So, dann bin ich heute mal die erste. Den Inhalt halte ich ganz kurz, denn wir haben ihn ja eigentlich alle gelesen ;-):
Wir erhalten im ersten Abschnitt einen ersten Eindruck der beiden Hauptpersonen, Leila und Tess. Leila ist ziemlich vereinsamt, hat vor kurzem ihre Mutter an MS verloren und ist ziemlich viel im Internet unterwegs. Dort trifft sie in einem Philosophieforum auf Adrian, den sie zunehmend bewundert. Dieser tritt eines Tages mit einem ungewöhnlichen Jobangebot an sie heran: Er kennt da so eine Frau, die unheilbar aber nicht tödlich erkrankt ist und ihrem Leben ein Ende setzen will. Da sie aber gleichzeitig vermeiden möchte, ihrer Familie Kummer zu machen, hat sie einen Plan geschmiedet: Sie möchte auswandern und sich dann das Leben nehmen. Eine andere Frau - Leila - soll jedoch ihren Platz einnehmen, Emails beantworten, auf Facebook posten usw. So würde niemand merken, dass sie tot ist. Mit der Zeit soll die Korrespondenz langsam einschlafen, so dass sie zunehmend einfach in Vergessenheit gerät.
Ich finde es bisher sehr gut geschrieben, spannend und mitreißend. Ich war gleich in der Geschichte drin und werde heute sicher noch weiterlesen.
Adrian finde ich gruselig und sehr manipulativ. Er hat bei der einsamen Leila auch leichte Karten. Einsame Menschen sind ja oft auch ein bisschen stolz – positiv, sodass sie sich für besser halten oder negativ, sodass sie sie sich für schlechter halten. In jedem Fall aber halten sie sich für etwas Besonderes. Das kann man hier schön daran sehen, dass diese übertriebenen Komplimente, die jemanden mit gesundem Selbstbewusstsein wohl eher misstrauisch machen würden, bei ihr auf fruchtbaren Boden fallen. Endlich hat jemand erkannt, dass sie ganz besondere Fähigkeiten hat! Wie könnte sie sich da selbst eine Blöße geben, riskieren, dass der gute Eindruck gleich wieder zunichte gemacht wird? Adrians Auftritt erinnert mich stark an die Arbeitsweise mancher Sekten.
Auf Leila bin ich schon sehr gespannt. Sie wirkt ja sehr verkopft, scheint fast gar nicht mit ihrer intuitiven, gefühlsmäßigen, leidenschaftlichen Seite in Kontakt zu sein. Ich war fast ein bisschen von ihr geschockt, als sie sich nach dem für mich sehr berührenden Bericht von Tess scheinbar ausschließlich auf die Schreibweise dieser komischen Band konzentriert hat. Das wirft für mich schon die Frage auf: Macht sie das Ganze aus Mitgefühl und reiner Menschenfreundlichkeit oder eben eher aus Stolz? Bis hierher würde ich stark auf Letzteres tippen.
Dann stellt sich aber auch die Frage, ob jemand, der wirkliches Mitgefühl empfinden würde mit Tess überhaupt in der Lage wäre, ihrem Wunsch zu entsprechen?
Jedenfalls denke ich, die emotionale Tess wird für Leilas Weltbild und für ihr Selbstbild noch eine ganz schöne Herausforderung sein. Immerhin scheint Leila ja so zu leben – und auch so zufrieden zu sein – wie Tess es eben gerade verabscheut. Mittelmäßig, ohne größere Erlebnisse, ohne viel Emotionen. Ich bin schon wirklich sehr gespannt, wie sich die Begegnung dieser zwei unterschiedlichen Persönlichkeiten gestalten wird und in wie fern Leila (und Tess) sich dadurch verändern wird.