Beiträge von Sidonie

    „Das wird schließlich gekauft“ ist in meinen Augen eine ökonomisch motivierte, ansonsten aber anzuzweifelnde Legitimation. Billigfleisch wird auch gekauft ...
    Ich glaube nicht (mehr) an den mündigen Verbraucher, und der ist von der Wirtschaft auch gar nicht mehr gewünscht.


    Würde eine Buchhandlung einen Bestseller nicht vorrätig halten, wäre er trotzdem bestellbar. Eine Einschränkung der Freiheit kann ich nicht erkennen. Oder ist die Freiheit, die hier verteidigt wird, vielleicht doch eher eine wirtschaftliche?


    Dass der Wunsch nach Qualität als Arroganz ausgelegt wird, finde ich im Übrigen bezeichnend für unsere gegenwärtige Konsum- und Unterhaltungsgesellschaft.

    Die letzten beiden Leserundenabschnitte habe ich jetzt in einem Rutsch gelesen. :wow


    Ich hab mich gefreut, dass Leesha, Rojer und Arlen schon in diesem Buch aufeinandertreffen. Irgendwie passen die drei schon echt gut zusammen.


    Schön, dass sich die Bewohner von Cutter’s Hollow aus ihrer Resignation und Lethargie haben aufwecken lassen! Das hätte ich nicht unbedingt erwartet. Und das war auch die erste Kampfbeschreibung in diesem Buch, die ich wirklich gern gelesen habe, bisher fand ich die eher weniger fesselnd.


    Was Leesha und Arlen angeht (also dass sie so schnell miteinander angebandelt haben), so hätte ich mir gewünscht, dass diese Entwicklung ein bisschen langsamer vonstattengeht. Nichtsdestotrotz bin ich gespannt, wie es mit den beiden in dieser Hinsicht weitergeht. Interessant fand ich vor allem die Gedankengänge von Arlen, seine Sorge, dass er schon viel zu wenig „menschlich“ und dafür zu „dämonenartig“ ist.

    Dass ich so lange für dieses Buch gebraucht habe, lag nur an mangelnder Lesezeit. Alles in allem hat mir das Buch nämlich sehr gut gefallen, und ich bin wirklich froh, dass zumindest die nächsten beiden Bände schon vorliegen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wie es mit Rojer, Arlen und Leesha weitergeht, ob die drei wirklich zusammen losziehen, was Leesha noch alles über die Dämonen herausfindet, welche Pläne Jardir hegt …


    Jetzt habe ich gerade noch eure Beiträge gelesen – mir geht es ähnlich, was Rojer angeht, auf seine weitere Entwicklung bin ich auch am meisten gespannt.

    Rojer und Arrick, die zwei sind schon eine spannende Konstellation!
    Rojer trägt Arrick nach, dass er damals, als sein Dorf unterging, feige war, weiß aber auch, dass Arrick ihn damals nicht alleingelassen, sondern sich um ihn gekümmert und ihn großgezogen hat, auf Kosten seiner Karriere. Ich stelle es mir nicht leicht vor, zwischen solch widersprüchlichen Gefühlen hin und hergerissen zu sein! Und Arrick gibt Rojer die Schuld an seinem verkorksten Leben. Da ist schon ein gewaltiges Konfliktpotenzial zwischen den beiden vorhanden, und dass es dann zum Streit kommt, ist nicht weiter verwunderlich. Und trotzdem habe ich den Eindruck, dass sie doch irgendwie trotz allem zusammenhalten, wenn es drauf ankommt. Dass Rojer aus Arricks Haarsträhne einen neuen Talisman bastelt, fand ich rührend …

    Arlens Leidensweg in der Wüste fand ich beeindruckend. Vor allem seine Gedanken und Erkenntnisse, die er in der Oase hat. Er wünscht sich jemanden, der an ihn glaubt, ihn versteht, weiß aber, dass ihm nur die Option eines einsamen Lebens bleibt, wenn er weiter gegen die Dämonen kämpfen will. Gut, einen Arlen, der verheiratet in irgendeiner Stadt hockt und seinen Kindern beim Spielen zuguckt, könnte ich mir auch nicht vorstellen.


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    Original von Rouge
    Die Szene als er das gebratenen Fleisch des Horcling isst, war gruselig und ekelig! Ich hoffe nicht, dass er nun irgendwie zu einem Horcling mutiert. Das wäre ja grauenhaft!


    Das fand ich auch sehr eklig, und ich hoffe ebenfalls, dass er nicht irgendwann mutiert.


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    Original von Suzann
    Vorab ist Arrick ja schuld, dass Rojer aus dem schützenden Kreis fällt, wenn ich richtig gelesen habe. (…) Arrick ist/war jedenfalls eine sehr interessante Figur und es tut mir fast leid, dass er "gecort" wurde.


    Eben, Arrick hat ihn doch aus dem Kreis rausgeschubst … Dass er sich für Rojer geopfert hat, würde ich nun auch nicht unbedingt sagen. Ich glaub sowieso nicht, dass Arrick in dieser Nacht irgendeine Handlung bewusst vorgenommen hat, so sturzbetrunken, wie er war. :grin
    Und ich find’s auch ein bisschen schade, dass er jetzt weg vom Fenster ist, war schon wirklich eine interessante Figur.

    Ich kann mich euch nur anschließen. Krasia hat wirklich was von „ein Klischee-Amerikaner bastelt sich ein Klischee-Nahost“. Naja, und die Gesellschaftsordnung ist schon auch befremdlich … Männer gelten nur etwas, wenn sie Krieger sind … Alles ist auf den Kampf gegen die Dämonen ausgerichtet, schon ein krasser Gegensatz zu den resignierten Dorfbewohnern. Interessant fand ich die Beschreibung der Stadt auf jeden Fall! Viel toller noch fand ich aber die Beschreibung der Wüste, der Oase und von Anoch Sun.


    Dass Arlen den einarmigen Felsendämonen dann tötet, ging mir dann fast ein bisschen zu schnell nach all den Jahren der Verfolgung. An der Stelle ist mir im Übrigen dann auch aufgefallen, dass mir beim Lesen gar nicht so bewusst ist, wie viel Zeit schon seit den ersten Kapiteln vergangen ist, obwohl ja bei jedem Kapitel die Jahreszahl dabeisteht … Die nehme ich irgendwie nicht so richtig zur Kenntnis.


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    Original von Suzann
    Irgendwie glaube ich nicht daran, dass es in dieser Geschichte um die Wiederkehr des Erlösers geht. Das sind nur Mythen, die sich im Laufe der Zeit gebildet haben. Ich denke, der Erlöser war ein normaler Mann wie Arlen, dem bestimmte Waffen, Techniken, etc. zur Verfügung standen, die in Vergessenheit geraten sind.


    :write

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    Original von JaneDoe
    Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass Arlen als Einzelgänger angelegt ist, seine Beziehungen keinen Bestand haben. Er hat ein Ziel vor Augen und läßt sich durch nichts davon abbringen.


    Das kann ich mir auch sehr gut vorstellen!


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    Original von Saiya
    Ich bin sowieso gespannt, ob und wann die drei Hauptpersonen sich endlich einmal begegnen.


    Dito. Nachdem es mehrere Bände gibt, könnte ich mir vorstellen, dass es noch eine ganze Weile dauert, bis sie aufeinandertreffen, aber dass sie sich irgendwann begegnen, davon gehe ich zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich schon aus.


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    Original von killerbinchen
    Aber sich jede Nacht gegen diese Übergriffe zu wehren (und dann auch noch eine Drohung zu erhalten, ja kein Wort darüber zu verlieren, dass er es nicht geschafft hat, sie flachzulegen,) hm, also da hätte ich schon Lust gehabt, mich anders zu wehren, als ihm ein paar Kräuter, wenn auch sehr wirksame, in den Topf zu tun.


    :write Diese Übergriffe fand ich heftig. Vielleicht auch gerade deswegen, weil sie nicht näher beschrieben wurden, das hat sie auf mich noch viel übler wirken lassen.


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    Original von Nightflower
    Es wurde immer erwähnt, dass sie so viel wisse, weil sie so viel liest, aber wie kann sie dann so verschlossen der Welt gegenüber sein?


    Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich so verschlossen der Welt gegenüber ist. Vorrangig will sie einfach nicht, dass Arlen als Kurier in der Weltgeschichte herumreist und der Dämonengefahr ausgesetzt ist, und das ist wohl eine Kombination aus Sorge um ihn und eher egoistischeren Motiven …

    Ein toller, wenn auch ziemlich dämonen-armer Abschnitt!


    Leesha ist fast mit ihrer Ausbildung fertig. Sie hat viel gelernt bei Bruna, aber was mir besonders aufgefallen ist, ist, dass sie in dieser Zeit nicht nur ihr Wissen erweitert hat, sondern auch ihren Horizont. Brunas Welt ist umfassender, als ihre eigene es vorher war. Und Cutter’s Hollow wirkt auf Leesha jetzt sehr klein und beengt.
    Arlen geht es ähnlich. Er findet auch, dass Miln nicht alles ist, dass das Leben noch mehr bereithält.


    Mit dieser Auffassung heben sich die beiden deutlich von den meisten ihrer Mitmenschen ab, die mit den ihnen scheinbar vorgegebenen Lebensentwürfen zufrieden sind, sie nicht hinterfragen und keinerlei Motivation verspüren, neue Wege zu betreten. Dementsprechend stoßen die Pläne der beiden, ihre Absichten, Cutter’s Hollow bzw. Miln zu verlassen, nicht überall auf Verständnis und lösen zum Teil heftige Reaktion aus (in Leeshas Fall bei Elona, in Arlens Fall bei Mery und Elissa). Diese Parallelen zwischen Leesha und Arlen sind bemerkenswert, und ich finde sie auch sehr gut geschildert. Ich kann sowohl Leeshas als auch Arlens Sehnsucht nach „mehr“ nachvollziehen, aber auch die Reaktion der Menschen, denen dieses Nachvollziehen schwerfällt oder nicht möglich ist.


    Interessant finde ich in diesem Zusammenhang das Verhalten von Elissa. Aus Sorge um Arlen würde sie am liebsten verhindern, dass er Kurier wird. Gleichzeitig weiß sie aber, wohl durch ihre Ehe mit Ragen, worin eine derartige Abenteuerlust begründet ist (oder was zumindest dazu beiträgt). Und obwohl sie Arlens Pläne nicht gutheißen kann, spricht sie sogar mit Mery darüber und wirbt bei ihr um Verständnis für Arlen.


    Und Mery – mei, die Gute hat es aber sehr eilig! :lache Kaum haben sie und Arlen das erste Mal ein bisschen rumgeknutscht, spricht sie von Heirat und Familiengründung! :wow Sie sieht in Arlen offensichtlich den idealen Ehemann, ohne seinen Charakter, das, was ihn ausmacht, überhaupt zu erkennen. Sie projiziert ihre Erwartungen auf ihn und fordert, dass er sich und seine Lebensplanung an diese Vorstellungen anpasst – keine gute Grundlage für eine Beziehung! Die Trennung ist da nur folgerichtig. Merys Verhalten fand ich hier sehr anstrengend und zickig, aber eben auch wieder sehr glaubhaft und realistisch dargestellt. Und Arlens Aufbruch von Miln gleicht dann schon fast einer Flucht – vor der Stadt, die nicht frei ist, sondern einengt, vor all der Liebe, die ihn einengt …


    Und dann geht’s in diesem Abschnitt auch immer wieder um Mutter-Beziehungen. Leesha hat ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter, versteht sich gut mit ihrem Vater und hat in Bruna so etwas wie eine mütterliche Bezugsperson gefunden. Arlen hat seine geliebte Mutter verloren, ist nicht sonderlich gut auf seinen Vater zu sprechen und wurde von Elissa als eine Art Ziehsohn gefunden. All diese Parallelen und Unterschiede zwischen Arlen und Leesha finde ich ziemlich faszinierend und interessant.


    Überhaupt empfinde ich die ganze Geschichte als sehr vielschichtig!


    Tja, und Rojer: Der entdeckt sein musikalisches Talent und kann sogar trotz seiner demolierten Hand ein Instrument spielen. Ansonsten bleibt er für mich noch eine sehr blasse Figur.


    Allgemein muss ich sagen, dass ich (mittlerweile) wirklich gefangen bin in der Geschichte und es mir sehr gut gefällt, wie der Herr Brett erzählt und schreibt.
    Besonders gefallen mir auch die Dialoge, die meistens so erfrischend und zum Teil humorvoll daherkommen.
    Aber auch andere schöne Stellen sind mir aufgefallen, zum Beispiel Leeshas Erkenntnisse in Bezug auf ältere Menschen:
    «Living with Bruna had taught her that the eccentricities of age were a small price to pay for having a lifetime of experience to draw upon.» – Wie wahr, wie wahr!


    Oder auch, wie Brett (unter Bezugnahme auf Rojers Puppenfigur mit der Haarsträhne seiner Mutter) die Alkoholsucht von Arrick beschreibt:
    «His master was slumped over an empty bottle, his hand wrapped tightly around ist neck as if to choke a few last drops from it.
    They both had their talismans.»
    – Bitterkeit, mit einer Prise kindlicher Leichtigkeit.


    Oder die Weisheit von Bruna (beruht vielleicht auf der erwähnten „lifetiime of experience“ :chen):
    «Boys will be boys. Even when they’re men.»

    Es gibt also unterschiedliche Siegel mit unterschiedlichen Wirkungen; das scheint mir echt eine Wissenschaft für sich zu sein. Kein Wunder, dass die Ausbildung von Arlen dann sieben Jahre dauert! Und erstaunlich, dass die Siegel, die in Tibbet’s Brook zum Einsatz kommen, in Miln völlig unbekannt sind. (Erstaunlich finde ich weniger, dass die Leute in Miln nix von diesen Siegeln wissen, so abgelegen wie Tibbet's Brook ist, sondern dass es überhaupt offenbar so dermaßen viele verschiedene Siegel gibt.)


    Mir gefällt, wie Arlen alles kritisch hinterfragt und mit seinen Ansichten auch nicht hinter dem Berg hält. Dass er sein Wissen zu den Siegeln nicht geheim halten möchte, passt auch total zu ihm, finde ich.


    Cobs (missglückter) Traum von einer sicheren Straße zwischen den Städten zeigt noch einmal deutlich, wie eingeschränkt die Menschen doch leben. Ich fände die Vorstellung, nur sehr begrenzte Möglichkeiten zu haben, aus dem Kaff, in dem man geboren wird, auch mal rauszukommen, ziemlich unschön!


    Aufgefallen ist mir noch die Religionskritik, die hier immer wieder mal aufblitzt: Religion mache sich die Ängste der Menschen zunutze.


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    Original von killerbinchen
    Was passiert wohl, wenn die Stadt erfährt, dass der Einarmige hinter Arlen her ist und deswegen nicht aufgibt?


    Eine gute Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass er in der Stadt dann sehr schnell zur persona non grata, vielleicht sogar aus der Stadt verwiesen wird …


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    Original von Cith
    Im Gegensatz zu Renna hat Mery auf mich sofort einen Eindruck gemacht.


    Das geht mir genauso. Ich bin eh gespannt, ob man von Renna überhaupt noch mal was hört im Laufe der Geschichte.


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    Original von Nightflower
    Allgemein würde ich gerne mehr über die Dämonen erfahren. Töten die wirklich nur, wiel sie Hunger haben? Langsam glaube ich nciht mehr dran. Der Einarmige will doch auch quasi Rache!


    Weil wie Tiere sind sie ja nicht wirklich oder?


    Über die Dämonen würde ich auch sehr gerne mehr erfahren. (Ich hoffe, das passiert noch im Laufe der Bücher!) Dass Hunger ihr einziges Motiv ist, kann ich mir mittlerweile auch nicht mehr vorstellen. Die Erklärung aus dem Canon, dass die Dämonen die Plage sind und die Menschen selbst daran schuld sind, ist mir dann doch ein bisschen zu wenig rational. ;-) Arlen zweifelt diese These ja auch an.


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    Original von Susannah
    Aber wie man an der Reaktion der Stadtbevölkerung gesehen hat (fliegendes faules Obst) offenbar genau das richtige Mittel, um dem "gepeinigten Stadtvolk" das Gefühl zu geben, ihr Herzog tut etwas und jemand ist schuld und es wird nicht wieder passieren, weil dieser jemand tot ist ...


    Einfache Politikgrundregeln: Bauernopfer sind hilfreich.


    :write

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    Original von Cith
    So ganz realistisch fand ich es aber nicht, dass der Gasthof angegriffen wird. Ich hatte eigentlich schon den Eindruck, dass Geral ein bisschen was von Siegeln versteht und er hat sie ja ausgebessert. Wieso haben sie dann trotzdem nicht gehalten?


    Das fand ich auch komisch. Ich meine, für die Geschichte ist es wichtig, dass der Gasthof angegriffen wird, schließlich muss Rojers Schicksal besiegelt werden, aber ich hätte es stimmiger gefunden, wenn der Autor die Ausbesserung der Siegel einfach weggelassen hätte …


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    Original von killerbinchen
    Wie findet ihr eigentlich diese Zusammenstümmelung und andere Schreibweisen der Vornamen? (z. B. Stefny statt Stephanie?)


    Diese Schreibweisen stören mich überhaupt nicht. Im Grunde finde ich das sogar besser als irgendwelche unaussprechlichen Fantasienamen, denen mit den wildesten Akzenten/Sonderzeichen ein Hauch von Exotik verliehen werden soll … ;-)


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    Original von killerbinchen
    Und wie ist es mit der Übersetzung der Orte und Nachnamen?


    Ich lese die englische Ausgabe, aber bei solchen bildhaften Namen (wie das erwähnte „Sonnige Weide“) aus einer Fantasywelt würde mich eine Übersetzung nicht stören. Und die Fürsorger, das sind die Geistlichen, oder? Der Begriff erinnert so ein bisschen an „Seelsorger“.

    Mit Rojer kommt also noch eine weitere Figur … Interessant ist, dass er ja doch ein ganzes Stück jünger ist als die anderen beiden. Sein Schicksal ist dafür umso übler.
    Den Schluss dieses Kapitels, als Arrick singt, während das Dorf in Schutt und Asche fällt, finde ich atmosphärisch sehr dicht. In wenigen Worten wird sehr viel Stimmung vermittelt.


    Dass Arlen erfährt, dass man seiner Mutter hätte helfen können, fand ich schon übel. Zeigt auch schön, wie schlecht es um den Wissensaustausch in diesem Land bestellt ist, was allerdings auch kein Wunder ist, wenn die einzige Kommunikationsmöglichkeit zwischen den einzelnen Städten und Dörfern die Kuriere sind, die nur alle Naslang mal vorbeikommen.


    Miln fand ich schön beschrieben, so aus der Sicht von Arlen. Interessant auch sein Gedanke, dass die „freien Städte“ doch gar nicht so frei sind, wie es der Name vermuten lässt.
    Den Besuch beim Herzog fand ich erfrischend (Ragens forscher Umgang mit ihm), aber auch bitter, weil den Herzog das Schicksal des kleinen Mannes überhaupt nicht interessiert, nur seine wirtschaftlichen/politischen Interessen – voll aus dem Leben gegriffen.
    Die herausragende Stellung von Müttern in Miln ist bemerkenswert. Auf den ersten Blick klingt es ziemlich gut, dass Frauen solche wichtigen Positionen in der Stadt bekleiden … Aber da das ausschließlich auf Mütter zutrifft, ist es doch stockkonservativ und diskriminierend.

    Mittlerweile bin ich, obwohl ich die letzten Tage nicht viel Zeit zum Lesen hatte, so im Buch drin, dass ich gar nicht mehr an das Ende des Leserundenabschnitts gedacht habe …


    Die Nächte, die Arlen im Wald verbringt, sind schon gruselig. Also ich würde ja wahrscheinlich eingehen vor Schiss, so quasi Auge in Auge mit den Dämonen, nur mit ein paar kaputtbaren Zeichen als Schutz dazwischen … Aber Arlen hatte auch keine andere Wahl, als sich so zu behelfen.


    Der Wechsel zu Leesha kam etwas abrupt, aber ich war dann schnell auch in ihrer Geschichte drin. Ihre Mutter finde ich schon sehr krass dargestellt. Überhaupt herrschen da ja Zustände – wie bei Sodom und Gomorrha! :lache
    Bruna ist eine interessante Figur (bzw. interessant, was sie an altem Wissen in petto hat), und ich bin gespannt, was sie Leesha so alles beibringen wird.
    Nett finde ich, wie Dinge, die man aus der Realität kennt, an diese Welt angepasst werden, z. B. dass Bräute nicht über die Schwelle getragen werden, sondern über die Siegel.


    Aber ich muss schon sagen, das ist schon eine sehr düstere Welt. Die Menschen sind den Dämonen (scheinbar) hilflos ausgeliefert, jede Nacht birgt erneut die Gefahr von Tod und Verletzungen und materiellen Schäden; ich frage mich wirklich, woher die Leute noch Lebensfreude und Zuversicht nehmen.
    Aber immerhin funktioniert die Nachbarschaftshilfe. ;-)



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    Original von Cith
    Bei mir ist es bei Büchern, die in der Form geschrieben sind, oft so, dass ich eine Person total faszinierend finde und die andere zwar auch gut, aber nicht so mitreissend. Dann nervt es mich, wenn ich von dem Schauplatz lesen "muss" und es nicht beim spannenden weitergeht. Aber so habe ich es hier nicht empfunden.


    :write
    Das geht mir auch so. Hier interessiert mich Leeshas Geschichte genauso wie Arlens.


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    Original von Zwergin
    Seit ich die Stelle mit Arlen und dem Hasen gelesen habe, frage ich mich, wie in dieser Welt wilde Tiere überhaupt überleben können, Siegel zeichnen können sie ja schlecht und Höhlen, Löcher und Baue bieten ja wohl auch keinen Schutz.


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    Original von Cith
    Ich glaube man kann sich schon verstecken oder wegrennen, es ist einfach keine sichere Angelegenheit. Die Dämonen scheinen sich ja durchaus auch ablenken zu lassen, wenn dann etwas besseres im Weg ist, was sich eher lohnt. Einfach wenn sie einmal auf dich aufmerksam geworden sind, bist du ohne Siegel wohl verloren, egal ob nun ein Hase oder Mensch bist.


    Wie Tiere überleben können, habe ich mich auch gefragt. Cith, deine Erklärung scheint mir stimmig.


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    Original von Saiya
    Mir geht ein wenig die Religion auf die Nerven. Die Dämonen spiegeln also die Sünden der Menschen. Dann dürften die ja der Kirche in die Hände spielen.


    Ich hab’s zwar so überhaupt gar nicht mit Religion, aber hier im Buch finde ich sie eigentlich ganz passend. Das fügt sich ganz gut in die beschriebene Welt ein, zumal dort das Zeitalter der Wissenschaft schon wieder vorüber ist.

    Ich kann mich all denen anschließen, die ein bisschen gebraucht haben, um in die Geschichte reinzukommen – allerdings sagt das in meinem Fall wenig über das Buch, weil mir das bei Fantasy fast immer so geht, da brauche ich immer ein bisschen, bis ich in der jeweiligen Welt angekommen bin. Mittlerweile hab ich mich aber eingelesen und bin gespannt, wie die Geschichte weitergeht.


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    Original von JaneDoe
    Die Dämonen sehen für mich alle irgendwie aus wie Reptilien. Ganz verstehe ich ihre Motive nicht. Ihr Dasein scheint darauf beschränkt, aus der Erde zu kriechen und Menschen zu verspeisen. So besonders clever scheinen sie ja nicht zu sein, eher vom Instinkt getrieben.


    Für mich sehen die Dämonen aus wie kleine hässliche Drachen, aber ihre Motive verstehe ich auch nicht so richtig. Ich könnte mir auch vorstellen, dass sie außer ihrem Überlebens- oder Fressinstinkt keinen sonstigen großartigen Antrieb haben … Allerdings frage ich mich, wovon/wie die Dämonen in der Zeit gelebt haben, in der sie sich zurückgezogen hatten. :gruebel


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    Original von Zwergin
    Dass arlens Vater keine Kämpfernatur ist, war klar und ist bei diesem übermächtigen Gegner auch irgendwo verständlich, heftig fand ich nur, dass er zuerst noch behauptet, für seine Frau zu kämpfen und dann noch nicht mal bereit ist, auf der Fahrt zu dieser heilerin ein Risiko einzugehen.


    Das fand ich, genau wie sein Verhalten, als ihn Harls Tochter um Hilfe bittet, auch sehr feige.


    Überhaupt empfinde ich diese ungeheure Passivität und Resignation der Dorfbewohner, die ihr auch schon angesprochen habt, als ziemlich bedrückend – viel bedrückender und unheimlicher noch als die Tatsache, dass man bei Dunkelheit nicht mehr aus dem Haus kann und jede Nacht draußen die Dämonen herumtoben.

    Thomas Pletzinger: Gentlemen, wir leben am Abgrund
    Kiepenheuer & Witsch; 2012



    Thomas Pletzinger spielte in seiner Jugend selbst Basketball und träumte von einer Profikarriere in diesem Sport. Da sein Talent dafür nicht reichte, hängte er das geliebte Hobby schließlich an den Nagel. Völlig losgelassen hat ihn der orangefarbene Ball aber nie.


    Viele Jahre später kommt er schließlich doch noch mit einer professionellen Basketballmannschaft in Berührung, wenn auch nicht aktiv auf dem Feld stehend: Als Schriftsteller begleitet er den Bundesligisten Alba Berlin eine Saison lang, vom ersten Trainingscamp bis zu den Playoffs. Pletzinger ist immer dabei, beim Training, bei den Spielen, in der Kabine, in Hotels, in Bussen und Flugzeugen.


    Der Alltag von Profi-Basketballspielern ist recht eintönig: Man trainiert, man spielt, man ist unterwegs. Dass dieses Buch gar nicht erst Gefahr läuft, in eine sich immer wiederholende Monotonie zu verfallen, ist auf eine glückliche Fügung zurückzuführen: Die Saison, die Pletzinger mit Alba verbringt, ist von Höhen und Tiefen geprägt, die sich ein Schriftsteller kaum besser hätte ausdenken können. Spieler werden ausgetauscht, der Trainer wechselt mitten im Jahr, die Mannschaft erlebt berauschende Siege und demoralisierende Enttäuschungen, sie erleidet die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte und findet sich schlussendlich doch im Finale um die Deutsche Meisterschaft wieder. Pletzinger erzählt diese Achterbahnfahrt nicht chronologisch, er greift vorweg, setzt Akzente und ist bei alledem immer nahe dran, an den Spielern, am Trainerstab. Die Emotionen, die Spieler und Trainer befallen, der Siegeswille während eines Spiels, die Euphorie nach einem Sieg, die Frustration nach schlechten Spielen, die Zähigkeit der vielen Stunden unterwegs, vor allem aber der Enthusiasmus, mit dem sich alle Beteiligten für ihren Sport einsetzen, werden eindringlich und plastisch geschildert und für den Leser greifbar.


    Diese Eindringlichkeit ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass sich Pletzingers Position innerhalb der Mannschaft im Laufe der Saison verändert: Er rückt immer näher an das Team heran, versinnbildlicht durch sein Vorrücken von den höheren Tribünenrängen zur Bank; nach und nach wird er vom stillen Beobachter zu einem Teil des Teams. «Während der ganzen Saison habe ich nicht daran gedacht, aber jetzt fällt mir auf, dass nur Spieler und Trainer in der Kabine sind. Und ich. Ich bin mittendrin.» Mittendrin in einem Leben, das der Autor selbst nicht gelebt hat, mittendrin in einem unerfüllten Traum aus jungen Jahren. Und so findet sich auch hier und da mal eine Erinnerung an die Zeit, in der er noch selbst auf dem Spielfeld stand, in der er sich so ein Leben wünschte, wie er es jetzt – bisweilen mit leichter Melancholie – beobachtet.


    „Gentlemen, wir leben am Abgrund“ ist ein fesselndes Buch über die Faszination Basketball, ein intensiv erzählter Blick hinter die Kulissen. Sehr lesenswert, zumindest für Sportinteressierte.

    Hallo Lese-rina,
    dein Beitrag macht mir gerade bewusst, dass ich meinen Dreizeiler wohl besser etwas ausführlicher formuliert hätte. ;-) Ich denke, wir sehen das recht ähnlich.
    Deine Aussage:

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    Keine seitenlangen Abhandlungen über bestimmte Themen, sondern in die Handlung eingebunden, mehr oder weniger so nebenbei


    ist für mich der entscheidende Punkt. Steffis Buch ist dafür ein gutes Beispiel: Es gibt keine ellenlangen Abhandlungen, sondern der Eindruck von Indonesien entsteht größtenteils indirekt über die Wahrnehmungen der Figuren.
    Langen Abhandlungen, die mit der Handlung nur am Rande zu tun haben, bzw. die Überfrachtung mit Fakten (was mir bisher hauptsächlich bei historischen Romanen aufgefallen ist), finde ich in den meisten Fällen eher störend denn bereichernd.
    Und Informationen, die komplett über die eigentliche Geschichte hinaus-, wenn nicht sogar an ihr vorbeigehen, wie es Midori offenbar fordert, ist m. E. eine Erwartung, die ein Roman nicht erfüllen muss (und kann) … darauf bezog sich eigentlich mein kurzer Beitrag von gestern, das habe ich offensichtlich nicht deutlich genug geschrieben.


    Zitat

    Original von SiCollier
    Weiß ich nicht. Ich lese gerade die "Buddenbrooks". Bis zur Hälfte des Buches ist noch keine Figur aufgetreten, die mir sympathisch wäre. Und die, welche es möglicherweise hätte sein können, schon lange tot. Dennoch lese ich das Buch gerne, einfach weil mir die Sprache gefällt.


    Hm. Ist die Sprache der ausschlaggebende Grund, dass du das Buch gerne liest, oder folgst du auch gern der Geschichte? Oder anders gefragt, meinst du, das Buch würde dich mehr begeistern, wenn du zumindest eine der Figuren sympathisch fändest?

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    Original von Katerina
    Würde man seine Helden in früheren Jahrhunderten mit den typischen Einstellungen ihrer Zeit ausstatten, wären sie für die Leser keine Sympathieträger.


    Da stellt sich mir die Frage: Muss ein Roman zwangsläufig Sympathieträger aufweisen, um zu "funktionieren"?
    Mir für meinen Teil ist es wichtiger, dass die Figuren sich entsprechend ihrer Zeit/ihres kulturellen Hintergrunds verhalten. Verstehen, gutheißen oder sympathisch finden muss ich ihr Verhalten aber nicht unbedingt.


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    Original von abc1234
    […] die ihr Reisetagebuch in Romane verpackt. Da erwartet man vielschichtige Informationen über besagte Länder einfach.


    Diese Erwartungshaltung teile ich überhaupt nicht.
    Ein Roman ist ein Roman ist ein Roman. Kein Sach- oder Fachbuch.
    Wenn ein Roman bei mir Interesse für ein bestimmtes Thema weckt, kann ich mir immer noch zusätzlich entsprechende Literatur besorgen.

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    Original von SteffiB
    Wahrscheinlich hatte das BKA, dass sich sicher irgendwann zugeschaltet hat (so viele Triggerwörter!), seine reine Freude. Nach dem Telefonat stand jedenfalls wochenlang ein weißer Van mit abgetönten Scheiben vor unserem Haus


    :lache :rofl


    Zitat

    Original von SteffiB
    In dieser Weltecke beginnt auch der rationalste Mensch irgendwann, Unerklärliches hinzunehmen und ggf. auf das Wirken von Göttern, Geistern und höherer Mächte allgemein zurückzuführen. Es liegt quasi in der Luft.


    Das kam in deinem Buch auch sehr gut rüber! :-)


    Ansonsten möchte ich mich auch bei dir bedanken, dass du dir so viel Zeit für die Leserunde und deine Leser nimmst! :anbet Die Leserunde hat mir echt viel Freude gemacht. Und auch ohne Leserunde werden deine anderen Bücher auf jeden Fall gelesen, der Schneeleopard und das Jadepferd sind schon bei mir eingezogen. :-)