieser Dialog gut von den Lippen geht, ob ihr nicht automatisch zu verbessern beginnt oder entdeckt, wo es holpert.