Beiträge von Sidonie

    Zitat

    Original von SteffiB
    Ich vermute, es kommt noch ein weiterer Aspekt dazu: Der Grüne Punkt vermittelt einem ja das gute Gefühl, sich unter Umweltschutzaspekten richtig zu verhalten, wenn man seinen Müll ordentlich trennt – was ja auch die meisten tun, sei es nun gezwungen oder aus Überzeugung.


    Stimmt, da ist was dran. Allein die Bezeichnung grüner Punkt ist schon irrsinnig, und streng genommen könnte man das ganze System auch als Irreführung des Verbrauchers bezeichnen …


    Zitat

    Ich finde das Ganze überaus schade, denn im Bewusstsein ist das Abfallproblem längst angekommen. Den Wenigen, die tiefer einsteigen und versuchen, tatsächlich ihr Müllaufkommen zu reduzieren, wird das Leben nicht leicht gemacht, eher im Gegenteil. Allein der Versuch, zum Beispiel trockenes Schüttgut wie Reis, Linsen etc. als lose Ware aufzutreiben und in eigene Behälter abzufüllen, um die Umverpackung zu sparen, kann einem graue Haare bescheren. Dann die unsinnigen Blisterverpackungen allüberall und, und, und …


    Oh ja, da sagst du was! Dieser Verpackungswahn nervt mich ohne Ende. :-( Und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass es sich in vielen Fällen ziemlich schwierig gestaltet, wenn man beim Einkaufen darauf achten möchte, möglichst wenig Müll miteinzukaufen. Wenn es nach mir ginge, könnte es gerne schon flächendeckend verpackungsfreie Lebensmittelmärkte geben, aber ich fürchte, bis sich das, wenn überhaupt, durchsetzt, wird noch ordentlich Zeit ins Land ziehen.

    Anna Degen: Bamberger Verrat
    Emons Verlag; 2014


    Im Bamberger Hain liegt, hübsch aufgebahrt, eine männliche Leiche, aus nächster Nähe erschossen, ein Zettel in den Händen mit der Aufschrift «Lebenslanges Leid dem Verräter».


    Schon im Prolog wird klar, dass der Mord mit einer Episode aus der deutsch-deutschen Geschichte zusammenhängt: Ende der 1960er Jahre wird ein DDR-Flüchtling an der Grenze festgenommen, nachdem sein bester Freund ihn verraten hatte, und schließlich wegen Republikflucht und Spionage zum Tode verurteilt und hingerichtet.
    Dieses Szenario basiert auf einer tatsächlich geschehenen Begebenheit und bietet großes Potenzial für ein spannendes Buch. Leider hat sich die Autorin dafür entschieden, diesen Handlungsstrang größtenteils in Form einer Master-Arbeit zu erzählen, die von Rentnerin Kunigunde im Rahmen ihres Seniorenstudiums angefertigt wird. Dementsprechend trocken und belehrend liest sich das Ganze, zudem stören die Passagen mit dem Text dieser Arbeit, die immer wieder eingestreut werden, den Handlungsfluss doch sehr.


    Das scheint auch Hauptkommissar Werner Sinz und seinen Kollegen nicht zu schmecken, zumindest wirken ihre Ermittlungen über weite Strecken ziemlich unmotiviert. Die designierte Hauptfigur, Staatsanwalt Benno Berg, hält sich dabei sehr im Hintergrund – seine Präsenz konzentriert sich im Wesentlichen auf sein Privatleben, das sich wiederum auf die üblichen Beziehungsprobleme beschränkt. Überhaupt bleiben die handelnden Personen sehr blass und stereotyp: der kontrollsüchtige und ordnungsliebende Benno, seine Lebensgefährtin, die lebenslustige und chaotische Hanna Tal, die rührselige Tante Kunigunde, eine sehr junge, alleinerziehende Mutter mit schwerer Kindheit und fragwürdigem Umgang, und sowieso führt ein recht "akademisch" geprägter Blick auf die "kleinen Leute" zu ärgerlichen Klischees.


    Der Klappentext wirbt mit atmosphärischem Lokalkolorit, den ich allerdings in diesem Krimi nicht entdecken konnte. Bamberg wird hier auf gelegentlich eingebautes Namedropping reduziert; mal wird ein Straßenname, mal ein bekanntes Gebäude erwähnt, eigentlich könnte die Geschichte aber genauso gut irgendwo in Hintertupfingen angesiedelt sein.


    Als der Fall nach 256 Seiten endlich gelöst ist, sind jedenfalls nicht nur die Ermittler froh darüber, sondern auch ich.


    Karin Dengler-Schreiber, die sich hinter dem Pseudonym Anna Degen verbirgt, ist promovierte Historikerin und hat mehrere Bücher zur Geschichte Bambergs verfasst. "Bamberger Verrat" ist ihr zweiter Krimi.


    [SIZE=7][Edit: blöde Fehler ausgebessert][/SIZE]

    «In Indonesien ist alles möglich. Alles.»


    Das muss auch Alexandra feststellen, die ihren Ehemann Martin nach Südostasien begleitet. Ein Urlaub, der ihrem Geschmack alles andere als entspricht, in einem Land, das ihrem Lebensstandard und ihren Ansprüchen in keiner Weise genügt. Ihrem Fass der Unzufriedenheit den Boden aus schlägt schließlich die Tatsache, dass ihr Gatte Hals über Kopf mit einer indonesischen Kellnerin durchbrennt. Alexandra, die das nicht einfach so hinnehmen möchte, beschließt, ihn mit Hilfe ihrer ortskundigen Reiseleiterin zu suchen – ein Vorhaben, dessen Gelingen immer drängender wird, als die beiden erkennen, dass Martin in größter Gefahr schweben dürfte.


    Der Leser begleitet die Frauen auf ihrer Verfolgungsjagd quer durch Malaysia und Indonesien, staunt zusammen mit ihnen über so manche uralte Tradition und erhält nebenbei einen farbenprächtigen Eindruck der Region. Die ist nämlich weit mehr als eine zweidimensionale exotische Kulisse: Steffanie Burow versteht es hervorragend, unter Auslassung jeglichen Infodumpings Indonesien vor dem inneren Auge des Lesers zum Leben zu erwecken, und beschreibt liebevoll, bisweilen auch mit einem kleinen Augenzwinkern, die Eigenarten von Land und Leuten.


    Die Suche nach Martin kulminiert schließlich in einem fulminanten Showdown, bei dem alle Fäden der vielschichtigen Handlung zusammengeführt werden, bevor der Leser das Buch zufrieden zuklappen kann. Hinter ihm liegt ein fesselnder und spannender Roman mit äußerst lebensnahen Figuren, ein Roman über das Zusammentreffen von alten Weltanschauungen und moderner Rationalität, die so schwer miteinander vereinbar sind, über unbedachte Entscheidungen mit weitreichenden Folgen und über Menschen, die sich verloren haben und wieder finden müssen.

    Zitat

    Original von Regenfisch
    Beim Wischen eben kam mir der Gedanke, dass die optische Zerknitterung Alexandras ein gelungenes Symbol für ihr Aufbrechen und Öffnen ist. Ihr steriles und von Äußerlichkeiten und Statussymbolen dominiertes Leben bekommt Knitterfalten. Herrlich!


    Das ist ein schöner Gedanke! :anbet (So tolle Einfälle habe ich beim Putzen leider nie.)


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Könnte sich von euch jemand vorstellen, sein Leben hier komplett hinter sich zu lassen und nach Indonesien auszuwandern? Und sich dort dauerhaft mit den dort herrschenden Standards zu arrangieren?


    Also wenn ich bisher im Leben was gelernt habe, dann das, niemals nie zu sagen. ;-) Aber nein, das könnte ich mich mir tatsächlich nicht vorstellen. Allerdings könnte ich mir das auch für sonst kein anderes Land vorstellen. Ich fühle mich so pudelwohl mit meinem Leben hier – das alles zurücklassen und in ein anderes Land ziehen würde mir viel zu schwer fallen.

    Zitat

    Original von Booklooker
    Körperlich war ich noch nie dort, habe aber schon einige Romane gelesen. Zählt das auch? ;-)


    Da hast du mir immerhin was voraus! ;-) Aber ich habe ja schon viele Buchempfehlungen hier in diesem Thread bekommen. :-)


    Zitat

    Original von SteffiB
    Damals begannen die Deutsche gerade, sich für das Thema zu interessieren und es zeigten sich erste kleine Erfolge. Aber es war auch die Zeit, als die Bundesregierung sich den Grünen Punkt ausdachte. BUND und andere Naturschutzverbände liefen Sturm gegen den Grünen Punkt, weil sie befürchteten, dass sich das Müllaufkommen dadurch steigern würde. Es hat nichts genutzt, der Grüne Punkt kam. Und die Befürchtungen bestätigten sich. Ich habe vor ein oder zwei Jahren eine Statistik in die Finger bekommen, die erschreckende Zahlen aufwies, leider habe ich die Prozentzahlen nicht mehr im Kopf.


    An die Diskussionen damals kann ich mich nicht mehr erinnern (ich weiß nur noch, dass bei uns daheim nach der Einführung erst mal Verwirrung herrschte, welcher Abfall nun wo und wie entsorgt werden sollte), aber dass das gewünschte Ziel nicht erreicht wurde, wundert mich nicht. Dieses System war m. E. von Anfang nicht sonderlich gut durchdacht und bekämpft (ebenso wie das unsägliche Einweg-Pfand) bestenfalls die Symptome, nicht aber die Ursachen. Insofern schließe ich mich voll und ganz dem Schlusssatz in deinem verlinkten Artikel an.

    Zitat

    Original von Ellemir
    Übersetzt wurde es als Die Letzten ihrer Art. Douglas Adams berichtete in diesem Buch in seiner gewohnt humorvollen Art von seiner Weltreise mit einem Naturfotografen zu den Lebensräumen aussterbender Tierarten. Dem Komodowaran ist da auch ein Kapitel gewidmet.


    Das Buch hört sich ja gut an! :-)


    Zitat

    Original von nofret78
    Ich denke Alexandra und Martin brauchen jetzt beide ihre Zeit um das Erlebte hinter sich zu lassen undum sich klar zu werden wie es weiter gehen soll. Ob sie als Paar nochmal zusammen finden? Bin ich persönlich mir nicht sicher. Aber das Erlbete und das Kind wird beide vielleicht auf eine freundschaftliche Basis ( vorerst?) zusammen bringen.


    Das könnte ich mir auch gut vorstellen!


    Zitat

    Original von Ellemir
    Ich finde es gut, dass die Geschichte um Graeme nicht auch noch aufgelöst wurde, das wäre wirklich nicht sonderlich glaubwürdig gegangen.


    Das sehe ich auch so. Ehrlich gesagt ist es mir auch völlig wurscht, was mit ihm damals passiert ist. Er musste erwähnt werden, als Motivation, warum Birgit sich mit auf die Suche nach Martin macht, aber damit hat er seinen Zweck auch erfüllt. ;-)


    Zitat

    Original von SteffiB
    Aber Nusa Tenggara Timur ist nicht ohne. Kopfjagd war über die Jahrhunderte weit verbreitet. Der letzte verbürgte Fall geschah in den Fünfzigern des 20. Jahrhunderts. Sven und ich haben auf Flores ein Klanhaus besucht, in dem im Halbdunkel unter der Decke haarige Kugeln hingen. Bei Nachfrage wurde uns nur ausweichend geantwortet und wir wurden schnell hinausgeführt.


    :wow Ach du liebe Zeit! Da wäre mir ganz schön mulmig bei geworden!


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Und ich möchte doch auch die vielen armen toten Hühner nicht unerwähnt lassen, die sich durch dieses Buch ziehen. :huhn RIP


    Immerhin lebten sie bis zu ihrem Ende in Freilandhaltung … ;-)


    Zitat

    Original von harimau
    Zitat Seite 402:
    Nach einer Weile fischte Birgit mit spitzen Fingern ein Hühnchenbein aus ihrem Curry und inspizierte es.
    "Warum ist das so flach?", fragte sie.
    "Einheimische Jagdmethoden", knurrte Alexandra.


    Die Stelle fand ich auch klasse. Sie zeigt auch sehr schön, wie gelassen Alex mittlerweile die Eigenheiten Indonesiens sieht. :-)

    Der Abschnitt geht gut los; ich fand es so nett beschrieben, wie sich Alexandra auf dem Schiff gerne mit jemanden unterhalten würde, «sogar mit Sien», während Birgit mal wieder ihrer Seekrankheit frönt …
    Alex verzeiht Sien. Mein erster Gedanke dazu war, dass diese Vergebung ein bisschen ZU schnell kam. Andererseits: Alexandra hatte mittlerweile endgültig realisiert, dass ihre Ehe mit Martin ohnehin in einem desolaten Zustand ist, und ist zudem im Lauf der Reise immer gelassener geworden, insofern passt das dann doch alles zusammen. Dass Alex als werdende Mutter vermutlich nachfühlen kann, wie sehr Sien ihre Kinder vermisst, trägt bestimmt auch dazu bei, dass sie ihr nicht richtig böse sein kann.


    «Es ist sehr schön hier» – Wer hätte anfangs gedacht, dass ausgerechnet Alexandra so etwas sagt?!


    Und da haben wir ja auch das Loch in der Straße, wie in dem von Steffi verlinkten Artikel erwähnt. :-)


    Und Modern Talking schützt vor Naturgeistern … Damit wäre für dieses Geträller also auch endlich ein sinnvoller Verwendungszweck gefunden!


    Die Entführung von Martin – da fand ich schön, dass nicht alle seine Entführer als durch und durch böswillig dargestellt werden, sondern zumindest Keke Menschlichkeit zeigt. Schade, dass Martin den einzigen, der es halbwegs gut mit ihm meint, als Simpel betrachtet. Aber vielleicht ist das auch nur seiner Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit geschuldet, die ich genauso überzeugend beschrieben fand wie sein Drogendelirium.


    Ansonsten vermischen sich in diesem letzten Abschnitt Rationalität und Aberglaube sehr stark. Jeder – Keke & Co., Zak, selbst Martin – sieht Geister, Drachen, Dämonen, Engel, und Alex stellt in ihrem neu erworbenen fatalistischen Denken fest, dass Martins Leben «in der Hand höherer Mächte» liegt. Angesichts ihrer verzweifelten, hoffnungslosen Lage finde ich das sehr glaubhaft, denn, wie Birgit sagt, «Aber bleibt uns etwas anderes?»


    Am Ende überschlagen sich die Ereignisse auf der Rocheninsel, dass man beim Lesen bald vergisst zu atmen. Und mit dem Schluss, vor allem im Hinblick auf Alex' und Martins Beziehung, kann ich wunderbar leben. Aber schade, dass das Buch zu Ende ist, ich hätte nix dagegen gehabt, noch ein bisschen mit Birgit und Alex herumzureisen!

    Mal völlig unabhängig davon, ob es sich nun um Einweg- oder Mehrweg-Geschirr handelt, finde ich, macht man es sich sehr leicht, in diesem Zusammenhang mit dem Finger auf andere zu zeigen (noch dazu, wenn es um ein Land geht, das weitaus drängendere Probleme hat als Umweltschutz). Wir mögen hierzulande vielleicht wie verrückt Müll trennen, aber von wirklicher Müllvermeidung kann doch hier auch keine Rede sein.

    Zitat

    Original von SteffiB
    Es ist anders, was unter anderem daran liegt, dass es in Indonesien kein Kastenwesen gibt. Auch sonst kann man Indonesien kaum mit Indien vergleichen – es sind völlig unterschiedliche Völker, mit unterschiedlichen Religionen und einem anderen Klima. Ich muss gestehen, dass ich noch nie in Jakarta war; die Slums dort müssen auch sehr schlimm sein. Aber Indonesien ist ein Agrarland. Java hat so ziemlich den besten Boden der Welt, der drei Ernten im Jahr erlaubt. Da wurstelt man sich durch. Was auch erklärt, dass Java die Region der Erde mit der höchsten Bevölkerungsdichte der Welt ist (in diese Statistik fallen natürlich nicht Ballungsräume wie Tokio oder der Pott ;-) ).
    Richtig arm sind die Menschen in Nusa Tenggara, die schlechteren Boden und auch Dürren haben. Hier wohnen allerdings auch viel weniger menschen pro Quadratkilometer. Verhungern wird wohl kaum jemand, aber es mangelt an allem, was auch wichtig ist: Schulen, Lehrer, Ärzte, Krankenhäuser, Infrastruktur, Strom, sauberes Wasser ...


    Herzlichen Dank, dass du so geduldig Fragen beantwortest! :-) Dein Buch führt mir deutlich vor Augen, WIE wenig ich über SO-Asien weiß. Umso hilfreicher sind deine und harimaus Infos hier in der Leserunde.


    Zitat

    Original von SteffiB
    Das geht mir ganz oft so, gerne bei banalen Dingen wie fließend heißem Wasser. Was für ein Luxus! Und eine Heizung. Ein Bäcker um die Ecke. Ich bin oft ganz bewusst sehr dankbar über genau so etwas. Von den großen Dingen ganz zu schweigen: Krankenhäuser, Versicherungen, Schulen, Rechtsstaat (die Polizei ist wirklich unser Freund und Helfer), Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtssicherheit, TÜV […]


    Ja, genau solche (scheinbaren) "Kleinigkeiten" und "Selbstverständlichkeiten" meinte ich.


    Zitat


    Nusa Tenggara ist eher eine Ecke, in der man für die Anschaffung einer Zweithose spart, nicht für einen Zweitwagen.


    Deutlicher als in diesem Beispiel lassen sich die Unterschiede wohl kaum benennen!


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Die Frage ist nur, ob es die beiden schaffen, sich irgendwo zu treffen. […] Manche Fragen lassen auch keine Kompromisse zu wie z. B. die Frage nach den Kindern. Wenn Alexandra unbedingt eine Familie möchte, Martin aber überhaupt gar nicht - wie soll da ein Kompromis aussehen? Gibts nicht, da bleiben ganze Lebensvorstellungen eines Partners auf der Strecke.


    Da stimme ich dir vollumfänglich zu! Die Kinderfrage lässt wirklich keine Kompromisse zu. Ich bin schon sehr gespannt, welches Ende Steffi den beiden angedeihen lässt.


    Zitat


    Aber meinentwegen können auch alle gerne am Ende alleine bleiben, dieses Buch braucht kein solches Happy End


    Auch in diesem Punkt schließe ich mich dir an. :-)

    Zitat

    Original von SteffiB
    Ich befürchte, es war einfach zu spät, der Karren steckte schon zu tief im Dreck. Ein paar Jahre früher hätte es wahrscheinlich geklappt.


    Das mag wohl sein! Ich hoffe jedenfalls, dass die beiden am Ende noch die Gelegenheit bekommen (und sie dann auch nutzen!), in Ruhe über sich und ihre Beziehung zu sprechen. Als völlig chancenlos schätze ich die Lage derzeit noch nicht ein, und an eine gemeinsame Zukunft von Martin und Sien mag ich nicht so recht glauben …


    Zitat


    Ich habe Indien auch als besonders heftig empfunden. Insbesondere der Umgang der reichen Inder aus höheren Kasten mit den Armen und den Menschen aus niedrigen Kasten ist zum Teil ekelerregend und menschenverachtend.


    :-(


    Sind die Missstände/die Armut in Indonesien weniger heftig?


    Zitat


    Während es in NTT tatsächlich überhaupt keine Zeitung gibt (aber Fernseher, zumindest in den Kreisstädtchen mit Stromversorgung), sind die Städte mit Zeitungen aller Art versorgt. Aber die muss man sich auch leisten können …


    Immer, wenn ich so etwas mitbekomme, wird mir wieder bewusst, wie unwahrscheinlich verwöhnt wir hier sind! … und wie viele Dinge hier als Selbstverständlichkeiten angenommen werden …

    Zitat

    Original von harimau
    So, nun habe ich doch einen ziemlichen Schwall abgesondert und hoffe, euch damit nicht zu langweilen.


    Das war überhaupt nicht langweilig, ganz im Gegenteil! Vielen Dank für deine informativen Ausführungen! :anbet


    Zitat

    Original von SteffiB
    Dort braucht es nämlich eine gehörige Portion Langmut, um nicht zu sagen Fatalismus, um weiterzukommen. Alexandra neigt zur Ungeduld, will Dinge schnell und effizient erledigt wissen und stößt sich dabei ständig die Nase blutig. Die Einheimischen lassen sie einfach abprallen und es klappt überhaupt nichts, während Birgit (und auch Martin!) das Zeug hat, alles auszusitzen und sich nicht aufzuregen.


    Ein bisschen mehr von dieser Gelassenheit könnte den Menschen hierzulande bisweilen auch nicht schaden! ;-)


    Zitat

    Original von Katerina
    Ich verlinke mal ein Büchlein, das ich angefangen hatte zu lesen, bevor die Leserunde anfing. […]


    :lache
    Diese Kapitelüberschriften! «Gefährliche Orte – Die Fußgängerzone» :lache

    Zitat

    Original von SteffiB
    … und sie auf ihn! Ich denke, dass das einer der Knackpunkte der Beziehung war – sie hat nicht verstanden, wollte es vielleicht nicht einmal, was ihn am Reisen reizt und wie sehr es Bestandteil seines Wesens ist. Am Anfang fand sie es spannend, doch dann war sie zunehmend genervt, dass er nie da war und sich "amüsiert". ich erkläre mir Alexandra so, dass sie immer weniger Interesse für seine Arbeit als Dokumentarfilmer aufgebracht hat, diese vielleicht nicht einmal ernst genommen hat, unter anderem sicher auch, weil sie schlecht bezahlt ist. Das ist ein Beziehungskiller par excellence.


    Ja, in ihrem Desinteresse an Martins Arbeit und an seinen Interessen sehe ich auch einen gewaltigen Konfliktherd dieser Beziehung. Mein "Vorwurf" gegenüber Martin, "wenn er nur ein bisschen mehr auf sie eingegangen wäre", bezog sich – das habe ich undeutlich formuliert – auf den jetzigen Urlaub: Da hat sich Alexandra nun endlich mal dazu aufgerafft, ihn zu begleiten und mit ihm in eine fremde Kultur hereinzuschnuppern, da wäre es m. E. nur angebracht gewesen, wenn Martin sich mehr mit ihr beschäftigt und sie dabei unterstützt hätte, ihren Kulturschock zu überwinden. Dass es sie Überwindung gekostet haben muss, dieser Reise zuzustimmen, wird ihm ja doch hoffentlich nach all den gemeinsamen Jahren nicht entgangen sein … ;-)


    Zitat

    Original von SteffiB
    Alex hat Martin solange vorgeworfen, er würde Fremdgehen, bis er es irgendwann tatsächlich getan hat, wahrscheinlich mit Frauen, die sich auch für seine Arbeit interessierten. Eine, wie ich finde verständliche Trotzreaktion. Es macht ja eh keinen Unterschied.


    :write
    Auch einer der Gründe, weshalb ich Martin nicht als den hinterletzten Ar… in dieser Geschichte ansehe (ohne, dass ich sein Verhalten gutheißen möchte – nachvollziehbar ist es dennoch).


    Zitat

    Original von SteffiB
    An diese Geschichte musste ich denken, als ich Keke "erfand"


    :-)
    Ich finde es wirklich total interessant, wie viele persönliche Erlebnisse und Anekdoten in das Buch eingeflossen sind.


    Zitat

    Original von SteffiB
    Es ist sehr schwierig, sich zu arrangieren. Über die Armut hinwegzusehen ist unmöglich, und es berührt zum Teil zutiefst. Am Anfang hast du das Gefühl, du musst überall helfen, aber irgendwann merkst du, dass das Gießkannenprinzip niemandem weiterhilft. Wir haben über die Jahre einige wenige Einzelpersonen unterstützt, wenn wir konnten. […] Diese Probleme sind aber nur politisch national und international zu lösen.


    Ich kann mir gut vorstellen, dass es alles andere als einfach ist, sich damit zu arrangieren und sich ein dickeres Fell anzueignen. Ich meine, dass in vielen Regionen der Welt große Armut herrscht, ist ja nichts Neues, aber das dann mit eigenen Augen zu sehen und mitzuerleben, ist mit Sicherheit erschreckend. Eine Bekannte von mir berichtete mal nach einem Urlaub in Indien, dass sie die schönen Seiten des Landes gar nicht mehr richtig genießen konnte, nachdem sie gesehen hatte, unter welch schlimmen Bedingungen viele Menschen dort leben.


    Zitat

    Original von SteffiB
    Wir haben übrigens erlebt, dass wir Rucksacktouristen gerade in entlegeneren Gebieten oft sehr willkommen waren – einerseits haben wir Geld in lokalen Gästehäusern, Transportmitteln, Restaurants und Läden gelassen, aber mehr noch, weil wir Nachrichten aus der Welt brachten. Die Menschen sind sich ihres Bildungsdefizits durchaus bewusst und nutzen jede Gelegenheit, mehr über die Welt jenseits ihres Bewegungsradius zu erfahren. Und das wiederum kann zum Umdenken führen, zu Veränderung.


    Nicht umsonst heißt es ja oft, dass der Zugang zu Bildung die beste Entwicklungshilfe ist, die man leisten kann. Auch wenn das Umdenken sicherlich in vielen Fällen ein recht langsamer Prozess sein dürfte. (In diesem Zusammenhang fällt mir auch gleich wieder Juliana ein, die mit ihren rationalen, wissenschaftlichen Ansichten vermutlich oft gegen Wände redet.)
    Wie ist es denn außerhalb der entlegeneren Gebiete, also z. B. in größeren Städten, um die Medienlandschaft bestellt? Sind dort Nachrichten aus der ganzen Welt zugänglich?


    Zitat

    Original von harimau[/i]
    Ich weiß von zwei Florinesen, die als junge Männer aus Neugier nach Bali gereist sind, um "die große weite Welt" und nicht zuletzt auch Ausländer zu sehen. Obwohl sie im eigenen Land geblieben sind, haben sie dabei eine völlig andere Kultur erlebt.


    Das ist wirklich faszinierend, welch unterschiedliche Facetten ein einziges Land haben kann!

    Was die Beziehung von Alexandra und Martin angeht, bleibe ich nach wie vor dabei, dass keiner der beiden der alleinige "Böse" ist. Sicherlich haben beide Fehler gemacht. Dass sich da zwei Menschen ineinander verliebt haben, die objektiv gesehen nicht unbedingt so super zueinander passen, kann man ihnen nicht zum Vorwurf machen, das sind Dinge, die sich erst nach und nach herausstellen, wenn die rosarote Brille der ersten Verliebtheitsphase abgenommen wird. Dass Martin Hals über Kopf mit Sien abhaut und Alexandra in einem fremden Land allein zurücklässt, ist sch…, gleichzeitig aber auch nachvollziehbar: Sien nimmt ihn so an, wie er ist, im Gegensatz zu Alexandra, die ihn nach ihren Wünschen verändern möchte. Alles in allem könnte ich mir, gerade nach den Erkenntnissen Alexandras in diesem Abschnitt, sehr gut vorstellen, dass die beiden noch eine gemeinsame Zukunft haben, wenn sie sich nur einmal RICHTIG mit sich und ihrer Beziehung auseinandersetzen und mehr aufeinander eingehen, ohne sich völlig zu verbiegen.


    Zitat

    Original von SteffiB
    Alexandra wiederum wurde immer interessanter, außerdem wurde mir klar, dass sie, wenn sie immer nur zickig ist, zu einem Abziehbild wird, einem Klischee, das nur Mittel zum Zweck ist.


    Ja, wenn Alexandra einfach so geblieben wäre, wie sie im ersten Abschnitt dargestellt ist, wäre das eine total langweilige Person gewesen. So ist sie dagegen eine spannende Figur, mit der man sich gerne auseinandersetzt. :-)


    Zitat

    Original von xexos
    Ja, bei der Äußerung scheint die Schwangerschaft eindeutig zu sein. Vorher mit dem Alkohol fand ich nicht ganz so überzeugend oder zwingend.


    Weiter vorne, ich meine, es war während der Fährüberfahrt, war auch die Rede davon, dass Alexandra nicht rauchen sollte.


    Dass die Behörden nicht benachrichtigt wurden und ob das notwendig/realistischer gewesen wäre, darüber habe ich ehrlich gesagt gar nicht weiter nachgedacht, für mich waren die Argumente also offenbar stichhaltig genug. ;-)

    Gestern hatte ich endlich Zeit, weiterzulesen. :-)


    Alexandra und ihre Weiterentwicklung finde ich nach wie vor sehr glaubhaft. Dass sie sich so lieb um Birgit kümmert, als diese die Fischvergiftung hat, und dass sie sich immer aufgeschlossener gegenüber Asien und seinen Menschen zeigt, hat sie für mich in diesem Abschnitt zunehmend sympathisch gemacht. Das Herumreisen mit Birgit scheint ihr mittlerweile zu gefallen, und sie fühlt sich offenbar recht wohl dabei – was bei mir die Frage aufwirft, ob sie nicht auch mit Martin zusammen Gefallen an solchen Urlauben hätte finden können, wenn er nur ein bisschen mehr auf sie eingegangen wäre.
    Das Gespann Alexandra/Birgit gefällt mir immer besser, und ich begleite die beiden Frauen unheimlich gerne auf ihrer Suche. Ob es dabei noch um Alexandra bzw. Martin geht oder doch eher um Birgit, ist den beiden wohl selbst nicht so ganz klar. ;-)


    Dass die Männer, die Kebale ausgesandt hat, Martin nun tatsächlich zu entführen versuchen, war zu erwarten. Völlig überraschend für mich war dagegen, dass Sien sich nach dem Übergriff ausgerechnet an Alexandra und Birgit wendet. Diese Dreier-Konstellation finde ich sehr spannend und bin schon gespannt darauf, wie die Frauen sich miteinander arrangieren werden.


    Interessant fand ich auch, dass nicht nur Alexandra als West-Europäerin mit einem Kulturschock zu kämpfen hat, sondern auch Keke mit vielen neuen Eindrücken (Busse und Fähren, große Städte, hellhäutige Touristen) konfrontiert wird, die ihm fremd sind und ihn verunsichern.


    Aufgefallen ist mir noch ein Satz auf Seite 248: «Alexandra war unbegreiflich, wie gleichgültig Birgit angesichts der unübersehbaren Armut bleiben konnte.» Wie habt ihr, Steffi und harimau, diesen Punkt erlebt? Ist es tatsächlich so, dass man im Lauf der Zeit diese Missstände "akzeptiert" (mir fällt gerade leider kein besserer Ausdruck dafür ein), sie einem nicht mehr so sehr ins Auge fallen und schockieren?

    @ Steffi
    Dankeschön für deine Links! Echt faszinierend, was so alles auf zwei Rädern gestapelt werden kann! Der Artikel ist wirklich göttlich! "It has been documented that riders have disappeared down a water filled pothole never to be seen again." :rofl


    Zitat

    Original von Lumos
    Das mit dem Plan, Martin zu opfern klingt ja gruselig! Meint ihr wirklich?


    Also ich wünsche es ihm ja nicht, aber könnte es mir gut vorstellen. Immerhin taucht auf der Insel mal die Überlegung auf, Ravuú mit einem Bräutigam zu beglücken, um sie zu besänftigen. Eine Option, die mir auch noch möglich scheint, wäre, dass zwar Martin geopfert werden soll, er aber (auf Grund seines Geheimnisses, was auch immer das letztendlich jetzt ist) mit einer anderen Person verwechselt wird. Hm.


    @ Richie
    Piper wäre jetzt auch mein erster Gedanke gewesen bzw. Malik mit der National-Geographic-Reihe. Sehr schade, harimau , dass dir nicht die Möglichkeit gegeben wurde, deine Gebrauchsanweisung zu schreiben! :-(


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Nicht ganz klar ist mir, von wie vielen Briefen in ihrer Handtasche die Rede ist. Ich hatte es so verstanden, dass da zwei Briefe drin sind. Der von Martin und ein zweiter


    Das mit den Briefen hat mich auch ein bisschen verwirrt. Hab das aber auch so verstanden, dass es zum einen Martins Brief ist und noch ein weiterer. Vielleicht handelt es sich dabei wirklich, wie Ellemir meint, um eine "Bestätigung" für Alex' Schwangerschaft. (Kriegt man da was Schriftliches??)


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Wenn sie so weitermacht, ruiniert sie sich noch ihre gesamte Garderobe


    :lacht


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Sien will Martin also auf die Insel bringen, sie wird wohl tatsächlich eine Nachfahrin von Marr'tin sein.


    Diese Verwandtschaftsverhältnisse sind echt etwas rätselhaft. Juliana hängt da doch auch irgendwie mit drin, wenn ich das richtig im Hinterkopf habe. Aber die kann keine Zeitgenossin vom holländischen Martijn gewesen sein, das haut alterstechnisch nicht hin, oder? :gruebel

    Zitat

    Original von Suzann
    Ravuu werden lebende Männer geopfert, um sie zu beruhigen und so am Ausbrechen zu hindern. Nachdem dieser Urururpriester seine Vision gehabt hatte, die vermutlich Halluzinationen, ausgelöst von giftigen Vulkangasen waren, ist das Rochenvolk bzw. dessen Priester auf diese Vorgehensweise verfallen. Der Urururmartin ist vor seiner Opferung entkommen, was einen kleinen Ausbruch zur Folge hatte. Seitdem wollen die Priester Ravuu wieder versöhnen und suchen nach einem passenden Opfer. Sien ist eine von denjenien, die ausgesandt wurden, geeignete Kandidaten zu finden und auf die Insel zu bringen. Der Priester bedroht ihr Kinder oder Geschwister, damit sie tut, was er von ihr verlangt, wenn ich ihren Traum richtig deute.


    Liebe Suzann, du schreibst nicht zufällig auch Bücher? Die Kreativität und die Ideen dazu hättest du jedenfalls! Plausibel finde ich deine Idee auch. Dass Martin geopfert werden soll, befürchte ich auch. Ich hatte beim Lesen allerdings eher Kebale als treibende Kraft im Verdacht (irgendetwas Übles scheint er ja zu planen) als Sien, bei ihr vermute ich eine anderen Grund (welchen auch immer), weshalb sie Martin auf die Insel schleppen will. Aber deine Idee, dass ihre Kinder/Geschwister bedroht werden, finde ich grad ziemlich logisch, darauf wäre ich gar nicht gekommen!


    Zitat

    Original von harimau
    Auf dem Richtplatz von Ambarita möchte ich mich nachts auch nicht allein herumtreiben müssen.


    Ich auch nicht! Dieser Ort hat echt was Unheimliches an sich, das kam beim Lesen sehr intensiv rüber.


    Zitat

    Original von harimau
    Der Prinz und sein T-Shirt der Winterspiele von Innsbruck sind übrigens echt.


    Den gibt’s tatsächlich?! Den fand ich so witzig!


    Zitat

    Original von SteffiB
    ich habe am Anfang tatsächlich darüber nachgedacht, aber Reiseführer sind ja eher prosaischer Natur: Fakten, Fakten, Fakten. Reiseberichte oder -artikel sind da schon was anderes, aber es gibt in Deutschland nur wenig Interesse an Büchern […]


    Ja, eben wegen dieser bloßen Aneinanderreihung an Fakten fände ich es erfrischend, wenn diese Dinger mal anders geschrieben würden. Aber du hast recht, das fiele dann eher in die Kategorie Reiseberichte. Dass daran wenig Interesse besteht, kann ich im Übrigen so gar nicht nachvollziehen, ich lese Reiseberichte total gerne. :-)

    So, in diesem Abschnitt geht es ja ganz schön rund!


    Alexandra und Birgit nähern sich auf ihrer gemeinsamen Tour einander an, was ich zum einen sehr realistisch dargestellt und zum anderen auch irgendwo recht naheliegend finde, schließlich besteht doch die eine oder andere Gemeinsamkeit. Zum Beispiel, dass beide für gewöhnlich sehr tough auftreten und ihre Empfindungen, ihre Verletzlichkeiten nicht nach außen tragen. Und beide haben die Erfahrung gemacht, von ihren Partnern nicht ausreichend Aufmerksamkeit zu bekommen, beide haben erlebt, dass der Partner von jetzt auf gleich verschwindet.


    Alexandra lernt man in diesem Abschnitt auch besser kennen; sie verliert ihre eindimensionale Zickigkeit. Mittlerweile reflektiert sie ihr Auftreten und ihr Handeln, sie will sich mit den Umständen und dem Land arrangieren und sich dem Kulturschock stellen. Die zum Teil widersprüchlichen Empfindungen, die sie dabei empfindet, werden sehr glaubhaft beschrieben. Außerdem habe ich den Verdacht, dass Alexandra schwanger ist, was ihr Verhalten und vor allem ihre Motivation, diese Reise gemeinsam mit Martin anzutreten und ihn nun mit Birgit zusammen zu suchen, nachvollziehbar macht.


    Sien finde ich nach wie vor extrem rätselhaft. In Malaysia lebte sie offenbar ziemlich zurückgezogen, und auch Martin gegenüber öffnet sie sich kaum und wenn doch, eher etwas widerstrebend. Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich so verhält, weil sie etwas zu verbergen hat, oder ob das auf eine gewisse Unsicherheit zurückzuführen ist, weil sie Martin nicht von sich wegtreiben möchte. Genauso mysteriös ist Siens Vergangenheit. Sie scheint irgendetwas Traumatisches erlebt zu haben, das sie bis heute so wenig verarbeitet hat, dass es sie in Form von Albträumen regelmäßig heimsucht.


    Juliana empfinde ich als höchst interessante Figur. Sie vertritt einerseits die traditionellen religiösen und kulturellen Werte der Insel, betet aber gleichzeitig zum christlichen Gott, ist an den Naturwissenschaften interessiert und hat sich einen ziemlich rationalen Blickwinkel angeeignet.


    Die Schilderungen von Indonesien haben mir wieder sehr gefallen. Steffi, du solltest echt mal darüber nachdenken, Reiseführer zu schreiben! Besonders die Stellen, an denen wir mit Alexandras Augen auf das Land blicken, finde ich toll. Jedenfalls glaube ich jetzt, dass der Fahrstil der Pinneberger harmlose Kinderhartausscheidung im Vergleich zu dem der Indonesier ist, möchte besser nicht wissen, wie niedrig die durchschnittliche Lebenserwartung indonesischer Hühner ausfällt, und rätsle immer noch, wie eine komplette Familie auf ein einziges Mofa passt …

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    Original von Katerina
    Ohne angeben zu wollen: Ich habe die Szene in 3D gelesen. Ich hab sie draußen auf dem Balkon konsumiert, umgeben von drei Katzen - keine mehr als eine Streichellänge entfernt. Schnurr.


    Voll gemütlich! Hoffentlich haben deine Katzen die Szene nicht nachgespielt und es flog kein Geschirr durch die Gegend. ;-)


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    Original von Lumos



    Das hast du sehr nett ausgedrückt! Ich gestehe, dass auch ich Fernreisen am liebsten per Buch erlebe.


    Da kann ich euch beiden die Hand reichen. Ich bin auch ein Fernreisemuffel, obwohl mich theoretisch schon auch weit entfernte Ziele interessieren würden. Bücher sind da wirklich eine tolle Möglichkeit, Dinge mitzu"erleben", die man selbst womöglich nie unternehmen wird. Ich lese z. B. auch gerne Berichte von Bergsteigern, weil ich das total faszinierend finde, selbst aber wegen zu viel Höhenangst und zu wenig Schwindelfreiheit nie machen könnte. ;-)


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    Original von Ellemir
    Oh ja, ich finde die Charaktere alle sehr lebensnah […]


    Volle Zustimmung! :-)

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    Original von harimau


    Da Steffi einen harten Tag hatte und schon im Bett liegt, hat sie mich gebeten, deine Frage zu beantworten. Wir haben 1998 Jobs, Wohnung etc. aufgegeben, um zwei Jahre lang mit dem Rucksack um die Welt zu ziehen. Ein schlimmer Hurricane in der Karibik führte dazu, dass wir unsere Pläne buchstäblich im letzten Moment ändern mussten und die beiden Jahre ausschließlich in Asien (darunter drei Monate in der im Buch beschriebenen Ecke Indonesiens) verbrachten, was sich angesichts unseres langsamen Reisetempos im Nachhinein als glückliche Fügung erwies. Wieder zu Hause in Hamburg, waren wir von diesem ungebundenen Lebensstil und Asien so angefixt, dass wir drei Jahre wie die Blöden geackert und gespart haben, um wieder in den Osten gehen zu können. Diesmal sind wir nur ein paar Monate herumgereist, haben dann ein Vierteljahr in einem abgelegenen Teil Thailands und schließlich zwei Jahre als Untermieter einer chinesischen Familie in Penang / Malaysia gelebt. In dieser Zeit haben wir mit dem Schreiben angefangen, was unser Leben nachhaltig verändert hat. In Asien waren wir seitdem weiterhin regelmäßig, sei es für ein paar Wochen oder 2010 sogar noch einmal acht Monate, wobei die Kontakte nach Malaysia aufgrund gewachsener Freundschaften besonders eng sind. Insgesamt habe ich annähernd sieben Jahre in Asien verbracht, und Steffi nur unwesentlich weniger. Unsere Herzen sind halt irgendwie dort hängengeblieben. :-)


    Oh, das klingt aber wirklich sehr toll und abenteuerlich! :-) In dieser Zeit habt ihr sicher unglaublich viele verschiedene Erfahrungen gemacht und unvergessliche Erlebnisse gehabt!
    Ich finde es immer total schön und auch beeindruckend, wenn jemand sein Leben so lebt, wie er es wirklich leben will, und sich nicht auf irgendwelchen „geht nicht“-Gedanken ausruht, sondern alles dafür tut (so wie ihr hart dafür gearbeitet habt, um wieder zurückkehren zu können), dass die Pläne umgesetzt werden können.
    Naja, und fortzugehen und quasi am anderen Ende der Welt zu leben, finde ich persönlich auch ziemlich mutig. Ich muss zugeben, ich könnte mir das für mich nicht vorstellen, so weit weg von meiner Familie zu sein, da bin ich echt zu feige für.
    Dass eure Herzen in Asien hängengeblieben sind, merkt man, finde ich, dem Buch auch an. Land und Leute sind so liebevoll beschrieben, das kann nur jemand schreiben, der beides sehr mag! :-)

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    Original von SteffiB
    Räusper. Also … bei dieser Anekdote stand ich selbst Pate. harimau und ich haben ein paar Jahre in Penang gelebt (und ja, Birgits Vermieterin hat frappierende Ähnlichkeit mit unserer Vermieterin, inklusive Lottogott), und da geht man natürlich auch aus. Also rein in den kurzen Rock und die High Heels und ab auf die Piste. Natürlich ist das nicht jedes Mal unfallfrei abgelaufen. Ich bin aber trotzdem jeden Samstag wieder tapfer in die Stadt gestöckelt.


    Das nenne ich mal tapfer! Ich hoffe, du hast diese Touren ohne größere Knochenbrüche überstanden. ;-) Mir geht’s da eher wie Ellemir. Ich trage nie High Heels und bin mit den Dingern irgendwie auch nicht kompatibel. Halbwegs dekorativ rumstehen geht grad noch, aber Laufen würde selbst auf ganz planen Böden wohl kaum unfallfrei bei mir über die Bühne gehen. ;-)
    Ansonsten finde ich es gerade sehr spannend zu erfahren, dass ihr mehrere Jahre dort gelebt habt. Wenn euch die Frage nicht zu privat ist: Hatte sich das eher spontan ergeben oder war es ein langgehegter Traum von euch?


    @ harimau und Lese-rina:
    Vielen lieben Dank für eure Lesetipps! :-) Ich hab mir die genannten Bücher gleich mal auf meine Merkliste gepackt!


    Was Alexandra und Martin betrifft:
    Anhand der Informationen, die ich nach diesem Abschnitt von den beiden habe, kann ich gar nicht beurteilen, wer von beiden der Böse bzw. Schuldige ist. Momentan sehe ich es eher so, dass sicherlich beide dazu beigetragen haben, dass ihre Ehe so arg den Bach runtergegangen ist. Die beiden führ(t)en m. E. keine Beziehung auf Augenhöhe und gehen außerdem viel zu viele Kompromisse füreinander ein. Die Unzufriedenheit, die Eifersucht, das Fremdgehen sind da vermutlich eher Symptome denn Ursachen.
    Sonderlich sympathisch ist mir jedenfalls keiner von beiden. ;-)
    (@ Midori: Ich bin in Martins Alter, und wenn ich mich so in meinem Freundes- und Bekanntenkreis umschaue, kann ich nur bestätigen, dass solche Zerrüttungen auch U40 nicht unbedingt selten sind.)