Beiträge von Swansea

    So, die Rezension zu "Die Nähmaschine" von Natalie Fergie ist jetzt endlich eingestellt. Für alle Nähbegeisterten empfehle ich diesen zauberhaften Roman, der in Clydebank und Edinburgh verortet ist (Filiale der Firma Singer, von der ich immer dachte, es wäre ein deutsches Unternehmen *lol* - und erfuhr, dass es aus den Staaten stammt...) Sowohl der Link der National Scotish Library (am Ende der Rezi im Fazit) wie auch die Firma Singer selbst sind sehr interessant.


    Die Autorin vertreibt auch durch das Internet selbstgefärbte Wolle - und war ehemals Krankenschwester. Absolute Empfehlung von mir! :wave

    "Die Nähmaschine" von Natalie Fergie erschien (HC, gebunden) im Wunderraum-Verlag (Verlagsgruppe Randomhouse) im März 2019. Bereits in der Verlagsvorschau wurde ich auf diesen Roman aufmerksam, da ich mich für alte Nähmaschinen und ihre Geschichten sehr interessiere; selbst nähen kann und auch eine solche mechanische Nähmaschine besaß und die Freude hatte, im Oktober 2018 (erstmals in Schottland weilend) in der Glasgower Innenstadt in einem mehrstöckigen Glasschaufenster immens viele solcher wunderschönen, oftmals 100 Jahre alter Nähmaschinen bewundern zu dürfen....


    Dieser Roman, in dem eine alte "Singer 99k" die Hauptrolle spielt; in weiteren Hauptrollen die sehr sympathischen Besitzer und Protagonisten Jean, Connie, Ruth, Annie und Fred, der Enkelsohn von Jean und seinem geliebten Großvater Alfred Morrison dürfte allen LeserInnen sehr gefallen, die sich für alte Dinge und deren Geschichten interessieren - und dürften bei der Lektüre von "Die Nähmaschine" ebenso wie ich literarisch auf ihre Kosten kommen und den Roman sehr mögen!


    "In der Wohnung seines verstorbenen Großvaters in Edinburgh findet Fred eine über 100 Jahre alte Singer-Nähmaschine, die einst seiner Urgroßmutter Kathleen gehörte. Darin versteckt: 27 Notizbücher mit Nähproben, die minuziös aufzeichnen, was auf der Maschine genäht wurde. Wie kleine Zeitkapseln erzählen sie vom Alltag und den Schicksalen der Frauen in Freds Familie. Durch sie stößt er auf ein lange gehütetes Geheimnis, das sein Leben für immer verändern wird". (Quelle: Buchrückentext)


    Lesend begibt man sich auf eine Reise in die Vergangenheit gemeinsam mit Fred, die es ermöglicht, in das Leben der vier Frauen einzutauchen, für die die alte Nähmaschine eine wichtige Bedeutung hatte: Die junge Jean, die 1911 durch die Beteiligung an einem Streik in der Singer-Fabrik in Clydebank ihre Arbeit verliert, versteckt in einem Akt des Widerstands eine Botschaft im Inneren der Nähmaschine; ihr Weg wird sie nach Leith führen und wir verfolgen das Leben dieser starken Frau, lernen ihren sympathischen Ehemann kennen und treffen sie am Ende wieder, als alte Frau, die sich nochmals die Fabrik in Clydebank anschauen möchte....


    Connie, die als Schreibkraft arbeitet, möchte einer sinnvollen Tätigkeit nachgehen; wir schreiben das Jahr 1954, und bewirbt sich in der Nähstube des Krankenhauses Royal Infirmary. Dort lernt sie Alf Morrison kennen. Hier versteht es die Autorin, dem Leser vor Augen zu führen, wie es Kathleen, der Mutter Connies, mit Hilfe ihrer Näharbeiten in Kriegszeiten gelang, die Familie über Wasser zu halten. Es wird deutlich, welche Kraft und Energie Mütter besonders in schwierigen Zeiten besaßen - und dass die Nähmaschine hierbei eine nicht unerhebliche Rolle innehatte.
    Wir begleiten den Lebensweg von Connie durch die Zeit von 1954 bis 1964 - und mit einem Zeitsprung bis Anfang der 80er Jahre.
    Hier treffen sich einige der ProtagonistInnen und ein Geheimnis, das erst viel später gelüftet werden soll, befindet sich in der hölzernen Hinterwand einer Telefonzelle im Krankenhaus...


    Ein sehr cleverer und absolut sympathischer junger Mann, Fred, ist mir in diesem Roman besonders ans Herz gewachsen: Er untersucht das Erbe - die alte Singer - und entdeckt darin die Notizbücher; da er seit einiger Zeit ohne Arbeit ist und bei Zeitarbeitsfirmen nicht mehr anheuern will (was man bestens nachvollziehen kann), beschließt er, die alte Nähmaschine zu reparieren und - sie auszuprobieren! Hilfe hat er hierbei durch die sympathische Ellen, die aus den Einzelteilen solch alter Maschinen wertvollen und kreativen Designer-Schmuck entwickelt. Man erfährt durch die blog-Einträge Freds (einer Art Tagebuch) sehr viel von seinem Gefühls- und Innenleben; diese Passagen sind in anderer Schriftart gedruckt - und konnten mich mehr als einmal zum Schmunzeln - und auch zum Staunen bringen! Ein kreativer, humorvoller und empathischer junger Mann lernt Nähen und kommt fast nebenbei einem ungeheuren Familiengeheimnis auf die Spur, das auf einer Versammlung der Familie im Oktober 1980, nach dem Tod von Jean, endlich an die Oberfläche gelangt.
    Auch der warmherzige Großvater, seines Zeichens Gärtner, was sich auch oft in seinen Äußerungen zeigte, die stets einen botanischen Bezug hatten, hatte meine große Sympathie.


    Natalie Fergie gelingt es stilistisch sehr interessant und auch spannend, die Geschichte um eine alte Singer-Nähmaschine mit den Lebensgeschichten der jeweiligen Besitzer zusammen zubringen; eine gut eingefädelte und wirklich zuweilen herzzerreißende, gefühlvolle Geschichte entspinnt sich vor dem Auge des Lesers. Zudem lädt dieser wunderschöne Roman auch dazu ein, selbst mal wieder kreativ zu werden: Bei mir weckte er große Lust auf das Nähen und kreative Ideen, die auch die Autorin mitbringt, da sie Besitzerin einiger alter Nähmaschinen ist und Wolle selbst einfärbt.


    Fazit:


    Ein wundervoller und emotionaler Roman, in dem ein Familiengeheimnis gelüftet wird, das vier Generationen umfasst. Hauptrolle ausser ihren sympathischen und ihren Mann stehenden jeweiligen BesitzerInnen spielt eine alte Singer-Nähmaschine, die in schwierigen Zeiten besonders Frauen die Gelegenheit bot, Geld zu erwirtschaften und zu überleben.
    Natalie Fergie setzt damit den zauberhaften alten Nähmaschinen wie hier der "Singer 99k" auch ein historisches Denkmal, das sie in einen Mantel voller Gefühle, Spannung und guter Unterhaltung
    eingenäht hat. Es war mir eine große Freude, diesen Roman zu lesen und empfehle noch die Seite der National Library of Scotland, auf der man die Geburt einer solchen Nähmaschine miterleben kann.
    www.movingimage.nls.uk/film/1592
    Vielen Dank dafür auch an die Autorin sowie für die Übersetzung ins Deutsche an Christine Heinzius!


    Angaben zum Buch:

    Wunderraum-Verlag (Randomhouse)

    HC, gebunden

    ISBN 978-3-336-54802-6

    410 Seiten

    EUR 20,00

    "Hoffnung Liverpool" ist 2018 (tb, broschiert) im Noema-Verlag, Stuttgart erschienen und ist der 2. Teil eines Tatsachenromans, in dem die Autorin Elisabeth Marrion ihre sehr berührende und bewegende Familiengeschichte erzählt.


    Im vorliegenden Band der geplanten Trilogie wird die Geschichte einer tiefen Freundschaft sehr warmherzig, gefühlvoll und immer auf den wahren Begebenheiten basierend, aufgezeigt: Annie und Flo, bereits in Irland beste Freundinnen, entscheiden sich dafür, nach England zu gehen, da es für die jungen Frauen in der Heimat keine Arbeit gibt - wir schreiben das Jahr 1926. Ihr Ziel ist Liverpool, wo eine Cousine Flos bereits wohnt - und Peg mit ihrem Mann Bob, die ältere Schwester von Annie. Auf dem Weg schließt sich ihnen Kieran an, der sich in England als ein Cousin Annies ausgibt - die drei jungen Leute bleiben in Kontakt, die Freundschaft intensiviert sich - und Flo hat sich wohl in den gutaussehenden jungen Iren verliebt....


    Doch ihr Ziel, ein eigenständiges und sorgenfreies Leben zu führen, wird von dem herannahenden zweiten Weltkrieg und schwierigen wirtschaftlichen Zeiten durchkreuzt: Statt des erhofften Glücks erwarten sie Angst, Armut und kummervolle Zeiten.


    Wir lernen mit Annie und Flo deren spätere Ehemänner kennen; George und Kieran; die Großeltern in Irland in einem Streifzug und die Kinder Annies und Georges; David, dem jüngsten Sohn, nachdem Derek bei einem Luftangriff starb, hat die Autorin dieses Buch gewidmet. Auch die Schwestern Peg und Kate kommen oft zu Wort, schließlich erlebt der Leser die Jahre des 2. Weltkrieges sowohl aus englischer - als auch kurz aus deutscher Sicht, dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung katastrophale Auswirkungen hatten: Essensrationierungen, Hunger, Kälte und die Angst, den nächsten Tag irgendwie zu überleben. Dies schildert Elisabeth Marrion, 1948 in Hildesheim geboren, sehr nah und eindringlich, so dass der Roman sehr unter die Haut geht. Auch reale Vorkommnisse während des 2. Weltkrieges wie der Untergang der "Bismarck", die Ansprache Churchills etc. werden in den Roman folgerichtig und historisch eingeflochten. Sehr viel Authentizität erfährt der Roman durch die zahlreichen lebendigen Dialoge.


    Die ProtagonistInnen sind sehr sympathisch; allen voran Annie und Flo, deren Widerstandskraft und Zuneigung füreinander quasi unerschöpflich ist: Gerade diese Hilfsbereitschaft und das Zusammenhalten der Familie fand ich sehr schön zu lesen; trotz der Bitterkeit der Luftangriffe und Gefechte sowie schlechten Arbeitsbedingungen in Munitionsfabriken ließen sich die Frauen nicht unterkriegen; auch im "Organisieren" von Lebensmitteln sind sie wahre Heldinnen, um das Überleben der Kinder und der Familien zu sichern, scheuen sie vor nichts zurück.


    Der Roman erstreckt sich zeitlich vom Aufbruch in Irland bis zu den Nachkriegsjahren; Schauplätze sind zumeist Garston, England und später Hildesheim, Deutschland, wo die Autorin auch zur Welt gekommen ist. Die Kapitel sind kurz, spannend und sehr flüssig zu lesen; es handelt sich hier nicht um eine belanglose Familiengeschichte, es fließt auch Historie mit ein und ein dunkles Kapitel (deutscher) Zeitgeschichte. So sollte man diesen Roman auch unter historischen Gesichtspunkten lesen - und gebannt die Überlebensstrategien dieser tapferen Familie verfolgen. Ich fand den Roman spannend und interessant zu lesen und kann ihn zu der Reihe "literarischer Stolpersteine" gegen das Vergessen meiner Sammlung hinzufügen und sehr gerne weiterempfehlen - gerade jetzt, wo in ganz Europa ein Rechtsruck zu verspüren ist und wir vor dem Brexit und den Europawahlen stehen!


    Elisabeth Marrion - Hoffnung Liverpool

    Edition Noema, Stuttgart 2018

    ISBN 9783838206585

    286 Seiten

    EUR 15,90


    "Alte Sorten" von Ewald Arenz erschien bei Dumont (geb., HC, 2019) und ist ein absolut lesenswerter Roman über die Lebensgeschichten zweier ungleicher Frauen, die sich gegenseitig helfen können, aus einem problembelasteten Leben einen Ausweg finden zu können und alte Verletzungen zu heilen....


    Wir begegnen zum einen Sarah ( Sally); einer 17jährigen jungen Frau, die aus einer (der vielen) Kliniken entflieht, in denen sie es einfach nicht mehr aushält: Sie rebelliert (nicht ganz zu Unrecht) gegen die Welt der Erwachsenen, der sog. professionellen Helfer, was sich in Essstörungen zeigt und einem sehr negativen Selbstbild. Liss, eine ältere, Mitte40jährige Frau, lebt seit Langem alleine im elterlichen Hof, den sie selbst bewirtschaftet, sich jedoch - umgeben von Büchern - vor der Welt und den Dorfbewohnern, die sie allesamt ausser Anni, der zähen alten Bäuerin, die noch mit 80 Jahren Rad fährt, ablehnen.


    Die beiden begegnen sich zufällig auf dem Weinberg von Liss und nachdem Sally hilft, den Anhänger des Traktors aus dem Graben zu ziehen, bietet Liss ihr spontan an, dass sie auf dem Hof übernachten kann. Sally bemerkt, dass diese Frau anders ist, direkt und offen - und auch wenn sie geraume Zeit "immer auf dem Sprung" ist und an ihre Grenzen stößt, wird aus einer Nacht eine längere Zeit, Wochen.....


    Zeigt sich in Sallys Sprache und Handlungen deren innere Zerrissenheit anfangs, so stellt man nach und nach fest, dass ihr die körperliche Arbeit auf dem Hof gut tut und sie immer mehr in ihrer sensiblen Mitte ankommt: Sie ist intelligent und weiß oft im Voraus, welche Handgriffe beim Kartoffelernten, Keltern, Imkern, Schnapsbrennen und Weinlesen zu tun sind. Behutsam lassen die beiden unterschiedlichen Frauen sich mehr und mehr aufeinander ein, ohne sich einzuengen: Sie helfen sich gegenseitig und gewähren sich dennoch Freiheit, eine neue Erfahrung und nach alten Verletzungen eine heilende für beide! So stellen sich bei der zuvor verstörten Sally erste positive Impulse ein (Gedanken zum Septemberlicht)


    "Es war, als wollte die Welt noch einmal zeigen, wie schön sie sein konnte, wie viele Farben sie hatte, wie frisch sie riechen konnte!" (S. 71)


    Als Septemberkind haben mich diese Zeilen, die auch den intensiven, klaren und prägnanten, dennoch sehr atmosphärischen Schreibstil des Autors kennzeichnen, sehr berührt.


    Der Romantitel bezieht sich auf einen verwilderten alten Garten voller Birnbäume, der von Liss verhasstem Vater angelegt worden war und von deren Bitterkeit zeugt, bevor Sally ihn kurzerhand in einen "Zaubergarten" verwandelt, der wild belassen wurde und jetzt Liss gehört - sie eröffnet damit eine neue, heilsame Perspektive für Liss, die dies "so noch nicht gesehen hatte". Liss, die viele verletzende Erfahrungen in ihrem Leben machen musste, wirkt sehr stark und dennoch auch zerbrechlich


    "Ich würde so gerne erleben, einmal nur, dass ich jemand reicher gehen lassen kann, als er zu mir kommt. Reicher und gesünder". (Zitat Liss S. 174)


    Dieser Roman mit seinen beiden auf ihre jeweils unterschiedliche Art starken Charaktere ist ein intensives Leseerlebnis, da auch der Hof und die Landschaften atmosphärisch dicht beschrieben werden und eigene Bilder im Leser wachrufen. Wird es Sally und Liss gelingen wie bei der Bestäubung der Bienen mit Puderzucker, die "Milben der Vergangenheit" allesamt hinter sich zu lassen, um ein freies, eigenständiges und glückliches Leben zu führen?


    Fazit:



    Ein Roman voller sprachlicher Tiefe, Ewald Arenz verfügt über einen ausgesprochen klaren, schnörkellosen Schreibstil, der alles Unwesentliche bewusst beiseite lässt - dafür aber die Vorstellungskraft und die Sinne des Lesers aktiviert. Eine sehr intensiv erzählte Geschichte über die aufkeimende Freundschaft zwischen zwei verletzten, ungleichen Frauen, die sich einander annähern und denen es durch ungesagte Zuneigung gelingt, einander zu helfen! Emotional, aufwühlend, nachdenklich stimmend - und letztendlich optimistisch. Sehr lesenswert! Daher von mir 5* sowie eine Leseempfehlung.

    "Die Frau, die verschwand" von Trude Teige erschien 2019 im Rowohlt-Verlag (tb) und umfasst 384 spannende und sehr lesenswerte Krimiseiten!


    Im 3. Fall, in den die Journalistin Kajsa involviert ist, geht es um das nie aufgeklärte Verschwinden einer jungen Frau, die niemals gefunden wurde und deren Verbleib oder Tod über viele Jahre ungeklärt blieb. Eines Tages bittet ein Mann Kajsa, die in den Fall verwickelten Personen nochmals zu befragen - wenig später wird er ermordet. Offenbar ist er betäubt und ins Wasser geworfen worden. Steht das Verschwinden Julias, der jungen Frau mit dem Tod dieses Mannes in Verbindung? Das Interesse in Kajsa ist geweckt - und so ermittelt sie parallel zu ihrem Mann Karsten, der gewillt ist, auch polizeitechnisch den Fall wieder aufzurollen...


    Die Mutter von Julia, Marianne Winther, Psychiaterin und in der Hirnforschung tätig, hat mit Eyvind Bull eine psychiatrische Klinik eröffnet, die jedoch nach 8 Jahren geschlossen wurde: Was hat es mit dieser Klinik auf sich, der auch Gunnar Lauritzen über Jahrzehnte als Patient angehört; ein Pastorensohn, der sich dem Willen seines Vaters widersetzte - und Künstler werden möchte, sogar ein Gespräch in einem Café mit Edvard Munch darüber führte? Was führte zum Tod einiger Patienten und hat auch Frode Olsen, der sich nach der Schließung um das Gebäude kümmert, etwas zu verbergen? In welchem Verhältnis standen die Kinder Marianne Winthers zu ihrer Mutter; Allan, der ältere Bruder von Julia - und Susanne, die kleine Schwester? All diese Fragen versuchen sowohl Kajsa als auch Karsten zu beantworten - und den mysteriösen Ereignissen innerhalb der Klinikmauern auch anhand von Dokumenten auf die Spur zu kommen, die eines Tages auftauchen....


    Trude Teige gelingt es von Beginn an, den Leser in den Bann zu ziehen - und Informationen zu den einzelnen Figuren - besonders zu Julia selbst, ihrer Familie und auch "Krösus", wie er sich selbst nennt, einem friedfertigen Mann, der fast sein gesamtes Leben in der Psychiatrie verbringt und Freiheiten genießt, Parfum herstellt und "Diamanten" sammelt, in seiner eigenen Welt lebt, bis er die kleine Julia (8) kennenlernt, die seine Malerei "doll" findet - ein fein gezeichnetes Gesicht zu geben. Man verfolgt die Handlung voller Spannung und erfährt einiges zur Geschichte der Psychiatrie in Norwegen, den USA (und Europa), zu Lobotomie, Elektroschocks und Methoden, depressive Störungen hirnchirurgisch heilen zu wollen. Die Klinikleiterin erlebt man hierbei als sehr karrierewütig, sie stellt die Forschung an die erste Stelle - wohingegen sie für ihre Kinder und Familie weder Interesse noch Zeit findet.
    Besonders die Geschichte von Gunnar Lauritzen fasziniert in ihrer Tragik, während des 2. Weltkrieges werden wertvolle Gemälde in einem Klinikgebäude deponiert, darunter auch Werke von Edvard Munch: Erzählt "Krösus" die Wahrheit, dass ihm eben dieser ein Bild schenkte mit dem Namen "Zweifel", das er jahrelang zu kopieren sucht?


    Die Themen sind Euthanasie, Hirnchirurgie, aber auch Gier, Medikamentenabhängigkeit und über Leichen gehende Drogengeschäfte, die aktueller nicht sein könnten. Mich hat auch dieser Fall überzeugen können und es war ein kriminalistisches Vergnügen, mitzurätseln, wer damals gelogen hat - und welche Wahrheiten zutage treten würden.


    Fazit:

    Ein spannender, temporeicher, mit dennoch ruhiger Hand atmosphärisch geschriebener Kriminalroman, der den Leser in die Welt psychiatrischer Kliniken, fragwürdigen Heilungsmethoden, persönlicher Besessenheit und Machtgier sowie der Gehirnforschung entführt. Ich empfehle alle Kriminalromane von Trude Teige - und diesen im Besonderen! Empfehlung und Lesetipp mit voller Punktzahl und 5* von mir!


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    Theresa Carle-Sanders , Leseratte und Köchin, lädt in ihrem fantastischen Kochbuch "Outlander - Das offizielle Kochbuch zur Highland-Saga" zur lukulinarischen (Zeit)reise von Lallybrach zu Frasers Ridge und wieder zurück ein.


    Erschienen ist das 340 Seiten starke, fantastisch bebilderte bzw. fotografierte und dennoch sagenhaft handliche und wundervoll mit Fotos und Texten sowie Zusatzinformationen aus den Büchern von Diana Gabaldon gestaltete Kochbuch im ZAUBERFEDER Verlag, Braunschweig (2017). An dieser Stelle möchte ich die komplette Reihe dieser außergewöhnlichen (und sehr gut nachzukochender!) Kochbücher von Zauberfeder mehr als empfehlen! So bin ich auch vom "Ritter-Kochbuch" und dem "Gladiatoren-Kochbuch" mehr als begeistert; dies ist auch hier der Fall:


    Nach dem Vorwort der Autorin und einer Einleitung begibt sich der kochwillige Zeitreisende in die Speisekammer, die als Portal dient: Hier werden Utensilien, Glossar und Techniken wie Blanchieren und Temperieren hervorragend erklärt. Die Inhaltsangabe gliedert die outlander-Küche; sie beginnt mit Grundrezepten, geht zum Frühstück über; folgt mit Suppen und Appetitanregern bis hin zu Rezepten mit Rind (Bsp. 'Briannas Pastetchen), Geflügel (Claires Brathähnchen z.B.); Schwein(Schottische Eier ;); Lamm (Shepard's Pie) über Wild bis hin zu Fisch/ Meeresfrüchte (Fisch-Pie bei den Lillingtons z.B.). Danach wird es vegetarisch und Kap. 12 umfasst Pizza und Pasta - es ist also für jeden Zeitreise-Geschmack etwas dabei ;)


    Beilagen widmet sich die Autorin ebenfalls, da diese auch in der schottischen Küche nicht fehlen. Brot und Gebäck (z.B. Fionas Zimtscones, ein Gedicht!!) ; Süsses und Desserts (wie das Shortbread der MacKenzies); Drinks und Cocktails folgen - und das letzte Kapitel voll herrlicher Rezepte geht ans "Eingemachte" - z.B. Erdbeermarmelade à la Fraser).


    Die geniale Verbindung der jeweiligen Rezepte mit passenden Textpassagen aus den Büchern von Diana Gabaldon um Claire und Jamie sowie die Landschaftseindrücke und liebevoll gestalteten Fotos der Rezeptideen (allesamt gut erklärt und nachkochbar!) dürften für jeden Fan der Serie ein kultiges Highlight darstellen - sie sind einfach zauberhaft und grandios!


    Fazit:

    In handlichem und wunderschönem outfit mit haptischem Titel und zwei Lesebändchen ist dieses herrliche Kochbuch aus dem Zauberfeder-Verlag ein absoluter Leckerbissen für Fans von Diana Gabaldons Highland Saga, das auch mit einigen Klassikern der schottischen Küche - in moderne Form gebracht - aufwartet, die mit passenden Buchtexten unterlegt, tollen Fotos versehen und sehr gut erklärten Rezepten garniert ist. Die Eindrücke schottischer Landschaften, des berühmten Hochland-Rindes und des Edinburgh Castle ganz vorne im Buch setzen für mich noch das "Sahnehäubchen" drauf, um in die typisch schottische Küche einzutauchen. Liebevoll arrangiert und gut nachkochbar - mehr als ein Kochbuch: Ein großes Vergnügen, aus diesem Buch etwas auf die Tafel zu "zaubern"! Ich empfehle es sehr gerne weiter und vergebe 5* und die volle Punktezahl am Firmament der Kochbücher: Great!!


    *****


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    Trude Teige - Die Frau, die verschwand


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    Mörderische Geheimnisse.

    Die Journalistin Kajsa hat sich auf eine Insel bei Oslo zurückgezogen, als ein Mann sie aufsucht, um sie auf das Schicksal einer verschwundenen Frau hinzuweisen. Wenig später wird dieser Mann tot aus dem Meer gefischt. Offenbar hat ihn jemand betäubt und ins Wasser geworfen. Kajsas Interesse erwacht. Der Fall, dem sie nachgehen soll, liegt Jahre zurück. Damals ist Julia, eine junge Frau, verschwunden – und nun ist ihre Mutter, eine Psychiaterin, auf die Insel zurückgekehrt.

    Ein Bestseller aus Norwegen – ein packender Roman um verschollene Bilder, eine mysteriöse Klinik und eine junge Frau, die ein Geheimnis hütet. (amazon)

    Neuzugänge diese Woche per Post:


    Ralf Nestmeyer - Normandie


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    Jane Gardam - Bell und Harry


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    London ist laut und anstrengend, die Batemans sehnen sich nach Ruhe und haben sich für den Sommer auf dem Land in Yorkshire eingemietet. Vor allem der Vater, ein nervöser Journalist, hofft auf Entspannung in der bäuerlichen Umgebung. Hier trifft sein kleiner Sohn Harry auf Bell, den jüngsten Sohn der Vermieter, und eine tiefe Jungenfreundschaft beginnt. Sommer für Sommer und mit jedem gemeinsam erlebten Abenteuer wird diese Freundschaft erneuert, so unterschiedlich die Sphären, in denen sie mit ihren Familien leben, auch sind. Ein hell leuchtendes Ferienbuch von Jane Gardam, in dem die Spannung zwischen Stadt- und Landmenschen mit so viel Weisheit und Humor eingefangen ist.

    (Quelle: amazon)

    Ewald Arenz - Alte Sorten

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    Sally und Liss: zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sally, kurz vor dem Abitur, will einfach in Ruhe gelassen werden. Sie hasst so ziemlich alles: Angebote, Vorschriften, Regeln, Erwachsene. Fragen hasst sie am meisten, vor allem die nach ihrem Aussehen.

    Liss ist eine starke, verschlossene Frau, die die Arbeiten, die auf ihrem Hof anfallen, problemlos zu meistern scheint. Schon beim ersten Gespräch der beiden stellt Sally fest, dass Liss anders ist als andere Erwachsene. Kein heimliches Mustern, kein voreiliges Urteilen, keine misstrauischen Fragen. Liss bietet ihr an, bei ihr auf dem Hof zu übernachten. Aus einer Nacht werden Wochen. Für Sally ist die ältere Frau ein Rätsel. Was ist das für Eine, die nie über sich spricht, die das Haus, in dem die frühere An-wesenheit anderer noch deutlich zu spüren ist, allein bewohnt? Während sie gemeinsam Bäume auszeichnen, Kartoffeln ernten und Liss die alten Birnensorten in ihrem Obstgarten beschreibt, deren Geschmack Sally so liebt, kommen sich die beiden Frauen näher. Und erfahren nach und nach von den Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden. (Quelle: amazon)

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    "Winterhonig" hat mir sehr gut gefallen; allerdings keine leichte Kost: Daniela Ohms ist eine Schriftstellerin, die sehr unter die Haut geht, finde ich....


    Gestern hatte ich in der Biblio auch Bd. 2 von Marie Lacrosse (Marita Spang) in der Hand; aber ich möchte doch zuerst den Vorgänger lesen - immer schön chronologisch ;)


    stattdessen nach 3 Bd. Daniel Wolfs "Fleury Saga" den 4. Band mitgenommen


    "Die Gabe des Himmels" (als Langzeitprojekt Mai/Juni - schöner "Wälzer"!!)


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    Zum Inhalt:

    "August 1939: Auf dem malerischen Anwesen Summerhill in Cornwall lebt die junge Maddy zurückgezogen von der Welt und dem drohenden Krieg. Als ihre geliebte Schwester Georgiana von einer langen Reise zurückkehrt, bringt sie ihren neuen Freund Victor mit. Maddy ist der düstere junge Mann auf Anhieb unsympathisch. Aber sie ahnt nicht, wie groß die Gefahr wirklich ist....

    Sechzig Jahre später führt ein Auftrag die junge Fotografin Chloe nach Summerhill. Sie hat gerade erfahren, dass sie schwanger ist. Eigentlich eine freudige Nachricht, aber Chloes Gefühle sind gespalten. In Summerhill stößt sie auf ein Geheimnis, das Jahrzehnte zurückliegt - und das die Kraft hat, ihr gesamtes Leben auf den Kopf zu stellen....

    (Quelle: Buchrückentext)


    Dieser berührende Roman von Nikola Scott, die mich bereits durch ihr Début "Zeit der Schwalben" begeistern konnte, steht dem Erstlingswerk in Nichts nach: In einer prägnanten und sehr gefühlvollen Sprache lernen wir zum einen Madeleine Hamilton, genannt Maddy, immer besser kennen (im Erzählstrang Ende der 30er Jahre kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges in Cornwall, England) - und zum anderen die Lebenswelt von Chloe MacAllister, die etwas beklemmend ist, da ihr Mann Aidan bereits früh den Unmut der LeserInnen auf sich zieht: Er lebt mit Chloe in einem sterilen weiß eingerichteten Haus, ist Arzt und zeigt seine Art von Liebe darin, dass er seine Frau am liebsten für sich alleine haben möchte. Eine äußerst subtile Form von Besitzanspruch kommt in der Beziehung immer stärker zum Tragen, woher verständlicherweise die gespaltenen Gefühle Chloe's herrühren.


    Maddy, (16) die sich sehr auf ihre Schwester freut, begrüßt mit Georgiana auch eine illustre Gesellschaft junger Leute, die einige Zeit auf Summerhill verbringen möchten und gerne sowie ausgiebig feiern. Ihre Schwester Georgiana ist um die 20 und kehrt von einer Europareise zurück: Da beide elternlos sind; die Mutter die Familie früh verlassen hat und der Vater durch einen tragischen Unfall starb, haben die Geschwister eine sehr enge Beziehung zueinander.


    Während Maddy immer mit dem Zeichenblock unterwegs ist, denkt sich Georgiana Geschichten zu den Bildern aus: So entstehen später einige berühmte Kinderbücher, in denen es meist um Tiere wie einen kleinen Fuchs geht und die Geschichten auf dem herrlichen Anwesen Summerhill "am Ende der Straße" verortet sind, das Maddy so sehr liebt.


    Mit dem Erwachsenwerden Georgianas hinterfragt diese ihr Leben und ihre Beziehung zu Maddy: Sie ist in Victor verliebt und merkt leider nicht, welche üblen Spiele dieser mit den Schwestern treibt, auch bleibt sein Motiv lange verborgen, weshalb er mit nach Summerhill reiste...

    Ob Maddy noch rechtzeitig ihre Schwester warnen kann?


    Auf der Erzählebene der Gegenwart erscheint das Leben von Chloe wie ein Alptraum: Vortäuschend, dass Aidan ja genug Geld verdient und sie ihren Job als Fotografin nicht wirklich braucht, ist er dagegen, dass sie ein Angebot annimmt, Fotos der berühmten Kinderbuchautorin Madeleine Hamilton aufzunehmen: Wird Chloe es schaffen, dem umfassenden Besitzanspruch Aidans zu entkommen? Wird sie auch Danny, ihren kranken Bruder, den sie sehr liebt, vor Aidans Bevormundung retten können, als dieser auch in Dannys Leben vollmächtig eingreifen will?


    Meine Meinung:


    Der atmosphärische Roman, der Spannung bis zuletzt aufbaut, in dem die Zeiten der beiden Erzählstränge immer wieder wechseln, ist sehr emotional und wundervoll sowie nachvollziehbar geschrieben: Es geht um viele Themen, die hier nicht nur angerissen werden, sondern in die Tiefe gehen:

    Geschwisterliebe, traumatische Erlebnisse, Verluste, Vertrauen, Eigenständigkeit, Schuld und Unschuld, Rollen, in die man zuweilen als Kind "hineingedrängt" wird und die einen das ganze Leben mitunter (auch unbewusst) begleiten und prägen (können); aber auch Mut zu Veränderungen, wenn Liebe erdrückt - nicht mehr atmen kann.


    So hat sich die Autorin besonders dem Thema der psychischen Gewalt in Beziehungen gewidmet, was ihr anhand der beiden Figuren Maddy und Georgiana sowie besonders Chloe sehr gelungen ist. Besonders beeindruckt hat mich die Passage, als sich Chloe und Maddy kennenlernen - und miteinander anfreunden, sich eine große Hilfe sind, trotz ihres Altersunterschieds. Ein Kernthema dieses Romans ist für mich, wie man sich einander nah sein kann, ohne den anderen in seiner Eigenständigkeit und Freiheit zu beschneiden. Hier durchleben beide Charaktere eine positive Veränderung, wohingegen Aidan überhaupt nicht aufzufallen scheint, wie sehr seine "Liebe" erdrückt und jedes Gefühl in Chloe mehr und mehr im Keim erstickt wird. Bedrückend finde ich, dass psychische Gewalt (auch in einer Ehe) erst seit einigen Jahren strafbar ist und besonders Frauen zuvor oftmals hilflos dieser ausgesetzt waren.


    Die Figuren sind sehr facettenreich gezeichnet und bis auf Aidan MacAllister und Victor Deverill sympathisch: Je weiter der Roman voranschritt, desto mehr hat er mich begeistert, was ich dem wirklich guten Schreibstil und Spannungsaufbau von Nikola Scott zuschreibe. Die Anmerkungen der Autorin hierzu im Anhang fand ich als Ergänzung sehr informativ und bemerkenswert.


    Fazit:


    Ein berührender, gefühlvoller Roman über die zerstörerischen - aber auch tröstenden Kräfte, die sich Liebe nennen. Nikola Scott hat wunderbare Figuren geschaffen, die in ihrem Lebensweg aufzeigen, dass es sich lohnt, Eigenständigkeit und Authentizität zu bewahren, ganz besonders auch in Liebesbeziehungen! Eine klare Leseempfehlung und 4,5* von mir sowie ein herzliches dankeschön an sowohl die Autorin als auch die Übersetzerin Nicole Seifert für berührende und ergreifende sowie sehr unterhaltsame Lesestunden.

    Drop City - T. C. Boyle


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    Boyles grandiose Geschichte einer Hippie-Kommune, die von Kalifornien nach Alaska zieht, mit allen berechenbaren und unberechenbaren Folgen. "Drop City" ist der Roman einer naiven und idealistischen Generation, die das Lebensgefühl von vielen von Grund auf verändert und bis auf den heutigen Tag geprägt hat. Satirisch, realistisch, skurril.

    Schon allein wegen dem tollen Hippie-Bulli (ich liebe die alten VW-Bullis :love:) würde mich das Buch interessieren, berichtest Du mal kurz nach dem Lesen?

    T.C. Boyle ist mir ein Begriff, aber gelesen hab ich leider noch nichts von ihm (muss sich ändern!) :wave