Beiträge von Seaspray

    Es war einmal ein Herzog, der lebte mit seinen Rittern auf einer Burg. Aufgabe der Ritter war es, die Bevölkerung vor Drachen zu schützen. Sir Oblong-Fitz-Oblong, einer der Ritter, hatte einen besonderen Draht zu Tieren, war sogar mit einigen befreundet, und so brachte er es auch nicht übers Herz, die Drachen zu töten - stattdessen fing er sie ein und brachte sie zur Burg, wo sie fortan als Haustiere lebten. Eines schönen Tages ernannte der Herzog unseren kleinen dicken Ritter zum Königlich-Fahrenden Ritter und sandte ihn aus auf die Bolligru-Insel, wo der böse Baron Bolligru ein willkürliches und egoistisches Regime über Mensch und Tier führte. Diesem Schuft sollte Oblong das Handwerk legen ...


    Der Baron wehrt sich natürlich mit Händen und Füßen und allerelei miesen Tricks gegen Oblongs Bemühungen. Trotzdem kann er nicht verhindern, daß der kleine dicke Ritter zunehmend an Beliebtheit und Unterstützung - und schließlich auch Einfluß - gewinnt. Was sich der Baron auch ausdenkt, mit Hilfe der Inselbewohner und nicht zuletzt der Tiere (allen voran Dolfus die Dohle und Wilhelm der Dachs) gelingt es dem kleinen dicken Ritter, Bolligru immer wieder einen Strich durch die Rechnung zu machen.


    Unser Ritter wird nie müde, sich für das Gute einzusetzen, nie gibt er auf. Er verfolgt seinen eigenen Weg und kämpft, anders als der Baron, immer mit fairen Mitteln. Das Buch ist deswegen aber keineswegs moralinsauer, es kommt ohne erhobenen Zeigefinger aus und erzählt lebendig die Geschichte des pfiffigen und liebenswerten Ritters.
    Ein warmherziges Kinderbuch, an dem durchaus auch Erwachsene ihre Freude haben können.

    Das Herz ist eine miese Gegend ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Es gibt kaum ein Buch, das ich so oft gelesen habe wie dieses, das mich schon so lange begleitet.


    Es erzählt die Geschichte von Paul, den alle nur Giovanni nennen, von seiner frühen Jugend bis ins Erwachsenenalter hinein. Und von seiner Freundin Laura und seinen Freunden Bo und Ilse. Es erzählt von unzertrennlicher Freundschaft, großer Liebe und Älterwerden.


    Nach einem Umzug verliert Giovanni zwar eines seiner Hirngespinste (die von spezi erwähnte sprechende Maus), findet dafür aber seine beiden Freunde Bernhard, der Bo genannt wird, und Roger, der Ilse gerufen werden möchte. Bei einem Unfall lernt er Laura kennen, die seine Freundin wird. Mit den dreien verbringt er seine Jugend; zwischen der Schule, Musik, die wie "Weinen ohne Augen" ist, dem Verkauf von geklauten Zigaretten, heimlichen Kinobesuchen und Urlauben in Frankreich. Daß Laura nach dem Abitur für ein Jahr nach Seattle geht, ist nur der Auftakt zu weiteren Veränderungen in Giovannis Leben.


    Bayer schafft es, mit wenigen Worten viel zu sagen. Er macht es dem Leser leicht, sich in die Geschichte einzufühlen, und schafft es, (Lebens)Gefühle glaubhaft zu vermitteln. Der Klappentext sagt, daß man bei der Lektüre dieses Buches auf dem schmalen Grat zwischen Lachen und Weinen balanciert - treffender kann man Das Herz ist eine miese Gegend nicht beschreiben.

    Ich schließe mich den begeisterten Stimmen hier an. Mirjam Wilhelm gelingt es, die unterschiedlichen Welten, in denen Gerta und Robert leben - Roberts Leben in Armut und Gertas Leben in der High Society -, darzustellen, die Atmosphäre der 1930er Jahre in Berlin, Paris und Spanien zu vermitteln und vor diesem Hintergrund die Liebesgeschichte der beiden eindringlich und glaubwürdig zu erzählen.
    Ein leicht zu lesender und fesselnder Roman, der mir sehr gut gefallen hat!


    Delphin ,
    danke für den TV-Tip! :wave

    Der letzte Teil hat mir genauso gut gefallen wie der Rest des Buches und ich hätte gerne noch weitergelesen!


    Ob die Geschichte zu dem berühmten Bild stimmt oder nicht wüßte ich ja auch zu gerne.


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    Original von Batcat
    Schließlich das Ende. Sooooo traurig. Wirklich tieftraurig. Wie es passierte. Wie Gerta den Brief schreibt. Wie Bandi es erfährt. Und ihren Brief liest. Und wie die Eingangsszene des Buches wiederaufgegriffen wird. Und Bandis tragisches Ende. Das hat mich zutiefst berührt. Sehr. :cry


    Das fand ich auch sehr bewegend und traurig!


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    Original von kahlan
    Ich habe eine Menge Phantasie, aber für die Vorstellung, dass Gerta an vorderster Front mal eben zwischendurch einige wohlformulierte Zeilen verfasst, die nach ihrem Tod auch noch problemlos Bandi erreichen, reicht es einfach nicht.


    Ich kann mir schon vorstellen, daß man gerade in so einer Situation das Bedürfnis verspürt, einem geliebten Menschen noch etwas mitzuteilen...

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    Original von chiclana
    Ach, eigentlich habt Ihr schon alles so schön beschrieben,


    Stimmt. Da weiß ich gar nicht so recht, was ich noch groß hinzufügen soll. ;-)


    Gerade in diesem Teil finde ich Bandis Geschichte viel interessanter als die Gertas. Allein die Beschreibung, wie Bandi und Chim in Paris Fuß fassen - toll! Überhaupt mag ich Chim sehr; er ist ein toller Freund!


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    Original von Cait
    Nun zu Gerta und Bandi: Wunderbar wie die beiden sich nicht eingestehen wollen, was sie füreinander empfinden und auch das Hin und Her bis sie sich endlich auf dem Friedhof verabreden hat mir gut gefallen. Mirjam Wilhelm hat wunderschöne Bilder gemalt von ihrem Zusammensein, die mir wie reale Bilder vor Augen standen.


    Das kann ich nur unterschreiben. Die Stelle liest sich wirklich wunderwunderschön!


    Sophias Reaktion fand ich auch klasse und ihre Worte sind wirklich bewegend.

    Der zweite Teil hat mich so gefesselt, daß ich den dritten gleich in einem Rutsch mit durchgelesen habe... :wow


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    Original von Ikarus
    bin rundum zufrieden mit diesem Buch, sowohl, was Schreibstil als auch Inhalt betrifft. Vor allem dieser Wechsel der Schauplätze gefällt mir


    :write


    Gertas Leben in der High-Society von Paris finde ich sehr spannend - kann aber gut verstehen, daß sie das langweilt!


    Bandis Chef ist mir in diesem Teil richtig sympathisch geworden, nachdem ich mich im ersten Teil noch über ihn geärgert habe. :grin Toll, wie er Bandi fördert und ihn dazu bringt, an sich und seinem Talent zu arbeiten.


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    Original von Batcat
    Was ich sehr raffiniert fand, ist Andrés dänischeTrotzki-Mission. Über die Sache mit dem Visum,

    habe ich sehr gelacht!


    Das fand ich auch sehr witzig. Bandi ist echt ausgefuchst!


    Paris war eine Frau steht schon länger auf meinem Wunschzettel, und Shakespeare & Company kommt da jetzt auch drauf!


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    Original von Rosenstolz
    Jetzt habe ich eben noch gegoogelt, ob man die Berliner Illustrirte Zeitung wirklich so ( also ohne ie ) schreibt. Tatsächlich.


    Ich dachte auch erst an einen Tippfehler. ;-)


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    Original von Ikarus
    Einzig mit dem Titel des Buches hadere ich noch. Bezieht sich wohl auf das Fotografieren, weckt aber eher negative Assoziationen in mir.


    Geht Euch das auch so?


    Den Titel finde ich eigentlich recht schön... Welche negativen Assoziationen weckt er denn in dir?

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    Original von Batcat
    Aber irgendwie auch verständlich: Er sieht Capas Talent, will aber, daß es wachsen kann und nicht "ungereift verschleudert wird". Wenn er ihm das mit Blümchen garniert gesagt hätte, hätte Capa garantiert nicht auf ihn gehört. ;-) So aber hat er letztendlich die Fotografie von der Pike auf gelernt und zu seinem Talent noch das nötige Handwerkszeug mit auf den Weg bekommen. Hat ihm sicher nicht geschadet. ;-)


    Stimmt, da hast du recht. Aus der Sicht hatte ich das gar nicht betrachtet. Und im weiteren Verlauf der Geschichte sieht man dann ja auch, daß es Bandi wirklich alles andere als geschadet hat. ;-) Aber in dem Moment hatte ich einfach nur Mitleid mit ihm.


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    Original von Batcat
    Wäre nett gewesen - hätte aber die eigentliche Geschichte keinen Millimeter vorangebracht.


    Stimmt. "Ich hätte ja zu gerne gesehen,..." meinte ich auch eher im Sinn von "War bestimmt ein lustiger Anblick". ;-)


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    Original von Delphin
    Oder auch bei Gerta: Mal regt sie sich über die oberflächlichen Mitschülerinnen auf, die nichts anderes im Kopf haben als Menüabfolgen und die neueste Mode und dann hat sie sich aber auch nie Gedanken über das Leben ihrer Dienstmädchen gemacht.


    Ich empfinde das auch nicht als widersprüchlich. Von Menüabfolgen u. ä. gelangweilt sein und sich Gedanken über Standesunterschiede machen sind zwei Paar Stiefel, finde ich.

    Den ersten Teil habe ich jetzt auch durch und kann mich den begeisterten Stimmen nur anschließen. Bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut!


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    Original von Batcat
    Interessantes erstes Aufeinandertreffen von Capa und Gerda.


    Das fand ich auch sehr interessant, v. a. die Parallelen in ihren Reaktionen hinterher. Beide ärgern sich über das Verhalten des jeweils anderen, sind aber gleichzeitig in gewisser Weise fasziniert voneinander.


    Die Darstellung der gegensätzlichen Welten von Gerta und Capa finde ich auch sehr gelungen.


    Schön, daß Gertas Eltern so human auf die Vergehen der Tochter reagieren, ich hätte da mit einer heftigen Strafe gerechnet. Weniger schön fand ich dagegen die Reaktion von Capas Chef auf seine Photos - er hätte ihn ja nicht gleich in den Himmel loben müssen, aber die Bilder so runterzumachen ist schon mies. :fetch


    Die Aktion von Capa und seinen Freunden, den Kurfürstendamm einzueisen, ist klasse. Ich hätte ja zu gerne gesehen, wie die Nazis auf dem Glatteis herumschlittern! :grin


    Alles in allem ein gelungener Auftakt, der neugierig auf den zweiten Teil macht. Am liebsten würde ich ja gleich weiterlesen, aber ich muß jetzt erstmal 'ne Runde schlafen.


    Cait und Babyjane, danke für die Links! :-)

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    Original von Batcat
    Was ich aber wirklich vermisste: Ich hätte so gerne mehr VON und ÜBER die Protagonisten erfahren. Wie kamen sie zu dem Projekt? Wie fühlten sie sich währenddessen? Was haben sie in ihr echtes Leben daraus mitgenommmen? Wie gestaltete sich der Alltag für den einzelnen? Hätten sie im Nachhinein gesehen gerne auch mal die Rollen getauscht?


    :write Das hat mir am Buch auch sehr gefehlt!


    Batcat, hast du auf der Homepage mal ins Forum geschaut? Dort haben sich auch einige der Teilnehmer zu Wort gemeldet...

    Ich bin auch länger um dieses Buch herumgeschlichen; nach Gelis Rezension konnte ich dann endgültig nicht mehr widerstehen... ;-)


    Meine Meinung:


    "Ich bin dann mal weg", erklärte Hape Kerkeling seinen Freunden und reiste nach Saint-Jean-Pied-de-Port, einem kleinen französischen Ort nahe der spanischen Grenze. Von dort aus macht er sich auf, fast 800 km den Jakobsweg - der drittbedeutendste Pilgerweg der Welt - nach Santiago de Compostela in Galicien zu laufen.
    Tag für Tag schreibt er in sein Tagebuch, das bald zu einem Sammelsurium aus Landschaftsbeschreibungen, Pilgeranekdoten und Nachdenklichkeiten wird. Hape genießt, jammert, sinniert - und läuft. Unterwegs trifft er auf mehr oder weniger skurrile, aber immer bemerkenswerte Menschen, von denen zwei schließlich auch seine Freunde werden. Viel Zeit hat Hape, um nachzudenken, über sich, sein Leben und den Glauben; er lernt sich selbst ein bißchen besser kennen und kommt zu neuen Erkenntnissen.


    Das Pilgertagebuch liest sich unheimlich schön, und Hape hat es geschafft, die Faszination, die der Jakobsweg ausübt, das Wunderbare des Camino, zu vermitteln: ein harter, anstrengender, aber lohnenswerter und bereichernder Weg.


    Eine interessante, fesselnde und ruhige Lektüre, die ich uneingeschränkt empfehlen kann!

    Über dieses Buch bin ich nur zufällig gestolpert, aber das war auf jeden Fall ein Glücksgriff...


    Ein Dorf der Amish, Lancaster County, Pennsylvania: In einem Stall wird ein toter Säugling gefunden. Katie Fisher, eine unverheiratete 18-jährige Amish, ist offenbar die Mutter des Babys und wird des Mordes angeklagt. Obwohl die Amish im Normalfall keinen Rechtsbeistand suchen, läßt es sich Ellie Hathaway, die eigentlich nur zur Erholung in Lancaster County weilt, nicht nehmen, die Verteidigung der jungen Frau zu übernehmen. Während der Ermittlungen und der Dauer des Rechtsstreits lebt Ellie bei Familie Fisher. Dort lernt sie nicht nur mehr über Katie und die Hintergründe des Falls, sondern auch über die Lebensweise der Amish, und langsam entwickelt sich so etwas wie Freundschaft zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen.


    Der ungeklärte Tod des Säuglings und die dazugehörige Verhandlung vor Gericht sorgt bis zur letzten Seite für Spannung und immer wieder neue Wendungen in der Geschichte, aber das ist nicht der alleinige Grund, warum ich das Buch so unheimlich fesselnd fand. Jodi Picoult beschreibt eindrucksvoll die Lebens- und Denkweise der Amish; vor allem ihre Wert- und Moralvorstellungen, in deren Zentrum demut, Vergebung und die Gemeinschaft stehen. Durch die Mordanklage und die anstehende Verhandlung werden Katie und ihre Familie unfreiwillig mit der Welt der Englischen konfrontiert, die so ganz anders ist als die ihrige; umgekehrt sieht sich auch Ellie einer ihr größtenteils fremden Kultur gegenüber. Die Annäherung der beiden Welten in Form des wachsenden Verständnisses der jeweils anderen und der aufkeimenden, ja, Freundschaft der beiden Frauen zu verfolgen, macht sehr viel Spaß.


    Die Amish haben mich schon immer interessiert, insofern war das Buch goldrichtig für mich, aber auf die anderen Bücher von Jodi Picoult bin ich jetzt auf jeden Fall auch neugierig geworden!

    Ich bin an zwei Orten gleichzeitig...


    Einmal sitze ich gerade in Schwäbisch Hall beim Morgenmahl, man schreibt das Jahr 1525.



    Dann sitze ich noch auf einer Bank auf dem Friedhof und unterhalte mich.