Beiträge von Peter Prange

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    Original von Herr Palomar



    Peter, wie zufrieden warst du mit dem Arte-Bericht?



    Ich fand den Bericht sehr gut. Nicht nur, weil er das Buch ja sehr freundlich dargestellt hat, sondern auch, weil er ein für das Fernsehen sehr schwieriges Thema überzeugend vermittelt hat. Zum einen behandelt das Buch ein abstraktes Thema - Werte: eine Katastrophe fürs Fernsehen. Zweitens hat das Thema äußerst viele Facetten - zwanzig Kapitel (und zahllose Unterkapitel), die in ein paar Minuten Sendezeit vorgestellt werden müssen. Drittens gibt es zwei Akteure - normalerweise will man ein Buch mit einem Autor identifizieren. ... Angesichts dieser Ausgangslage kann ich nur Beifall klatschen.

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    Original von Babyjane


    Internationale
    ??? :wow


    Die Fragezeichen kann ich leicht beantworten. Wir haben die Internationale aufgenommen, weil sie ein Musterbeispiel von historischem Ausmaß ist, wie eine wunderbare Idee ("Kämpft für das Menschenrecht") in ihr totales Gegenteil umkippen kann, frei nach dem kommunistischen Motto: "Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein." Das als die Interpretation von "Brüderlichkeit" im real existierenden Sozialismus.

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    Original von Eli


    ...bis auf den Robbie Williams! ;-) :lache


    Hallo Eli: Auf die Gefahr hin, mir Deine Sympathien zu verscherzen: Robbie Williams ist einer meiner Lieblingsautoren in dem ganzen Buch, und sein Feel steht in meinem imaginären Bücherregal in einer Reihe mit - na, das siehst Du ja im Buch. Begründung: Ich glaube, es gibt wenige Zeitgenossen, die so tief an sich selbst verzweifeln wie dieser Typ, obwohl und gerade während er im vollen Größenwahn nach den Sternen greift - um zugleich die Hölle zu durchleben. Nicht irgendeine Hölle, sondern die Hölle seiner selbst. Ich kann mich nur wiederholen: für mich ist er ein moderner Faust - und bin mir sicher, dass Goethe zu seinen Fans gehören würde.

    AN ALLE


    Muss mich für zwei Tage ausklinken: Lesereise.


    Bin ab Freitag wieder dabei. Freue mich aber schon jetzt darauf, weiter Eure Kommentare zu lesen und mich gelegentlich auch zu Wort zu melden.


    Bin wirklich beeindruckt, was hier abgeht!!!

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    Original von Batcat


    Goethes Texte sind immer wieder ein wenig wie heimkommen.


    Was für ein wunderbares Kompliment für einen Autor, selbst unser aller Dichterfürst bekommt in seinem Grab nicht täglich sowas zu hören. Ich glaube, schöner kann man einen Text nicht loben.


    Zumindest keinen Text in diesem Buch. Dessen Ziel und Sinn ist ja eine Art Beschreibung unserer geistigen Heimat. Natürlich kann nicht jeder bei der Lektüre eines jeden Textes solche Heimatgefühle entwickeln wie Batcat bei Goethe. Aber auch das ist nur natürlich. Der eine empfindet Heimat vielleicht beim Anblick eines Kirchturms, der andere bei einem bestimmten Geruch, der dritte beim Wiedersehen mit dem Dorftrottel, der vierte bei Regenwetter und einer Tasse Tee, der fünfte bei... So wird es auch mit den Texten sein. Hoffentlich!

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    Original von geli73
    @ Peter: Ist geplant, dass "Werte" auch in anderen Ländern als Übersetzung erscheint? Oder gibt es sie bereits?


    Wenn sich das so einfach planen ließe... Natürlich streben wir Übersetzungen an, aber das wird sicher schwierig. Die ganzen zitierten Quellentexte müssen ja in den jeweiligen Übersetzungen der anderen Sprachen aufgefunden werden. Aber wir tun unser Bestes, vor allem Frank Baasner. Als Direktor des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg und Ritter der französischen Ehrenlegion hat er sehr gute europäische Kontakte. Drück uns die Daumen!

    hallo Madita,


    danke für die Frage. Als erstes: gilt hier nicht die Regel, dass man sich duzt? So hat wolke es mir jedenfalls gesagt. Vielleicht auch mit Rücksicht auf mein Alter. Damit ich mich nicht so alt fühle, wie ich tatsächlich bin. Also bitte bei der Forum-Regel bleiben, wenn es Dir recht ist. Illusionen sind doch das Schönste, was das Leben zu bieten hat.


    Doch nun zu Deiner Frage: Ja, die Änderung von Titel und Cover war eine Idee des Verlags. Und zwar aus genau den Gründen, die Du selbst schon erahnt hast. Man baut auf den Wiedererkennungseffekt, damit jeder Leser gleich weiß, dass es sich hier um einen Teil der Trilogie handelt.


    Nun ja. Einerseits ist es schade um den ursprünglichen Titel. Der ganze Roman ist Emilys Geschichte, und darum sollte er auch so heißen. Außerdem verstehe ich gut, wenn manche Leser sich jetzt verwirrt fühlen. Andererseits - in jedem Autorenvertrag steht festgeschrieben, dass alle werblich relevanten Fragen, und dazu zählen auch Titel und Covergestaltung, letztlich der Verlag entscheiden kann. Was er hiermit getan hat.


    Jetzt hoffe ich natürlich, dass der Verlag mit dieser Neutaufe erreicht, was er anstrebt: Mehr Leserinnen und Leser anzusprechen. Wenn das gelingt, will ich mich gerne trösten. Schließlich ist das ja Sinn und Zweck einer jeden Geschichte: dass sie ihre Leser findet. Mal sehen, wer am Ende Recht.behält...

    warum "Mensch und Recht" statt "Recht und Gerechtigkeit"?


    Die Frage haben wir lange diskutiert. Natürlich geht es um den Konflikt von subjektivem Gerechtigkeitempfinden und positivem Recht (danke Beo, für die Korrektur - Carl Schmitt lässt grüßen), doch haben wir uns für "Mensch und Recht" entschieden, weil wir damit zum Ausdruck bringen wollten, worum uns letztlich geht: Rechtsetzungen von und für Menschen, auch wenn diese in ihrem Empfinden dann oft mit ihren eigenen bzw. ihnen vorgegebenen Normierungen kollidieren.

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    Original von Iris
    [quote]Original von taciturus


    Frage an Peter Prange: Welche Übersetzung liegt dem Aristoteles-Text zugrunde? Ich hab mir mehrfach auf die Zunge gebissen ... :grin


    Muss ich gerade leider passen. Den Text hat Johannes Thiele ausgegraben. Nur soviel : die Übersetzung ist sicher älteren Datums, editorische Notwendigkeit, um Geld zu sparen (ich glaube, 80 Jahre nach dem Tod des Übersetzers sind die Rechte frei). Ist nicht gerade der Weisheit, doch der Ökonomie letzter Schluss. Sonst wären solche Bücher nicht finanzierbar.

    danke, Iris, Deiner Anmerkung habe ich nichts hinzuzufügen - das Niveau würde nur sinken.


    Zu Robbie Williams: Warum wir ihn hier aufgenommen haben? Weil er die Dämonen kennt, den Geist des inneren Widerspruchs. Ein Typ, der nach den Sternen und den Göttern greift, und gleichzeitig vom Teufel besessen ist. - Kurz: eine moderne Inkarnation des guten alten europäischen Faust. Weshalb die Amis ja auch nichts von ihm wissen wollen.

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    Original von beowulf
    Mein Theam hätte ich gedacht- aber vielleicht dachte ich über das Theam schon zuviel selst und hatte dadurch kein Echo durch die Texte -nichts was mir den Gefühlspegel aus der Ruhelage bewegt hat- schade.


    Hallo beowulf. Na, kein Wunder, dass Dich das Kapitel nicht umhaut. Wie ich gerade in Deinem Profil sehe, bist Du ja vom Fach.


    Darum meine Frage an Dich: Gerät Dein subjektives Gerechtigkeitsempfinden nie in Konflikt mit Deiner professionellen Auslegung des positiven Rechts? Wie löst Du diesen doch immerhin möglichen Widerspruch zwischen subjektivem Rechtsempfinden und objektivem Recht auf? Zum Beispiel, wenn Du versuchst, einen Mandanten optimal zu verteidigien, auch wenn Du selbst das dringende Gefühl hast, dass er ein Drecksack ist, der gar nicht lange genug eingebuchtet werden kann...

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    Original von milla


    @ Peter:
    Könntest du die lateinischen Stellen bitte kurz übersetzen? Meine Latein-Kenntnisse sind doch arg eingerostet :help


    Oh je, meine Lateinkenntnisse sind auch nicht besser. Doch zum Glück habe ich eine Ausgabe, die uns beiden helfen wird. Die Stellen bei Montaigne lauten auf Deutsch:


    - Der Efeu gedeiht besser aus eigenem Triebe, der Meerkirschbaum schöner in einsamen Grotten, und lieblicher ohne Abrichtung singen die Vögel (Zitat Properz)


    - Und noch das Schweigen allein vermag bittend und beredsam zu sein (Zitat Tasso)


    - Alles ist in den Ketten seines Schicksals verhaftet (Zitat Lukrez)


    - Jedes Ding folgt seinem Gesetz, und alle haben ihre verschiedene Gestalt nach natürlicher Bestimmung (Zitat Lukrez)

    an taciturnus: nein, Glaube und Vernunft schließen einander nicht aus. Zumindest nicht nach unserem Verständnis: In zweieinhalb jahrtausenden haben wir Europäer es geschafft, diesen (eigentlich logischen) Widerspruch für uns aufzulösen: Logos und Offenbarung durchdringen und bedingen einander - so unser Verständnis. Dies war übrigens auch die eigentliche Aussage der berühmt-berüchtigten Rede von Papst Benedikt in Regensburg, die so heftige Reaktionen hervor gerufen hat. Titel der Rede: "Glaube und Vernunft". Zufall?

    Antwort an Pelican: Warum wir uns genau für diese Texte in Leben und Sinn entschieden haben?


    Eine Mischung von Intuition und Reflexion. Im Zweifelsfall entscheidet aber erstetes. Hier wie in auch in den übrigen Kapiteln kommen vor allem die Texte vor, die in meinem eigenen Leben eine große Rolle spielten. Ich schreibe ja zu Beginn eines jeden Kapitels zuerst den Einleitungsessay, um das Thema ganz subjektiv und aus meinem persönlichen Erleben heraus zu erkunden. Dass ich dabei solche Texte herbei zitiere, die für mich selber mal eine Bedeutung hatten, ist vielleicht nicht gerade sehr wissenschaftlich, hat aber den Vorteil, dass ich aus eigener Erfahrung von der Wirkung dieser Texte weiß. - Ansonsten s. zur Textauswahl "Fragen an den Autor". Dort habe ich Herrn Palomar zu dem Thema eine allgemeine Antwort gegeben.

    Hallo Herr Palomar,


    die Textauswahl war natürlich ein Problem. Von folgenden Kriterien ließen wir uns leiten:
    - Qualität geht vor Proporz. Heißt: wir haben versucht, nur solche Texte aufzunehmen, in denen jeder Europäer, egal welcher Nation, sich wieder erkennen kann. Bsp.: Goethes Faust oder Shakespeares Hamlet sind Dramen, die auch jeder Spanier oder Finne als sein Kulturgut empfindet. Bei Mörike oder Uhland wäre ich mir nicht so sicher
    - Quer durch die Genres. Heißt: Bei dem Thema wäre es sehr leicht gewesen, sich auf philosophische Texte zu beschränken. Doch das wäre langweilig geworden. Wir wollten alle Genres dabei haben, bis zur Pop-Kultur. Um z.B. zu zeigen, bzw. fühlen zu lassen, dass in einem Robbie Williams noch ein Faust nachklingt.
    - Proporz wenn möglich. Heißt: Auch kleine Länder sollen, wenn sinnvoll, mit berücksichtigt werden. Bsp: ein Luxemburger Text für Heimatgefühle.
    Soweit die Oberikriterien. Trotzdem schlägt auch immer der persönliche Geschmack durch, Vorlieben und Abneigungen sind spürbar und dürfen es auch sein, zumal wir uns bei dem ganzen Konzept ja für einen sehr subjektiven Zugang entschieden haben. Motto: Subjektivität ja, aber keine Beliebigkeit. Darum sind auch keine Text dabei, die uns wirklich selber contr coeur gehen.
    Zu Valery: Der Text wird später noch in extenso zitiert, Kapitel "Nation und Union"

    das Problem bei diesem Projekt ist die Überfülle an möglichen und sinnvollen Texten. Darum werden manchmal in der Einleitung Texte genannt, die in der Anthologie nicht auftauchen, und umgekehrt. So können wir ein Maximum an Stimmen in möglichst konzentrierter Weise zu Wort kommen lassen. - Zu Goethe: Wenn manche Autoren öfter zitiert werden, hat das einfach mit ihrer Bedeutung und Qualität zu tun. Wir wollen zwar ein wirklich europäisches Spektrum aus allen Nationen, Epochen und Genres abdecken, doch durfte dies nicht in ein Sammelsurium ausarten. Darüber lieber ein paar mal Goethe oder Augustinuns, weil sie einfach epochale Gedanken zu den Themen formuliert haben, die auf uns alle bis heute weiter wirken. Auch und gerade wenn wir das manchmal gar nicht mehr so sehr im Bewusstsein haben.

    Hallo Eli, du scheinst ja keine Scheu vor grundsätzlichen Fragen zu haben… Der Reihe nach: So ein Buch entsteht nicht von heute auf morgen, sondern braucht ein ganzes Leben. Ohne Quatsch: einer der größten Anreize für mich selbst war bei diesem Projekt, dass es mir so eine Art (Zwischen-)Summe in allen großen Fragen des Lebens abverlangte. Manchmal komme ich hier auf Fragen zurück, die mich schon als Schüler beschäftigten.
    Darum, und das klingt nur scheinbar paradox, haben wir das Buch auch sehr schnell geschrieben. Nachdem wir uns über die Grundstruktur (Gegensatzpaare) und die Gliederung (20 Kapitel) geeinigt hatten, konnten wir das Buch in einem halben Jahr fertig stellen.
    Dabei habe ich immer als erstes die Einleitung zu den einzelnen Kapiteln geschrieben, als eine erste Horizonterkundung. Diese stand immer unter einer bestimmten Ursprungsidee – wie ich glaube, dass die Dinge sich im Laufe der Jahrhunderte und quer durch die Genres (Philosophie, Literatur, Theologie, Pop usw.) entwickelt haben. Wären wir umgekehrt verfahren, sprich: von den Texten statt von einer hypothetischen Ordnungsidee ausgegangen, hätten wir uns hoffnungslos verheddert.
    Was dann die Arbeitsaufteilung zwischen Prof. Baasner, Johannes Thiele und mir angeht, s. meine Antwort zu dem Einleitungskapitel.

    weil mehrere von Euch über die Ortographfieh sprachen : sorry für die Druckfehler, ist wirklich ärgerlich. Sollte gerade bei so einem Buch nicht passieren. Schließlich geht es um die ewigen Werte...
    Zweitens zur Lesart: ja, das Buch ist auch und vor allem ein Lesebuch. Es ist also ganz im Sinne der Erfinder, wenn Ihr kreuz und quer lest. Sich das ganze Abendland von A bis Z reinziehen? Nein, das hält der härteste Studienrat nicht aus...