Zitat
Original von magali
David Gray
Dein Vergleich mit der Verbreitung des Fernsehens hinkt. Diejenigen, die von den Filmfirmen zum Fernsehen wechselten, wechselten nur die Unternehmen. NBC gehörte eng zusammen mit RCA, da die Elektronik-Industrie ja das Gerät entwickelt haben, nur eins der Beispiele. Die Arbeit fürs Fernsehen war keineswegs freier oder unabhängiger, Zensur galt auch hier, wo hätten sich die Leute denn 'freier' entwickeln sollen? Das Fernsehen brachte auch massiv Werbung, mitten in Filmen und auch in Shows.
Es war eventuell eine weitere Möglichkeit, Geld zu verdienen, aber doch keine, unabhängiger zu arbeiten? Was im Fernsehen gezeigt wurde, hing genauso von Vorgaben ab, wie bei den Filmstudios auch.
Das Beispiel Fernsehen würde passen, hätten sich die, die für die Filmstudios arbeiteten, von der Schneiderin bis zur Schauspielerin, aufgemacht und eigene Filme gedreht.
Leute, die eigene Produktionsfirmen gegründet haben, sind da wohl eher zu nennen.
Ich sehe im Selbstverlegen keine neue Freiheitsbewegung. Ich sehe in dem Bereich auch keine Neuansätze inhaltlich, keine sperrigen Texte und nichst Außergewöhnliches. Was ich sehe, ist handelsübliches Unterhaltungsmaterial. Die Geschichten sind vom Aufbau, der Idee, den Gedanken, die dahinter stecken, nicht anders, als das, was ich im Laden finde.
Sie sind allerdings weit weniger professionell. Geschrieben, präsentiert, angeboten.
Andrea Martini
zu Deiner Frage zu quindie.
Ich verstehe, wie man auf die Idee kommt. Auf den SelbstverlegerInnenmarkt bezogen war es auch bitter nötig.
Ich fürchte nur, daß es eine Einrichtung von SelbstverlegerInnen für den kleinen Kreis bleiben wird, die sich auch jetzt schon für diese neue Art überhaupt interessieren.
Zudem kann es passieren, daß sich im Lauf der Zeit noch andere aufmachen und Gütesiegel verteilen. Dann wird's munter.
Ich warte ab. Bis jetzt hat mich auch aus dem Quindie-Bücherregal leider nichts gereizt.
Und, wie ganz oben erwähnt, mir reicht der Buchmarkt mit den Verlagsbüchern völlig.
Aber so was von.
magali
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magali
Kann es sein, dass Du vielleicht RCA mit RKO-Pictures verwechselst?
Letzteres war Teil des Hollywood-Studiosystems ersteres war ein Radiounternehmen. Ich will meinen Vergleich hier auch nicht zum x-ten Mal „reiten“, aber RKO Pictures zählte zwar noch zu den besseren Hollywoodstudios, da es das kleinste war und daher eher gezwungen war sich durch Innovationen von den drei Großen Konkurrenten abzusetzen, aber Knebelverträge haben die genauso geschlossen wie die anderen. Mister Selznick, der einige Zeit Boss bei RKO war, entwickelte darin eine gewisse Meisterschaft.
Und ja – das Fernsehen war gemessen am Kino – in seinen ersten Jahren gar nicht mal so strikt und einfallslos. Einige der Autoren (Regisseure, Produzenten) von McCarthys berüchtigter „Schwarzer Liste“ zum Beispiel fanden dort Arbeiten, weil zunächst nur wenige Profis für das neue Medium arbeiten wollten.
United Artists (zwar schon 1919 von C. Chaplin und M. Pickford gegründet) war eines der Unternehmen, die mit dem Niedergang des Hollywoodstudiosystems sich vom Verleih aufs Produzieren verlegten und als unabhängiges Studio vielen Talenten einen Chance eröffnete, aufregende Filme zu gestalten. Aber UA war die Ausnahme, die übrigen Studios hielten verbittert an ihren Knebelverträgen fest, bis ihnen dann von Mitte der 50er Jahre bis Anfang der 60er gar nichts anderes mehr übrig blieb als Kompromisse einzugehen.
Und – ja – ich bleibe trotzdem bei meiner Ansicht, dass der Vergleich zwischen der Situation der Autoren mit der der Musiker nach dem Aufkommen des MP3 Formats, eher hinkt, als der zwischen der aktuellen Situation der Autoren und der der Scriptautoren, Techniker, Kameraleute und Schauspieler mit dem Aufkommen des TVs.
Was die Zweifel an der Stellung der Autoren betrifft, liebe Magali, so ist es doch derzeit einfach so, dass wir Autoren in der Lage sind für den zu produzieren, der uns wirklich am Herzen liegt ( und am Herzen liegen muss) den Leser nämlich.
Denn das sind die Leute für die Autoren wirklich arbeiten, nicht für irgendeinen Verlag, so bequem das in einiger Hinsicht auch im Vergleich zum Indiedasein sein mag.
Doch schon lange vor den E-Books und Create Space waren wir darauf angewiesen unsere Titel selbst zu vermarkten, da die Marketingbudgets für Midlisttitel kontinuierlich schrumpfen. So gesehen war / ist der Unterschied zwischen Indie und Verlagsautoren gar nicht mehr so groß.
Ich kann aber mal eine Beispielrechnung aufmachen:
Die Lektorats und Cover und Formatierungskosten für mein Buch „Wolfswechsel“ zum Beispiel betrugen ca. 1.900 Euro. Verkauft habe ich bisher von dem Titel etwa 18.000 Stück, zu einem Preis von 2,99 wobei ich mit der 70% Tantiemenoption bei Amazon (bei den anderen Plattformen Thalia, Weltbild und so ist mein Anteil etwas geringer) etwa 2 Euro pro Verkauf verdiene. Diese Kosten hatte ich nach ca 3 Monaten eingespielt, alles darüber war Einnahme, das Buch zu verfassen kostete mich sicher über 10.000 Euro, da es ein historischer Roman ist und so einiges an Recherche in ganz Deutschland bzw. Polen / Russland erforderte.
Das höchste Verlagsangebot, das ich je für den Titel erhielt kam (seinerzeit ca 2007/8) von Blumenbar und hätte mir 3.500 Euro Vorschuss bei einer Auflage von 5000 Stück gebracht.
Das gelingt natürlich nicht mit jedem Titel so reibungslos, wie mir das mit Wolfswechsel gelang, ein anderes Buch „Der Preis“, ein Thriller, zum Beispiel hat erst wesentlich später Geld verdient.
Wolfswechsel ist eine Holocaust / Liebes / Horrorgeschichte und daher definitiv eher unter schon von seinem Genremix als „sperrig“ zu werten.
Während „Der Preis“ ein klassischer Psychothriller ist.
Ich kann also – zumindest für mich - schon sagen, dass sperrig und ungewohnt, auch als E-Book funktioniert.
Aber richtig ist schon, dass es A) im Indie Bereich viele schlechte Titel gibt, und es B) viele gute Titel nur schwer schaffen sichtbar zu werden. Beides ist traurig.