Beiträge von Swansea

    Ein Baumhaus und kein Bullerbü



    "Das Baumhaus" von Vera Buck erschien (Thriller, 398 S., brosch. TB, 2024) im Rowohlt Verlag/Polaris. Das Buch hat einen farbigen, giftig-grünen Buchschnitt, der meine Wertung jedoch auch nicht nach oben korrigieren konnte:

    Vorausschicken möchte ich, dass Kriminalromane und (Psycho)thriller seit jeher zu meinen Lieblingsgenres zählen; die Autorin kannte ich zuvor nicht und musste feststellen, dass der umworbene Thriller eher ein Familiendrama mit Traumatas war denn ein gut geschriebener Thriller.


    Worum geht's?


    "Als Henrik und Nora mit ihrem fünfjährigen Sohn Fynn nach Vesternorrländ fahren, spüren sie gleich, dass die verlassene Ferienhütte etwas Bedrohliches umgibt. Fußabdrücke im Staub, Spuren überall im Haus. Jemand war hier. Während Henrik daraus Inspiration für sein neues Kinderbuch schöpft, versucht Nora, den idyllischen Familienurlaub zu retten und etwas wiedergutzumachen, von dem niemand erfahren darf...

    Rosa Lindqvist ist frustriert: Statt ihre forensischen Forschungen voranzutreiben, wohnt sie wieder zu Hause, um ihren Bruder zu pflegen. Doch dann findet Rosa bei einer nächtlichen Grabung ein Kinderskelett. Und als ganz in der Nähe des Fundorts der kleine Fynn verschwindet, wird sie von der Polizei als Ermittlerin eingesetzt und kommt in den Tiefen des Waldes einem düsteren Geheimnis auf die Spur. Denn Rosa hat allen anderen etwas voraus: ein außergewöhnliches Gespür für den Tod."

    (Quelle: Klappentext des Verlags)


    Meine Meinung:


    Da ich die Autorin nicht kannte, bin ich recht unbedarft an diesen Thriller herangegangen und musste feststellen, dass ich mich durch dieses Buch, das für mich erst ab Seite 200 ein wenig "Thrill" enthält, eher quälen musste als die Story zu genießen: Die Autorin spielt mit Klischees und Bilder, die "das Unheimliche, Beängstigende" erzeugen sollen, wie z.B. der Rabe, der gegen das Fenster fliegt, sorgten bei mir eher für Kopfschütteln denn Grusel.

    Den Gruselfaktor "inne" hatte lediglich ein kompletter Irrer, der Kinder entführte (um sie zu retten) und seine "Spiele" mit ihnen trieb. So verschwindet eines Tages auch Fynn, der 5jährige Sohn von Henrik, einem Kinderbuchautor und Nora, die im Umweltschutz arbeitet: Sie hasst den Wald und beide durchsuchen mit Hilfe der Polizei jeden qm, erfolglos. Etwas Morbides, Krankhaftes und Bedrückendes zieht sich in der Beschreibung der Spiele "des Mannes" durch das gesamte Buch. Ängste und bedrückende Emotionen werden durch eingängige Bilder erzeugt; der Vergleich mit "Bullerbü" ist wie vieles andere an den Haaren herbeigezogen; die Nachvollziehbarkeit fehlte mir nicht nur, sondern auch die Logik: Polizeiarbeit wird eher schlampig beschrieben (wobei Lasse, der Hundeführer, die einzige Person war, die mir wirklich sympathisch gewesen ist) und Schweden wird als ein Land dargestellt, in dem es früher offene Türen gab - und in dem jährlich 1000e Kinder spurlos im Wald verschwinden. Solche Stereotypen mag ich leider überhaupt nicht. Die zwei Punkte gelten der Atmosphäre, die recht gut dargestellt ist, für Handlung und Verlauf des vermeintlichen Thrillers, der für mich eher ein Familiendrama ist, kann ich keine Punkte vergeben.

    Auch sprachlich (der Stil ist äußerst einfach) hat mich der Thriller nicht angesprochen.


    Fazit:


    Die Spannung suchte ich bis Seite 200 vergebens; viele inhaltliche 'Patzer' und unlogische Handlungen sowie mangelhafte Nachvollziehbarkeit in einigen Punkten schmälerten meinen Lesegenuss beträchtlich. Unsympathische ProtagonistInnen (mit Ausnahme von Henrik und Rosa gegen Ende), ein sehr einfacher Schreibstil und Figuren, zu denen ich keinerlei Bezug aufbauen konnte (Ausnahme Lasse) und die sich oft widersprüchlich verhielten, sorgten dafür, dass vieles konstruiert wirkte und voller Klischees steckt.

    Sorry - für meinen Geschmack einfach eher eine Art Familiendrama denn ein Thriller - not my style. Keine Empfehlung und 2* für Atmosphäre und Aufbau.

    "Die Gabe der Lüge" von Val McDermid ist der 7. Fall der HCU (Historic Cases Unit) um das Team von Karen Pirie (erschienen 2024 im Droemer-Knaur Verlag, TB brosch., 479 S.). Vorab muss ich vorausschicken, dass ich aufgrund ihrer Figuren, ihrer Authentizität, zuweilen humorvollen Dialogen und großen Spannung sowie akribischer Recherchen der wirklich interessanten Kriminalfälle seit unzähligen Jahren ein großer Fan der bekannten schottischen Autorin, selbst lange im Journalismus tätig, bin. Dieser neu erschienene Krimi avanciert in der Liste meiner Lieblingskrimis von ihr (und allgemein) steil nach oben: Ein sehr vertrackter Fall, sozusagen ein "Krimi im Krimi", in einer Zeit erschwerter Ermittlungsarbeit in Edinburgh und in dem vieles nicht so ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag.


    "Der Anruf einer Bibliothekarin beschert DCI Karen Pirie einen rätselhaften Fall: Im Nachlass eines kürzlich verstorbenen Schriftstellers wurde ein Manuskript gefunden, dessen Handlung erschreckende Ähnlichkeit mit einem bisher ungelösten Cold Case aufweist. Es gibt nur ein Problem: Der Autor starb, bevor er es fertigstellen konnte..." (Quelle: Buchrückentext des Verlags)


    Meera, eine Bibliotheksmitarbeiterin im Archiv, erkennt im Manuskript eines verstorbenen Krimiautors Parallelen zu einem realen Fall und lässt das Manuskript sowie Notizen auf Anweisung DCI Karen Piries, der Leiterin der HCU, Jason Murray und der Cold Cases Einheit zukommen: Karen und Daisy Mortimer, inzwischen rechte Hand von Karen, durchforsten das erschütternde unveröffentlichte Manuskript namens "Laurel Oliver verschwindet" und versuchen, etwaige Übereinstimmungen zu dem Fall von Lara Hardie, einer Studentin, die vor einem Jahr spurlos verschwand, zu finden: Sie erkennen mehr und mehr übereinstimmende Fakten, geschrieben von dem Bestseller-Autor Jamie Cobain, dessen Stern zu sinken begann und der hier ein perfektes Verbrechen beschrieb, inzwischen jedoch verstarb. Jener Schriftsteller traf sich gerne mit Rob Thomas, um einige Partien Schach zu spielen und ihm zu mehr Berühmtheit zu verhelfen. Dieses Vorhaben gelingt: Je höher der Stern von Rob Thomas am Krimihimmel steht, desto mehr neigt sich durch einen Skandal verursacht, jener des Bestseller-Autors. Er verliert alles - seine Karriere, seine Ehefrau und sein Haus: Wie sollte das unvollendete Manuskript enden? Ist ein perfekter Mord tatsächlich möglich?


    Diesen Fragen widmen sich Karen und Daisy, während Jason Murray (dessen Mutter wegen Atemnot im Krankenhaus landete) versucht, die Lesungen und Workshops zweier Autoren im fraglichen Zeitraum unter die Lupe zu nehmen, mit den Leitern von Workshops und Verlagen zu sprechen, was in Zeiten des Lockdowns noch schwieriger ist als gewöhnlich, ihn aber bedingt von den Sorgen um seine Mutter ablenkt. Durch akribische Recherche, wie sie dem Team von Karen zu eigen ist, stoßen sie bald auf Parallelen und Übereinstimmungen, die auffällig sind (Jason, auch der Minzdrops genannt, ist die Liebe zum Detail ebenso auf den Leib geschrieben wie Meera von der National Library) und schon bald stellen beide fest, dass einige Puzzleteile zusammenpassen, Sinn ergeben. Nach dem Lesen des Manuskripts überkommt jedoch sowohl Karen und Daisy wie auch den Leser ein Grauen, da hier eine sehr perfide Ränkeschmiede beschrieben wird, dessen Urheber frei von jeglicher Menschlichkeit und Empathie zu sein scheint.


    Am Ende stellt sich quasi ein "doppeltes Motiv" heraus und McDermid zieht die Krimiszene durch den Kakao mit all seiner Günstlingswirtschaft, Eifersucht und Missgunst, die hinter den Kulissen lauern. Wer spielt hier das eigentliche Vexierspiel, dem Karen und ihr Team, aber auch der Leser bis zum Ende ausgesetzt ist? Helfend bei der Auflösung stehen natürlich auch Karen's Freundinnen Tamsin (IT-Expertin) und River Wilde (forensische Anthropologin) zur Seite, man freut sich, sie wiederzusehen, da sie aus den Vorgängerbänden bereits gebührenden Eindruck machten.


    McDermid lässt auch die Schrecken des leergefegten Edinburgh nicht aus, in dem in Zeiten der Pandemie jede/r nur eine Stunde das Haus verlassen durfte: Mancher wird real und auch emotional seine eigene Stadt in dieser surrealen Zeit wiedererkennen, liest er die Sätze und Anmerkungen der Autorin. Auch soziale Beziehungen sollten sich verändern; Menschen sich von einer anderen Seite kennenlernen, was nicht immer zum Guten führte. So zeigen sich zum Ende hin auch so einige Veränderungen beruflicher und privater Natur ab: Gespannt 'lauere' ich bereits auf den 8. Fall der HCU.....


    Fazit:


    Ein perfides Vexierspiel in der Krimiautorenwelt, die McDermid hier aufs Korn nimmt; ich kann mich hier nur (dem von mir ebenfalls sehr geschätzten) Mick Herron anschließen, der über "Die Gabe der Lüge" - im Original "Past Lying" sagte: "So komplex, so fesselnd und so lesenswert wie alles, was Val McDermid bisher geschrieben hat - ein weiteres Juwel in der Krone der schottischen 'Queen of Crime' ". Eine absolute Leseempfehlung und 5* dafür!


    ASIN/ISBN: 3426448017

    Kirschenzeit - oder zu spät für Tarte Clafoutis


    Bei "Reichlich spät" (Originaltitel 'So late in the day') von Claire Keegan; übersetzt ins Deutsche von Hans-Christian Oeser, erschien (HC, geb., 64 Seiten) handelt es sich um eine Erzählung, die im Steidl-Verlag, Göttingen 2024 erschienen ist.

    Vorausschicken möchte ich, dass ich von "Kleine Dinge wie diese" mehr als begeistert war und den glasklaren, perlenden Schreibstil der Autorin faszinierend finde: In "Reichlich spät" findet sich zwar kein Bill Furlong, aber dafür zwei Hauptprotagonisten, die reichlich Grund dazu geben, zwischen den Zeilen zu lesen (was ich sehr mag) und sich eigene Gedanken zur recht kurzen Erzählung zu machen: Trotz der Kürze bietet Claire Keegan hier jede Menge Interpretationsmöglichkeiten und Spielraum, die sie dem geneigten Leser anbietet...


    Man begleitet Cathal, der einen recht eintönigen Bürojob ausübt, an einem sonnigen Tag Ende Juli in Dublin, wo die Geschichte spielt: Sein Chef (10 Jahre jünger als Cathal und stets korrekt gekleidet) rät ihm, nach Hause zu gehen und fragt ihn, ob es ihm gut gehe. Auch einer Kollegin gegenüber (er meidet Menschen und Konversation, besonders Frauen) äußert er sich auf diese Frage mit einem "bestens": Dem Leser bzw. der Leserin dürfte bald klar werden, dass sich seine wahren Gefühle nicht mit dieser Aussage decken: Er hatte sich diesen Tag vermutlich gänzlich anders vorgestellt.


    Vor zwei Jahren hatte er Sabine, eine zierliche brünette Frau bei einer Konferenz in Toulouse kennengelernt; wie sich herausstellte, arbeitete sie auch in Dublin (Gallery) und beide freundeten sich an: Sabine schien ihm "in sich selbst zu ruhen und gleichzeitig für alles um sie herum empfänglich zu sein" (Zitat), was ihn sofort für sie einnahm. Wie sich herausstellte - er wollte, dass sie zu ihm zog, konnte fabelhaft kochen; auch wenn sie den Einkauf teurer Lebensmittel nicht scheute. Cathal spielte mit der Möglichkeit, Sabine zu heiraten und fragte sie eines Tages....


    Der erste Streit bahnt sich wegen recht teurer Kirschen an, aus denen Sabine (in der Normandie aufgewachsen) Tarte Clafoutis backen wollte; später nörgelt Cathal über den Verlobungsring, der (Sonderanfertigung des Juweliers) einen Aufpreis beinhaltete.....


    Mit Cathal lernen wir einen wütenden Mann kennen, der das absolute Gegenteil von Bill Furlong zu sein scheint: Selbst in einem frauenverachtenden Haushalt aufgewachsen, passt ihm nicht, dass "sie (Sabine) nicht hören wollte und gut die Hälfte der Dinge auf ihre Weise tun wollte" (S. 35); das war für Cathal Teil des Problems. Der Dialog zwischen den beiden, was im Kern Frauenfeindlichkeit ausmache (Frage von Sabine an Cathal), fand ich sehr interessant und richtig. Eine Kollegin von Cathal beschreibt die irischen Männer, die hierbei nicht sonderlich gut abschneiden (was ich nicht beurteilen kann, jedoch annehme, dass sich diese Aussage nicht nur auf irische Männer beschränkt). Leider kann Cathal das Muster nicht erkennen, mit dem er selbst aufwuchs und das er in seiner Beziehung zu Sabine lebt; daher hält sich mein Mitleid sehr in Grenzen, würde ihm aber Veränderung wünschen. Sabine wiederum kann ich nur zu ihrer Entscheidung beglückwünschen.


    Der Stil von Claire Keegan, die hier das Scheitern einer Beziehung skizziert und jedes Wort treffend gewählt, keines zuviel ist, gefällt mir sehr: Sie schreibt pointiert, unaufdringlich und doch beharrlich in Sätzen durchscheinender Klarheit. Ich kann diese Erzählung absolut weiterempfehlen und hoffe, dass sie eine gute Diskussionsgrundlage z.B. in Paarbeziehungen ist, in denen es vielleicht gerade 'kriselt' und finde besonders positiv, dass die Autorin hier viel Spielraum für eigene Interpretationsmöglichkeiten und Gedanken gegeben hat. Dies ist in wenigen Worten das Markenzeichen von Claire Keegan.


    ASIN/ISBN: 3969993253

    Daisy von J. Paul Henderson erschien (HC, geb., 334 Seiten) 2024 im Verlag Diogenes, Zürich: Vorausschicken möchte ich, dass ich von den beiden Vorgängern ("Der Vater, der vom Himmel fiel" und "Letzter Bus nach Coffeeville") des Autors mehr als begeistert war: Dementsprechend freute ich mich nun auf diesen neuen, von Britta Waldhof vom Englischen ins Deutsche übersetzten Roman eines Autors, dessen schwarzem Humor und Sarkasmus, aber auch dessen Menschlichkeit ich literarisch völlig ausgeliefert bin.


    Die Hauptfigur namens Herod S. Pinkney, für Freunde lieber Rod, beschließt, seine Geschichte um Daisy einem Freund und Ex-Literaturagenten, Ric, vorzustellen in der Hoffnung, dass die Story publiziert würde: So lernen wir durch die einzelnen Kapitel Rod, seine Freunde Nelly und Edmundo sowie seinen Nachbarn und späteren Freund Donald kennen, wobei ihn einer bei einer späteren Reise in die USA begleiten sollte:


    Mit der Kindheit von Herod möchte sicher niemand wirklich tauschen; er erzählt, wofür der (nie benutzte) Buchstabe S. steht und man erfährt, dass der Vater ein Unternehmer ist, der hoffte, mit dem Namen Herod (wie König Herodes) alle Eigenschaften desjenigen zu übertragen (zielstrebig, skrupellos, ehrgeizig). Rod ist jedoch eher das Gegenteil desselben, weshalb er für den Vater eine 'wandelnde Enttäuschung' darstellt: Fortan sucht er, den Sohn möglichst immer auf Trab zu halten - auf Sesseln oder Sofas im Elternhaus zu lümmeln, ist ihm untersagt, und sorgt so dafür, dass Rod nach dem Ableben der Eltern nichts auslässt, sich das Leben so annehmlich und bequem wie möglich zu machen: Mit einem Schmunzeln erfährt der Leser, welche Hilfsmittel er dazu sehr gerne nutzt (Treppenlift, e-Scooter, e-Lifter für Bad/Dusche etc.) und jedem ans Herz legt, mit diesen Mitteln die Gelenke zu schonen, um im Alter kein Pflegefall zu werden....


    Erst nach der Schulzeit wird eine Legasthenie festgestellt, was Rod dazu nutzt, in die Nähe seiner Therapeutin zu ziehen (Geld spielt keine Rolle, er erbte eine Menge davon) und baut sein Haus nach o.g. Bequemlichkeitsformel um; Nelly; eine Ex-Nonne ist seine Haushaltshilfe und sein Gärtner (er hat einen Wandgarten am Haus), Klempner, Elektriker und auch sein Freund wird später Edmundo, der Ehemann von Nelly. Der Nachbar Donald hat ein Problem: Er darf keine Pampelmusen zu Hause lagern (da lässt seine auch ansonsten recht garstige Ehefrau Lydia nicht mit sich spaßen) und gräbt daher einen Tunnel, wo er seine geliebten Früchte lagern kann (als Ex-Soldat im Vietnamkrieg fühlt er sich unter der Erde ohnehin am wohlsten und zog extra nach London, da es hier wenigstens eine U-Bahn gibt): Hier schafft Rod Hilfe aus dem Dilemma; durch einen Tunneldurchbruch wird es für Donald möglich, in Rods Keller (der ohnehin gerade zu einer Bibliothek ausgebaut wurde) seine Pampelmusen zu lagern; fernab von Lydias empfindsamer Nase.


    Nun kann man so manchem "Männerabend" beiwohnen und dem Kauf eines neuen TV, woraufhin Rod, Edmundo und Donald jeden Donnerstag einer US-Gerichtsshow folgen, über die sie dann später fachsimpeln und in der eine Daisy Lamprich gegen einen Clay Miller prozessiert: Die junge Frau ist für Rod der Inbegriff von Anmut und stiller Würde; sie hebt sich dadurch von den anderen (meist unansehnlichen) Showkandidaten sehr ab und er verliebt sich letztendlich in diese Frau: Bevor er sich in ein Flugzeug nach Amerika setzt, lässt er mittels Detekteien herausfinden, wie die Lebenssituation der Angebeteten ist: Danach (und grünem Licht seitens Mr. Seymer's) fliegt er mit Donald, der ihn gerne begleitet, da er das Nixon-Museum in der Nähe von Huntington Beach, Kalifornien, besuchen will, in die USA, um Daisy endlich persönlich zu treffen....


    Meine Meinung:


    Der Stil dieses Romans in Slapstick-Manier ist unverkennbar und trägt in einzigartiger Weise die Handschrift von J. Paul Henderson: Die Romanidee ist schon eine skurrile; die Ausführung jedoch noch viel skurriler. Mit viel Humor nimmt der Autor so manche Neurose unter die Lupe; vollbringt Seitenhiebe auf den Literaturbetrieb und stattet Figuren wie Rod, Edmundo und Donald mit liebenswürdigen Eigenschaften aus, so dass man sie (wie der Ex-Literaturagent Ric zurecht meinte) "ins Herz schließt wie streunende Kätzchen".

    Allerdings finde ich, dass Henderson hier zuweilen seine skurrilen Einfälle ein wenig "überspitzt" hat und der Tiefgang, den beide Vorgänger für mich hatten, hier nicht zu spüren war: Vielleicht war es auch nicht so sehr mein Thema wie der unvergessliche Vater, der vom Himmel fiel? Auf jeden Fall gelang es ihm, mich des öfteren zum Schmunzeln zu bringen und überraschte mich am Ende (das einem Knaller wirklich gleicht!) sehr! Eine seiner leichtesten Übungen ist es außerdem, "noch lose Enden zu einer hübschen Schleife zu binden", so Rics Worte.


    Fazit:


    Ein humorvoller, sehr unterhaltsamer Roman in der Tradition des Autors; dessen skurrile Einfälle mich auch hier zum Lachen brachten (und am Ende überraschten) und der es versteht, mit klugem Witz so manche Neurose zu sezieren - und Gesellschaftssatire zu betreiben, die auch mal an der Schmerzgrenze liegen kann. Ich hoffe jedenfalls, dass die nächste Buchidee schon in J. Paul Henderson reift, da er stilistisch zu meinen Lieblingsautoren zählt: Eine Leseempfehlung allen LeserInnen, die einen Sinn für Slapstick, Humor und skurrile Geschichten haben, die zudem sehr lesenswert sind! 4****


    ASIN/ISBN: 3257071876

    Spannungsgeladener Auftakt um eine reiche, mächtige, norwegische Reeder-Familie


    "Meeresfriedhof" von Aslak Nore stellt den Auftakt einer Trilogie dar, die mich tatsächlich vom Aufbau her entfernt an Stieg Larsson erinnerte; in dessen Tradition dieser vielschichtige Roman (eher literarischer Thriller) geschrieben wurde. Erschienen ist er (brosch, 542 Seiten) im KiWi-Verlag; also Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2024. Übersetzt aus dem Norwegischen hat ihn Dagmar Lendt.


    Inhalt:


    "Meeresfriedhof" ist der Beginn einer 3-teiligen Saga um die mächtige Reeder-Familie Falck (Reeder, Wohltäter, Politiker), die eine zentrale Rolle in der norwegischen Geschichte des 20. Jahrhunderts in diesem Roman spielt und sich in zwei Familienzweige aufspaltet: Die reichen Osloer-Falck's (Inhaber einer Reederei und expandierenden SAGA-Gruppe incl. einer Stiftung). Oberhaupt ist (noch) Olav Falck, dessen Mutter Vera Lind, einst Schriftstellerin, sich in hohem Alter von den Klippen stürzt (war es überhaupt Selbstmord?), worüber besonders Enkelin Alexandra/Sasha genannt sehr bestürzt ist und die Wahrheit über ihre Großmutter herausfinden möchte; weitere Figuren sind Sverre Falck und Andrea Falck, die Olav jedoch nicht so nahestehen wie Sasha, die sein Augenstern ist und eine Forschungsgruppe sowie das Archiv von SAGA leitet.

    Die Bergenser Falck-Familie dagegen ist arm; sie lebt in einem Anwesen, das Vera Lind ihnen als Eignerin zu einem Spottpreis zur Miete überlassen hat und die Osloer an französische Schlösser denken lässt (Tische voller feinster Speisen, während sich die Bewohner frierend um den Kamin scharen). Das Oberhaupt dieses Zweigs ist Hans Falck, der sehr anders geartet ist als Olav: Hans Falck ist Arzt, Sozialdemokrat und ein Womenizer, der Menschen durch seine Ausstrahlung und seinen Charme für sich einnimmt. Er erhielt viele Auszeichnungen für seine Einsätze als Arzt im Nahen Osten (ausser Norwegen weitere Schauplätze des Romans; Nordirak, Kurdistan etc.)


    Die Familie stellt fest, dass nach dem Tod von Vera deren Testament unauffindbar ist - und die Zerreißprobe beginnt: Hat sie evtl. Hans Falck mehr begünstigt als die Osloer Familie um Olav Falck? Was war in den 1970er Jahren tatsächlich passiert - und weshalb brach Vera damals ihre schriftstellerische Tätigkeit abrupt ab?


    Die Spuren führen weiter in die Vergangenheit, in die Zeit der deutschen Besatzung Norwegens durch die Nationalsozialisten: War Thor- Store Falck wirklich ein Widerstandskämpfer oder machte er eher gemeinsame Sache mit den Deutschen, die vom Transportwesen ins nördliche Norwegen von den Hurtigrutenschiffen abhängig waren, um (auch) als Kriegsgewinnler aus dieser Zeit hervorzugehen?

    Die spannendste aller Fragen - die in Teilen des Manuskripts von Vera - also noch ein Buch im Buch - beantwortet werden, wenn auch fiktiv, ist die, aus welchem Grund das Schiff 'DS Prinsesse Ragnhold' am 23.10.1940 unterging; mit ihm über 400 Menschen, von denen nur wenige gerettet werden konnten....


    Meine Meinung:


    Das Lesen dieses sehr komplexen und vielschichtigen, spannenden literarischen Thrillers (was das Genre eher trifft als Roman; denn es gibt durchaus Krimi- und Thrillerelemente) verlangt dem Leser einiges ab: Die handelnden Figuren, besonders Olav Falck, Sasha, Sverre und auch Hans, sind nicht leicht zu durchschauen und wechseln als Sympathieträger wie Chamäleons: Besonders der Osloer Familie geht es um Macht und dem Erhalt derselben, Familienerhalt (familia ante omnia - die Familie zuerst) und sie ist gerissen genug, ihre Finger in so mancherlei Machtspielen zu haben (Geheimdienste, Politik, Verbindungen zu wichtigen Funktionsträgern im Staat etc.); in gewisser Weise wirken sie eiskalt und skrupellos, wenn es um ihre Interessen, um SAGA und der Familie geht: Wahrheit wird gerne mit einem Tuch aus Lügen überdeckt und der Schein der "Sauberkeit" gewahrt, um welchen Preis auch immer. Zeitweise sieht es so aus, dass Sasha Falck da anders gestrickt ist; doch immer wieder überraschen die ProtagonistInnen, da sie über Wendehälse verfügen, die stets die eigene Sicherheit abdeckt - und andere in Lebensgefahr bringen kann: Eine sehr interessante Figur ist John Omar Berg, genannt Johnny, der von Hans Falck beauftragt wird, seine Biografie zu schreiben: Hans lehnt sich (zurecht) gegen das Unrecht in der Welt auf und in den Ausflügen in die Weltpolitik (Afghanistan, Nordirak) spürt man sein Entsetzen über dortige Verhältnisse und sinnlosem Blutvergießen, das kein Arzt-ohne-Grenzen wirklich stoppen kann: Diese Ausflüge mit Hans oder "JB", also Berg, lassen hier durchaus politische Anteile einfließen, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen können.

    Der Stil von Aslak Nore ist schnörkellos, packend und lässt den Leser bald schon nicht mehr los: Im letzten Drittel des Romans steigt der Spannungsbogen, auch durch die Manuskriptseiten, nochmal an, um mit unvorhersehbaren Wendungen und einem Cliffhanger zu enden: So kann der geneigte Leser dem 2. Teil (Felsengrund) lange entgegenfiebern, der 2025 erscheinen wird.


    Fazit:


    Ein sehr spannender, vielschichtiger, komplexer literarischer Thriller um eine reiche Reeder-Familie, um Macht und Reichtum, Lügen und Vertuschungen im Kampf um die Wahrheit. Aslak Nore hat um den historisch belegten Untergang des DS 'Prinsesse Ragnhild' im 2. WK (der Grund ist bis heute unklar!) eine unglaublich spannende Geschichte gewoben, in dem eine mächtige Reeder-Familie und auch die Geschichtsschreibung Norwegens eine große Rolle spielt. Er zeigt in authentischer Weise auf, dass Geschichte immer von den Mächtigen geschrieben wird; auch wenn sich so manches ganz anders zugetragen haben könnte. Interessant in diesem Zusammenhang auch der reale politische Charakter sog. Stiftungen, die oftmals nur ein Deckmantel für andere (politischen) Interessen abgeben. Von mir für diesen hervorragenden literarischen und historisch interessanten Thriller um Vera Lind und die Familie Falck eine absolute Leseempfehlung und 4,5 *


    ASIN/ISBN: 3462003968

    Zwiegespräch mit einem 'grundsätzlich offenen' alten Haus


    "Das Haus verlassen" von Jaqueline Kornmüller/Kat Menschik erschien (HC, 96 Seiten mit zahlreichen wunderschönen Illustrationen von Kat Menschik) im Galiani-Verlag, Berlin.

    Das sehr ansprechende Cover ist bereits ein eyecatcher in sattem Grün, die Schriftzüge des Titels werden von einem wundervollen kupferfarbenem Farbschnitt aufgegriffen, die meine Fantasie (bei einem alten, 140 Jahre alten Feldsteinhaus) gleich an alte Kupferrohre und einen Kupferkessel in der Küche denken ließen.... (wie Kat Menschik im Nachwort anmerkt, handelt es sich bei dem Text von Regisseurin J. Kornmüller und entsprechenden wirklich sehr schönen Illustrationen von Kat Menschik auch darum, die Deutung auch der Fantasie des Lesers zu überlassen: Text und Illustrationen sind hier eine gelungene Symbiose eingegangen; die Zeichnungen 'untermalen' den Text hervorragend!


    Inhalt:


    Eine Ich-Erzählerin wohnt seit 10 Jahren in einem sehr alten Feldsteinhaus, das von einem Garten umgeben ist, der sich sehen lassen kann: Beides hat sie mit viel Liebe und Sorgfalt renoviert, bis sie bemerkt, dass sie innerlich den Wunsch verspürt, "weiterzuziehen" und neuen Herausforderungen und Aufgaben entgegenzugehen: Aus der Idee wird eine Verkaufsannonce und man erlebt mit der immer erschöpfter wirkenden, aber auch amüsierten Ich-Erzählerin ein ständiges Kommen und Gehen an potentiellen InteressentInnen bis hin zu "Immobilientouristen", die nur mal gucken wollen....


    Von Beginn an spielt die Beziehung zwischen der Ich-Erzählerin (mit großem Bad im Keller, in der Grube) und dem Haus eine große Rolle: Sie empfindet das Haus als Hülle, als Körper, als Haut - besonders aber als Wohlfühlort und als Ort der Inspiration, zu dem sie nach Ausflügen in die Stadt immer wieder gerne zurückkehrte. Sie kommuniziert mit dem Haus, das sich nicht jedem öffnet, das träumt und in meist gleichmütiger Zwiesprache mit der Besitzerin agiert. Das all die Interessenten, die es inspizieren (z.B. der Anfasser, die Haltsuchende, der Frager, die Frömmler, Kalandar, die Stillen usw.) erträgt, sogar mit einem Kind spielt, als die Familie das Haus besichtigt.

    Auch den Garten stelle ich mir traumhaft schön vor, pflanzte doch die Ich-Erzählerin Flieder, Magnolien, Dufthortensien, Glyzinien und Bauernjasmin, den ich mir in einem Bauerngarten prächtig vorstellen kann - und im Jahreszyklus nacheinander denselben in blühendem Zustand erstrahlen lässt. Nach unzähligen Besichtigungen wird es unsere Hausbesitzerin allmählich leid, da sie spürt, dass niemand unter den Interessenten war, die "das Haus wirklich wollten". Sollte sie dennoch an ihrem Vorhaben, das Haus zu verkaufen, festhalten - oder doch bleiben?


    Meine Meinung:


    Obgleich die Autorin und Regisseurin Jaqueline Kornmüller eher in sachlich-nüchternem Stil erzählt, ist der versteckte Humor und tiefe Emotionen dennoch spürbar: Man schüttelt den Kopf wie die Hausbesitzerin über den einen oder anderen potentiellen Käufer und wünscht sich, dass sie das Haus vielleicht doch nicht verlassen wird: Eine tiefe Verbindung besteht, die ich als sehr realistisch betrachte, wenn ein Mensch länger in einem Haus wohnt. Besonders, wenn Menschen sich für das Haus selbst und seine Geschichte, seine Stärken und seine Schwächen interessieren und es pflegen. Es mit einem liebevoll angelegten Garten umgeben. Etwas unglücklich fand ich die Beziehung zu den Nachbarn (die man sich ja oft nicht aussuchen kann); idyllischer wäre die Lage fernab aller Hauptstraßen und mitten in der Natur gewesen, wenn es auch noch nette Nachbarn geben würde. Diese spielen aber hier dank der Persönlichkeit der Hausbesitzerin nur eine Nebenrolle und es geht thematisch auch darum, den richtigen Ort im Leben zu finden, den man nicht leichtfertig aufgeben sollte, um gesellschaftliche Zwänge, um heilsame Natur, die einfach guttut, um mögliche Veränderungen und neue Herausforderungen - und um das Verweilen, um Zufriedenheit im Leben, die man nicht in äußeren Dingen, sondern nur in sich selbst findet.

    Die grandiosen Zeichnungen von Kat Menschik regen dabei die Fantasie des Lesers an und ergänzen den Text.


    Fazit:


    Ein außergewöhnlicher, teils poetischer, kurzer Roman, eingefasst und umgeben von wunderschönen Zeichnungen von Kat Menschik, der in leiser, aber überzeugender Weise die Beziehung und die Liebe einer Frau, die ein altes Steinhaus auf dem Land besitzt, zu ihrem Haus beschreibt. So mancher Leser/manche Leserin könnte sich hier wiederfinden - denn vieles steht 'zwischen den Zeilen' geschrieben - und ist durch schöne Illustrationen vortrefflich 'untermalt'. Eine Veränderung und ein Aufbruch muss nicht immer von äußeren Veränderungen abhängen: Er kann auch (und sollte) in uns selbst stattfinden. Von mir eine Leseempfehlung und 4*.


    ASIN/ISBN: 3869712864

    "Töchter des Aufbruchs" von Marie Pierre (Pseudonym der bekannten Autorin Maria W. Peter) erschien im Heyne-Verlag (2024, TB, 445 Seiten) und hat mir überaus gut gefallen; wie bereits andere historische Romane der Autorin, die stets sehr sorgfältig recherchiert, einen hohen Unterhaltungswert mit historischem Tiefgang sowie Spannung zu bieten haben. Auch dieser neue Roman ist dem Genre 'Historische Romane' anzusiedeln.


    Reichsland Elsaß-Lothringen 1910:


    Im malerischen Moselstädtchen Diedenhofen führt die junge Lehrerin Pauline Martin inmitten einer bunt gemischten Bevölkerung aus Deutschen und Franzosen, Hüttenarbeitern und Militär ein Pensionat für höhere Töchter, die sie zu eigenständigen und selbstbewussten Frauen erziehen will. Als ihr neuester Schützling Suzette sich heimlich mit einem Soldaten trifft und kurz darauf spurlos verschwindet, bittet Pauline den preußischen Hauptmann Erich von Pliesnitz um Hilfe. Ihre enge Zusammenarbeit droht, die strengen Konventionen der Kaiserzeit zu sprengen. Kann Pauline ihre Schülerin finden und den den guten Ruf des Pensionats bewahren?

    (Quelle: Buchrückentext)


    Meine Meinung:


    Selbst, wie die Autorin in der Grenzregion Saarland/Elsass-Lothringen geboren und aufgewachsen (50 m vor der dt.-franz. Grenze in der Landeshauptstadt), war ich auf diese Romantrilogie sehr gespannt und habe ihn mit großer Freude gelesen:

    Pauline Martin, die das Pensionat leitet und einen hohen Preis für ihre Selbständigkeit zahlte, nahm Suzette, die Tochter ihrer Cousine auf, da das aufmüpfige Mädchen ihren Eltern über den Kopf gewachsen zu sein schien: Suzette lässt sich auch von Pauline nichts vorschreiben, trifft sich heimlich mit einem sehr undurchsichtigen Leutnant und verschwindet gar bei einem Ausflug nach Saarbrücken (ein historischer Exkurs des Pensionats nach einigen Drohbriefen, die Pauline Schreckliches erahnen lassen), den ich trotz der Querelen um Suzette sehr genossen habe, da ich die Schauplätze von Kindesbeinen an kenne und sie mir immer Ehrfurcht vor der Geschichte einflößten (Denkmäler an den Spicherer Höhen, Krieg zwischen Frankreich und Deutschland 1870/71). Der zuerst griesgrämig wirkende, strenge Hauptmann Erich von Pliesnitz unterstützt die resolute Lehrerin Pauline darin, Suzette wiederzufinden und die teils köstlichen Dialoge zwischen den beiden veranschaulichen die gesellschaftlichen Konventionen sehr treffend: Stammen Pauline und der Hauptmann aus zwei verschiedenen Welten, so sind sie sich doch nicht so unähnlich. Der Gärtner und Mann für alles Vincent Lehmann spielt bei der Geschichte, die auch ein wenig Krimi in die Handlung bringen, eine besondere Rolle: Was war in seiner Vergangenheit geschehen, die er mit sich herumschleppt? Hier lässt die Autorin den Leser 'lange zappeln'. Auch Louise, die Zimmernachbarin von Suzette, scheint ein Geheimnis zu haben und weiß mehr über das Verschwinden Suzettes, als sie zugeben mag....


    Durch die sympathischen Personen (besonders Pauline und Erich von Pliesnitz, die diese Zeit vor dem 1. Weltkrieg personifiziert sehr authentisch darstellen) und den flüssigen, atmosphärischen Schreibstil der Autorin, den ich sehr schätze, kommt man sehr schnell in die Handlung; die Geheimnisse sorgen für Spannung und (was mir besonders gefällt) gibt es auch einige historische Erklärungen für die geschichtlichen Hintergründe der Grenzregionen Elsass/Lothringen/Saarland, die in die Geschichte um Pauline's Pensionat einfließen. Toll fand ich auch die Reise- und Stöbertipps zu Schauplätzen und historischem Hintergrund am Romanende!


    Fazit:


    Ein sehr unterhaltsamer, historisch bestens recherchierter Roman um die Grenzregionen Lothringen/Elsass/Saarland um 1910, die mit sympathischen Figuren aufwartet, die die Konventionen in der Kaiserzeit sehr gut darstellen. Vergnüglich und spannend zu lesen, entführt uns Marie Pierre in längst vergangene Zeiten und einer Region, die durch viele Herrschaftswechsel zeitweise sehr zerrissen war. Ich empfehle diesen Roman absolut und freue mich sehr auf die Fortsetzung!


    5***** + Lesetipp!!

    "Mein wunderbarer Topfgarten" von Tina Ullmann (141 S., HC, geb., 2024) erschien im Kosmos-Verlag, Stuttgart. Es handelt sich hier um die Schaffung von Wohlfühloasen auf Balkon, Terrasse oder einem kleinen Garten, wobei passende Pflanzen und Töpfe oder Kübel-Gefäße die Hauptakteure zur Erreichung des eigenen kleinen Gartenparadieses sind.


    Tina Ullmann gibt wertvolle Tipps zu Pflanzen, die sich für die Topfkultur eignen; sie gibt ihre langjährigen Erfahrungen an die LeserInnen weiter, was Auswahl, Standort und Pflege der Topf- und Kübelpflanzen betrifft; ergänzt werden diese mit stimmungs- und prachtvollen Fotos der pflanzlichen "Schönheiten". Wenn also wenig Raum zur Verfügung steht, ist dieses Sachbuch wahrhaft eine Bereicherung. Großer Vorteil der Topfkulturen ist die Mobilität (z.B. haben einige Städte eine Orangerie, in der im Sommer Zitronen- und Orangenbäumchen blühen, die den Gartenfreund erfreuen; zum Überwintern werden sie ins Gewächshaus verbracht).


    Die Autorin, die auch ein Instagram-Account für Fragen zu ihrem Topfgarten betreibt, stellt hier nur Pflanzen vor, mit denen sie Erfahrungen hat: Das gesamte Spektrum geeigneter Topfpflanzen ist also nicht abgedeckt, jedoch lassen die Pflanzen und die Tipps zu Gestaltung und Auswahl keine Wünsche offen.


    Von Ausstattung und Grundlagen für den Topfgarten (Werkzeuge, Nützliches und Körbe, Kübel und Gefäße, wobei die Liebe zu Weidenkörben und Rattan nicht zu übersehen ist und sehr natürlich, wenn auch teurer in der Anschaffung, wirkt, geht es zur Einsaat incl. Tipps zum Düngen und für Drainagen (Regen/Staunässeschutz).


    "Fast alles geht" in Sachen Stauden, Gehölze, Kräuter und Zwiebelpflanzen! Verschiedene Pflanzen (auch Obst und Gemüse sowie Gehölze) stellt die Autorin sehr sachkundig im Jahreszyklus vor; für Anfänger sind die Tabellen der jeweiligen Pflanzenart von ungeheurem Vorteil zur Auswahl der richtigen Pflanze, je nach Standort (Schatten, Halbschatten, Sonne...); außer den Tipps zu Schnitt und Pflege sind diese für evtl. newbies, aber auch für erfahrenere Menschen mit Gärten von großem Wert, finde ich: Ich freute mich über die Hemerocallis (Taglilie) in der Staudentabelle, da unsere (leicht zu pflegen, mehrjährig) uns seit fast 20 Jahren jeden Sommer (Blühzeit Ende Mai bis Anfang Juli) erfreut!


    Auch insektenfreundliche Kübelpflanzen werden aufgelistet, wofür ich die Daumen hebe: So mancher Schottergarten ("Gärten des Grauens") könnte in einen Topfgarten umgewandelt werden; zum Wohl von Mensch und auch von Vögeln und Insekten! (Soviel Arbeit ist das nicht, selbst wenn mensch wenig Zeit zum Gärtnern hat). Weitere Kapitel befassen sich mit Obstbäumen und Pflanzen als Sichtschutz sowie solchen, die wenig Wasser brauchen (z.B. eine Schmucklilie, die mehrjährig ist, im Winter jedoch Schutz braucht und zuweilen sehr alt wird!) Auch das Kapitel über Wasserstellen für Vögel und Insekten fand ich sehr wichtig. Abschließend erhält man noch Tipps bei Schädlingsbefall und Krankheiten, die dieses sehr gelungene und mit tollen Fotos versehene Sachbuch abrunden. Eine wunderbare Gelegenheit, Balkon oder Terrasse mit ein- oder mehrjährigen Pflanzen zu einer Wohlfühloase zu gestalten! Ich kann dieses tolle Sachbuch daher absolut weiterempfehlen (meines Zeichens Tochter eines Staudengärtners ;) und vergebe 5* am (literarischen) Gartenhimmel!


    ASIN/ISBN: 3440177874

    Swansea überhaupt wird der Boden und was in ihm so kreucht und wimmelt und lebt immer mehr ins Blickfeld genommen und das ist höchste Zeit.

    Ohne fruchtbaren Boden, und das ist nun mal mehr als ein wenig Erde, überlebt nichts und niemand. Und genau dieser Boden geht immer öfter einfach verloren. Vielleicht sollte man sagen: achtlos zerstört.

    wem sagst du das (siehe "Gärten des Grauens" ...) bin Gärtnerstochter (Stauden) und daher seit meiner Kindheit mit allem verwoben, was kreucht und fleucht (und auch wächst ;)

    Der literarische "Zauber" des Vorgängers fehlt!


    "Die Bibliothek im Nebel" des bekannten deutschen Autors Kai Meyer ist der Nachfolger von "Der Bücher, der Junge und die Nacht", das ich gelesen und das mich sehr begeistert hat: Dies kann ich bei dem vorliegenden Band (erschienen bei Droemer Knaur, 2023, HC, 556 Seiten) leider nicht bescheinigen, da ich mich (erstmals bei Kai Meyer, den ich als Autor von z.B. auch der Trilogie um die Alchimistin sehr schätze) durch viele Längen und fehlende Spannung über große Strecken eher durch den Roman quälte als dem üblichen Lesegenuss zu frönen.


    "Die Bibliothek im Nebel" spielt auf drei Zeitebenen:


    1917 in St. Petersburg, wo der Bibliothekar Artur Davilow, der in die Familie der wohlhabenden Verlegerfamilie Kalini wie ein Sohn aufgenommen, aber nie adoptiert wurde, sich unsterblich in die junge Straßenmalerin Mara verliebt. Xenia Kalini, selbst kein Zeichentalent, will die junge Frau fördern und ihr ein Zuhause geben. Ihre Tochter Ofeliya, die eine strahlende Zukunft als Tänzerin hätte leben können, ist durch einen Unfall an den Rollstuhl gefesselt - die beiden jungen Frauen werden jedoch bald zu Freundinnen. Mara lernt in Südfrankreich, wo die Kalinis sich gerne wie viele andere reiche Russen überwintern, die Söhne der Familie Eisenhuth aus Leipzig kennen: Sie soll auf sein Werben hin die Ehefrau von Demian werden und reist mit den Eisenhuths nach Leipzig. Die Geschichte nimmt ihren Anfang vor dem 1. WK und Frederik Eisenhuth, der Verleger, hat eine große Anzahl an Büchern (er liebt Märchen, besonders russische) bereits in besagte Villa an der Cote d'Azur schaffen lassen, die dem Buch seinen Titel gibt. Spiridon, ein Kuriositätenhändler, Fälscher und Freund Artur's, verhilft diesem zur Ausreise aus Russland auf dem Dampfer Saltan; als Gegenleistung soll Artur einem gewissen Petrow ein mit Ketten verschnürtes Buch in Leipzig übergeben, das dort - im Graphischen Viertel - in Druck gehen soll.


    Cote d'Azur, 1928:


    Liette Chevalier (11) findet auf dem Dachboden Trois Graces die Reisekisten russischer Familien, darunter ein mit einem Schloss gesichertes Buch und einen Mondstein-Anhänger. Liette liebt Bücher über alles und ist ein mutiges Mädchen: Diesen Mut sollte sie auch brauchen, um sich ihrem Onkel widersetzen zu können. Außerdem möchte Liette wissen, was es mit diesem Buch auf sich hat.


    1957, Cote d'Azur, Paris, Finnland...

    Liette, nun Direktorin des Hotels Trois Graces, beauftragt den Gentleman-Ganoven Thomas Jansen, mehr über die Besitzerin des Buches (und wie sich herausstellt, der Villa Eisenhuth, die Liette in ihren Besitz bringen möchte) herauszufinden. So machen sich die beiden auf den Weg, den Verbleib der mysteriösen Mara aufzuklären.


    Meine Meinung:


    Sind Romane auf verschiedenen Zeitebenen oft meine Favoriten, hatte ich hier den Eindruck, dass das Geflecht, das Kai Meyer hier gewoben hat, eher des Guten zuviel waren: Der Spannungsbogen war sehr niedrig und die erzählte Geschichte voller Längen, die mein Lesegusto nicht zufriedenstellen konnten. Allerdings gelingt dem Autor wie beim Vorgänger mit Bravour, die Orte des Romans sehr bildhaft und atmosphärisch darzustellen. Auch die Fahrt auf der Saltan mit Artur und Grigori, der für mich "der stille Held" dieses Romans ist, habe ich genossen (und hoffe, dass Letzterer den richtigen Boden für seine Minze - und für sich selbst finden möge). Auch fließen besonders im Romanteil, der 1917 spielt, viele historische Informationen über die russische Geschichte ein, diesen "Background" fand ich sehr interessant.


    Fazit:


    Versteht es Kai Meyer ansonsten par excellence, einen gelungenen Genremix zu erschaffen (hier sind es wie beim Vorgänger Familiensaga, Liebesgeschichte, Abenteuer und eine Prise Mystery und Kriminalroman), so kann ich diesem Können im vorliegenden Band leider nicht zustimmen: Besonders am Ende war ich sehr enttäuscht, da mir bis dahin schleierhaft war, welche Motive Mara, deren Geheimnisse durch das Buch tragen, tatsächlich hatte. Ob ich sie mochte oder eher nicht. Die "Kollateralschäden", die durch so manche Handlungen entstanden, fand ich furchtbar und Ofeliya wie auch Grigori waren meine Lieblingsfiguren. Wegen der unnötigen Längen und mir fehlender Spannung kann ich daher nur 3* vergeben.


    3***

    Das in der Reihe "Steidl Nocturnes" erschienene Büchlein mit einer gelungenen Auswahl von 9 Novellen von Guy de Maupassant, dessen erste Novelle - Clair de Lune - dem Buch auch den Titel gibt, wurde im Verlag Steidl, Göttingen (HC, gebunden, 122 Seiten, 2023) verlegt.

    Ich habe vor wenigen Jahren einen Roman dieses klassischen Autors gelesen, der mir sehr gefallen hat (Ein Leben) und war sehr neugierig auf diese teils unheimlichen Novellen.


    Zum Autor:

    Guy de Maupassant (1850 -1893) wurde in der Normandie geboren und starb im Alter von nur 43 Jahren an Syphilis. De Maupassant war ein französischer Schriftsteller und Journalist. Er gilt neben Stendhal, Balzac, Flaubert und Zola als einer der großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts und war sowohl Novellist als auch Romancier (wobei er zu letzterer Literaturgattung tendierte, die ihm als eine seriöse Gattung erschien). In Frankreich zu Lebzeiten wenig oder kritisch beachtet, wurden seine Werke im Ausland ganz anders, positiv wahrgenommen.

    Im informativen Nachwort setzt Andreas Nohl die Novellen Guy de Maupassants in die französischen Strömungen der damaligen Zeit, wobei Flaubert ab 1873 der Mentor des Autors war. Seine schriftstellerische Karriere währte durch seinen frühen Tod (und die mit der Krankheit düster werdendere Stimmung seiner Werke) nur zehn Jahre, jedoch schrieb er oft wie besessen (insgesamt 300 Novellen, 6 Romane, Reiseberichte und Essays).


    Die Auswahl des vorliegenden Bandes gehört überwiegend in die 2. Hälfte seiner Schaffensperiode (1885-1890) und die Düsterkeit spiegelt sich in den letzten Jahren seiner Schaffenskraft wider.


    Die Novellen:


    Clair de Lune

    Hier begegnen wir einer jungen Frau, die mit ihrem gleichmütigen Ehemann auf Reisen ist und sich zu einem anderen Mann stark hingezogen fühlt und deren Schwester sie sich schließlich anvertraut.


    Totenwache

    Hier lernen wir einen schwindsüchtigen Mann auf einer Bank vor einem Hotel kennen, der stundenlang lesend dort sitzt, bis es zu kalt wird, bis sich jemand zu ihm gesellt...


    Der Tick

    Hier werden wir in die Auvergne entführt und verweilen in einem Bade- und Kurort, in deren Hotels schnell Freundschaften geschlossen und Sympathien verschenkt werden: Doch wer sind die beiden Neuankömmlinge, bei denen es sich um Vater und Tochter zu handeln scheint und im Erzähler etwas Reizvolles, aber auch Trauriges auslösen?


    Der Horla

    Hier handelt es sich um eine bekannte Novelle de Maupassant's, die tagebuchartig das Seelenleiden eines Mannes beschreibt, der Unglaubliches erlebt und Reißaus nimmt, verreist auf der Flucht vor etwas, das er nicht greifen kann....


    Die Herberge

    Hier bewohnen wir ein Gasthaus in den Bergen, gemeinsam mit Gaspard und Ulrich, einem älteren und einem jungen Menschen, die zurückbleiben, wenn der Winter naht und die Familie vor dem Schneefall ins sichere Tal zieht. Die Atmosphäre der Alpenlandschaft und das Zusammenleben auf engstem Raum der beiden sehr unterschiedlichen Menschen, die nun gemeinsam mit einem Hund aufeinander angewiesen sind, um den Winter zu überstehen, fand ich großartig. Beide müssen ab und zu Wild erlegen, um zu überleben und frisches Fleisch essen zu können: Eines Tages geht Gaspard alleine in die menschenleere Schneelandschaft....


    Der Wolf

    Hier findet sich eine Jagdgesellschaft bei einem alten Marquis, der als einziger nicht bei der Jagd teilnahm. Weshalb er so handelt, davon zeugt eine unglaubliche Geschichte, die er dann erzählt.


    Wer weiß?

    Ein Mann, der aus Klugheit und Angst zugleich in einer Klinik ist, schreibt seine Geschichte auf: Wir haben es mit einem notorischen Einzelgänger zu tun, der die Anwesenheit anderer Menschen, vor allem für längere Zeit, schwer ertragen kann und daher sehr abgelegen wohnt. Seine Bediensteten wohnen hinter dem Gemüsegarten und er fühlt sich sehr wohl in seinem Haus und seiner Abgeschiedenheit. Bis etwas Unglaubliches passiert - mit ihm und auch mit den ihn umgebenden Dingen....


    Das Kind

    Hier geht es um einen Schwerenöter, Jaques Bourdillère, einem eingefleischten Junggesellen, der doch eines Tages beschließt, zu heiraten und den seine Vergangenheit einholt...


    Fazit:

    Sehr lesenswerte, zeitlose Novellen de Maupassant's, die allesamt eine tiefere Botschaft in sich tragen, die der Leser sich selbst erschließen sollte. Einige sind düster, unheimlich, andere (Das Kind) sehr emotional und berührend sowie menschlich. Meine Lieblingsnovelle ist "Die Herberge", da ich sie als sehr atmosphärisch und voller Kraft wie auch dramatisch empfand. Ein Autor, der viele literarische Facetten hatte und dessen Geschichten nichts an Glanz verloren haben, zeitlos sind. 5* und eine Leseempfehlung meinerseits!


    ASIN/ISBN: 3969992648

    Herr Palomar

    Das muss ich mir echt schwer überlegen - denn der Stil ist, wie ich in einigen Rezensionen las, insgesamt der Gleiche: Ich fürchte, Sigrid Nunez liegt mir literarisch nicht (trotz desselben Vornamens ^^)

    Trotzdem danke für Deinen Tipp - man soll ja nie nie sagen ;)

    Österreich express - tolle Rezeptauswahl und in Windeseile zubereitet!



    "Österreich express" (also schnell) von Katharina Seiser erschien 2023 im Verlag Brandstätter, Wien (HC, geb., 288 Seiten). Es handelt sich um ein Standardwerk der österreichischen Küche mit traditionellen Rezepten, die neu durchdacht, vereinfacht und sehr gut beschrieben sind (wobei das Kapitel "Küchenösterreichisch" wirklich hilfreich ist, da viele Begriffe im Deutschen anders lauten als in Österreich (z.B. Schwammerl für Pilze). Die Gerichte, die mit einladenden Fotos (und zusätzlichen Tipps der Autorin) versehen sind, lassen sich leicht nachkochen und -backen. Das Beste: Express steht für schnell und das jeweilige Gericht steht in ca. 30 Minuten bereits auf dem Tisch!


    Die Bestseller-Autorin hat aus ihrem in vielen Jahren gesammelten Rezeptschatz rund 120 landestypische Klassiker ausgewählt, in dem für jedes Können und jeden Geschmack etwas dabei ist; 2 farbige Lesebändchen werten das schön gestaltete Kochbuch zusätzlich auf und erleichtern das Wiederfinden des Lieblingsrezepts.

    Im Inhaltsverzeichnis des gut gegliederten Kochbuchs finden sich eingangs eine Warenkunde und Küchentipps, ein Register und oben erwähntes "Küchenösterreichisch", das ich sehr hilfreich fand (Semmerln für Brötchen, Schwammerl für Pilze u.v.a.).Die zahlreichen und teils natürlich wohlbekannten landestypischen Rezepte gliedern sich in:


    - Kalte Jause, - Warmer Imbiss, - Gemüse, Erdäpfel & Schwammerl, - Teigwaren & salzige Mehlspeisen, - Fisch, Fleisch & Wurst, - Warm & süß, - Kalt & süß.


    Die Auswahl der Rezepte, besonders jener, die an so manchen Urlaub in Österreich denken lassen, fand ich grandios und wer diese herzhafte und sehr schmackhafte Küche sehr mag (wobei ich mich hier hinzuzähle), wird in "Österreich express" eine wahre Rezept-Schatzkiste finden, die jederzeit eine lukullinarische Reise ins schöne Nachbarland ermöglicht.


    Von mir eine absolute Empfehlung für schnelle Klassiker & österreichische Lieblingsrezepte für alle, die großen Gaumenschmaus lieben, jedoch über nicht allzu viel Zeit zum Kochen verfügen. 5*



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    Jil Sander SUN ist auch einer meiner absoluten Lieblingsdüfte (im Sommer) - ansonsten mag ich es auch eher frisch, zitronig - und bloß nicht süß und schwer *michschüttel* :erschreck

    "Die Verletzlichen" von der bekannten amerikanischen Autorin Sigrid Nunez (übersetzt aus dem Amerikanischen von Anette Grube) erschien im Aufbau-Verlag, Berlin (HC, gebunden, 221 S.). Ich kannte die Autorin zuvor nur dem Namen nach und musste im Verlauf des Lesens dieses Romans feststellen, dass ich andere Erwartungen an "Die Verletzlichen" hatte als ich letztlich darin vorgefunden habe.


    Worum geht's?


    Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten; denn: Es geht um so Vieles! Die Haupthandlung besteht darin, dass Iris, eine gute Freundin der "namenlosen Erzählerin" - nachfolgend n.E. von mir genannt - einen jungen Studenten damit beauftragt, für die Zeit ihrer Reise zu den Schwiegereltern in Kalifornien Eureka, den Papagei der Familie, zu hüten (und dies ist keine leichte Aufgabe, da Eureka, der sehr selbstgefällig ist "und weiß, wie schön er ist", ein Zimmer für sich alleine hat - die Wände erinnern an den Dschungel, seine eigentliche Heimat; und jeden Tag viel Aufmerksamkeit braucht). Der Student ist ein Freund der Familie und Iris vertraut ihm, auch wenn sie um die problematischen Hintergründe des jungen Mannes weiß. Da dieser Student es jedoch vorzieht, nach Vermont zu ziehen, da New York eine schwer betroffene Stadt der Pandemie ist (2020), kommt die n.E. ins Spiel, die hier gerne einspringt, da die Wohnung von Iris (und was für eine: Luxuriös ist kein Ausdruck; das Ehepaar hat drei Anwesen; eins davon in New York) fußläufig erreichbar ist.


    So freunden sich der zuerst schreiende Papagei und die n.E., die tagsüber gerne durch die Parks streift, nach und nach an. Sie empfindet Freude daran, mit ihm zu spielen und sich mit ihm zu beschäftigen. Bis eines Tages unvermittelt der Student zurückkehrt - und beide sich (auf Wunsch von Iris) die - zugegebenermaßen sehr große Wohnung - teilen müssen. Was der n.E. anfangs gar nicht behagt. Beide sich auch weitläufig aus dem Wege gehen, bis - ja bis der Student bemerkt, dass die n.E. nicht kochen kann und jeden Tag dieselben Sandwiches isst: Nun kocht er (das vegane Kochen hat er während eines Klinikaufenthalts gelernt) für beide, wenn sie auch nie zusammen essen. Die Einsätze als Hüter von Eureka verlängern sich, da das Baby, das Iris erwartet, früher zu kommen scheint.


    Meine Meinung:


    Ich habe selten einen Roman gelesen, der eher einer Aneinanderreihung von teils interessanten, teils aber auch verworrenen Gedanken glich und dem jedweder rote Faden fehlte. Themen gibt es zuhauf (Tod und Verlust; das Verhalten von Menschen, das in Pandemiezeiten nicht immer nachvollziehbar ist, die Literatur, das Schreiben, die Natur und der Mensch als ihr Zerstörer, der "Brain Fog" als Folge der Pandemie, das Scheitern und seine Wichtigkeit, um als "Destillat dessen daraus hervorzugehen, der man eigentlich ist" und so vieles mehr.


    Viele Themen sind an der Oberfläche geblieben; manche sind intellektuell und durchaus interessant, für eine tiefergehende Aussage reicht es jedoch nicht. Dagegen wird relativ schnell zum nächsten Thema übergegangen. Dies hat meine Lesefreude eher gebremst als sie anzufachen.


    Der Roman ist in zwei Teile geteilt; dazwischen gibt es ein "Intermezzo", in dem es hauptsächlich um das Schreiben und das Lesen, um Literatur selbst geht. Hier fand ich einiges recht interessant, anderes nebensächlich. Nachdenklich stimmte hier, dass manche AutorInnen in der Lockdown-Zeit Probleme hatten, zu schreiben und sich zu konzentrieren (was dem Rest der Menschheit sicher ebenso erging). Der Stil ist schnörkellos, prägnant, die Kapitel sind kurz und vieles wirkte auf mich zusammenhanglos. Die interessanteste Figur war für mich der junge Student, dessen Ansichten ich teilte und von dem ich gerne mehr erfahren hätte. Im Klappentext geht es um "Nähe und Innigkeit in unwägbaren Zeiten", hier konkret um zwei Menschen wie die n.E., eine ältere Frau, und einen jungen Studenten, die sich in der "Papageien-Wohnung" einer sehr privilegierten Freundin miteinander arrangieren müssen: Von Nähe und Herzlichkeit war hier für mich allerdings meist wenig bis gar nichts zu spüren, was mehr von der n.E. auszugehen schien als von dem Studenten, den ich mochte und der dem Roman am Ende noch eine positive Wendung gibt, die auch Eureka gefallen haben dürfte.


    Fazit:


    Ein auf mich leider sehr fragmentarisch wirkender Roman in einer eher schwierigen Zeit (Pandemie, New York) um zwei Menschen, die sich um einen verwaisten Papagei kümmern. Eher eine wahllose Aneinanderreihung von (teils klugen, intellektuellen) Gedanken einer namenlosen Erzählerin, die für mich schemenhaft bleiben. Ähnlich wie der 'Brain Fog', der hier angesprochen wird. Der rote Faden fehlte und auch eine literarische Tiefe. Zumindest mir. Daher von mir knappe 3 Sterne.


    ASIN/ISBN: 3351041985