Beiträge von Larissa

    Ich finde, dass der Autor - Pete Johnson - ein ausgesprochen bemerkenswerter Mensch ist. Er hat z.B. die Castingszene, die in diesem Buch vorkommt, in der Realität recherchiert, was eigentlich auch schon wieder Stoff für einen eigenen Roman liefern würde, so unglaublich unglaubwürdig sind die "Ergebnisse der Recherchearbeit". Johnson bat seine eigene Schwester sich bei einem TV-Casting zu melden. Sie willigte ein und siegte in jeder Ausscheidungsrunde, bis sie tatsächlich als Nachwuchstalent im TV auftrat.


    Auf der Autorenhomepage finden sich noch weitere Anekdoten über den frühen Ausbruch des Erzähltalents von Pete Johnson.


    Es ist auch ein Buch für Erwachsene. Unsere Leistungsgesellschaft hat ja als Hauptquartier "Streber-City" und leidet an einem wahren "Horror vacui" hinsichtlich der eigenen Freizeitterminkalender.

    Die zarte Liebesgeschichte zwischen der 13-jährigen Lou und dem 17-jährigen Lucas, die beide die gleiche Klasse besuchen, kam mir so unglaubwürdig vor, wie wenn man beim Dominospielen möglichst schnell fertig werden will und dann bei den Spielsteinen mogelt.


    Mich hat an diesem Buch mit dem wunderschönen Cover im Nachhinein der märchenhaft-unglaubwürdige Plot gestört: Die unbemerkt "elternlos" aufwachsenden Klassenkollegen "Hänsel und Gretel" nehmen das durchgefrorene Sterntalermädchen, das die Streichhölzchen zum Anzünden ihrer Zigaretten verwendet, bei ihrem schmutzigen Händchen und schubsen sie fortwährend in irgendwelche Badezimmer.


    Warum dieses Jugendbuch (?) ohne jeden Zweifel ein echter Pageturner mit einer veilchenzarten Sprache ist, bleibt ein unergründliches Geheimnis. Möglicherweise ist diese Traumsprache so berührend, weil Delphine de Vigan in ihrem jüngsten Roman über ihre depressive Mutter sehr viel über eine erdrückende Anhäufung von Schmerz und Verletzung in ihrer eigenen Familie offenlegt.

    Nach ein paar Seiten wurde mir klar, warum dieses Buch in gebundener Ausgabe zur freien Entnahme auf unseren Postkästen stand. Ich werde es wieder an diesen Ort zurückbringen. Ein schreckliches Buch! Wäre es das Erstlingswerk David Safiers.

    Adrian Mole ist alleinerziehender Vater von zwei Söhnen (Glenn und William), die zwei verschiedene Mütter haben. Seine Tagebucheinträge berichten in tragikomischem Tonfall von seinem Alltag in einer sozial anrüchigen Gegend. Mal hat er eine kurze Beziehung mit seiner Sachbearbeiterin vom Arbeitsmarktservice, die den bedauernswerten Familiennamen "Pigg" trägt, dann wieder schwärmt er von der Tochter seiner Stiefmutter, in die er schon als 15-jähriger verschossen war, und die gerade mitten im Wahlkampf steht.
    Mit Adrian kann man Tränen lachen, denn irgendwie kriegt er sein Leben nicht so richtig auf die Reihe. Er ist brotloser Schriftsteller mit grotesken Romanprojekten.
    Man fragt sich nachher, wie man den eigenen Alltag bisher ohne Adrian Moles britischen Humor bewältigen konnte. Die Stimme des kleinen Mannes im "British Empire", die fordert, dass die Queen endlich abdanken soll und dass es für die Windsors fortan nur mehr Platz gibt im Rahmen einer eigenen royalen Big-Brother-Version, wo sie in ihrer Maskerade und Kostümierung den lieben langen Tag auf der Fasanenjagd herumstiefeln können.

    Die Hauptfigur Marian MacAlpin kommt mir nach den ersten 50 Seiten extrem suchend und unzufrieden vor, weil alle vorgegebenen Lebensmuster, die ihr in ihrem beruflichen und privaten Alltag so unterkommen allesamt nicht in ihren eigenen - nicht existenten Hirnschablonen - "einrasten". Sie ist rastlos, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie aus"rastet" - natürlich in schleichend-unauffälliger Form mitten im normierten Alltag.
    Eine erste sexuelle Belästigung ergibt sich im Berufsalltag Marians mit einem ekligen Biertrinker (der mit dem ziegelroten Gesicht... typisch einzigartige Bildsprache Atwoods - genial !!). Mit dem soll nämlich Marian ein face-to-face-Interview machen. Zum Glück kann sie diesen ekligen Typen mit zwei Traktaten eines verrückten Antialkoholiker-Sektenpredigers abwehren - besser als Pfefferspray.


    Also ich sehe einen starken Zusammenhang zwischen Marians sprachkritisch-psychologischer Arbeit und ihren körperlichen Reaktionen.


    Produktforschung... :gruebel


    Mein Lieblingszitat:

    Zitat

    "ein großer, anstaltsgrüner Saal ... mit einer Anzahl hölzerner Tische am anderen Ende für die mütterlich aussehenden Frauen, die dort die Handschriften der Interviewer entziffern und mit farbigen Stiften Kreuze und Kontrollzeichen in die ausgefüllten Fragebogen eintragen. Mit ihren Scheren und Klebstoffen und Papierstößen sehen sie wie eine überalterte Kindergartengruppe aus."

    Ich bin vom Nachfolgeband zu "Sandberg" total enttäuscht, weil seitenweise nur nochmals in "Wolkenfern" die Handlung von "Sandberg" aufgekocht wird.
    Hier im Forum gibt es (leider) keine Rezis zu diesen beiden Joanna-Bator-Büchern. Was nicht viel heißen will... Ist diese polnische Nachwuchsautorin hier im Forum total unbekannt ?

    ... weil ich heute beim Zahnarzt als Schmerzpatientin abgefertigt worden bin wie jemand, der um 18.05 Uhr noch eine Zeitung kaufen will. Nur die Apothekerin war nett. Nun werde ich morgen früh nochmals zum Zahnarzt gehen. Trotz zwei Schmerztabletten ist nämlich keine "Besserung" eingetreten. Aber wahrscheinlich will die Sprechstundenhilfe, dass ich selbst mich "bessere" ? Was habe ich doch für schlechte Manieren....!

    Ich bin anfangs total leicht in das Buch hineingekommen, als dann jedoch in die Schilderung jenes Silvester-Saufgelages im Leben des 16-jährigen Karl Ove, immer wieder erzählerische Einschübe vorgenommen wurden und sich das ganze beim Lesen anfühlte, als ob man unter einer Tischplatte mit einem Messer einen alten Kaugummi runterkratzen will, aber immer wieder durch das Läuten an der Tür und per Handy daran gestört wird, da begann ich mich sehr zu wundern: über diesen "Schreibwüterich" (wie ihn ein Rezensent in der FAZ nennt) und über mich selbst, wie ich mit meiner eigenen Lebenszeit umgehe.

    saz ... Danke für diese Info. In einem Interview mit einem Niederländer (?) auf YouTube habe ich erfahren, dass Knausgard bereits alle sechs Bände fertiggeschrieben haben soll.


    Wenn ich Knausgards 2. Ehefrau Linda wäre und an einer bipolaren Störung (d.h. manisch-depressiv) leiden würde, dann wäre es mir definitiv nicht recht, wenn er darüber in seiner Autobiographie schreiben würde und besonders fies fände ich es, wenn er sich monatelang zum Schreiben "zurückziehen" würde in irgendso ein "Büro" an einem anderen Ort, und ich allein ein ganz kleines Kind versorgen müsste. (Mittlerweile sind es vier Kinder.)

    Die "Süddeutsche Zeitung" hat das Attribut "kultiviert" zur Klassifizierung dieser Autobiographie verwendet. Mir haben ein paar wenige Formulierungen aus "Lieben" (2. Band) genügt, um zu wissen, dass Karl Ove Knausgards Schreibstil mir ungemein zusagt. Ich bin schon gespannt, welche Titel er für Bd 3, 4, 5 und 6 wählen wird.


    Was bedeutet der Originaltitel "Min kamp" auf Deutsch? Hoffentlich nicht das, was ich befürchte: "Mein Kampf"

    Ich muss morgen zum Zahnarzt (ohne Termin), aber eigentlich habe ich derzeit gar keinen Zahnarzt, sondern ich muss auf gut Glück einen ausprobieren. Sind eigentlich Zahnärzte die unbeliebteste Berufsgruppe ?
    Heute hat mich so ein Scharlatan von Zahnarzt, der vorsintflutliche Röntgengeräte hat, telefonisch genervt, weil er meine Absage einfach nicht akzeptieren wollte. Dabei hat er eh keine Patienten. Er sollte doch wissen, woran das liegt. Er meinte, er hätte eh mit der Lupe !!! mein Röntgenbild nochmals angesehen...

    Ich werde nun sogar wider Willen Besitzerin des neuesten Murakami... in der Leihbücherei hat man meine Karte gesperrt, weil "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" WASSERSCHÄDEN haben - nach meiner Entlehnung. (waren nur kleine eingetrocknete Wasserspritzer auf den ersten Seiten). Klingt so als ob das Buch den Tsunami knapp überlebt hätte ... Nun muss ich meinen Büchergutschein einlösen: so ein neuer Murakami ist natürlich noch Hardcover und sauteuer.
    O wie sehr liebe ich doch Murakami. Dabei hatte ich eigentlich immer die Devise: immun-bleiben-gegen-das-Murakami-Fieber.
    Wenn ich dran denke, wie viele extrem abgenutzte, grausliche Bücher ich schon dort entlehnt habe, dann ist jetzt echt bei mir der Punkt, wo ich sage: Neee, so geht es nicht weiter mit dem Bücherfutterbeschaffen.

    Kennt sich jemand aus mit der Rezeption der Grimm-Märchen in Japan ? Gegen Ende des Romans, als Herr Tazaki Eri in Finnland aufsucht, vergleicht Eri ihre enge Freundschaft zur ermordeten Freundin mit Schneewittchen und den sieben Zwergen. Ich frage mich nun ernsthaft, ob dieses Märchen in Japan dermaßen bekannt ist (viell. die Walt-Disney-Version) oder ob die Übersetzerin einen Märchenkulturtransfer vorgenommen hat (was ich eigentlich für unwahrscheinlich halte).

    Der Ich-Erzähler der Rahmenhandlung, Sebastian Lukasser, wird von Köhlmeier als kinderloser Schreiberemit mit starrem Tagesablauf stilisiert, dem der von seinen Eltern vernachlässigte Teenager Madalyn (14) von der Wohnung im Stockwerk darunter sich anvertraut wie ihrer besten Freundin (wenn sie überhaupt noch welche hätte).
    Für mich liest sich dieser kurze, zügig zu lesende Roman dennoch insgeheim als Hommage Köhlmeiers an seine literaturbegeisterte, weil selbst als Schriftstellerin tätige Tochter Paula, die 2003 in Hohenems verunglückt ist. Aus diesem Grund habe ich in dieses Bändchen in der Bücherei zwar schon vor Monaten mal reingelesen, es aber seither immer wieder schnell ins Regal hineingestopft neben Paula Köhlmeiers "Maramba". Es macht mich immer wieder traurig, Vater und Tochter im Regal Buchrücken an Buchrücken zu sehen, doch getrennt in diesem irdischen Leben.


    "Madalyn" ist für mich ein sehr trauriges Buch, in dem viel geweint wird. Ganz davon abgesehen, dass ich die Schauplätze allesamt kenne.

    Ich kann mich dem Lob meiner Vorrednerinnen für diesen Debütroman nur voll und ganz anschließen. Leider vergesse ich immer wieder den Namen dieser vielversprechenden Jungautorin, weil er mir ganz einfach nicht geläufig ist. Das ist schade. Ich hoffe auf viele weitere Romane aus der Feder von Liz Nugent, auch wenn ich wiederum nicht verstehen kann, dass es um diesen Roman nicht mehr Furore gegeben hat. Eigentlich sollte es m.M. nach eindeutig ein Bestseller sein.

    Die Psychologisierung der Hauptfigur ist Judith Schalansky außerordentlich gut gelungen: Sie hat eine Bösewichtin geschaffen, die versteinert. Nicht nur die Charles-Darwin-Schule wird in 4 Jahren "aussterben", sondern auch Inge Lohmarks Stammbaum: Ihr zweites Kind - außerehelich gezeugt - hat sie jenseits der 3-Monats-Frist abgetrieben, ihre einzige Tochter und Schülerin Claudia in einer tragischen Situation schmählich im Stich gelassen, so dass es nicht verwundert, warum diese aus den USA kaum ein Lebenszeichen schickt. "Die Lohmark" erstickt alles Lebendige. Ihr selbst ist aber nur dann stickig zumute, wenn der Gingko-Baum im Herbst die Luft des Schulhofs verpestet.
    Das Sprichwort: "Harte Schaule - weicher Kern" hat bzgl. der Persönlichkeit Inge Lohmarks die tragische Wendung "Harte Schale - abgestorbener Kern".

    Das Buch wird derzeit fürs Kino verfilmt. Ich finde, dass aber bereits die Romanvorlage sehr nahe an TV-Spielfilmdrehbüchern herangerückt ist. (Ganz ehrlich: Manchmal kann ich im Hintergrund dieses automatische Publikumsgelächter aus Klamauk-US-Vorabendserien hören !!!)


    Wenn die gebundene Ausgabe nicht so furchtbar schwergewichtig wäre, hätte ich diesen doch stellenweise seichten Frauenroman schon etliche Male in der Leihbibliothek zurückgegeben. Als Leserin fühle ich mich von Katherine Pancol ständig am Gängelband geführt. Aber der lange Atem, mit dem Pancol erzählt, hat auch etwas Anrührendes an sich.


    Diesen Roman kann ich tausendmal an die Wand werfen, aus dem Froschkönig wird nie der Märchenprinz für Joséphine werden.


    Nun habe ich das Buch wider Erwarten doch noch in einem Rutsch zu Ende gelesen und meine Frage lautet nun: Wieviele Bäume mußten sterben, damit die verblendete Käuferschaft diesen dicken Wälzer (falls die gebundene Ausgabe gekauft wurde) verschlingen konnten ???

    Mich wundert, dass hier im Thread niemand die eigenartige Wichtigkeit von Meursaults "Mangel an Trauer" beim Begräbnis seiner Mutter erwähnt hat. Mir scheint, dass dieses Pochen auf pietätvolle Haltung eines Sohnes gegenüber seiner Mutter bzw. auch das Anstoßnehmen am "Abschieben" der Mutter in ein Pflegeheim sehr vielschichtige Interpretationsansätze zulässt.


    Aufgrund seiner Ehrlichkeit wird Meursault ein Strick gedreht. Er wird bereits im Vorfeld vor der eigentlichen Gerichtsverhandlung vom Richter mit dem Kruzifix zur Reue angesichts des Kreuzestodes Christi gezwungen. Meursault bekennt sich aber nicht als Christ, daraufhin hänselt ihn später der Richter: "Ach, da kommt ja der Herr Antichrist."

    Mein Lieblingszitat (weil ich es selbst so bei einer Schülerin erlebt habe, aber es niemals so brilliant verbalisieren hätte können...)


    Zitat

    "Andere täuschten wegen des nahenden Zeugnisses Unterwürfigkeit vor und schoben ihre Bio-Leistungskontrollen aufs Lehrerpult wie Katzen erlegte Mäuse auf den Wohnzimmerteppich."