Ich mochte die Geschichten diesen Monat auch, das Thema war aber auch wirklich schön gewählt!
Die Kommentare im Einzelnen:
Liebe Marie
Der Text liest sich, als wäre es vollkommen normal, mal eben vom besten Freund des Freundes „in den Arm gezogen“ zu werden, und so, als wäre es unvermeidlich, dass aus Küssen mehr wird. Klar – da KANN man natürlich nicht mehr nein sagen. So ein Pech aber auch. Dass die Protagonistin eine Abtreibung des Kindes überhaupt in Erwägung zieht, macht sie mir nur noch unsympathischer. Die Motivation für die Lüge am Ende verstehe ich auch nicht. Oder ist sie das Lügen einfach nur schon so gewöhnt? Ich kann einfach überhaupt kein Verständnis für die Erzählerin aufbringen und das hat mir letztendlich auch die Geschichte verdorben.
Post It
Die Idee ist toll: Eine ganze Beziehung mit all ihren Höhen und Tiefen reduziert auf zehn kleine gelbe Zettel. Sozusagen eine Liebesgeschichte aus Sicht eines simplen Joghurts. Für Punkte hat es leider nicht mehr gereicht, am Ende hätte ich mir außerdem etwas Aussagekräftigeres gewünscht, „Der Joghurt ist für Dich“ deckt sich zu sehr mit dem Mallorca-Zettel. Dennoch: ein Text, der kein Wort verschwendet, der ohne Schnörkel und Klimbim auskommt. Witzig und pointiert.
Zugvögel
Irgendwie häppchenweise, die Bezeichnung „klein“ wird überstrapaziert, irgendwann hat es der Leser dann auch kapiert. Willkommen in der Welt der traurigen Adjektive.
Punkte und Striche
Eine kleine, unscheinbare Episode, an der ich nicht wirklich etwas auszusetzen habe, schöne Idee, die ganz große Erkenntnis oder ein besonderes Leseerlebnis bleiben jedoch aus. Hätte liebevoller, mit mehr Details erzählt werden können. So schweben die Worte so vorüber.
Der Gemeindebrief: 3 Punkte
Mit Abstand mein Lieblingstext diesen Monat! Mit satirisch angehauchtem Humor geschrieben, dennoch freundlich und irgendwo liebevoll, originell verpackt, handwerklich wunderbar. Zu mehrmaligem Lesen geeignet, die Leichtigkeit geht nie verloren, das Lächeln auch nicht.
Vertretung: 2 Punkte
Ein richtig süßes Gedicht. Über den Rhythmus bin ich zwar manchmal gestolpert, aber die Schwächen werden vom Inhalt geglättet, der weihnachtliche Osterhase, der die „Stiefel bemalt und versteckt“, aber dabei keine Mütze aufsetzt, ist einfach zu niedlich. Einziger Kritikpunkt: ich bin überzeugt, dass Osterhasen ihre Eier nicht selber legen und die betreffende Strophe somit Unsinn ist. Dennoch ein Text voller liebevoller Winzigkeiten.
Korrespondenz
Politik liegt mir nicht, auch nicht auf diese Art und Weise. Ich kann mich da nicht hineinlesen, erkenne den Witz, aber dann funktioniert es irgendwie doch nicht. Mein ganz subjektives Leseempfinden sagt mir, dass ich nicht zu denjenigen gehöre, die dieser Text erreicht.
Nachgedacht
Das sind diese Fragen, die ich nicht mehr hören kann, die millionste Vertextung, ohne neue Ideen, Anregungen, ohne irgendwas, das nicht irgendwie schon einmal da gewesen wäre.
Das Erbe
Ganz lustig erzählt, enthält mir aber wieder zu wenig Aussage. Hier hätte ich mir einfach mehr Geschichte gewünscht und ein nicht ganz so voraussehbares Ende.
Tango Argentino: 1 Punkt
Ich bin voreingenommen, ich liebe Tango! Das ist so ein schöner Tanz. Glücklicherweise wird die Geschichte ihrem Titel gerecht, ein greifbarer Text, dem man abnimmt, was er erzählt, sehr lebendig, er holt den Schwung zurück in die Beiträge. Das Ende gefällt mir besser als der Einstieg, außerdem schade fand ich die geringfügigen Rechtschreib- und diesen einen Kommafehler, aber ich will gar nicht meckern, dazu müsste ich erst an meiner eigenen Kommasetzung arbeiten.
Ich versuche mich dann auch mal im heiteren Autorenraten ;-):
Der Gemeindebrief: Doc
Das Erbe: Voltaire
Vertretung: flashfrog