Beiträge von Daniel Wolf

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    Wie ist das eigentlich mit so einer Königspfalz, wurde die noch für andere Zwecke genutzt, wenn der König nicht da war? Oder stand die dann unter Umständen jahrelang leer? Allein die Instandhaltungskosten müssen ja schon enorm gewesen sein.


    In erster Linie waren die Königspfalzen für den reisenden König bzw. Kaiser gedacht. Aber da der sich maximal ein- bis zweimal im Jahr in die jeweilige Gegend verirrte (eher seltener), wurden sie sicher auch als Unterkunft für andere hohe Herrschaften wie Bischöfe, Fürsten, Gesandte der Kirche oder ausländische Adlige genutzt.


    – Daniel

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    Nun sollte Rémys Schule ihren Betrieb aufnehmen, aber die Rache der Kirche saß schon vor den ersten Schülern auf den Schulbänken. Da habe ich ich mich doch gefragt, kennen die Ratsherren überhaupt die Verträge und Abkommen, die für sie gelten oder arbeiten sie nur nach dem Bauchgefühl? Ich bin gerade ein bisschen fassungslos und habe für diese Schlappe, die sie entstecken mussten, wenig Verständnis.


    Sie arbeiten immer auch mit Bauchgefühl, anders geht es gar nicht. Die Rechtslage ist ja nicht so eindeutig wie heute, wo eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Paragrafen das Handeln von Behörden regeln und jeder i.d.R. weiß, was er darf oder nicht darf. Mittelalterliche Gesetze sind oft sehr vage formuliert, es gibt viel Interpretationsspielraum, man kann sie mal so, mal so auslegen. Letztlich ist es immer eine Machtfrage, ob man einen Vertrag, ein Privileg oder ein Herrscherdiplom zu seinen Gunsten ausnutzen kann, und wer machttechnisch die Oberhand hat, lässt sich nicht immer voraussehen. Hier ist es Abt Wigéric, weil er sich die Unterstützung des Bischofs geholt hat. Wäre der Bischof nicht wegen der ausgebliebenen Unterstützung für seine Kathedrale vergrätzt gewesen, wäre die Sache sicher anders ausgegangen.


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    Das sich die Kirchenväter dann der heidnischen Büchern entledigen, war ja nur eine Frage der Zeit. Warum hat Rémy die Bücher eigentlich nicht selbst verwahrt?


    Naja, die meisten Bücher sind ja nicht heidnisch ;-) Die Bücher von Boethius und Co. sind Schriften früher Christen, was Adhemar in seiner Verbohrtheit nicht begreifen will.

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    Interessant hier die Erkenntnis, dass Foltern damals verboten war. Das war wieder mal eine überraschende Erkenntnis. Wird das erst später wieder erlaubt? Ich denke an die Hexenverfolgung und ähnliche Prozesse? Oder war es in der Gegend immer verboten?


    Ja, manchmal widersprechen die historischen Fakten dem "gefühlten" Mittelalter ;-)


    Folter wurde in hochmittelalterlichen Gerichtsprozessen nie oder nur selten angewandt. Stattdessen setzte man auf Gottesurteile, gerichtliche Zweikämpfe, Zeugenaussagen, Eide und Beweise. Oft konnte ein Täter nur für ein Verbrechen belangt werden, wenn man ihn auf "handhafter", sprich frischer Tat ertappt hatte.


    Kirche und Kaiser stellten sich gegen die Folter als Mittel der Rechtsfindung. Erst mit der Einführung der päpstlichen Inquisition ab ca. 1230 änderte sich diese Sichtweise; etwa ab diesem Zeitpunkt durfte Folter gegen Ketzer wie die Katharer eingesetzt werden. Bis die Folter auch ein Instrument "normaler" Strafprozesse wurde, dauerte es noch einmal ein paar Jahrzehnte, nördlich der Alpen sogar bis ca. 1320.


    – Daniel

    Ihr dürft eines nicht vergessen: Wir haben die Draufsicht, den Überblick über das Geschehen – wir wissen, was Lefèvre alles treibt. Für die Bewohner von Varennes stellt sich das alles nicht so eindeutig dar. Dass Lefèvre bisher davongekommen ist, hat ja jedesmal gute Gründe.


    Im Mittelalter war es sehr schwer, eine Person von Stand, die noch dazu über beträchtliche finanzielle Mittel verfügte, für ein Verbrechen zu belangen, wenn es keine Zeugen für die Tat gab. Gottesurteile waren, wie wir gesehen haben, sehr unzuverlässig. Und das neuere Römische Recht war bis zur Einführung der Folter im späten 13./frühen 14. Jahrhundert ein zahnloser Tiger ...

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    Auf S. 271 sagt Rémy: "... darauf kann er warten, bis er schwarz wird." Gab es diese Redewendung damals schon? Soviel ich weiß, ist das ein Ausdruck, der zur Zeit der Pest entstanden ist, und das war erst über 100 Jahre später.


    Nach meiner Kenntnis ist die Redewendung älter und geht auf Gehängte zurück, die man so lange am Galgen ließ, bis sie schwarz wurden, sprich: verwesten.


    Daniel

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    Wenn ich von Lefèvres fattore Chrétien lese, muss ich jedes Mal sofort an Kretin denken :grin. Geht euch das auch so?
    Ob diese Assoziation beabsichtigt ist :gruebel?


    Beabsichtigt war das zunächst nicht, aber ich muss zugeben, dass es mir beim Schreiben irgendwann auch so ging ;) Und da die Assoziation tatsächlich zum Charakter passt, entschied ich, den Namen zu lassen (ich weiß, gemein).


    Es gibt übrigens einen ganz berühmten Chrétien, von dem ich den Namen gewissermaßen ausgeborgt habe.

    Nicht alle Gottesurteile waren so grausam oder schmerzhaft wie die Feuerprobe, bei der man über glühende Eisen laufen musste. Oft waren sie recht harmlos. Beim Reinigungseid etwa genügte es, einen Schwur aufzusagen, und wenn man sich verhaspelte, galt man als schuldig. Ähnlich die Abendmahlprobe: Wer sich beim Verzehren der Hostie verschluckte oder sie nicht vertrug, hatte offenbar kein reines Gewissen und musste ein Verbrechen begangen haben.


    Liest eigentlich jemand mit, der "Das Salz der Erde" nicht kennt? Würde mich interessieren, wie die-/derjenige mit "Das Licht der Welt" zurechtkommt. Ich denke zwar, dass man das Buch auch gut ohne Kenntnis des Vorgängers verstehen kann, aber als Autor ist man da evtl. betriebsblind ;)

    Keine Sorge, die Geschehnisse in Lefèvres Keller werden nicht allzu detailliert beschrieben – es ist ja ein historischer Roman, kein harter Psychothriller. Wobei bei solchen Szenen ja jeder eine andere Toleranzschwelle hat. Aber seitenlange Beschreibungen von Folterszenen gibt es definitiv nicht, das mag ich nämlich selbst nicht.

    Hallo zusammen!


    Bin nun auch an Bord, lese fleißig mit und freue mich auf spannende Diskussionen!


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    Original von JaneDoe
    Eine Frage an Daniel: In "Das Salz der Erde" heißt Michel noch "de" Fleury, hier in der Fortsetzung fehlt der Zusatz. Wurde aus der Ortsbezeichnung ein "echter" Nachname oder ist das ein Versehen?


    Michel hat inzwischen das "de" aus seinem Namen entfernt und, wie du richtig sagst, die Ortsbezeichnung zu einem regulären Nachnamen gemacht. Das wird später im Text aber auch noch mal erklärt.

    Saarländer und Pfälzer aufgepasst: Am 13. September lese ich mit meiner Kollegin Deana Zinßmeister in der Buchhandlung Drachenwinkel in 66763 Dillingen, Beckinger Str. 1.


    Deana Zinßmeister liest aus ihren Romanen "Das Hexenmal" und "Der Hexenturm", ich aus "Das Salz der Erde". Die Lesung beginnt um 20 Uhr.


    ... und natürlich dürfen nicht nur Saarländer und Pfälzer kommen – alle anderen sind ebenso willkommen :-)


    Herzliche Grüße


    Christoph Lode
    a.k.a. Daniel Wolf

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    Original von Asmos
    Ich fand es auch gut, dass die Bewohner von Varennes sich endlich gegen Aristide aufgelehnt haben, wobei ich fand, dass es eigentlich nicht hätte sooo arg schwer sein können den Ritter zu überwältigen. Von wie vielen Leuten sprach Aristide? Von vielleicht vierzig? Gegen 2000? Eigentlich hätten diese seine Anhänger doch mit Leichtigkeit überrennen müssen, wenn sie sich zusammen gerauft hätten. Oder verdrehe ich da etwas?


    Varennes hat zu dem Zeitpunkt ungefähr 2000 Einwohner. Rechnet man die Alten, Frauen, Kinder und Kranken raus, bleiben rund 400 waffenfähige Männer, von denen vielleicht die Hälfte tatsächlich mit einer Waffe umgehen kann. Zahlenmäßig wären sie Aristide damit immer noch überlegen, aber: Die Geschichte zeigt ja, dass Menschen sich sehr schwer damit tun, sich gegen Unrechtsregime aufzulehnen, obwohl den Polizisten/Ordnungshütern/Soldaten eigentlich immer eine riesige Masse an Unterdrückten gegenüber steht. Trotzdem können solche Regime leicht jahrzehntelang bestehen – weil die Unterdrückten es nicht schaffen, sich zu organisieren, weil sie sich fürchten oder uneins sind oder weil sie (noch) zu viel zu verlieren haben. Meist stehen die Unterdrückten erst dann auf, wenn es einen starken symbolischen Auslöser gibt, wie man das etwa beim Arabischen Frühling in Nordafrika beobachten konnte. In Varennes ist es die Hinrichtung des Schmieds, der Steuern hinterzogen hat. Sein ungerechter Tod bringt die anderen dazu, sich endlich zu wehren.

    Liebe Eulen,


    am 17.7. lese ich in Speyer in der Buchhandlung Fröhlich aus "Das Salz der Erde". Beginn 19 Uhr. Karten gib es in der Buchhandlung im Vorverkauf und an der Abendkasse.


    Würde mich freuen, die/den eine/n oder andere/n von euch zu sehen!


    Christoph
    aka Daniel

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    Original von Nightflower
    Nein, also ich mag solche Ende :lache
    Ich bin immer glücklich, wenn es gut ausgeht. Und das mit den Stadtrechten kam ja durchaus so vor, oder nicht?


    In ähnlicher Form, ja. Im 12. und 13. Jh. haben viele Städte des Heiligen Römischen Reiches ihre Freiheit erkämpft und Eigenständigkeit erlangt. Natürlich liefen diese Bürgerkämpfe zumeist anders ab als im Roman, aber das Resultat war oftmals dasselbe wie in Varennes-Saint-Jacques.


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    Ja, und ich hab ja leider die richtige Leserunde verpasst. Möchte mich noch dafür entschuldigen!


    Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen, die LR läuft ja noch. :-) Schön, dass du dabei warst!


    Daniel

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    Original von Asmos
    Übrigens hatte ich etwas anderes unter der Hinrichtung durch das Rad im Kopf. Ich dachte, der Gefangene wird auf ein Rad gebunden [Heißt es nicht auch "Tod AUF dem Rad"?] und dann mit einem Stock bearbeitet. Gibt es diesbezüglich verschiedene Methoden?


    Auf das Rad "geflochten" wurde der Delinquent erst am Ende der Prozedur. Schau mal hier, da ist beschrieben, wie diese Hinrichtungsart ablief:


    Als schändliche und qualvollste Form der Todesstrafe kannte man das "Rädern" (radebrechen, mit dem rade stozen, in rota punire); dabei wurden dem mit gestreckten Gliedmaßen auf dem Boden festgebundenen Delinquenten durch den Aufprall der Radfelge die langen Röhrenknochen gebrochen. [...]