Zitat
Original von Tom
Hallo, Rosha.
Bei den jährlich über hunderttausend belletristischen Neuerscheinungen ist natürlich - je nach Definition des Begriffs - auch viel Schrott zu finden, einfach, weil es dafür Leser gibt. Nicht jeder will sich an Helmut Kuhns "Gehwegschäden" entlanghangeln und liest lieber davon, wie der neue Landarzt (wenig überraschend) schließlich die wunderschöne Bäuerin nagelt. So what?
Despektierlich wird das nur, wenn behauptet wird, dass es im Selbstveröffentlichungsbereich genau umgekehrt wäre. Das ist eben nicht der Fall. Texte wie den oben genannten und viele, viele, viele andere sind im Segment der Selbstveröffentlicher praktisch nicht zu finden. Dafür aber Erotik, Gestaltwandlergeschichten, thrillarme Thriller und jede Menge ChickLit. Was absolut in Ordnung wäre, würde "man" nicht unermüdlich erklären, das literarische Rad soeben neu zu erfinden. Dabei will man eigentlich nur mit irgendwas möglichst schnell möglichst viel Geld verdienen.
Es mag für einige hier als größere Überraschung kommen, als für andere - aber es ist wohl für Autoren (wie auch alle übrigen Werktätigen) nur selbstverständlich für ihre Arbeit auch entlohnt werden zu wollen.
DAS kann jetzt (gerade) im Kapitalismus nun nicht wirklich als argumentatives Zugpferd für oder gegen eine bestimmte "Gruppe" von Autoren herhalten.
Und wie Tom weiss (aber hier vielleicht so deutlich nicht zum Ausdruck gebracht hat oider haben wollte) ist auch gefälliges Genre (gleich welches) nicht einfach nur aus dem (schriftstellerischen) Ärmel zu schütteln, sondern erfordert ein Mindestmaß an Talent und noch viel mehr Stehvermögen und Anstrengung von den Autoren.
Was die mies verfassten Titel in den oberen Charträngen betrifft, da ist für mich die Erklärung einfach - sie lautet in einem einzigen Wort: Algorithmus.
Denn ist man dort mit seinem Titel erst einmal mit den notwendigen Verknüpfungen zu anderen erfolgreichen Büchern erfasst, dann hält man sich da auch einen (zuweilen erschreckend langen) Zeitraum ziemlich weit oben. 
Aber auch darin sehe ich bisher noch nicht den Untergang des Abendlandes dräuen. 
Was ich allerdings (wenn auch ungern) zugebe ist, dass die Leute, die sich derzeit für einen Preis deutlich unter dem eines Verlagsbuches ein Buch herunterladen, nicht unbedingt wohlmeinend auf etwas ungewöhnliche literarische Experimente reagieren. In einigen Fällen wird da bereits indirekt wiedergegebene wörtliche Rede zu einem Steinchen des (Rezi) Anstosses.
Doch das wird sich ausgleichen. Je mehr Reader unter die Leute kommen, umso größer wird auch der Anteil von Käufern die sich etwas anspruchsvollere Texte erwarten, als bloße aufgehübschte Fanfiction. 
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